Von nicht so schönen Briefen

  • ... so ehrlich sein sich einzugestehen, dass die vielen Jahrzehnte, die seit der Verwendung und Herstellung von Marken, Ganzsachen oder Belegen, durchaus ihre Spuren hinterlassen haben ...

    ... Das, was mich mitunter mehr oder weniger an Belegen stört, sind Dinge, die mit dem Beleg geschehen sind, nachdem er seinen eigentlichen Zweck erfüllt hat. ...

    Eigentlich ist mein Standpunkt zu diesem Thema klar und dazu nichts mehr zu sagen. Doch ich habe noch ein Beispiel, das ich nicht zeigen wollte, damit nicht der Eindruck entsteht nur ich besitze solche "nicht so schönen Briefe" - ohne "Restaurierung"


    Denn bei diesem Brief ist das mit dem "Wässern" offenbar schon passiert - nur wann? Ich bekam den Brief irgendwann, vermutlich wieder in einem Konvolut, so wie er jetzt ist.

    Besonders bemerkenswert ist, dass der Brief einem Prüfer vorlag.

    Und, Empfänger und Absender waren Juden, was zumindest der Inhalt vermuten lässt. Schade nur, dass der Brief so mir nichts erzählen wird.

    Solche 3er-Briefe mit der Nr. 9 gibt es doch ausreichend, sodaß man halt diesen hier "abschreiben" kann. Dieser Brief ist in einer Pergamintüte eingelegt und sicher im Archivkarton verwahrt. Mag der Nachbesitzer dann damit machen was er für richtig hält.

    Luitpold

    PS "So jedenfalls sollte eine Restaurierung im Ergebnis niemals aussehen." - Das war nur ein Versuch bei einem Brief der sowieso schon hin ist. Das bleibt aber die absolute Ausnahme!

  • Endlich ist der Brief angekommen. Als er mir 2016 zur Attestierung vorgelegt wurde, hatte er mich schon begeistert. Seitdem hat man ihn in einigen Auktionskatalogen gesehen mit jeweils schrumpfenden Ausrufen. Zuletzt war er dann nahezu unverschämt billig.

    Ein Wertbrief über 66 Pfennig im Landzustellbezirk von Dorfen an die Armenpflege mit Porto Nr 4, weite Wellen.

    Schön ist er nicht, nahezu alle Marken defekt, aber ein Flair, unglaublich, postgeschichtlich gigantisch.

    Achim

  • Also soll man trotz diverser Mängeln, auch optischen, einen Beleg erwerben und in seine Sammlung nehmen wenn man postgeschichtliches, seltenes darüber weiss?

    Auch wenn die grosse Mehrheit über ein erworbenes Exemplar meckerte und stänkert.

    Bin mal auf die grosse allgemeine Ansicht gespannt…


    P.S.

    Dies ist nur eine Frage die mich interessiert.

  • Ich bin eher ein Anhänger der Funktionsästhetik. Mir geht es darum, was ein Stück aussagt. Hier mussten die Marken auf die Rückseite geklebt werden, zwei Stück über die Faltung, die dann natürlich aufgerissen wurden. So wie das Stück aussieht, hat alles einen Sinn und einen Grund, ist alles nachvollziehbar. Nichts ist nachträglich geschönt oder manipuliert. -- Und das finde ich "schön".

    Achim

  • Danke für deine Stellungnahme Achim


    Also ist es auch vertretbar, wenn man ein Exemplar das in irgend einer Art und Weise etwas seltenes an sich hat in die Sammlung aufzunehmen auch wenn es beispielsweise einen oder mehrere Flecken hat oder der Schnitt der Marke nicht perfekt weissrandig ist wie es gewisse Herren fast befehligend verlangen?

  • Hallo Achim,

    den hatte ich auch schon in den paar Jahren, in denen er unterwegs war, auf dem Schirm. Ich muss Dir natürlich Recht geben, postgeschichtlich ein Topstück, aber.... (ich bin halt ein Qualitätsfan und kann nicht aus meiner Haut).

    Ich hätte ihn mir auch einverleibt, wenn mir nicht ein Brief mit 10 x P4 bekannt wäre, auf den ich seit Jahren warte. Er war schon mal in meiner Sammlung, blöderweise habe ich ihn mir vor 25 Jahren abschwatzen lassen (Diehl) und seitdem warte ich wieder auf ihn. Er war mal bei Jennes&Klüttermann, wurde dann aber wg. der juristischen Probleme mit dem Diehl-Nachlass zurückgezogen und ist seitdem nicht mehr aufgetaucht.

    Im übrigen gibt es noch zwei weitere 10-fach-Frankaturen P4.

    Viele Grüße

    Franz

  • Lieber Achim,

    ich bin da ganz bei dir und José - wenn es ein fast einmaliges Stück ist, das postgeschichtlich Bände spricht, steht die Qualität nicht an erster Stelle. Natürlich hat der Franz da ein Stück in Luxus aufgezeigt, aber nur weil das eine äußerst erstrebenswert ist, muss das andere nicht unerstrebenswert sein. Hauptsache das Stück hat ein Gesicht, über alles andere darf man sich zusätzlich freuen. Punkt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... wenn es ein fast einmaliges Stück ist ...

    ... woher kann ich das wissen, wenn ich mit den Nichtigkeiten der Heimatsammlung und nicht mit den Spitzenbelegen des Phila-Olymps (wo die Stücke in der Regel bekannt und registriert sind) beschäftigt bin?

    Emil hebe die Karte gut auf!

    Also Emil hat diese Postkarte aufgehoben, wie ihm von seinem Vater am 30. März 1900 geschrieben wurde "Lieber Emil! Als Neuigkeit sende Dir diese Karte ...". (Leider hat die Karte/Marken Stockflecken).

    Was ist an ihr dennoch bemerkenswert? Nun, lt. VO vom 24. März 1900 gelangten die Postfreimarken zu 3 und 5 Mark vom 1. April 1900 zur Ausgabe und "Von demselben Zeitpunkt ab werden für den Verkehr im Aufgabeorte und im dazugehörigen Landbestellbezirke Postkarten mit dem Werthstempel zu 2 Pfennig ausgegeben."

    Rückseitig ist nichts philatelistisches zu bemerken, nur vorderseitig sehr schön, der "Braundgardt-Zweikreis", der ab 1900 in Verwendung kam und der Briefträgerstempel Nr. 1.

    Luitpold

  • Lieber Werner,

    ... woher kann ich das wissen, wenn ich mit den Nichtigkeiten der Heimatsammlung und nicht mit den Spitzenbelegen des Phila-Olymps (wo die Stücke in der Regel bekannt und registriert sind) beschäftigt bin?

    wer länger als ein paar Tage Heimat sammelt, merkt doch zu allererst, was in Masse vorhanden ist und wovon es bei seinem lokal beschränkten Sammelgebiet so gut wie nichts vorhanden ist. Seltenheit ist immer relativ, nur wenn es ein einziges Stück gegeben haben sollte, wäre sie absolut.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...Was ist an ihr dennoch bemerkenswert? ....vom 1. April 1900 zur Ausgabe und "Von demselben Zeitpunkt ab werden für den Verkehr im Aufgabeorte und im dazugehörigen Landbestellbezirke Postkarten mit dem Werthstempel zu 2 Pfennig ausgegeben."

    Rückseitig ist nichts philatelistisches zu bemerken, nur vorderseitig sehr schön, der "Braundgardt-Zweikreis", der ab 1900 in Verwendung kam und der Briefträgerstempel Nr. 1.

    Luitpold

    Lieber Luitpold,

    ja eigentlich nichts Auffälliges, allerdings handelt es sich um eine Vorersttagsverwendung !

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Hallo Freunde,

    die beiden Briefe, die ich zeige, gingen beide als Briefe mit privatem Inhalt von Bayerdiessen an die "Müllers Gattin Theres Feyerabend" nach Weilheim.

    Der erste Brief ist vom 15.7.1862, frankiert mit einer Nr. 2 II5. Und der zweite Brief einige Wochen später ist vom 14.10.1862, und diesmal schon frankiert mit mit einer Nr. 9a.

    Während der Brief mit der blauen 3-Kreuzer-Marke ja ganz passabel aussieht, ist der Brief mit der roten 3-Kreuzer-Marke nicht so schön anzusehen. Die Marke an sich ist tadellos. Aber die braunen Flecken auf dem Briefpapier (Stockflecken ?) stören dann doch etwas.

    Ich habe schon versucht, mit einem mit reinem Benzin getränkten Wattebausch die Flecken etwas abzuschwächen. Aber das Ergebnis war dann doch nicht überwältigend.

    Ich werde ihn dann so lassen, wie er ist.

    Viele Grüße

    Bayern-Kreuzer

  • Zitat

    Ich werde ihn dann so lassen, wie er ist.

    Bayern-Kreuzer †

    und das ist eine gute Entscheidung.

    Von der Natriunhypochloritlösung würde ich in dem Fall die Finger lassen wie auch von dem Lindner Stockfleckenentferner Erni A und Erni B. Beide wirken als Oxidationsmittel, Natriumhypochlorit findet auch im Abflußreiniger Verwendung

    und Du möchtest doch sicherlich den Beleg nicht auf diese Weise entsorgen

    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !