Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Hallo,

    sicher kein besonderer Brief, aber ich frage mal hier nach.

    Am 13.10.1852 verschickte das königl. Landgericht von Gerolzhofen an den

    königl. Advokaten Oppmann in Schweinfurt ein Schreiben in Sachen

    Gemeinde Dingolshausen gegen Georg Markert auf Stempelpapier 3Kr.

    Die Notierungen auf der Vorderseite verstehe ich nicht.

    30 Kreuzer von der Post? - ergebens Schubert, hört sich ja an wie

    Postvorschuß an einem Advokaten??

    Dann noch 42 Kr. Porto - Fuchs. Wie kommen die zustande?

    Und weil das noch nicht genug der Fragen sind; wie ist das eigentlich

    mit den Stempelpapieren, wer zahlte und wozu dienten sie

    eigentlich genau, ist das eine Gebürenerhebung?

    Könnte mir jemand helfen?

    viele Grüße von woodcraft

    Einmal editiert, zuletzt von woodcraft (22. Oktober 2020 um 19:23)

  • Hallo woodcraft,


    wirklich helfen kann ich nicht, aber ich lese:


    30 Kr(euzer) von der Post erhoben. Schubert

    Rückseite unten: 12 Kr pro cura erhoben. Schubert

    Das ergibt zufällig die „42 Kr Porto“!


    Aber die Interpretation muss wohl von jemand anderem kommen.


    Beste Grüße

    Will

  • Hallo will,

    vielen Dank, das würde schon mal die 42Kr. ergeben.

    Und da es - wie ich fälschlich geschrieben habe "ergebens Schubert" sondern

    "erhoben Schubert" heisst, zeigt mein Manko. Ich habe immer noch

    ein Problem beim Lesen alter Schiften. Es geht zwar schon besser,

    aber immer noch nicht zufiedenstellend.

  • Hallo in die Runde

    da unten steht 12 xr Porto und nicht ProCura.

    Es ist auch ein Postschuß-Brief - jedoch kann ich nichts zur Zusammensetzung sagen.

    Möglicherweise ist ja auch eine Botengebühr mit enthalten bis zum Aufgabeort.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Will, Dieter und Ulf,

    hab gerade erst beim lesen eurer Beiträge mitbekommen, daß ihr das dritte Bild als Belegrückseite seht.

    War mein Fehler, hätte schreiben sollen, daß ich die Innenseite wegen der Grüße teilen musste.

    die Rückseite ist leer, da ist nur ein Siegel drauf.

    @Ulf, danke für die Info, daß es wirklich ein Postvorschussbrief ist. Ich kenne mich in der Juristerei

    nicht aus, und weiss eben nicht wofür die 30 Kr. vom Advokaten erhoben wurden.

    Die Notierung oben rechts das dürfte doch 3 Kr. Porto bedeuten, was für den Bereich bis 10 Meilen auch stimmen würde.

    Aber was kostete der Postvorschuß? Zufällig 9 Kr.? Dann würde es stimmen.

    Der Herr Schubert hat im Brief 12 Kr. Porto vermerkt, war also kein Postler, sondern ein Gerichtsbediensteter.

    Wieso aber weist dieser Herr dann auf der Briefvorderseite den Postvorschuss aus?

    Noch vergessen: Wieso hat ein Herr Fuchs 42 Kr. Porto notiert? Davon wären dann doch

    30 Kr. Postvorschuss.

  • Liebe Freunde,

    das folgende Stück habe ich nur wegen der Anschrift gekauft: Vom ?? Burgau An Herrn Rentenverwalter Klein in Burtenbach Postablage Jettingen.

    Am 22.4.1874 schrieb man von Burgau Stadt (es gab auch Burgau Bahnhof!) einen einfachen, bis 15g leichten Brief an Herrn Klein in Burtenbach bei Jettingen, heute: Jettingen - Scheppach.

    Es galt die Vorschrift bei Post in kleine und kleinste Orte zur Erleichterung der schnellen und richtigen Zustellung die nächst größere Stadt bzw. den Sitz des nächsten Amtsgerichtsbezirks anzugeben.

    Die Angabe einer Postablage, die ja bekanntlich die kleinste postalische Einrichtung auf einem kleinen Dorf war, ist mir praktisch unbekannt.

    https://www.google.com/maps/dir/Jetti…d48.4250508!3e0

    Die Leitung erfolgte also von Burgau - Stadt nach der Postablage Jettingen und von dort aus weiter nach Burtenbach, wie bei google.maps zu sehen, immerhin 19 km. Aber siegelseitig sehen wir einen Stempel von Augsburg (!!) und das war schon über 50 km entfernt von Auf- und Abgabepost.

    Sachdienliche Hinweise nimmt jeder Bayernsammler mit solchen Briefen entgegen.

  • Lieber Dietmar,

    vielen Dank - ich bin daran fast verzweifelt ... der Fachmann spricht hier von einer "sehr flüchtigen Handschrift". :thumbdown::thumbdown:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo und Guten Abend,

    ein Vorläufer der heutigen Nachnahme ist der Postvorschussbrief,

    bei welchem der Nachnahmebetrag auf der Briefvorderseite vorgemerkt wurde

    "9Kr mit Postauslag "und das normale Briefporto durch Marken frankiert wurde.

    Der vermerkte Betrag wurde an den Absender ausgezahlt und nachträglich vom Empfänger eingezogen.

    Hier ein Beispiel vom 03.April 1852 von Bamberg nach Adlitz bei Pottenstein.

    Viele Grüße,

    Wilfried

  • Hallo Wilfried,

    Postvorschuß bitte nicht mit Nachnahme verwechseln. Kurz ausgedrückt: Beim Postvorschuß bekam der Auflieferer des Briefes sein Geld sofort, was entsprechend vermerkt wurde. Bei einer Nachnahme wurde das Geld wie heute erst nach der Einziehung beim Empfänger ausgezahlt.

    beste Grüße

    Dieter

  • Liebe Freunde,

    ich weiß nicht, wie alt man werden muss als Bayernsammler, bis man sagen kann: Ich habe schon alles gesehen, aber dafür bin ich wohl noch viel zu jung.

    Ein Recobrief aus Amberg vom 27.12.1869 an Herrn Verwalter Meyer in Obersteinbach, Post Scheinfeld, wurde mit 3x frankiert aufgegeben. Artig notierte die Aufgabepost unten links "7x" für die eingehobene Recogebühr ab 1.1.1868, zog einen Schein mit der Nr. 968, stempelte in rot Chargé und entwertete die Marke mit dem Zweizeiler oben links.

    Doch dann muss eben diese Marke zeitnah abgefallen sein, denn wo sie einst klebte (Übergänge beachten) schrieb man jetzt in Amberg: "Marke abgefallen. gez. Unterschrift".

    Weil bei recommandirten Schreiben (24,5 Gulden Versicherungskosten im Falle des Verlusts) nicht zu spaßen war, klebte man sie wohl mit eigenem Gummi arabicum unten links wieder auf und sandte den Brief so auf die Reise. Ausweislich der Siegelseite kam er auch am Folgetag in Scheinfeld an und wurde unbeanstandet ausgetragen (gegen Unterschrift natürlich).

    Wäre die Marke im Laufe des Posttransports abgefallen, hätte die dies feststellende Poststelle den Brief als unfrei behandeln müssen und 7x Porto erheben müssen. So nahm das jede Seite hin und durch das Wiederaufkleben war nichts weiter zu erheben. Einzig mir bekanntes Stück mit dieser Vorgehensweise (und Briefe mit damals bereits abgefallenen Marken sind eh schon so große Seltenheiten).

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    bei der letzten Feuser-Auktion wurde nicht nur eine Pfalz-Sammlung, sondern auch eine Mühlradstempelsammlung Unterfranken versteigert.

    Ohne Sonderkatalog und mit wenig Aufmerksamkeit auch hier im Forum gingen so manche Raritäten zu moderaten Preisen über den Tresen.

    Einer dieser weniger häufigen Mühlradstempel, der 252 aus Opferbaum, fand in meine Sammlung.

    Obwohl die Postexpedition formell bis 31.6.1854 bestand, ehe sie nach Bergtheim an die Bahnstrecke Bamberg - Würzburg verlegt wurde, sind Briefe von dort selten.

    Dieses mir aus der Literatur bekannte Stück wollte ich aber unbedingt haben, ist es doch nicht nur selten sondern auch optisch sehr ansprechend.

    Die Stempelfehleinstellung 31 / 10 im Ortsstempel mit handschriftlicher Änderung auf 1 / 11 ist noch das I-Tüpfelchen.

    Gruß

    bayernjäger

  • Hallo Sammlerfreunde,

    hier ein Brief von Regensburg nach Sulzheim vom 9. Juli 1875, der sicher in mehren Themen hätte gezeigt werden können.

    Es handelt sich um eine portofreie fürstliche Dienstsache des Hauses Thurn & Taxis.

    Der teilweise vorgedruckte Brief trägt den Vermerk "franco 0".

    Die Portofreihet galt jedoch nur für den Brief selbst, Sonderdienste, wie Einschreibegebühren mussten trotzdem bezahlt werden. Dies war hier der Fall und der Brief deshalb mit den dafür anfallenden 7 Kreuzern frankiert.

    Die Markenfrankatur der Einschreibegebühr war in Bayern erst ab 1.3.1875 möglich.

    In der Kreuzerzeit also nur ca. 10 Monate. Wie viele portofreie Dienstbriefe mit durch Marken geklebeter Einschreibegebühr davon existieren kann sich jeder selbst vorstellen.

    Gruß

    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    das ist ein klasse Brief. Ich war vorhin bei Volker und wir waren uns einig, daß man solche Belege nur erkennt, wenn man das nötige Wissen hat. Und das geht nur durch die Beschäftigung mit Literatur (oder Fragen in Foren wie diesem). :thumbup: :)

    Dieter