GB - Sachsen

  • Hallo miteinander,


    anbei ein Brief aus dem Jahr 18o4 aus London nach Herrnhut in Sachsen.



    Ich gehe davon aus, dass es ein Portobrief ist, da ich keine englische Taxe erkennen kann. Oben rechts findet sich zwar eine Notation 1/8 was man als 1 Shilling 8 Pence lesen kann, aber die Notation ist sehr "unenglisch" und die Taxe hätte zu der Zeit auch nur einen Shilling betragen. Ich gehe davon aus, dass Porto 10 Groschen und 8 Pfennige betrug, in der Handschrift des Empfängers sind nochmal 10 Groschen und 9 Pfennige notiert.


    Kann es sein, dass zu der notierten Taxe noch ein Bestellgeld von einem Pfennig dazu kam?

    Oder liege ich mit meiner Interpretation völlig falsch?


    Beste Grüße, Volker

  • lieber Volker,

    zu der Taxierung kann ich jetzt nichts sagen, aber dass auf der Rückseite ein sehr schöner roter Stempel sitzt, das kann ich schon sagen.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo,


    in GB war das Porto bis (mindestens) zur Grenze im voraus zu bezahlen.

    Wenn der Brief über Frankreich lief bis Calais, Holland bis Rotterdam oder Hamburg.


    Denovan & Co.'s Edinburgh and Leith directory, from July 1804 ... to July 1805, etc (nls.uk)

    Hier wird auf Seite 23/4 das Porto bis London mit 11d und das Porto bis zum Festland mit 2/3sh angegeben. Von London wären es dann 1/4sh.

    Vermutlich gab es aber mehr als einen Leitweg.

    Ich denke die 1/8 waren in London oder Umgebung zu bezahlen.


    Beste Grüße


    kibitz

  • Hallo Kibitz,


    in der Tat betrug das Porto ab dem 5.4.18o1 1/4 Shilling. Diese Änderung hatte ich übersehen, vorher betrug es 1/-.


    Aber wie erklärt man, dass es keine englische Taxnotitz auf dem Brief gibt?


    Beste Grüße, Volker

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Volker

    Bin jetzt nur so kurz vorbei. Der Brief ist sicher über Hamburg spediert und somit bis Hamburg bezahlt. Es gab von Grossbritannien aus ein Frankozwang, man dürfte aber nur die britische Gebühre bezahlen, also kein Voll- oder Teilfrankomöglichkeit.

    Wie viel der Absender bezahlen sollte habe ich leider nicht im Kopf. Ob es 1 Shilling 8 Pence weiss ich nicht, finde ich vielleicht etwas hoch. Es sieht ja aus wie ein 1 Sheet Drucksache/Brief aus. Dass die Briten die Gebühre nur mit schwarze Tinte geschrieben hatten ist nicht so selten.

    Es gibt aber bei deinem Brief schwache rote Farbe vor 50 die ich nicht richtig deuten kann.

    Auf jeden Fall ein interessanter Brief.

    Es gibt auch einige Briefe hier zu sehen aus Gleiter Zeit.

    Die kleine Kontinentalsperre 1803-1806


    Viele Grüsse

    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Hallo Nils,


    danke für den Hinweis mit dem Leitweg Hamburg. Klar ist mittlerweile, dass der Brief in London 1/4sh gekostet hat, die auch dort bezahlt wurden. Auch wenn sie nicht notiert wurden.


    Beste Grüße, Volker

  • Hallo Volker,


    ich denke die 1/8(sh) steht für das Porto in GB.

    Vielleicht wurde aber auch nur vergessen die 1/4 zu vermerken.


    Beste Grüße


    kibitz

  • Hallo miteinander,


    passend zu dem Brief von 18o4 kann ich noch zwei weitere Stücke zeigen. Diese sind etwas älter und haben alle mehrere Gemeinsamkeiten.


    - Absender und Empfänger sind identisch

    - Keiner der Briefe trägt eine englische Taxnotiz

    - Der jüngste (und zuerst gezeigte) ist eine gedruckte Preisliste. Bei den älteren beiden wird eine solche Liste wohl eingelegt, oder so auf dem Bogen gedruckt worden sein, dass sie nicht mehr dabei ist.

    - Die Listen wurden nicht offen (wie Newspaper) gesendet, sondern waren mit einem Papiersiegel verschlossen.


    Die beiden älteren zeige ich gerne:




    Beste Grüße, Volker

  • Hallo zusammen,

    ich möchte hier auch einen Brief zeigen, der von London nach Leipzig lief. Geschrieben am 25.7.1828 an die bekannte Leipziger Adresse Hentsachel und Pinckert. In London mit 1/8sh taxiert. "Via Hamburg per Steamboat" 1826-32 gab es eine private Dampfschifflinie London-Hamburg. Von dieser stammt auch der rote Stempel rechts "Post Paid Ship LE London" . Kann mir jemand zu den restlichen Taxangaben etwas sagen? Ich lese da eine 4 1/2 eine 9 und ganz schwach mit Tinte 18 oder 1/8. Die Rückseite ist absolut leer.

    Vielen Dank

    Torsten

  • Hallo Torsten,

    Dein Beleg vom 25.7.1828 ist ein typisch untypischer Beleg aus dieser Zeit.

    Schauen wir ihn genauer an:

    Oben links die 1/8 ist gemeinsam mit dem Vermerk via Hamburg / p Steamboat vom Absender notiert worden.
    1/8 ist dabei nur ein Vermerk für die Person, die den Brief zum Postamt brachte, die darauf achten sollte, dass der Brief mit 1 Shilling 8 Pence bezahlt werden sollte. Klar, der Brief sollte über Hamburg geleitet werden und per Steamboat transportiert werden.


    1 Shilling 8 Pence war der Tarif für den Transport mit einem Packet boat, also einem englischen Schiff, das im Auftrag und unter Kontrolle der Post fuhr. Der ovale Stempel ´POST PAID SHIP Lr LONDON´ mit Krone und Datum zeigt, dass der Brief in London über das Ship Letter Office lief. Da ein weiterer Aufgabestempel fehlt kann davon ausgegangen werden, dass der Brief auch dort aufgegeben wurde. Das Ship Letter Office wurde in London 1799 eröffnet und war für ALLE Briefe, die über London weiter über See zu transportieren waren dann und nur dann zuständig, wenn der Transport mit einem privatem Schiff durchzuführen war. Die Gebühr betrug dabei 1828 die Hälfte der Gebühr für den Transport mit einem Packet boat. Das wären also 10 Penny (1/8 enspr. 20 Penny bei einem Shilling zu 12 Penny). Die große dünne Taxzahl mit Tinte lautet auch ´/10´. Der diagonale Strich trennt die Shilling von den Penny in den englischen Taxnotizen. Keine Zahl vor dem / bedeutet keinen Shilling. Das da tatsächlich 10 Shilling stehen und diese für den Brief in England für den Brief bezahlt wurden werde ich mit etwas Bildbearbeitung noch später zeigen.


    Mehr als das hier geschriebene zeigt der Brief für mich nicht, insbesondere zeigt er nicht, dass er tatsächlich über Hamburg gelaufen ist.

    Wäre er das, müsste der seit 1826 benutzte schwarze Kreisstempel des Hamburger Schiffs-Brief-Comptoir rückseitig abgeschlagen sein und eine deutliche Röteltaxe ´6´, immer auf der Vorderseite meist rechts zu lesen sein. Denn Briefe über Hamburg liefen seit dem o1.o1.1822 ausschließlich über die staatliche Stadtpost in Hamburg. Und Hamburg hat 1828 für jeden Brief 6 Schillinge kassiert, die mit Rötel notiert wurden.


    Ich habe am Anfang von einem typisch untypischen Beleg gesprochen, weil der Brief nicht so schlüssig ist, wie er scheint. Das ist leider nicht untypisch für diese Zeit :)


    Beste Grüße, Volker

  • Hallo Volker,

    Vielen Dank für deine ausführlichen Infos. Hier hilft oftmals nicht mal Google, sondern nur das Forum hier. :)

    Mal sehen ob noch jemand zum Leitweg/ Taxen sagen kann.

    Bis dahin viele Grüße und einen guten Rutsch

    Torsten

  • So, die englische Taxierung habe ich mal mit blauer Farbe nachgemalt. Das "Gebilde" wurde im Original in einem Zug notiert, beginnend beim roten Pfeil. Vom Startpunkt geht es nach links unten, das ist der diagonale Trennstrich in ´/10´. Auf der gleichen Linie geht es Wieder hoch. Der Haken nach unten ist die 1 und der kleine Kringel mit dem überschießenden Bogen die 0.