Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Hallo KlangRausch,


    ein toller Beleg, der Seinesgleichen lange suchen muss. Ich gratuliere.


    Viele Grüße von maunzerle:thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo Sammlerfreunde,


    ich zeige einen sogenannten Barzahlungsbrief, sprich den Vorläufer der Postanweisung.

    Dieser Postdienst wurde in Bayern nur sehr selten genutzt. In 20 Jahren konnte ich bisher nur drei bayerische Barzahlungsbriefe auffinden.

    Den hier gezeigten hatte ich vor mehr als 10 Jahren bei ebay gefunden. Dieser Tage ist dort ein fast identischer Brief angeboten worden. Ein Bild davon zeige ich ebenfalls.


    Der Dienst der baren Einzahlung gehörte zur Fahrpost. Es war folglich der Gewichtstarif für Pakete und eine Barzahlungsgebühr als Franko zu entrichten.


    Dieser hier stammt vom 02.10.1863 und lief von Helmbrechts nach Hersbruck. Links unten der Vermerk: "Hierauf wurden bar eingezahlt 39fl - kr, dreißg neun Gulden".

    Darunter befindet sich der Frankovermerk 10 / 16 xr.


    Für die Strecke von ca. 11 Meilen waren in die Entfernungszone von 8-12 Meilen 10 Kreuzer Minimaltaxe für den Pakettarif und je 5 Gulden 2 Kreuzer, also 16 Kreuzer Barzahlungsgebühr anzusetzen.

    Der Absender bezahlte für die bare Einzahlung 26 Kreuzer, was im Vergleich zu einem Wert-/Geldbrief erheblich teuerer war. Die hohen Gebühren waren vermutlich auch der Grund, warum dieser Postdienst in Bayern nur selten genutzt wurde.


    Im Brief hat der Absender nochmal darauf hingewiesen, dass der Empfänger den Geldbetrag bei seiner Postexpedition ausgezahlt bekommt.


    Der nun bei ebay verkaufte Brief hat nur ein Franko von 10 / 12 xr, da der eingezahlte Betrag lediglich 30 Gulden und die Barzahlungsgebühr folglich nur 12 Kreuzer betrug. Ansonsten ist der vom 29.9.1865 stammende Brief vollkommen identisch.


    Gruß

    bayernjäger

  • Liebe Freunde,


    aus der Rubrik "Briefe, die es gar nicht geben konnte" zeige ich einen aus Würzburg vom vom 3.11.1851, der recommandirt und unfrankiert von der königlichen Filialbank Würzburg an das Landgericht in Kissingen lief.


    Als Parteisache war er portopflichtig und die dazu passenden 6 Kreuzer stehen ja auch zweimal da.


    Aber was ist das ganz Besondere an ihm?

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    einen Charge-Brief musste doch immer der Absender bei der Aufgabe bezahlen. Gab es eine spezielle Verordnung, dass ein Einschreiben auch als Portobrief aufgegeben werden konnte?


    Viele Grüße

    Bruno

  • Lieber Bruno,


    nur nach einigen Ländern waren Recobriefe mit dem Frankozwang belegt worden (z. B. nach und über Frankreich). Ab 1.7.1850, also dem DÖPV - Datum, wollte Bayern auch im Inland keine unfrankierten Recobriefe mehr sehen und du wirst auch keine finden. Erst zum 1.1.1861 mit dem neuen DÖPV - Vertrag wurden Reco - Portobriefe zugelassen, die in der Vormarkenzeit die Regel waren.


    Hier die äußerst seltene Ausnahme (mir sind 3 Briefe bekannt, 2 sind bei mir): Es gab Fälle, bei denen bayer. Behörden bzw. Banken recommandirt verschicken mussten (wegen der Wichtigkeit und dem Bedarf an einem Postschein), aber keinen Titel für die Frankatur hatten. Sie mussten also etwas kreieren, was es ab 1.7.1850 gar nicht mehr gab - siehe hier.


    Bayern erkannte nach ca. einem Jahr, dass die Vorschrift: Reco = Frankozwang nicht in allen Fällen aufrecht erhalten werden konnte und genehmigte bei Parteisachen diese Ausnahme.


    Wenn du mal so einen finden solltest, greif zu. Den hier hatte ich aber schon für einen Sammlerfreund reserviert.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    wohl dem, der solche Belege erkennt und einordnen kann. Mir wäre der Beleg zwar aufgefallen, aber von einer Erklärung wäre ich weit entfernt gewesen.


    beste Grüße


    Dieter

  • Lieber Dieter,


    dir und dem Gros der Sammler - aber das hat sich jetzt ja geändert. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Ralph,


    wieder einmal etwas sehr spannendes von dir gelernt.... und nun habe ich ein Auge "drauf" ;)

    Danke dir!


    Grüße

    Andreas

    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser (Lenin nachgesagt)

  • Gerne, lieber Andreas. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Bruno,


    da habe ich keine Ahnung - aber wenn es Rainer Brack nicht weiß, weiß es keiner.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Hermann,


    vielen Dank - genau das ist die Verfügung, die kaum einer kennt.


    Es gibt ja eigentlich nur 2 Wege, schlau zu werden und eine gute Sammlung aufzubauen:


    1. Man kennt seine Verordnungsblätter und sucht sich die Briefe zu den passenden VO heraus, oder


    2. Man kauft wahllos Briefe und sucht in den Verordnungen, ob zu dem ein oder anderen etwas Passendes im VO - Blatt zu finden ist.


    Beide Varianten sind besser, als alles andere ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • "unechte" Weiterleitung


    Liebe Sammlerfreunde,

    ich habe mich entschlossen, meinen aktuellen Neuzugang wieder in dieser Rubrik zu zeigen.

    Es handelt sich grundsätzlich betrachtet um einen einfachen Brief der 3. Entfernungsstufe im DÖPV. Erworben habe ich ihn, da er über bzw. in (wie ich zuerst dachte) das Herzogtum Braunschweig lief.


    Aber so wunderschön einfach war es leider (oder zum Glück) nicht.


    Der Brief ging am 27. September 1864 in Augsburg ab und war an die Zuckerfabrik Brandes & Vasel in Hötensleben gerichtet.

    Die Zuckerfabrik wurde gem. Internetrecherche 1856 gegründet. Und dieses Hötensleben befindet sich nur 4,1km Luftlinie weg von Schöningen. (Schöningen gehörte zum Herzogtum Braunschweig)


    Nun wurde der Brief aber nach Hötensleben p. Oschersleben „weitergeleitet“.

    Schnell mal die Entfernung Hötensleben – Oschersleben geprüft…. 17,6km Luftlinie. Also: dasselbe Hötensleben….

    Ja, komisch ist das….


    Mal im „Feuser“-Stationskatalog nach Hötensleben geschaut. Upps…. preussisch…. Und bereits ab 1838 Postamt/Postexpedition gewesen.


    Den offenen Transit kann man anhand vieler lesbarer Stempel auf der Siegelseite ganz gut rekonstruieren:

    27.09.1864 3-4 (15.00-16.00) ab Augsburg

    28.09.1864 Kgr. Württemberg Bahnpost

    29.09.1864 Kgr. Preussen Bahnpost Minden-Berlin

    29.09.1864 2-3 Kgr. Preussen Oschersleben

    29.09.1864 6-7 (bzw. 11-12) Hzt. Braunschweig Jerxheim

    29.09.1864 nachts Braunschweig

    30.09.1864 Ausgabe N1 (preussisch)

    Die „Weiterleitung“ war meines Erachtens notwendig, da hier noch auf die richtige / zuständige Post umkartiert werden musste. Ich denke, dass dies in Braunschweig geschah….

    Den Stempeln nach war der Brief aber schon im preussischen Oschersleben gewesen, bevor er dann nach Braunschweig/Jerxheim ging und von dort wieder nach Preussen.

    Und warum hat Hötensleben nicht Ankunft gestempelt?

    Ich freue mich über jedweden Hinweis / Korrektur oder Hypothese von euch!

    Beste Grüße

    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Andreas,


    bei dieser Adresse, mit Angabe des braunschweigischen Schöningen, ging man evtl. bei der preußischen Post davon aus, dass der Adressat ein Postfach im nahe bei Hötensleben gelegenen Schöningen hat. Deshalb die Leitung über Jerxheim ins Braunschweigische. Da dies anscheinend dann nicht der Fall war, ging es zurück nach Preußen mit dann erfolgender Zustellung durch die preußische Post.

    Hötensleben stempelte nicht mehr die Ankunft, sondern nur noch die Zustellung. Das war in Preußen die normale Praxis.


    Gruß

    Michael

  • Hallo Andreas,


    ein- wie von Dir gewohnt- interessanter Brief , den Du da zeigst.

    Auch die asuführliche Beschreibung ist sehr aufschlussreich.

    An solchen Stücken mit Besonderheiten wie -Weiterleitungen, -Nachtaxen, Muster ohne Wert, Poste restante, Nachsendungen,-Forwarding, etc. wird die Situation des damaligen Postwesens so anschaulich, konkret zum begreifen.

    Mit der guten und plausiblen Erklärung von @ Michael kannst Du die Beschreibung perfekt machen.


    danke Dir fürs Zeigen:)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Liebe Freunde,


    manchmal hat mal kein Pech und dann kommt noch das Glück hinzu - so könnte man es formulieren bei diesem Brief, der mich gestern aus der Bucht erreicht hat.


    Er wurde am 16.3.1871 in Lindau im Bodensee aufgegeben und war gerichtet an J. Chr. Herbart - Verlagshandlung - Zweibrücken in der Pfalz. Frankiert war er im 1. Gewicht mit einer Nr. 23 und das Briefpapier ist das "amerikanische", wie ich es gerne nenne in typischer gelbbrauner Manier.


    Gekauft habe ich ihn, weil bei Aufgabe- und Entwertungsstempel der Ort und das Datum mit dünner Feder zeittypisch nachgezogen wurde und weil ich mich auch an einen absolut sehenswerten Vortrag unseres lieben Dietmar erinnerte, in dem er die mannigfaltigen Beispiele von Problemstempeln der Typen 20a und 20b aufzeigte und diese beiden Abschläge dürften sicher dazu gehören. Ob jetzt die Post dies machte, oder der Empfänger, wird sich sicher nicht mehr 100%ig sagen lassen, tut der Sache aber keinen Abbruch.


    Nicht erwähnt war, dass das kleine Kuvert noch den vollen Inhalt hatte - aber nur deshalb den vollen Inhalt, weil das Geschriebene noch vorhanden war, der Rest aber nicht mehr - verständlicherweise.


    In diesem lesen wir: "P.P. Bitte um gefl(issentliche) Zusendung des Neuen Sängerquartettes - Was Braust da in dem Busch herum -. Den Betrag von 6 f(lorin = Gulden) lege hier bei. Achtungsvoll J. Müller - Hochmeyer, Schönau p(resso) Lindau, 15.3.1871 am Bodensee.


    Der Absender hatte also ein Buch bestellt und fürsorglich gleich bezahlt. Münzen können es keine gewesen sein, die wären für das 1. Gewicht zu schwer gewesen, aber ein Wechsel sollte über 6 Gulden schon die Beigabe gewesen sein, so dass wir hier keinen Briefpostgegenstand, sondern eigentlich einen Fahrpostbrief mit 6 Gulden vor uns hätten - hätten, denn diese Kosten von Lindau in die Westpfalz scheute unser Schwabe und auf eine akkurate Post (die evtl. sogar Ort und Datum auf der Vorderseite optimierte) war wohl auch Verlaß.


    Im Falle des Verlustes wäre er aber leer ausgegangen - das Risiko trug er aber.

  • Lieber Erwin,


    so ist es - eigentlich war es ja verboten, Stempel oder Stempelteile nachzufahren; stattdessen sollte erneut, besser gestempelt werden, aber das hat man auch nur ab und ab befolgt und jedes Beispiel ist ein gutes Stück PO:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,

    ich beobachte mir Sorge, dass Du mehr und mehr in die 70er-Jahre abdriftest. Aber wenn der Beleg so stark ist, dann darf auch das wohl mal sein.:D


    Danke für`s Zeigen und liebe Grüße von maunzerle:thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)