Die Entwertung der Kopfausgaben

  • darf ich Dir widersprechen?

    Nummernstempel wurden, wenn überhaupt, nicht primär eingeführt, um die teuren Ortsstempel zu schützen, sondern weil die Entwertung (hier im wahrsten Sinne des Wortes, also die "Wertlosmachung aus Sicht der Post") mit den Ortsstempeln nicht befriedigte. Die Nummernstempel waren dagegen echte Killerstempel und erfüllten diese Aufgabe fast weitweit zur vollsten Zufriedenheit der Post.

    Hallo maunzerle,

    die Motivlage mag von Postverwaltung zu Postverwaltung unterschiedlich gewesen sein. Beide Aspekte können durchaus eine Rolle gespielt haben. In Sachsen jedenfalls wurde Ortsstempelentwertung wieder zugelassen, bevor Marken erschienen, die auf weißem statt farbigem Papier gedruckt worden waren und den Stempel besser erkennbar machten. Der Rationalisierungseffekt rangierte also vor dem der sicheren "Entwertung".

    Sachsen Postverwaltung ging mit ihrem Personal übrigens ähnlich streng um wie die preußische, berücksichtigte aber eher die Auswirkungen von Verstößen als das Prinzip der Bestrafung jedes Vorschriftenverstoßes:

    Unterlassen der Markenentwertung wurde mit 10 Ngr. geahndet, die Verwendung eines nicht den Vorschriften entsprechenden Stempels hingegen hatte keine finanziellen Folgen. Deshalb finden sich auch keine "Duplex-Doppelentwertungen".

    Beste Grüße

    Altsax

  • Lieber Erwin,

    welchen postalischen Sinn hatten denn eigentlich diese Duplex-Doppelentwertungen?

    Lieber Jürgen,

    die Kollegen haben ja schon einiges dazu geschrieben. Ich will nochmal erläutern:

    1. Marken der 1. Ausgabe "schwarzer Druck auf farbigem Papier", Entwertung GENERELL mit dem KILLERSTEMPEL, will sagen Nummernstempel, weil die Aufgabestempel nicht so gut darauf zu erkennen waren.

    2. Marken der 1. Ausgabe "Farbiger Druck auf weißem Papier" Entwertung auch mit Aufgabestempel, sofern die Marken auf Streif- oder Kreuzband klebten.

    3. Ab dem 1.4.1859 sollten Marken der 2. und 3. Ausgabe mit dem Aufgabestempel entwertet werden, weil dieser Stempel darauf gut erkennbar war. Außerdem Arbeitserleichterung und höhere Schnelligkeit, weil nur noch EIN Stempel benötigt wurde.

    4. Da ab diesem Datum keine Marken der 1. Ausgabe mehr ans Publikum abgegegben wurden und ganze Bögen dieser Marken von den Postämtern an das Generalpostamt zurückgegeben wurden, kamen sie nur noch selten auf den Briefen vor (beim Publikum noch vorhanden oder angebrochene Bögen auf den Postämtern). In diesen Fällen musste der Nummernstempel wieder hervorgeholt werden.

    Briefe mit nur Marken der 1. Ausgabe , die ab dem 1.4. 1859 versand und korrekt mit Nummernstempel entwertet wurden, habe ich noch keine gefunden, bzw. sie sind bei Belegen ohne Datum nicht nachweisbar.

    Hatte nun ein Postbeamter aus Versehen solch einen Brief fälschlicherweise mit dem Aufgabestempel entwertet und den Fehler durch zusätzliches Aufsetzen des Nummernstempels verbessert, so haben wir die sog. DOPPELENTWERTUNGEN, Aufgabestempel UND Nummernstempel auf einer Marke..

    5. Wenn es ab dem 1.4.1859 zu Mischfrankaturen kam, musste nun die 1. Ausgabe mit Nummernstempel, die späteren Ausgaben mit Aufgabestempel entwertet werden. Das sind die sog. DUPLEXENTWERTUNGEN (Aufgabestempel auf einer Marke, Nummernstempel auf der anderen Marke)

    6. Es gibt aber auch Briefe, bei denen Marken der 1. Ausgabe mit dem Ortsstempel entwertet wurden. Das kann zweierlei Bedeutung haben:

    a) fehlerhafte Entwertung, wenn der Beleg von 1.4.1859 bis 31.3.1861stammt

    b) korrekte Entwertung, wenn der Beleg aus späterer Zeit stammt, weil die Nummerstempel ab 1.4.1861 von der preußischen Postverwaltung eingezogen wurden. Es gab nun keine Möglichkeit mehr, Nummernstempel zu benutzen.

    7. Zwischen 1.4.1859 bis 31.3.1861 konnte es nun auch zu den sehr seltenen Kombinationen Doppel- mit Duplexentwertung kommen, wenn eine Mischfrankatur der 1. Ausgabe mit einer 2. oder 3. Ausgabe verwendet und zunächst beide mit dem Nummernstempel entwertet wurden. Zur guten Entwertung hätte das ja gereicht, nicht aber den Vorschriften Genüge getan. Deshalb haben korrekte preußische Beamte noch den Aufgabestempel auf die entsprechenden Marken auf gesetzt.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,

    vielen Dank für diese übersichtliche Zusammenstellung, die es mir erspart, immer erst die Bestimmungen herauszusuchen.

    Sachsen stellte bei seinen Entwertungsvorschriften generell nicht auf die Markenausgaben ab und sanktionierte lediglich fehlende Entwertungen.

    Nummernstempelentwertung wurde 1859 für Kreuzbandsendungen nicht mehr vorgeschrieben. Nach amtlich festgestellter Abnutzung durften auch für alle übrigen Briefpostsendungen Ortsstempel zur Entwertung verwendet werden.

    Beste Grüße

    Jürgen

  • Lieber Michael,

    ich habe jetzt zu früher Stunde die Ruhe und Muße gefunden, mir Deinen Vortrag anzuschauen. Und ich bin begeistert! Mit wunderbarem Material und herausragendem Wissen verwöhnst Du den Betrachter. Die Powerpoint-Präsentation ist phantastisch. Und trotz der Dauer von fast 90 Minuten war ich keine Sekunde unaufmerksam, so kurzweilig war die Darbietung. Und gar manche Anregung auch für mein Sammelgebiet gab's noch dazu. Wer sich das nich anschaut, ist selber schuld.

    Vielen Dank und beste Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    es freut mich, wenn dir der Vortrag gefallen hat.

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    2 Mal editiert, zuletzt von Michael (2. März 2022 um 20:19)

  • liebe Sammlerfreunde,

    nach längerer Zeit jetzt das nächste Albumblatt (Die Zuordnung der Stempelfragmente hat Zeit gekostet). Es geht jetzt um die Entwertung der 1. Ausgabe mit Aufgabestempel. Früher meinte ich, dass das immer eine unkorrekte Entwertung und somit eine Contravention gewesen sei. Das muss man aber nach zwei Gesichtspunkten beurteilen, wie ich auf dem Albumblatt geschrieben habe.

    Auf losen Marken lässt sich somit überhaupt nicht feststellen, ob korrekt oder unkorrekt entwertet wurde. Zumindest aber lässt sich feststellen, dass diese Entwertungen verhältnismäßig selten sind, insbesondere auf der 1 Sgr.-Marke.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Erwin

    Eine gute Seite :)

    Die zwei erste Marken müssen Platz wechseln.

    Interessant finde ich auch dass 4 von die 5 Cöln Abschläge alle 8-9 Abends gestempelt sind. Ein Abendfehler?

    Viele Grüsse

    Nils

  • Hallo Erwin

    Mir scheint, dass bei den letzten 4 Stempelabbildungen mit „8-9 A.“ ein Schlusspunkt gesetzt werden müsste. Wir beim 1. Stempel.

    Gruss Martin

    Ja Martín,

    da hast du wohl recht. Das liegt an meiner Schusseligkeit. :(

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • danke lieber Nils,

    ich finde es auch merkwürdig, dass die meisten 2Sgr. -Marken aus Köln sind.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • lieber Martin,

    ich habe jetzt auch noch mal im "Katalog der Kölner Poststempel" nachgeschaut. Alle Stempel, die ein A für Abends führen, besitzen den Punkt, also A.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan