Der Deutsche Krieg 1866

  • Hallo,

    hier ein Brief vom Oberkommando der preußischen Main-Armee an das Herzoglich Braunschweigisch-Lüneburgische Staatsministerium mit Stempel des Feldpostamts des VII. Armee-Korps vom 5.7.66.

    Der Brief trägt die Unterschrift von General Eduard Vogel von Falckenstein, der Oberbefehlshaber über die Main-Armee war.

    Nach der Schlacht von Langensalza (27.6.66) und der Kapitulation der Hannoveraner (29.6.66) dirigierte Falckenstein seine Armee südwestlich Richtung Fulda, um die Vereinigung des VII. Bundeskorps mit den bayerischen Divisionen zu verhindern. Am 3.7. stand das Hauptquartier in Philippsthal, wo der Brief geschrieben wurde:

    Ober-Commando der West-Armee

    An das Herzoglich Braunschweigisch Lüneburgische Staatsministerium zu Braunschweig

    Auf die sehr gefällige Zuschrift vom 26ten Juni d.J. No. 5601 erwiedere ich dem Herzoglichen Staatsministerium ganz ergebenst, daß inzwischen die Rückkehr der betreffenden Wagen erfolgt sein wird. Sollte das dennoch nicht der Fall sein, so bitte ich um eine sehr gefällige Benachrichtigung, schließlich bemerke ich noch ebenmäßig, daß das sehr gefällige Schreiben auf heute hier eingegangen ist.

    H.Q. Philippsthal den 3. Juli 1866

    Der commandierende General

    v Falckenstein

    Bei den „Wagen“ dürfte es sich um Eisenbahnwaggons der braunschweigischen Bahn gehandelt haben. Im Generalstabswerk „Der Feldzug von 1866 in Deutschland“ findet man auf S. 59 für den 21.6. „Von den Truppen des Generals v. Manteuffel begann früh Morgens der Transport des Detachements Korth auf der wiederhergestellten Eisenbahn Hannover-Braunschweig nach Seesen…

    Am 22.6. ging das Detachement Flies mit der Eisenbahn von Celle über Braunschweig nach Seesen. Beide marschierten über Nordheim nach Göttingen. Am 24.6. befahl Falkenstein 5 Bataillone Infanterie und eine Batterie des Korps v. Manteuffel unter Befehl v. Flies über Magdeburg und Halle nach Gotha. Da es zu der Zeit keine Bahn von Göttingen Richtung Osten gab, mussten die Truppen erst wieder per Bahn nach Norden bis Kreiensen. Dort haben sie auf die Bahn nach Seesen/Braunschweig gewechselt und dann weiter über Magdeburg, Halle nach Gotha.

    Es spricht alles dafür, dass die Preußen auf die Unterstützung durch braunschweigische Eisenbahnwagen angewiesen waren. Der Knotenpunkt Kreiensen war ja braunschweigisch. Dann ging es über Seesen und Börßum nach Magdeburg. Die Truppen des Detachements Flies trafen am Abend des 25.6. in Gotha ein. Ob da noch die braunschweigischen Wagen bis Gotha gefahren sind, bleibt offen. Dass es sich bei den „Wagen“ um etwas wichtigeres als ein paar geliehene Pferdefuhrwerke gehandelt haben muss, wenn der kommandierende General dem braunschweigischen Staatsministerium höchstpersönlich schreibt, liegt auf der Hand. Im Generalstabswerk steht auch auf S. 68: "Am Abend des 25. trafen auch die ersten Truppen des Detachement Flies, deren Transport sich wegen mangelndem Fahrmaterials etwas verzögert hatte, von Göttingen in Gotha ein. Der Rest folgte über Nacht."

    Höchstwahrscheinlich bezieht sich also Falckensteins Replik auf die Nutzung geliehener braunschweigischer Eisenbahnwaggons im Rahmen der Flies'schen Truppenbewegung, für die offensichtlich zunächst keine ausreichenden Transportmittel zur Verfügung gestanden hatten, zumal sich ein Teil der Strecke auf braunschweigischem Gebiet befand.

    Etwas erstaunlich ist die Bezeichnung "West-Armee" noch am 3.7.66. Seit dem 1.7.66 sollte die Titulierung nämlich „Main-Armee“ sein, um eine Abgrenzung von der „Westdeutschen Bundesarmee“ als Bezeichnung für die VII. und VIII. Bundeskorps zu bewirken (aus der Regimentsgeschichte des 2. Schlesischen Grenadier-Regiment Nr. 11). Warum gerade beim Oberkommando am 3.7. immer noch der alte Name verwendet wurde, bleibt rätselhaft.

    Ungewöhnlich auch die Tatsache, dass ein am 3.7. geschriebener Brief des Oberbefehlshabers erst am 5.7. vom FPA bearbeitet wurde. Entweder blieb er in der Schreibstube ober beim FPA unbearbeitet zwei Tage liegen – was bei Post des Armeechefs nicht passieren durfte, oder das FPA war aufgrund der Truppenbewegungen und Kämpfe am 4.7. (Dermbach, Wiesenthal, Roßdorf gegen die Bayern) vorübergehend indisponiert und kam erst am 5.7. zur Weiterleitung. Die Ursache für die Verzögerung wird man nicht mehr erfahren.

  • Hallo,

    hier ein Wendebrief aus dem 66er Krieg, der mich ein wenig in Erklärungsnotstand bringt.

    Abgesandt von der Hospitalverwaltung im württembergischen (Schwäbisch) Hall am 24.7.66, ist er adressiert an das "Löbliche Commando des K. Würt. 5ten Infanterie-Regiment". Als Ortsangabe schrieb man "Ludwigsburg", wohl in Unkenntnis des jetzigen Standortes des Regiments, dessen Garnison Ulm war und das sich vom 22.-30.6.66 im Lager Aldingen bei Ludwigsburg aufgehalten hatte, bevor es dann zur Vereinigung mit dem VIII. Bundeskorps im Vogelsberg-Gebiet abmarschiert war. In Ludwigsburg hat man dann mit "Feldpost" korrigiert, die dann die korrekte Zustellung übernahm.

    Links unten findet man den Vermerk "15 f. zehn fünf Gulden eingezahlt". Also handelt es sich um einen Fahrpost-Begleitbrief für eine Bareinzahlung von 15 Gulden an das Regiment. Die Höhe des Betrages suggeriert eine Zuwendung von 5 Gulden an drei Soldaten (ohne Gewähr...) des Regiments, wie es von Heimatgemeinden ausgerückter Soldaten häufiger vorkam.

    Stutzig macht der Absender, die Hospitalverwaltung Hall. Warum sollte gerade diese einen Geldbetrag "spenden"? Hätte man nicht eher umgekehrt Geldzuwendungen an das Hospital erwartet?

    Die andere Seite des Briefes stellt das Antwortschreiben des Regiments dar: "An die Löbl. Hospitalverwaltung Hall", vom "5. Infanterieregiment König Karl, Stabsfourier Schumacher". Der Brief wurde am 1.8.66 über das Feldpostamt der württemb. Division abgefertigt, die nach Ende der Kämpfe bei Gollhofen südlich von Würzburg lag.

    Ironie des Schicksals ist die Tatsache, dass just am Tag der Abfertigung des Briefes aus Hall (24.7.) das Gefecht von Tauberbischofsheim stattfand, an dem das 5. Regiment in heftige Kämpfe verwickelt war und schließlich 44 Tote und 135 Verwundete zu beklagen hatte (aus der Regimentsgeschichte; Wikipedia nennt andere Zahlen: https://de.wikipedia.org/wiki/Grenadier…isches)_Nr._123).

    Wer hat eine plausible Erklärung für die Hospitalverwaltung als Geldgeber?

  • Lieber Wilfried,

    in einem gemütlichen Hospital in der Heimat fehlte es einem sicher an Weniger, als bei einem dislozierten Soldaten in der Fremde, der kaum Geld dabei gehabt haben dürfte, es aber eher gebraucht hätte. Nur so eine Vermutung ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (4. November 2024 um 18:21)

  • Sorry, Ralph, aber das klingt zu naiv. Auch vor 160 Jahren hatten Spitäler kein Geld im Überfluss und waren ihrerseits - gerade zu Kriegszeiten - auf Unterstützung angewiesen. Die Begünstigung ausgerückter Soldaten oblag (neben den Familien) den Heimatgemeinden.

    Vielleicht hat noch jemand eine Idee?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    in der "Allgemeinen Hopfenzeitung von 1866" steht folgendes (aus dem Internet):

    Ich denke, daß die Hospitalverwaltung in Schwäbisch Hall sich durch solche Geschäfte und Spenden Geld ansammelte. Darum konnte man sicherlich auch die Soldaten im 1866 er Krieg aus Schwäbisch Hall und Umgebung mit Geld unterstützen.

    Beste Grüße,

    Hermann

  • Hallo,

    der Artikel, den VorphilaBayern dankenswerterweise gepostet hat, hat mich auf den Gedanken gebracht, dass es sich bei der "Hospitalverwaltung" nicht um die Administration eines (kleinen) Krankenhauses in Hall handeln könnte, sondern um etwas viel größeres.

    Hier bin ich fündig geworden: https://www.schwaebischhall.de/de/unsere-stad…-heiligen-geist

    Das Haller Spital, schon 1228 gegründet, wuchs über die Jahrhunderte mittels Spenden, Immobilienzukäufen, Geldanlagen und Überschüssen zu einem veritablen Imperium:

    "Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war das Haller Spital eine multifunktionelle Anstalt, in der Arme, Behinderte und Waisenkinder ebenso Aufnahme fanden wie Alte und Kranke. Selbst Versorgungsempfänger, die der Kaiser in Wien dem Haller Spital zuwies, erhielten ihre Pension.Zahlreiche Menschen fanden Beschäftigung als Knecht oder Magd, Schulmeister oder Hausmeisterin. Über ihre Aktivitäten hatten sie umfassend Rechenschaft abzulegen. Nach dem Ende der Reichsstadt wurde auch die Spitalverwaltung neu organisiert. Die Spitalstiftung wurde mit anderen Stiftungen aus der Reichsstadtzeit (u.a. dem Reichsalmosen, dem Glöcklinsgeld, der Almosenpflege und der Nicolaipflege sowie kleineren bürgerlichen Stiftungen zusammengelegt. Dies brachte der Spitalstiftung einen Zuwachs an Bargeld, der sich noch verstärkte, als die Feudallasten im 19. Jahrhundert abgelöst und die Eigenwirtschaft des Spitals aufgegeben wurde (Verkauf des Teurershofes 1836). Der Waldbesitz blieb dem Spital nicht nur erhalten, er wurde mit den Ablösungsgeldern wesentlich ausgebaut."

    Somit kann man davon ausgehen, dass die Verwaltung der Spitalstiftung (Hospitalverwaltung) die 15 Gulden zur Unterstützung der ausgerückten Soldaten aus ihrem offensichtlich beträchtlichen Vermögen bestritt.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,

    hier jetzt Transkription und Beschreibung des Briefs aus post #1854, den mir der liebe Herrmann vermacht hat.

    Brief „Vom königlichen 12. Infanterie-Regiment König Otto von Griechenland An den Magistrat der königlichen Stadt Prichsenstadt“ vom 3.10.1866

    Ein Inhalt des Schreibens vom 12. IR existiert nicht. Jedoch hat man in Prichsenstadt das Briefpapier benutzt, um Abschriften für Antwortschreiben für die eigenen Akten zu verfassen:

    Prichs[enstadt] den 14. Oktober 1866

    Das

    Ad Decr. [ad decretum = laut Beschluss] vom 22. Septbr. l.Js. Kgl. Bez[irks]amt

    Betreff, die Liquidation der während des Krieges gegen Preußen mit 35 Beilagen.

    Die in nebigem Betreffe für den Monat August l. Js. in duplo ausgefertigte Liquidation wird anliegend mit 31 Belegen vorgelegt und gebeten, die Entfernungen auf den Belegen # 5. 7. 9. 10. 15. 17. 18. 19. 21. 22. 25. 29. u. 31. bezüglich der Fuhrlöhne bestätigen und auch die unter Beil. Nr. 2. 6. u. 14. beiliegenden Abschriften über die wegen der geschehenen Haber- und Heu-Lieferungen abgeschlossenen Accorde beglaubigen zu wollen, zu welchem Behufe die Original-Protokolle vom 15. Juni, 6. Juli u. 4. August l. Js. gegen geneigte Rückgabe angeschlossen werden…

    Auf der Umseite (und damit auch Briefvorderseite) ein Duplikat des Schreibens vom 15.10.1866

    An das Commando der 3ten Infanterie-Brigade in Augsburg

    Nach der Quittung verehrten Commandos vom 8. August befanden sich dahier vom 6.-8. August in Quartier

    1. 1 Herr General

    2. 2 “ Hauptleute

    3. 1 “ Regts [Regiments] Auditor

    und verpflegt wurden 16 Unteroff. und Soldaten.

    Da natürlich letztere auch zwei Tage dahier ein Quartier hatten, dieses aber zu bescheinigen übersehen worden sein dürfte, wird ergebenst gebeten, daß nachträglich bald gefälligst daher bestätigen zu wollen.

    Das 12. Infanterie-Regiment, Teil der 3. Brigade in der 2. Division, befand sich nach dem Waffenstillstand vom 2.8.66 auf dem Rückzug hinter die Donau, mit den Stationen Erbshausen-Sulzwiesen, Prichsenstadt, Schwarzenberg, Eschenbach, Oberwinzer, Regensburg. Die während des Aufenthalts in Prichsenstadt vom 6.-8.8.66 angefallenen Kosten für Quartier und Verpflegung wurden dem Regiment bzw. der Brigade von der Gemeinde später in Rechnung gestellt.

    Dies erklärt den Zusammenhang mit der Abschrift vom 15.10.66.

    Fraglich bleibt, ob sich das Schreiben vom 14.10. (an ein Bezirksamt? Ist nicht wirklich gesichert leserlich) auf den Durchmarsch desselben Regiments bezieht, oder nicht vielmehr auf ein Amt, mit dem auf der Basis früher abgeschlossener Verträge zur Bereitstellung von Transport und Pferdefutter abgerechnet werden soll. Möglicherweise hat man, um Papier zu sparen und ein Duplikat für die Akten zu haben, Abschriften auf Korrespondenzen mit anderen Absendern/Empfängern (hier das 12. IR) vorgenommen.

    Hat jemand dazu eine Meinung?