Recommandirt im Postverein

  • Hallo Tim,


    ja, knapp 3 km, aber ob 7x da gereicht haben? Einstellige Expressgelder kenne ich eigentlich nicht, aber wer weiß? Vlt. ließ der Neustadter Postexpeditor auch einen Expressen direkt von Neustadt nach Gimmeldingen loslaufen? Das liegt ja auf der Strecke nach Mußbach und wäre wohl schneller gewesen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    also für 3 km 7 Kr is doch ok, das war ja mehr als die Recogebühr und entsprach auch etwa den 20-25 Pf die das später so in der Pfenningzeit kostete.


    Ja und des mit Neustadt des wollt ich auch schon frage: Was haben wir denn für Ankunftsstempel hinten drauf, Mußbach oder Neustadt `?


    Trommelwirbel 8o


    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... meine Theorie ist im Einer - hinten ist tatsächlich ein glasklarer HKS von Mussbach 27.3. drauf, wie auch auf einem gewöhnlichen Brief dieser Korrespondenz 2 Jahre früher.


    Wenn also 9x für die Beschaffung des Expressboten in Mussbach notiert wurden und 7x die Expressgebühr gewesen sein sollte, wo waren die 2 Sgr. für die Recommandation? Warum hat der Brief weder in Preussen, noch in der Pfalz eine Reco-Nummer bekommen?


    Wenn man mit blauer Tinte in Köln geschrieben hat, warum notierte man dort "Charge" und "9", aber vergab keine Reco-Nummer? Bekamen Recobriefe in Preussen beim Einwurf in den Bahnpostwaggon keine Reco-Nr. zugeteilt? Wenn dem so wäre, wie wäre die Nachverfolgung gewesen, wenn das Einschreiben abhanden gekommen wäre (Laufzettel)?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    nächster Verdachtsfaktor: Wurde der Brief einfach in den Bahnpostwagen geworfen ? War das möglich den Brief beim Kondukteur einzuschreiben ?


    Grüße

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer ()

  • Liebe Freunde,


    irgendwie komme ich ich mit euren Interpretationsansätzen nicht klar. Wie passt es zusammen, daß die 9 mit dem Blaustift gestrichen wurde, mit dem die 7 angeschrieben wurde? Könnt ihr mir das erklären?


    liebe Grüße

    Dieter

  • Lieber Ralph,


    ein sehr interessanter Brief!!

    Offensichtlich wurde er direkt am Zug aufgegeben, Ortsname oben handschriftlich und Entwertung mit dem Kursstempel. Auch ein Recomandirt-Stempel wurde wohl mitgeführt und abgeschlagen - wenn dieser Stempel mitgeführt wurde, hätte auch ein Eintrag ins Reco-Buch stattfinden müssen (theoretisch).


    Dann sind wir aber schon bei den nicht mehr so einfach zu klärenden Punkten. Die Reco-Gebühr und -Nummer taucht nicht auf. Die 9x (Kreuzer) mittig und Charge links wurden mit dkl.blauer Tinte notiert. Wer hat dies notiert? An preußische Postler glaube ich hier nicht, da der Begriff "Charge" preußischerseits nicht benutzt wurde. Dann wurden die 9x mit Blaustift durchgestrichen und die 7 notiert. Zwei verschiedene bayerische Stellen?


    Die bayerischen VOs sind klasse. Hier wird die Handhabung noch präziser beschrieben als bei den Preußen! Aber leider auch nicht stringenter als bei den anderen AD-Staaten umgesetzt ... ^^

    Zu dem Artikel 2 der VO letzter Abschnitt habe ich noch Fragen:

    In den Briefkästen vorfindlicheSendungen mit einer das Verlangen der Recommandation unzweifelhaft zu erkennen gebenden Bezeichnung von Seite des Absenders sind ... unter Recommandation abzusenden, wenn die Briefe unfrankirt oder durch Marken soweit frankirt sind, daß durch die letzteren auch die Recommandationsgebühr gedeckt ist.


    - Durften in Bayern Reco-Briefe in die Briefkästen eingeworfen werden?

    - Gibt es bayerische Reco-Briefe (innerbayerisch oder in den PV), die unvollständig frankiert waren? Wurden diese als normale Briefe behandelt oder die Reco-Gebühr nacherhoben?


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Dieter,


    erklären kann ich alles hier ... und nichts. :D


    Lieber Michael,


    es gibt, allerdings sehr vereinzelt, Briefe, die mit dem Franko in Marken beklebt wurden, aber wegen geschlossener Poststelle in den Briefkasten eingeworfen wurden und die dann wegen des Absendervermerks "gegen Schein" auch recommandirt befördert wurden (alles ab 1.1.1861).


    Reko-Briefe am Schalter unterfrankiert aufgegeben gibt es auch, die wurden nachtaxiert und unter Reco abgeschickt. Alles sehr selten. Grund: Absender hatte zu wenig Geld dabei, aber der Brief war wichtig und musste sofort abgeschickt werden. Dann hat man halt den Empfänger das Strafporto zahlen lassen.


    Ob die Recogebühr dann aber (von wem auch immer) nachgefordert wurde, weiß ich nicht. Die wenigen Briefe, die ich kenne, lassen nicht auf ein einheitliches Muster schließen. Siehe Preussen ... 8)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    irgendwie komme ich ich mit euren Interpretationsansätzen nicht klar. Wie passt es zusammen, daß die 9 mit dem Blaustift gestrichen wurde, mit dem die 7 angeschrieben wurde? Könnt ihr mir das erklären?

    Lieber Dieter,


    wir hören gerne mal Deinen Interpretationsansatz :)


    An den 9 Kr der Vertragstaxe die ich schon zuvor angenommen hatte, dass die Bayern angeschrieben hat, hat keiner was ändern dürfen / können als der Postexpeditor in Mußbach. Wenn er die 9 Kr mit dem Ausstreichvorgang auf 7 Kr reduziert hat (das Botengeld in diesem Fall gar nicht notiert hat), dann hat er das jedenfalls sowohl vertrags- als auch verordnungswidrig gemacht. Auch innerbayerische Expressbriefe waren mit 9 Kr bewährt.


    Vielleicht hat er aber wegen dem fehlenden Recovermerk einen Postschein ausgestellt, der in Bayern ja bekanntlich 7 Kr gekostet hat...aber für wen / was ? Dann hätte er aber auch nicht die 9 Kr ausstreichen müssen. Alles Mist, ich kann`s nitt ändern.


    Grüße

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Lieber Michael,


    was hältst Du denn von folgender Interpretation


    der Brief ist, wie im Postverein vorgeschrieben, seitens der preußischen Post in der Währung des Bestimmungslandes mit 9 Kr. (6 Reco + 3 Zuschlag) belastet worden. Den Chargè-Vermerk hat man auch gleich für die bayrischen Postler passend übersetzt.


    Die wiederum haben die "9" gestrichen und durch die (inner-)bayrische Chargè-Gebühr von 7 Kr. ersetzt.


    Die Expreßzustellgebühr wurde auf dem preußischen Begleitschein vermerkt und war vom Empfänger zu entrichten. Sie hatte ja nicht zwingend vom Absender entrichtet werden müssen und unterlag somit auch nicht irgendwelchen Zuschlägen.


    Liebe Grüße

    Jürgen

  • ... Problem: 1864 war die Recogebühr in Bayern 6x, niemals 7x. 7x Reco gab es erst zum 1.1.1868.


    Altsax Vorschlag klingt wohl durchdacht, aber ein Begleitschein (Retour-Recepisse) war IMMER vom Absender zu zahlen, hier also 2 Sgr.; diese Kosten waren dem Empfänger NICHT anlastbar (und wären auch nicht auf dem Brief notiert worden, weil sie kein Debit waren).


    Hat Köln vlt. auf die 2 Sgr. Reco-Gebühr verzichtet?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Jürgen,


    das wäre der erste Beleg, den ich kenne, in dem preußische Postler den Begriff Chargé notiert hätten. (Würde mich jetzt nur bedingt überraschen, wenn Du auch noch so einen Brief hast ...)

    Das spricht nicht zwingend dagegen, würde den Brief aber noch exotischer machen.


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • ... Problem: 1864 war die Recogebühr in Bayern 6x, niemals 7x. 7x Reco gab es erst zum 1.1.1868.

    Lieber Ralph,


    jetzt probiere ich es einmal mit dem Ausschlußverfahren:


    Die "9 Kr" Taxierung sieht preußisch aus (dagegen spricht nur das "Charge" in gleicher(?) Tinte) und wurde gestrichen und durch die "7" ersetzt.


    Die "9 Kr." lassen sich, sofern preußisch ausschließlich als Portodifferenz für die Recogebühr nebst Zuschlag interpretieren.


    Die Bayern mußten das vom Empfänger einfordern, also irgendwo vermerken. Sie durften aber eine preußische Taxierung korrigieren, wenn sie sie für falsch hielten. Wenn an der "9" etwas falsch war, konnte es nur der Zuschlag sein. Demnach wären 6 Kr. nach PV-Taxe korrekt gewesen. Preußen rechnete in Sgr. Das Äquivalent war rechnerisch 7 Kr. Warum sollte ein ohnehin durch die PV-Vertragsinterpretation überforderter Postler nicht auf die Idee gekommen sein, diesen Betrag zu vermerken. Im Zweifel verminderte er dadurch seine Haftungsverpflichtung.


    Seitens der preußischen Post wurden Recobriefe mit Expreßzustellung mit Expreß-Bestellzetteln versandt. Darauf könnte die bayrische Post die dafür zu entrichtenden Gebühren vermerkt haben.


    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,


    ja, könnte so gewesen sein - du siehst ja selbst, dass hier mehrere erfahrene Sammler mehrere Interpretationen geben, die alle etwas für sich haben, aber sie haben auch alle Schwachpunkte.


    Ich habe den Brief zur Anfangszeit des Euros zu einem sehr, sehr runden Betrag gekauft und mir seitdem viele Gedanken gemacht, Verordnungen gewälzt, Rücksprachen gehalten - würde ich ihn je ausstellen, würde ich mehrere Varianten der Beschreibung darbieten und wäre nicht sicher, ob auch nur eine davon die Richtige ist. Aber unsere kleinen, grauen Zellen wurden und werden noch weiterhin aktiviert, von daher ist alles im grünen Bereich.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • das wäre der erste Beleg, den ich kenne, in dem preußische Postler den Begriff Chargé notiert hätten. (Würde mich jetzt nur bedingt überraschen, wenn Du auch noch so einen Brief hast ...)

    Das spricht nicht zwingend dagegen, würde den Brief aber noch exotischer machen.

    Lieber Michael,


    so einen habe ich nicht, aber ich bin ja auch nur ein auf Sachsen spezialisierter Fachidiot, und in Sachsen wurde der preußische Begriff trotz der Affinität zum Süden verwandt, war also auf preußischer Eingangspost kaum zu erwarten.


    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Liebe Freunde,


    man könnte natürlich argumentieren, dass die preussischen Bahnpostler auch gen Süden gefahren sind und dadurch den Begriff Chargé natürlich kannten und vlt. bei diesem "Mist-Brief" es den Bayern einfach machen wollten ... ich weiß es halt auch nicht und kenne Chargé von Preussen, außer hier, auch nicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    bei der routinemäßigen Kontrolle älterer Auktionskatalog fiel mir bei der 28. Deider Auktion im Mai 2002 das Los 3205 auf (150 € Ruf und Zuschlag), das auch aus den 1860er Jahren stammt und bei dem der Absender nur 15 Nkr. Franko verklebt hat, aber weder 10 Nkr. Reco-Gebühr hinten, noch die Expressgebühr entrichtet zu haben scheint. Hinten ist der Brief blank.

    Frage: Wie erkläre ich mir die 2 Sgr. vorne?

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    bei der routinemäßigen Kontrolle älterer Auktionskatalog fiel mir bei der 28. Deider Auktion im Mai 2002 das Los 3205 auf (150 € Ruf und Zuschlag), das auch aus den 1860er Jahren stammt und bei dem der Absender nur 15 Nkr. Franko verklebt hat, aber weder 10 Nkr. Reco-Gebühr hinten, noch die Expressgebühr entrichtet zu haben scheint. Hinten ist der Brief blank.

    Frage: Wie erkläre ich mir die 2 Sgr. vorne?

    Ralph, planst Du eine Fernsehshow "Bayern Klassisch - Die Cold Cases"? ;)

  • Ha, ha, ha - der ist gut! Leider nicht, wäre sonst nur ab 03.00 Uhr auf einem Spartenkanal zu sehen, weil meine "cold cases" eh keinen interessieren würden.


    Aber so ab und zu gucke ich mir ältere Auktionskataloge mit großem Bayern-, Österreich- und Schweizanteil an und regeneriere vergessen zu sein Geglaubtes.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ...von der Logik her passen ja nur 2 SGr für das Einschreiben. Da die Preussen sagen, dass es keinen Charge-Stempel in Preussen gab, kann das nur in Wien als Portobetrag dem Empfänger belastet worden sein. Wenn man annimmt, dass das Expressgeld frei wie unfrei nur einheitlich mit der Reco-Gebühr zu erheben war, dann müsste es vorliegend wie die Recogebühr beim Empfänger abkassiert worden sein. Fehlt dann ziemlich blöderweise aber gerade eben das Expressgeld irgendwo notiert, das so in einem uns offenbar unergründlichen Kosmos herumschwirrts.


    Grüße

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... und da beißt sich die Katze wieder in den Schwanz - Wien hatte KEINEN Chargé-Stempel überhaupt. Also war er wohl für die Aufgabepost nicht eingeschrieben (hinten fehlt auch eine 10 Neukreuzer Reco-Gebühr in Marken, wie sonst üblich).

    Aber Preussen hatte auch KEINEN Chargé-Stempel, sondern immer nur den Recommandirt - Stempel (in rot).

    Blau ist die Farbe des Nachportos bzw. der Nachgebühr, also nur 2 Sgr. für die Reco-Gebühr kassiert? Aber der Bote kostete auch Geld - wo findet man das? Zumal es mehrfach unterstrichen wurde von dem, der die "2" vermerkt hat. Aber nur wo?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.