Der Deutsche Krieg 1866

  • Danke Altsax

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hallo,

    diesen Fahrpostbrief von Warin nach Würzburg konnte ich jüngst erwerben. Er belegt eindrucksvoll die schwierige Zeit der Fahrpostbestellung im Krieg Anfang Juli 1866, als Wertsendungen nicht mehr ohne weiteres zur Beförderung angenommen wurden und etablierte Eisenbahnverbindungen aufgrund der Kriegsereignisse weggefallen waren.

    Als Wertsendung "Einliegend ?? 100 in C.A." (=Cassen-Anweisungen) und einmal gewogen mit 9/10 Loth, ein anderes Mal mit 19/20 Loth, aufgegeben in Warin in Mecklenburg-Schwerin am 2.7.1866, wurde er mit 14 3/4 Schillingen (vorderseitig Rötel) taxiert. Das Porto setzt sich laut Angaben des Vorbesitzers des Briefs zusammen aus 9 3/4 Sch. Gewichtsgebühr über 36 Meilen und 5 Sch. Wertgebühr (50-100 Taler). Am 3.7.66 erreichte er Berlin (rückseitiger Stempel 3.7 des Berliner Hofpostamtes). Ab hier wird der Laufweg unklar.

    Jedenfalls wurde später der rückseitige Vermerk "Wegen unterbrochner Verbindung zurück" angebracht, und vorderseitig in blau "ret. 8/7" angeschrieben. Ausweislich des rückseitigen Stempels erreichte er Güstrow in Mecklenburg-Schwerin am 9.7.66.

    Mit Datum 4.7.1866 wurde am 5.7.66 in Berlin die Verfügung zum "Ausschluß des Fahrpost-Verkehrs nach Süddeutschland" im Amtsblatt des Königlichen Post-Departements No. 24 veröffentlicht (s. Abb.).

    Soweit die Fakten. Es stellt sich jetzt die Frage nach Behandlung und Laufweg des Briefs zwischen dem 3.7. (Berlin) und 9.7. (Güstrow).

    In Berlin hat man am 3.7. wohl noch keine Kenntnis von unterbrochenen Postverbindungen gehabt, sonst hätte man den Brief direkt zurückgeschickt und nicht bis zum 8.7. liegenlassen. In Friedenszeiten wäre der Brief über Leipzig-Hof oder Eisenach-Coburg nach Würzburg gelaufen. Beide Verbindungen standen aber schon Ende Juni 1866 nicht mehr zur Verfügung. Auch die Strecke Halle-Eisenach-Guntershausen (Kassel)-Frankfurt dürfte wegen der Kapitulation der Hannoveraner nach der Schlacht von Langensalza und der folgenden Truppenbewegungen (Rückführung der hannoverschen Soldaten, Vormarsch der Preußen in Thüringen Richtung Rhön/Bayern) der Fahrpost nicht zur Verfügung gestanden haben. Somit blieben noch Hannover-Kassel-Frankfurt oder Hannover-Köln (und von da via Koblenz bzw. Lahnstein-Gießen nach Frankfurt) als Möglichkeiten zur Beförderung. Für die Leitung von Post von Norddeutschland via Köln nach Süddeutschland gibt es mehrere Beispiele, wobei das genaue Datum der Wiederaufnahme der Verbindung Kassel-Frankfurt offen bleibt (in den ersten Juli-Tagen 1866).

    Letzten Endes bleibt der exakte Leitweg des Fahrpostbriefes unklar, ebenso, wo genau der rückseitige Vermerk und die "retour"-Sendung vorgenommen wurden. Da die Veröffentlichung zur Einstellung des Fahrpost-Verkehrs nach Bayern erst am 5.7. erfolgte, kann man davon ausgehen, dass der Brief an diesem Tag bei einer preußischen Postanstalt zurückgehalten wurde, um zunächst die Entwicklung des Kriegsgeschehens bzw. weitere offizielle Instruktionen zur Behandlung bereits aufgegebener Poststücke abzuwarten. Erst am 8.7., als sich die Fortführung des Krieges in Bayern abzeichnete, wurde er zurückgeschickt. Das könnte z.B. in Köln erfolgt sein, ist aber hypothetisch.

    Für eine Stellungnahme dazu wäre ich sehr dankbar, ebenso für Abklärung des Schriftzuges vor "100", und dem Wort zwischen "Abs." und "Witte", was offensichtlich die Zuordnung für die Rücksendung an den Absender ermöglichen sollte.

  • Hallo,

    hier zwei interessante "See-Briefe" von Helgoland nach Rüdesheim vom Juli bzw. August 1866.

    Über den Stempel "See-Brief" wurde ja bereits an anderer Stelle diskutiert; eine erschöpfende Beleuchtung erfährt er in der Abhandlung "Die bremischen Dampfschiffsposten im Unterweser- und Nordseeküstenraum mit einer Untersuchung über die Schiffspoststempel "Telegraph-Franco" und "See-Brief" von W. Diesner im DASV-Rundbrief No. 267 (1967).

    Einfachheitshalber zeige ich die scans meiner dafür gemachten Seiten.

  • Lieber Wilfried,


    großes Kino, keine Frage. Hat sich etwas zu den Taxen ergeben?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Wilfried,


    großes Kino, keine Frage. Hat sich etwas zu den Taxen ergeben?

    Lieber Ralph,

    nein, leider nicht. In die Taxierung fließt sicherlich noch eine Gebühr für den Schiffstransport von Helgoland nach Bremerhaven ein, zu der ich nichts sagen kann.

    Und galt Hannover als Aufgabeland (wegen hannöverschem Postamt "Bremerhafen") oder Bremen, mit entsprechender Taxierung und Anrecht auf das vom Empfänger zu erhebende Porto? Beim zweiten Brief ist der Stempel leider nicht lesbar (vielleicht sogar nur ein Abklatsch eines anderen), weshalb die Taxierung hier von Bremen ausgehen könnte.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • 9 Kr.-Postvereinsbrief von Mainz (20.8.1866) nach Nürnberg (21.8.1866)


    Die Bundesfestung Mainz befand sich seit dem 20.7.1866 im Belagerungszustand, der am 26.8.66 mit der Übergabe der Festung an die Preußen beendet wurde. Während die Bahnverbindungen von Mainz nach Norden, Westen und Osten bis Anfang August eingestellt waren mit entsprechendem Einfluss auf die Postbeförderung, änderte sich dies nach dem Waffenstillstand vom 2.8.1866 sehr schnell, weshalb der gezeigte Brief am 20.8. – noch während des offiziellen Belagerungszustandes - wieder innerhalb eines Tages von Mainz über Frankfurt und Würzburg nach Nürnberg, das noch bis zum 16.9.1866 von preußischen Truppen besetzt blieb, lief.


    Wormser Zeitung (9.8.66): „Worms, 8. Aug. Von heute an ist die Strecke Mainz-Bingen wieder dem Verkehr übergeben und werden daher Personen sowie Güter nach Bingen und den anschließenden Bahnen befördert. Die Verkehrs-Eröffnung der Strecke Mainz-Frankfurt und Mainz-Aschaffenburg für Personen- und Güterbeförderung erfolgt morgen…“

  • Hallo,

    hier ein weiterer Brief, dessen Beförderung erheblich unter den Kriegsereignissen zu leiden hatte. Als 3 Gr.-Postvereinsbrief von Leipzig (27.7.66) nach Regensburg (Ankunft 7.8.66) wäre er in Friedenszeiten über Chemnitz-Plauen-Hof und dann entweder über Bayreuth-Weiden oder Reichenbach-Eger-Weiden in höchstens zwei Tagen nach Regensburg befördert worden. Da aber die sächsisch-böhmischen Verbindungen aufgrund der kriegerischen Ereignisse im Sommer 1866 sistiert waren (Reichenbach-Eger Mitte Juni bis 18.8.66 ausgefallen), und Ende Juli wegen der Besetzung (28.7.66) und letzten Gefechts bei Bayreuth (Seybottenreuth, 29.7.66) auch die Linie Hof-Bayreuth ausfiel, konnte der Brief erstmal nicht befördert werden.

    Erst am 2.8. stand die Verbindung Leipzig-Hof wieder zur Verfügung, wobei die Weiterleitung von dort über Hochstadt-Lichtenfels wie auch via Bayreuth-Weiden erst nach dem 5.8.66 per Eisenbahn wieder möglich war. Die Alternative Hof-Eger war am 7.8. wieder frei. Somit könnte der Brief nach dem 2.8. einige Tage in Hof "verbracht" haben, bevor er am 7.8. über eine der genannten Verbindungen schließlich Regensburg erreichte. Ein Transport ab Hof per Postkarren/kutsche via Mitterteich-Weiden im Zeitraum 2.-6.8.66 als Ersatz für die ausgefallenen Eisenbahnen wäre auch denkbar, wofür mir jedoch Quellen und Belege fehlen.

    Hier noch Zeitungsveröffentlichungen zu den Eisenbahnverbindungen im relevanten Zeitraum:

    Neue Würzburger Zeitung (7.8.66): „(München 5. Aug.) … Aus zuverlässiger Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß der Bahn- und Telegraphenverkehr auf der bayer. Staats- und Ostbahnlinie heute wieder eröffnet ist, mit Ausnahme der noch unterbrochenen Strecke von Hochstadt nach Hof und von Weiden nach Bayreuth, deren nächstige Inbetriebsetzung um so weniger zu bezweifeln ist, als der Hr. Handelsminister v. Schlör sich zur Behebung der noch bestehenden Hindernisse behufs persönlichem Vernehmens mit den Armeeoberkommandos nach den fränkischen Provinzen begeben hat.“

    Egerer Anzeiger (No. 32, 9.8.66): „Die Eisenbahnlinie der Ostbahn wurde bereits den 6. d.M. dem Verkehre wieder übergeben und sonach der Weg nach Pilsen, Prag, Wien etc. geöffnet. Auch sah man Dienstag den 7. auf der Linie der bayer. Staatsbahn Hof-Eger die ersten Züge wieder heranbrausen und dürfte nun in kürzester Zeit auch die sächs. Staatsbahn Eger-Herlasgrün [b. Reichenbach] in’s Leben gerufen werden.“

  • Hallo,

    hier ein Brief vom ersten Tag der Sistierung der Werrabahn zwischen Eisenach und Coburg (20.6. bis 7.8.66). Der am 20.6. im thüringischen Steinach bei Sonneberg aufgegebene Brief durchlief Coburg (21.6.) und Saalfeld (21.6.), bevor er seinen Empfänger in Erfurt am 22.6.66 erreichte.

    In Friedenszeiten wäre der Brief mit der Stichbahn Sonneberg-Coburg und dann weiter mit der Werrabahn über Eisenach nach Erfurt befördert worden. So aber, nach Ausfall der Verbindung Coburg-Eisenach, ist er wahrscheinlich per Postkutsche/-karren via Eisfeld-Saalfeld nach Erfurt gefahren worden. Ob der Postexpeditor in Steinach noch nichts vom jüngsten Ausfall der Eisenbahn Coburg-Eisenach wusste und den Brief deshalb dahin leitete, oder der Postabgang auf der alten Postroute Sonneberg-Saalfeld gerade verpasst und deshalb die Stichbahn Sonneberg-Coburg genommen wurde, bleibt offen.

  • Hallo,

    hier ein Fahrpostbrief mit Wertangabe (Geld/Gold) an einen Teilnehmer der Schlacht von Langensalza:

    Am 8.9.1866 in Hannover aufgegebener Fahrpostbrief mit Wertangabe „5 rt Gold oder 5 rt 15 gr. Crt“ Inhalt, an den Grenadier Scheel in Freiburg (Elbe), Ankunft 10.9.1866

    Der Grenadier Scheel hatte mit dem Garde-Regiment an der Schlacht von Langensalza am 27. 6.1866 gegen Preußen teilgenommen und nach Kriegsende mit diesem Brief eine Gratifikation dafür von seinem Regimentskommandeur erhalten:


    Hannover, den 8. Septb. 1866

    An den Grenadier Scheel, 4. Compagnie beurlaubt zu Freiburg


    Seine Majestät der König haben Ihnen als vorläufige Belohnung für Ihr tapferes Verhalten in der Schlacht bei Langensalza eine Gratification von einem Louis d’Or zu bewilligen geruht, und gereicht es mir zur Freude Ihnen diese Gratification hieneben zu übersenden.

    Eine Quitung über den Empfang erfolgt zugleich anbei.

    Von Alten, Oberstlt. Regmts.Comd

  • Lieber Wilfried,


    ein Hammer-Brief. Vlt. könnte mal ein Papierrestaurator (ein akademischer bitte) über den Brief schauen?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Danke, Ralph.

    Ja, die Klebstreifen sind übelst. Ich trau mich da nicht ran, und darunter ist das Papier völlig durchzogen vom Klebstoff. Miese Vergewaltigung... :cursing:

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • ... das lässt sich beheben - einfach ein paar Flaschen von deinem Wingert mitbringen und ein echter, akademischer, badischer Restaurator hat gegen dich doch gar keine Chance mehr ... :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo,


    Volker (vozimmer) hat einen restaurierten Brief vorgestellt, der viel besser wurde. Er ist meiner Erfahrung nach sehr hilfsbereit und nimmt auch gerne Hilfe an. Einfach mal Kontakt aufnehmen.


    viele Grüße

    Dieter

  • Hallo,

    dieser Fahrpostbrief von Bonn an das Tabakwaren-Handelshaus Landfried im badischen Rauenberg bei Wiesloch wurde vor vielen Jahren unter den posts #552 ... #563 besprochen.

    Mittlerweile habe ich neue Informationen und Erkenntnisse und würde Behandlung und Laufweg des Briefes daher gerne nochmals diskutieren.

    Bis zum 31.7.66 waren laut Anzeige im preußischen "Amts-Blatt des Königlichen Post-Departments" No. 28 vom 27.7.66 Fahrpostsendungen nach Süddeutschland von der Beförderung ausgenommen. Mit der Verordnung im Amtsblatt No. 29 vom 31.7.66 wurden Fahrpostsendungen nach Baden jetzt wieder angenommen.

    Der Brief wurde an diesem Tag in Bonn aufgegeben und via Koblenz-Bingerbrück transportiert. Da die Verbindung Bingen-Mainz-Darmstadt erst ab dem 8.8.66 für den Post- und Güterverkehr freigegeben wurden, musste die Route Bingerbrück-Neunkirchen-Ludwigshafen-Mannheim genommen werden, die bei Neunkirchen einen Postaustausch mit der bayerischen Post (Homburg/Bexbach) erforderlich machte.

    Hier setzt meine Hypothese an: da laut Amts-Blatt No. 31 Fahrpostsendungen nach Bayern erst mit Datum 7.8. angenommen werden durften, könnte die Sendung aus Bonn einige Tage in Neunkirchen gelegen haben, da sie zunächst nicht an Bayern übergeben werden konnte. Am 5. oder 6.8. hat man - in Unkenntnis der kommenden Freigabe des Fahrpostaustauschs mit Bayern ab dem 7.8.66 - die Sendung mit Begleitbrief zurückgeschickt, wo der Brief über die Packkammer in Köln dann wieder in Bonn eintraf und den Eingangsstempel vom 7.8.66 erhielt.

    Klingt das plausibel?

  • Lieber Wilfried,


    ich denke ja.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Erwin,

    meinst Du mit "diese Verbindung" Mainz-Bingen?

    Bingen wurde am 28.6.66 von preuß. Truppen besetzt, und Mainz war Bundesfestung, also in gegnerischer Hand. Daher hat man die Eisenbahnverbindung unterbrochen und die "Hardware" weggeschafft. Erst am 9.8. war die Strecke wieder komplett nutzbar:

    Wormser Zeitung (9.8.66): „Worms, 8. Aug. Von heute an ist die Strecke Mainz-Bingen wieder dem Verkehr übergeben und werden daher Personen sowie Güter nach Bingen und den anschließenden Bahnen befördert. Die Verkehrs-Eröffnung der Strecke Mainz-Frankfurt und Mainz-Aschaffenburg für Personen- und Güterbeförderung erfolgt morgen…“

    Neustadter Zeitung (26.7.66): „(Mainz, 22.Juli) Die Preußen haben die Strecke Ingelheim-Bingen der hessischen Ludwigsbahn dem Verkehr übergeben und die Bahnbeamten darauf beeidigt, nichts gegen Preußen vorzunehmen.“

    Beste Grüsse vom
    µkern