• Liebe Freunde,

    Briefe, auch wenn es portofreie Dienstbriefe waren, deren Existenz Sammlerherzen nur selten höher schlagen lassen, sind mir sehr recht, wenn sie einzeln von Post zu Post liefen und nicht Teil großer Briefpakete der bedeutenden Postrouten waren, wie die allermeisten. Dabei wurden die Briefpakete von i. d. R. kleinen Postorten gefertigt und der nächstliegenden Poststelle zukartiert. Diese öffnete das Briefpaket und verpackte diese Briefe so, dass die nachfolgende Post sie direkt bekam usw. usw..

    Hier zeige ich einen Dienstbrief als R(egierungs) - S(ache), die auch eine Allgemeine Kirchensache war und daher in Bayern und Österreich portofrei blieb, vom 8.6.1872 des k. Pfarramts Chieming (Postexpedition seit 1887, ab 1898 nur noch Postagentur, Einwohner damals 724) mit Aufgabestempel von Grabenstadt (heute: Grabenstätt am Chiemsee, auch Grabenstaedt geschrieben, Einwohner damals 726, also immerhin 2 mehr) mit der Anschrift: "Vom k. Pfarramt Chieming an die Hochwürdige k. b. (hätte wohl k. k. heißen sollen!) Curatei Abfaltersbach im Pusterthal in Tirol". Oben rechts der Vermerk: "Pres(entirt) 10.6.1872" von Abfaltersbach.

    Eine Besonderheit war die Tatsache, dass im 105. VO- und Anzeigeblatt vom 4.10.1872 auf Seite 642 (s. Anlage) die Postexpeditioin Grabenstätt 8 Orte in der Nähe als Bestellbezirk zugewiesen bekam, zuvor also die Bedienung dieser Orte hinsichtlich der postalischen Gegebenheiten von der Postexpedition Übersee (damals 240 Einwohner) gehandhabt wurde. Da der Brief aber vom 8.6.1872 datiert, muss es schon vorher eine Regelung gegeben haben, die wir nicht kennen, denn der Aufgabestempel von Grabenstätt der Type 22 entspricht der einer Postexpedition und ist kein Postablagestempel. Peter Sem schreibt in seinem Handbuch der Entwertungen 1849-1875 auf S. 98 zu Grabenstaedt: "Postablage ab 1.7.1861 (Exp. Übersee). Möglicherweise 1870 aufgehoben und 1871 wiedereröffnet. Am 1.10.1872 zur Exp. erhoben". Hier wird also noch zu forschen sein.

    Aber zurück zum Brief: Am 8.6. war er in Übersee, um am 9.6. im österreichischen Bruneck (Einwohner damals 1878) aufzuschlagen (wundervoller Fingerhutstempel). Dann wurde er dort umverpackt in ein Briefpaket nach Lienz (damals 2111 Einwohner, auch ein herrlicher Fingerhutstempel), wo er am Folgetag ankam. Von dort aus lief er wieder zurück nach Abfaltersbach (Einwohner damals 404, sehr schöner blauer Ortsstempel mit 2 Bruchstrichen), wo er noch am selben Tag ausgeliefert wurde.

    Der Inhalt ist unspektakulär: "Chieming, 8. Juni 1872 Euer Hochwürden; Nach dem Zeugniß des Bruders von Joseph Hartl ist dieser wirklich ledig. Ob derselbe schon 15 Jahre von seiner Heimathspfarrei abwesend ist und an verschiedenen Orten sich aufhält, so bedarf es einer Verkündung in Bayern wohl nicht.

    Mit Hochachtung besteht J(oseph). Gallinger, Pf(arre)r."

    https://www.heimathaus-chieming.de/heimatpflege/

    https://www.google.de/maps/dir/Lienz…d46.7585213!3e0

    Ich liebe solche Briefe - zum Preis einer Pizza bekommt man soviel dafür, dass man dankbar sein muss, dieses Hobby zu pflegen.

  • Lieber Franz,

    vielen Dank! Wer es bisher noch nicht wußte - die schönsten Stempeltypen und Abschläge hat(te) Österreich.

    Weißt du zufällig, ob die öster. Stempel besonders selten sind, oder nur kurz in Verwendung waren? Ich bin da leider unbedarft.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    Glückwunsch zu diesem in mehrfacher Hinsicht schönen und spannenden Beleg. Da kann man zu einem Mini-Preis eine wunderbare Seite gestalten.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Ralph,

    Glückwunsch zu diesem in mehrfacher Hinsicht schönen und spannenden Beleg. Da kann man zu einem Mini-Preis eine wunderbare Seite gestalten.

    Viele Grüße

    Michael

    Lieber Michael,

    wahre Worte! Wenn ich immer höre, dass Altdeutschland finanziell abgehoben sein soll, aber Bund und Berlin so günstig sind, wie noch nie, stelle ich fest, dass man für kleine Münze wundervolle Briefe kaufen kann, die einen stundenlang (wie mich heute) beschäftigen und zu neuen Erkenntnissen gelangen lassen.

    Herrn Sem habe ich meinen Beitrag hier verlinkt - vlt. kann er ja zu dem bayer. Stempel noch etwas sagen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Ralph,

    leider habe ich für diese Zeit keine Unterlagen zu den Stempeln, aber ich vermute, dass die Stempeln von Bruneck und Lienz nicht besonders selten waren, da es sich doch um Orte, mit höheren Postverkehr handelte.

    Liebe Grüße

    Franz

  • Lieber Franz,

    da wirst du sicher Recht haben - der Interessanteste könnte der vom Zielort sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Ralph,

    laut Wikipedia hatte Abfaltersbach im Jahre1869 404 Einwohner, daher dürfte das Postaufkommen nicht sehr hoch gewesen sein, und der Stempel doch eher selten sein - aber das ist nur eine Vermutung :/

    Liebe Grüße

    Franz

  • Lieber Franz,

    vielen Dank - oft korrespondiert die Einwohnerzahl mit der Häufigkeit von bekannten Stempelabschlägen, das wird hier nicht viel anders gewesen sein. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Hermann,

    phantastisch - daher ist der Stempel auch so sauber abgeschlagen, weil er erst eine Woche alt war. :):):)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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