Vor ein Paar Wochen habe ich mal wieder eine Internetrecherche über die Postzensur im 1. Weltkrieg angestoßen und zu meiner Überraschung etliche Treffer im Münchner Hauptstaatsarchiv gehabt. Die Akten des Stellvertretenden Generalkommandos des I. Bayerischen Armeekorps sind digital zugänglich und die Abteilung PIV enthält insgesamt 273 Akten, die mit der Postzensur zu tun haben.
Anfang September hatte ich nun Gelegenheit die ersten Akten in Augenschein zu nehmen. Der erste Eindruck war sehr gut. Die Akten scheinen vollständig vorhanden zu sein und sie wurden höchstwahrscheinlich nicht ausgedünnt, wie es in Stuttgart der Fall ist. Mit ca. 230 Digitalfotos bin ich dann wieder nach Hause gefahren und transkribiere diese jetzt in ein digitales Format.
Mein besonderes Interesse gilt natürlich der Prüfungsstelle für Geschäftsbriefe in München, die Anfang August 1914 im Verkehrsministerium in der Arnulfstrasse in den Zimmern 174/I untergebracht wurde. Das eine Zimmer war für den Vorstand der Prüfungsstelle und dessen Beisitzer vorgesehen und das andere Zimmer fungierte als Postannahmestelle für die geprüften Briefe. Auch in München existierte eine Liste mit Firmen, die diesen besonderen Dienst in Anspruch nehmen konnten. Anfangs waren es wenige Dutzend Firmen (meist Banken) aber mit der Zeit wuchs die Liste auf über 200 Firmen an. Insgesamt wurde die Prüfungsstelle wohl sehr gewissenhaft geführt und Beanstandungen waren recht selten.
Solange die Prüfungsstelle im Verkehrsministerium existierte wurde die Post immer mit demselben Stempel entwertet:
Dieser Stempel wird allerdings in den Stempelbearbeitungen von Dr. Helbig immer als fraglich oder als Falschstempel bezeichnet. Als Entwerter für Zensurpost ist er sicherlich echt, weil er auch massenhaft in den Akten als Bestätigung für diverse Vorgänge belegt ist.
Der erste Zensurstempel ist ein Rahmenstempel: Prüfungsstelle des I. Armeekorps München
Dieser wurde durch eine Verfügung des stellvertretenden Generalkommandos vom 29. August 1915 durch einen ovalen Dienststempel ersetzt. Am 9. September 1915 bescheinigt die K. Postmaterialverwaltung den Erhalt des rechteckigen Stempels - er wurde aus dem Verkehr gezogen. Erstaunlich ist, dass die Postmaterialverwaltung diesen Stempel wohl beschafft hat und nicht das stellvertretende Generalkommando. Ist das dann ein postalischer Stempel?