Badische Fahrpost

  • Hallo zusammen!


    Am Wochenende habe ich bei meinem Messebesuch in Essen diesen Brief gefunden:


    Einen Wertbrief mit "Actenstücken" im Wert von 2 Gulden 12 Kr., der wohl Ende der 1840er Jahre von Heidelberg nach Königshofen (in die nordöstlichste Ecke Badens, nach "Badisch Sibirien" -) ging, das knapp 90 km von HD entfernt ist. Genau datierbar ist die leere Briefhülle leider nicht; der Stempel 05717 ist lt. Baden-Handbuch Band 1 ab 1847 bekannt. Auch zu Beginn der Markenzeit wurde er von der Fahrpost weiterverwendet, aber ausschließlich in schwarz.


    Wertbriefe wurden zu dieser fraglichen Zeit ausschließlich durch die Fahrpost befördert. In K. Löffler's "Geschichte des Verkehrs in Baden" (Karl Winters Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1910) habe ich eine Tabelle mit Fahrpost-Tarifen aus dem Jahr 1841 gefunden für "Versendungen, die nach dem Werthe zu taxieren sind", wozu laut Kommentar neben "Sendungen in gemünztem oder ungemünztem Gold und Silber, ferner Edelsteine" auch "Staats- und andere geldwerthen Papiere" zählten, so wohl auch die Aktenstücke an das löbliche Pfandgericht.


    Die Tabelle weist für einen Wert bis zu 5 Gulden incl. und einer Entfernung von 12 1/2 bis 14 Meilen incl. eine Gebühr von 8 Kreuzern aus - was auch der Taxierung entsprechen würde. Gibt es eine plausible Erklärung für die "2" oberhalb des Bruchstrichs, die auch oben rechts in verblasstem Rot erkennbar ist?


    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber Balf_de


    wie sah die Bestellung in Baden zu dieser Zeit aus?
    Mir scheint, dass der Absender insgesamt 10 Kreuzer bezahlt hat. 8 Kreuzer wie von Dir schon angegeben und wofür sollen die 2 x im Nenner stehen?


    Ich frage deshalb, weil der Empfänger das Pfandgericht war.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber balf_de, lieber Magdeburger,


    ich denke, dass das Postporto 8 Kr. betrug und das Bestellgeld 2 Kr..


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber balf_de, lieber Magdeburger,


    die Annahme von bayern klassisch, daß das Bestellgeld 2 Kr. betrug, sind zutreffend. Mit Neuordnung der Fahrposttarife 1941, von balf_de im ersten Beitrag erwähnt, wurden die seit 1834 geltenden Tarife ermäßigt. Der Fahrposttarif betrug für den hier gezeigten Brief 8 Kreuzer. Die Bestellgebühren waren für Geld- oder Valorsendungen nach der Höhe des Wertes festgesetzt:


    "Die Postanstalt hat die Obliegenheit, die ankommenden Fahrpoststücke dem im Ort der Postanstalt wohnenden Adressaten in seiner Wohnung zu überliefern, wofür Letzterer außer dem darauf haftenden Porto etc. nachstehende Bestellungsgebühr zu entrichten hat, nämlich:


    a. von Geld- oder Valorsendungen von 50 Gulden und darunter, so wie von Paketen, welche nach dem Gewichtstarif taxirt werden, von 2 Pfund und darunter ..... 2 Kreuzer
    b. von Geld- oder Valorsendungen über 50 bis 1000 Gulden einschließlich, so wie bei Paketen, welche nach dem Gewichtstarif taxirt werden, über 2 Pfund bis 50 Pfund einschließlich .... 4 Kreuzer;
    c. von allen größeren Sendungen ..... 6 Kreuzer."


    Die Taxierung von 10 Kreuzer war daher korrekt.


    Gruß
    Manfred

    Wo nichts mehr zu enträtseln bleibt, hört unser Anteil auf.


    Ernst Freiherr von Feuchtersleben

    Einmal editiert, zuletzt von Postarchiv ()

  • Hallo Manfred,


    danke für deine Bestätigung. Prima, dass du die Primärliteratur besitzt, dank deren man solche Briefe knacken kann. :)
    Bei mir war es nur (gut) geraten. :rolleyes:


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ulf, Hallo bayern Klassisch, Hallo Manfred !


    Vielen herzlichen Dank für euere Hilfe! Wie schön, dass es hier sogar Fahrpost-Experten gibt!


    Liebe Grüße von balf_de

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    anbei ein Beleg aus dem Jahre 1834:



    Von Constanz nach Hattingen, Amt Engen mit einem Postvorschuß in Höhe von 3 Gulden 6 Kreuzer.
    Die Brieftaxe betrug für diese Strecke 4 Kr. und die Fahrposttaxe nach Wert (für die Entfernungsstufe 4-6 Meilen und bis zu 9 Gulden) betrug 6 Kr., so dass 3 Gulden 16 Kr. notiert wurden.
    Das Bestellgeld in den Landpostbezirk betrug vermutlich 4 Kr., so dass in Summe von dem Stiftungs-Vorstand 3 Gulden 20 Kr. zu bezahlen waren.


    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Brief vom Polizeidiener Rubxxxxx aus ULM nach Obersasbach, aufgegeben in Renchen am 29. August 1847, geschrieben am 26. August 1847 in der Gemeinde Sieg.


    Musste ich heute Nachmittag im ersten Schritt als Fehlkauf einbuchen, da ich nicht wusste das es auch im badischen ein ULM gibt - und somit kein Wechselverkehr.


    Auf den zweiten Blick ergibt sich aus meiner Sicht eine portofrei badische Nachnahmesache, welche wahrscheinlich auch nicht Massenware sind.


    Nachnahmebetrag 29. Kreuzer angeschrieben, gestrichen und durch 31. Kreuzer ersetzt.


    Der Briefbot Glaser hat aber 33. Kreuzer quittiert, wieder einmal stoplere ich bei badischen Zustellungen über 2 Kreuzer?!?


    Kommentare / Ergänzungen herzlichst willkommen.

  • Hallo Ulrich,


    der Polizeidiener hieß meiner Meinung nach Rebenau.

    Kann es sein, daß für Transport und Einziehen jeweils 2x anfielen? Die Distanz beträgt ca. 2 km.


    beste Grüße


    Dieter

  • Liebe Sammlerfreunde,


    für Nachforschungen zu verloren geglaubten Sendungen wurden sogenannte Laufzettel ausgestellt. Eine ähnliche Funktion hatte wohl dieser Nachname-Zettel hier. So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen. Im Handbuch der badischen Vorphilatelie habe ich keinen Hinweis dazu gefunden. Ist so ein Zettel aus anderen deutschen Staaten bekannt? Musste dafür eine Gebühr entrichtet werden wie beim Laufzettel?


    Viele Grüße

    Bruno

  • Lieber Bruno,


    das ist kein Laufzettel, sondern war eher als Rückschein für unbezahlte Fahrpoststücke zu sehen. In Bayern hießen diese Vordrucke Vorschußzettel - die Zielpost musste bestätigen, dass die Sendung dort eingegangen war und der Postvorschuß ausbezahlt worden war.


    Trotzdem ein besonderes Stück (gäbe es bei Bayern nicht die Peschl - Korrespondenz, gäbe es auch kaum diese Vordrucke).

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    vielen Dank für die Korrektur. Wenn ich dich richtig verstanden habe, wurde so ein Zettel also für jedes Nachnahme-Fahrpoststück mitgeschickt?


    Viele Grüße

    Bruno

  • Lieber Bruno,


    ich denke schon - und wenn nicht, dann konnte man solch einen Schein auf Requsition sicher bekommen, aber ich glaube, das war damals "serienmäßig".

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bruno


    in der Regel wurde von den annehmenden Postbeamten die Nachnahme nicht im Vorfeld ausgezahlt, denn u.U. hafteten sie, wenn die Nachnahme retour ging und der Absender dies nicht zurückgeben konnte oder wollte.

    Das die Nachnahme ordentlich eingezogen werden konnte bzw. nicht, davon zeugen solche Zettel. Auch in Preussen hat es sowas gegeben, leider habe ich noch keine.

    Bei erfolgreicher Einziehung konnte erst der Absender den Betrag ausgezahlt bekommen.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Bruno,


    vlt. kosteten die Sendung einst 15x und der Laufzettel auch zufällig 15x, so dass sich so die 30x erklären ließen?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ulf,


    ich weiß nicht, was man damals unter Nachnahme verstand, aber Postvorschuß und Nachnahme waren schon verschieden. Beim Postvorschuß gab es das Geld sofort bei Auflieferung des Briefes (daher der Name) und bei der Nachnahme erst nach Einziehen des Betrages.


    Dieter

  • Lieber Dieter


    lese dir mal die preussische Postordnungen durch und dort steht sinngemäß, dass die Postbeamten persönlich hafteten, wenn sie bei der Aufgabe einer Postvorschußsendung den Betrag auszahlten.

    Unabhängig davon ist eine Nachnahme nichts anderes als ein Postvorschuß.

    Die Post sollte einen vom Absender notierten Betrag vom Empfänger einziehen.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf