Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Liebe Freunde,

    und noch gleich einen hinterher: Brief seiner Majestät König Ludwig I vom 3.6.1853 an Söldner und Metzger Jakob Stadlmeier in Egweil bei Eichstätt. Mit dem Siegel der Majestät versehen und vom Diener beim Reco-Schalter Münchens aufgegeben, zudem noch (eigentlich überflüssigerweise) mit einem "frei"-Vermerk gesichert, lief der Brief ohne Reconummer nach Eichstätt, wo er am Folgetag ankam.

    Als Königsbrief (im Gegensatz zum "Bischofsbrief") aus der Hand des Königs wurde er als Expressbrief versandt und in Eichstätt auch so behandelt, womit dort ein staatlicher Expressbote ihn dem Empfänger in Egweil (ca. 15 km Laufstrecke einfach!) umgehend zuzustellen hatte.

    Leider kennen wir nicht den regulären Botenlohn des Expresse, aber es dürfte ein Betrag um einen Gulden herum gewesen sein, den der Staat für den Boten ausgab, der König natürlich nichts.

    Weitere Expressbriefe bayerischer Majestäten in den Landbezirk kenne ich derzeit nicht.

  • ... ich hätte schon für die Rückseite des Belegs ein eigenes Blatt gestaltet ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,

    BmB = Brief mit Briefen (von X, Y usw.).

    Der Absender notierte für jeden lesbar, dass er seinem Brief weitere Briefe anderer Personen, Firmen, Bekannten, Freunden, Verwandten usw. begefügt hatte.

    Danke für den Link - ich hatte noch gar nicht gegoogled, aber darin bist du mir Lichtjahre voraus.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,

    weder, noch. In der Primärliteratur gibt es darüber gar nichts, soweit ich das beurteilen kann europaweit.

    In dem Oberordner "Spezialthemen" Briefe mit Briefen hatte ich meine Sammlung BmB gezeigt - damit sind über 30 Jahre des intensiven AD-Sammelns dokumentiert. Außer einigen Altdeutschen Staaten kenne ich das nur von Österreich, der Schweiz und Lombardei-Venetien.

    Auch ist der Grund für die Existenz dieser Briefe nicht sicher geklärt - die Briefe selbst haben oft keinen Inhalt mehr und die einst beiliegenden Briefe bzw. briefliche Hinzufügungen mehrerer Schreiber deuten nicht auf einen klaren Sinn hin. Die Inhalte waren teils rein privat, privat und beruflich, aber auch rein beruflich. Es begann ab den 1810er Jahren bis ca. 1880, wobei die Pfennigzeit extrem selten ist.

    Früher gab es für "poste restante", wofür es etliche Primärquellen gibt, keine Sammler. Heute hat sich das dank dieses wunderbaren Forums deutlich geändert. Die Sammler sind also lernfähig.

    BmB, ohne jegliche Quellen, hat nun eine Sekundärquelle, siehe den obigen Link - ansonsten sieht es aber eher trübe aus. Man kann also noch tolle Sachen fischen, auf die bisher keiner Wert gelegt hat, sie überhaupt zu erwähnen. Man muss halt die Adressen lesen, viele Tausend davon, dann kann man mal einen schnappen und wählerisch zu sein verbietet sich hier von selbst.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    vielen Dank für die Aufklärung.

    Ich habe mal deine beeindruckende Sammlung dieses mikro-Sammelgebietes angeschaut. Aufgefallen ist mir dabei, dass die Frankierung immer in der ersten Gewichtsstufe erfolgte. Diente der Hinweis "mit Brief(en)" einem Dispens der Gewichtsprogression?

    besten Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    nein - 98% der von mir gesichteten BmB lagen im 1. Gewicht, 2% im 2. Gewicht.

    Eigentlich sollte man doch eher vom Gegenteil ausgehen, aber das ist nicht der Fall. Höhere Gewichtsstufen als das 2. Gewicht habe ich seit den 1990er Jahren, da fing dieser Spleen an, noch nie gesehen.

    Für die involvierten Postverwaltungen war das eh egal - die wogen die Briefe und taten ihren Job; eine auf ein Regulativ gestützte Portomoderation war mit diesem Zusatz nicht verbunden (sonst hätte es ja jeder auf seine schweren Briefe schreiben können und hätte sich viel Geld gespart).

    Auch kenne ich keine unterfrankierten BmB, was eher ungewöhnlich angesehen werden müsste, weil doch fast alle für die 1. Gewichtsstufe frankiert waren - und dies auch zutraf (nicht vergessen: Jede Poststelle hatte jede weitere mit ihr in Verbindung stehende Poststelle zu kontrollieren, das betraf natürlich und vor allem auch das Gewicht).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... BmB - ein Ausdruck der Leichtigkeit des Seins ... 8o

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • In der Tat, sehr, sehr außergewöhnlich!

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Aus meiner Sicht ist der Brief auch aus einem anderen Grund etwas ganz besonderes.

    Denn der einfache Federstrich diente nicht (!) der Entwertung (anders als das Federkreuz), sondern der postamtlich vorgeschriebenen Bestätigung, dass die Marke ordnungsgemäß mit mehr als einer hälftigen Stempelüberdeckung entwertet worden war. Allerdings wurde diese Bestätigung mittels eines Federstrichs nur bei Briefen vorgenommen, die nicht im Ortsverkehr zugestellt wurden, sondern die Bestätigung des abgebenden Postamt an ein anderes Postamt darstellten. Insoweit ist dieser Federstrich tatsächlich etwas ganz besonderes, weil er auf Ortsbriefen üblicherweise nicht vorkommt bzw. vorkommen sollte. Möglicherweise hat der Federstrich hier ausnahmsweise aber seinen Grund in dem besonderen Beförderungzweck des Briefes, bei dem man sich bereits seinerzeit fragte, ob ein einfaches Ortsporto für die Beförderung mehrerer Briefe reichen konnte, was durch den Strich amtlich bestätigt wurde!

  • ... BmB - ein Ausdruck der Leichtigkeit des Seins ... 8o

    Lieber Ralph,

    in Sachsen hätte ein solcher Hinweis die Brieftaxe erhöht. Nach den Bestimmungen hätte jeder Brief im Brief einzeln bezahlt werden müssen. Das wollten sich offenbar nahezu alle Korrespondenten ersparen, und haben deshalb wohl auf solche Vermerke verzichtet. Die wenigen Briefe dieser Art, die ich kenne, sind an Gerichtsämter adressiert. Bei solchen Empfängern neigte man offensichtlich zur Ehrlichkeit und frankierte voll.

    Diese Briefe sind daran erkennbar, daß es in Sachsen nur eine Gewichtsprogressionsstufe gab, eine Taxe von 1,5 Ngr. also nur vorkommen kann, wenn 3 Briefe im 1. Rayon berechnet worden sind.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Hallo Bavarian Hunter,

    ich würde Federzügen nicht so viel Aufmerksamkeit schenken. Wenn man mal im Schwung war, strich man halt alle Marken durch, ob Locobriefe (also im Ort verbleibend), oder Fernbriefe.

    Lieber Jürgen,

    schön, aber finde doch mal einen BmB auf der Adresseite notiert - die gab es vlt. in Sachsen auch (wir haben ja gelernt, dass es in Sachsen so gut wie alles gab). Das ist ja die eigentliche Kunst ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • schön, aber finde doch mal einen BmB auf der Adresseite notiert - die gab es vlt. in Sachsen auch (wir haben ja gelernt, dass es in Sachsen so gut wie alles gab). Das ist ja die eigentliche Kunst ...

    Lieber Ralph,

    sammeln kann man alles, was einem Spaß macht. Postgeschichtlich interessant sind nach meiner Meinung vor allem Belege für postalische Vorschriften (meinetwegen auch Usancen), die berücksichtigt wurden oder gegen die verstoßen worden ist.

    Wenn es postalisch nicht relevant war, ob ein Brief weitere Briefe beinhaltete, ist es postgeschichtlich auch nicht relevant, ob ein solcher Inhalt auf der Adreßseite angegeben worden ist.

    Anders sieht es aus, wenn die Post zusätzliche Einnahmen erzielen wollte, wenn Briefe weitere Briefe enthielten. Die von Dir erwähnte "eigentliche Kunst" besteht dann darin, an Hand der verklebten Taxen zu erkennen, daß der Absender diese Taxerhöhung beim Frankieren berücksichtigt hatte, ohne es auf dem Brief zu vermerken. Ein "BmB"-Vermerk hätte ohne Berücksichtigung bei der Frankatur des Absenders seitens der Post zu einer Nachtaxierung führen müssen und wäre auch dann postgeschichtlich von Interesse, wenn das unterblieben wäre.

    Aber, wie geschrieben, "jedem Tierchen sein Pläsierchen".

    Liebe Grüße

    Jürgen