Baden - Frankreich 1870/71

  • Guten Morgen in die Runde - und vorab: Ein gutes Neues Jahr allen Forumsteilnehmern,
    nachfolgender Beleg liegt mir vor:

    Donaueschingen 13. August 1870, adressiert nach Lyon. Französischer Grenzübergangsstempel "Bade - 5 - Strasbourg" vom 14. August 1870

    Nun entnehme ich aber aus einem Wikipedia-Beitrag:

    "Bereits am 12. August erreichten die ersten (deutschen) Truppenteile die Umgebung Straßburgs und schnitten die Stadt von der Außenwelt ab, die Eisenbahn- und Telegrafenverbindungen wurden gekappt....."

    Wie passt das zusammen, zumal sich ja auch eine Leitung über die Schweiz angeboten hätte ?
    Vielleicht kann jemand aus der Leserschaft weiterhelfen. Vielen Dank schon mal im Voraus.

    Beste Grüße aus Lenggries
    Schorsch Kemser
    https://www.postgeschichte-kemser.com/


  • Guten Morgen Schorsch,

    und erst mal pfiffigs Neu`s. Da hast jetzt aber mal einen hingelegt ! Dieser Quelle nach zu Folge...

    http://www.festungsbauten.de/D/Strassburg_Belagerung.htm

    ...waren die Eisenbahn- und Telegraphenverbindungen südlich von Strasbourg Richtung Lyon / Mulhouse sogar schon am 10. August durch badische Kavallerie zerstört worden. Man muss im Übrigen auch festhalten, dass ja schon weit vorher im Juli 1870 die Ponton-Schiffsbrücke über den Rhein abgefahren und die Eisenbahnbrücke (Gitterbrücke) über den Rhein badischer- und französischerseits gesprengt worden war. Insofern fragt man sich auch, wie der Brief da überhaupt noch hat rüberkommen können. Man müsste folglich in Erfahrung bringen, wo der Bade 5 Strasbourg als für von Baden instradierende Post eingesetzt war. In Strasbourg selbst = ziemlich großes ?

    + Gruß !

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Grias Di Tim - die guten Wünsche gebe ich gerne retour. :):thumbup:

    Und zum Beleg - genau DAS ist der Punkt, der mich bei dem Brief stutzig werden lies, zumal Du ja mit Deiner Quelle die Beförderungsproblematik noch unterstreichst.
    Schauen wir mal, was noch alles an Informationen kommt.

    Beste Grüße
    Schorsch

  • Grias Di Karl,

    vielen Dank für Deine aufschlussreiche Ergänzung.

    In diesem Falle kann ich mir bei der kurzen Laufzeit (13./14. August) - insbesondere aufgrund der historischen Umstände - nicht vorstellen, dass der Brief den Weg über Strasbourg genommen hat sondern durch die Schweiz gelaufen sein MUSS, obwohl keinerlei schweiz. Durchgangsstempel darauf hindeuten.
    Gehe ich Recht mit dieser Annahme?

    Beste Grüße
    Schorsch

  • Grias di Schorsch,

    bin nicht Karl, aber ab dem 19.7.1870 gab es keinen Postaustausch mehr der deutschen Staaten mit Frankreich. Nordlich von Mainz lief die Post über das neutrale Belgien, südlich davon über die neutrale Schweiz. So auch hier ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Grias Di Ralph,

    vielen Dank für die ergänzenden Infos.
    Mit dem Tag der Kriegserklärung Frankreichs an Preussen waren somit also auch sämtliche direkten Postverbindungen "gekappt"?
    Gibt es irgendwelche Quellen/Bekanntmachungen, aus denen ersichtlich ist, dass den Postnutzern die Umwege über Belgien/Schweiz bekannt gegeben wurden?
    Es fehlen ja auf meinem Beleg auch sämtliche Hinweise (z.B. "via Schweiz") oder Durchgangsstempel, die eine solche Umleitung belegen würden.

    Beste Grüße
    Schorsch

  • Hallo Schorsch,

    ich habe die Verfügung in diesem Forum gezeigt und besitze auch einen Brief aus Bayern vom 19.7.1870, bei dem der Absender (!!) schon vermerkte: "Via Schweiz". Also die Poststellen und die Postnutzer wussten das zumindest schon am Vortag, dass mit dem 19.7.1870 keine direkte Kommunikation mehr möglich war. Das war bei Baden, TT und Württemberg sicher nicht anders.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph

    - vielen Dank, aber leider suche ich mir im Forum gerade einen "Wolf" nach der von Dir angesprochenen, bereits hier veröffentlichten Verfügung.
    Ich finde zwar immer wieder einmal Querverweise, aber leider nicht die Verfügung selbst - schade.

    Viele Grüße
    Schorsch

  • ... ich schau morgen mal in meine Unterlagen und stelle die Verfügung hier ein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo zusammen,

    eine solche Verfügung habe ich von deutschen Seite aus bisher leider nicht finden können, weder in den Amtsblättern 1870 des NDP noch in den Verordnungsblättern 1870 der bayerischen Verkehrsanstalten. In einer Ausgabe des Archivs für Postgeschichte 1935 steht, dass die bayerischen Verkehrsanstalten - aus Gründen der Zensur - darüber nachgedacht hatten, den Postaustausch mit Frankreich völlig zu unterbinden. Das wurde aber durch eine Intervention des bayerischen Handesministeriums vom 28. Juli 1870 verhindert. Wiewohl, der direkte Postaustausch mit Frankreich war aufgrund der militärischen Lage schlicht nicht möglich, so wie für den Fall w.o. schon en Detail dargelegt.

    Deswegen ist es zu den sogenannten "kriegsbedingten Umleitungen", vorliegend über die CH gekommen. Die CH hat mit Verfügung No. 92 vom 23. Juli 1870 seine "Postbüreaux" darauf aufmerksam gemacht, dass von jetzt ab geschlossene Briefpakete aus Deutschland nach Frankreich zur Versendung kommen und das diese Briefpakete zur "späteren Verrechnung und Konstatierung" vorzumerken wären. In einem solchen wird wohl auch der Beleg vom Schorsch gelegen haben. "Stückweise" aufgelieferte Sendungen waren der o.g. Verfügung zu Folge zusätzlich mit einer "Transittaxe von 10 Rappen für je einen Portosatz der Briefe" zu bewähren, Drucksachen (Zeitungen inbegriffen) mit 2 Rappen.

    Solche haben dann auch einen Durchgangstempel von Basel (von einem anderen CH Grenzübergang aus kenne ich noch nichts) und sind natürlich die absoluten Spitzen der "kriegsbedingten Umleitungen". Was einen aber schon sehr wundert ist, dass man nichts darüber in den deutschen Verodnungsblättern findet. Denn es waren ja schon deutliche logistische Umdisponierungen, die da (auch) auf deutschen Boden stattgefunden haben. Es wäre also schon ganz gut, das anhand evtl. anderer Quellen noch abschließend darzustellen, leider habe ich keine Idee mehr, wo die liegen könnten.

    + Gruß

    vom Pälzer

    PS: Im amerikanischen Bürgerkrieg kam es u.a. zu sogenannten "flag-of-thruth" Korrespondenzen, d.h., dass die verfeindeten Parteien unter der weißen Fahne Post im Frontgebiet untereinander ausgetauscht haben, weil auf beiden Seiten natürlich viel Verwandtschaft / Bekanntschaft bestanden hat. So etwas hat natürlich nichts mit einem regulären Posttansportdienst zu tun und kennen wir aus dem Krieg 70/71 nicht, aber auch ganz interessant zu wissen, wie ich meine,.

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    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (6. Januar 2022 um 15:18)

  • Morsche Tim,

    alles richtig - ich hatte eine Kopie aus einer Verordnung - finde sie aber leider nicht mehr (aus ihr hatte ich zitiert für meine Ausstellungsseite). Das muss es auch von Taxis, Baden und Württemberg (wohl auch Österreich) gegeben haben. Ich denke, dass der Inhalt dieser VO zuerst am 18.7. per Telegraph den Poststellen mitgeteilt wurde, diejenigen Poststellen ohne Telegraphenanschluß, dürfte es per Express-Dienstbrief bekommen haben, damit ab dem 19.7. alles konform lief, denn, wie du richtig schreibst, betraf das Millionen von Postkunden und das jeden Tag !!

    Ich habe einen einzigen Brief gesehen, der im Einzeltransit über die CH kriegsbedingt lief und der die 10 Rappen Taxe zeigte - aber das ist fast 40 Jahre her und ich weiß nicht mal mehr, von wo er kam und wohin in Frankreich er lief. Als Jungsammler haben wir tagelang geknobelt, woher diese 10 Rappen Taxe käme und wir kamen auf keine Lösung (und das Internet war noch sehr fern). Diese Einzeltransite betraf nur Post nach Frankreich aus dem Süden Deutschlands, die nicht ini geschlossenen Briefpaketen tief im Inland gesammelt wurden, sondern betraf nur Orte, die im direkten Postaustausch zur CH standen (da Lindau selbst kartenschließend war, fallen bayer. Orte hinter Lindau damit komplett aus) und alle anderen Orte in Bayern mussten ihre Post nach FR nach München der dortigen Hauptbriefpostexpedition zukartieren, wo sie gesammelt und in geschlossenen Briefpaketen durch die CH geleitet wurden.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Ralph,

    im Moment reden wir von NDP und Bayernseite her aber faktisch von einer Geister-VO, nicht zu finden. Wo sollte man außer in den einschlägigen VO-Blättern da sonst noch was finden ? Es ist überhaupt allerhöchst erstaunlich sehr dünn, was da wegen dem Kriegsausbruch überhaupt in den VO-Blättern drinsteht, fast gar nichts, vor allem beim NDP. Das kann nicht alles gewesen sein. Ich werde einmal versuchen die Badener und Württemberg VO-Blätter zu organisieren.

    LG

    Tim

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  • Danke Tim, aber dass unfrankierte Sendungen nach Frankreich über Lindau laufen sollten, macht genau null Sinn, weil Lindau mit Frankreich nie einen Kartenschluß hatte. :?::?:

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Ralph,

    ich muss das jetzt mal deutlich sagen: Wie kannst Du derart über Sinn und Unsinn einer solchen Vorgehensweise urteilen ? Das ist doch hier absolute TATSACHE, ob es Dir einleuchtet oder nicht ist irrelevant. Es steht niemanden zu historisch nachgewiesene Tatsachen zu "kritisieren" oder gar "in Frage zu stellen". Du hast allenfalls das Recht, der Sache weiter auf den Grund zu gehen. Nur das und nur das macht für das Fortkommen und den Erkenntnisgewinn von Philatelie und Postgeschichte Sinn. So werde ich das für meinen Teil jedenfalls tun. Also bitte mal auf dem Teppich bleiben.

    + Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    seit wann ist etwas Tatsache, nur weil es in der Zeitung steht? In bayer. Verordnungen gibt es Dutzende von Fällen, in denen alle bayer. Poststellen über etwas Neues informiert wurden, um es später (Tage oder Wochen) für Müll zu erklären und alles wieder rückgängig zu machen. Warum kann das hier nicht der Fall sein? Vlt. hat man am Abend des Drucks der Zeitung alles widerrufen?

    Eine VO über diese Spezialität mit Lindau kenne ich nicht und da ich die letzten Tage alles vom Juli und August 1870 gelesen habe, wäre mir das mit Lindau aufgefallen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ...auf diese Art und Weise macht es für mich keinen Sinn mehr hier irgend etwas zu weiter erforschen und darzustellen wenn meine Recherechen dazu missbraucht werden Geschichtsklitterung zu betreiben. Und Deine VO ist nach wie vor eine ghost-VO !

    In diesem thread sage ich vorerst Tschüss

    Nichts für Ungut, aber so macht das keinen Sinn.

    PS: An anderer Stelle werde ich Dir auch noch meine Meinung mitteilen.

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