Österreich - Heimatscheine

  • Im Gemeindegesetz von 1859 wird erstmals der Begriff "Heimatrecht" verwendet. Im 1863 erlassenen Heimatrechtsgesetz wird die Gemeinde als zuständig für die Führung einer Matrikel der Mitglieder (Heimatrolle) und die Ausstellung von Heimatscheinen erklärt. Der Ausstellung eines Heimatscheins wird im Wesentlichen das Abstammungsprinzip zugrunde gelegt.

    Das Heimatrecht konnten nur österreichische Staatsbürger in einer österreichischen Gemeinde erwerben. Mit dem Heimatrecht war das Recht auf ungestörten Aufenthalt in der Heimatgemeinde und eine Armenversorgung verbunden. Das Heimatrecht konnte einem Staatsbürger nur in einer Gemeinde zustehen und durch Geburt, Verehelichung, Aufnahme in den Heimatverband und ein öffentliches Amt erlangt werden. Eheliche Kinder erlangten das Heimatrecht in jener Gemeinde, in welcher der Vater zur Zeit ihrer Geburt heimatberechtigt war, uneheliche Kinder waren in der Gemeinde heimatberechtigt, in der die Mutter zur Zeit der Entbindung das Heimatrecht besaß. Frauen erlangten durch die Verehelichung das Heimatrecht in der Gemeinde, in welcher der Ehegatte heimatberechtigt war.

    Durch Anpassung der gesetzlichen Regelungen im Jahr 1869 wird ein mindestens zehnjähriger Wohnsitz und der Besitz der Staatsbürgerschaft zur Voraussetzung für die Verleihung des Heimatrechts.

    Nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie in Folge des Ersten Weltkrieges wird im Jahr 1918 die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen. Diese erlässt zunächst eine provisorische Verfassung, auf deren Basis am 5. Dezember 1918 das Deutsch-Österreichische Staatsbürgerrecht ergeht. Nach diesem kommt allen Personen, die zur Zeit der Kundmachung des Gesetzes in einer Gemeinde der Deutsch-Österreichischen Republik heimatberechtigt waren, die deutsch-österreichische Staatsbürgerschaft zu. Durch die Erklärung, der deutsch-österreichischen Republik als getreue Staatsbürger angehören zu wollen, können auch Personen, die seit 1914 ihren Wohnsitz in Wien hatten, die Staatsbürgerschaft beantragen.

    Im Jahr 1925 wurde das Staatsbürgergesetz erlassen. Es regelt die Landes- und Bundesbürgerschaft, für die die Heimatberechtigung erforderlich ist. Die Staatsbürgerschaft erlangt man durch Geburt, Verleihung, wobei ein mindestens vierjähriger Aufenthalt nachgewiesen werden muss, durch Verehelichung und durch den Antritt eines öffentlichen Lehramtes an einer inländischen Hochschule. Verheirate Frauen bekommen als "Anhängsel" ihres Mannes automatisch dessen Staatsbürgerschaft.

    Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wird 1939 das Heimatrechtsgesetz außer Kraft gesetzt.

    Die Beschäftigung mit den Heimatscheinen von Österreich ist ein kleines Zusatzhobby von mir, vor Jahren ganz klein begonnen, inzwischen aber zu einer Sammlung angewachsen. Es ist ein rein fiskalisches Thema, für mich ist es aber eine schöne Ergänzung zur sonstigen Fiskalphilatelie von Österreich und da jede Gemeinde weitgehend frei war in ihrer Vordruckgestaltung, gibt es dabei nicht nur große Unterschiede in der grafischen Gestaltung, sondern auch in der tatsächlichen Größe der jeweiligen Personalpapiere. Das reicht von der Größe heutiger Reisepässe bis hin zu Formaten, die noch nicht einmal in Lindner-Bogenmappen hineinpassen. Mir tun dabei immer die Leute leid, die Derartiges mit sich herumschleppen mussten, ohne auf heutige stabile Transportmittel zurückgreifen zu können. Das gilt insbesondere für die Personen, die als Mägde oder Knechte von Dorf zu Dorf zogen, um so ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

    Als Start zeige ich einen recht kleinen Heimatschein vom 22.5.1926, ausgestellt vom Stadtrat der Stadt Wiener-Neustadt.


    Viele Grüße

    Ingo

  • Lieber Franz,

    hier ist ein weiterer Heimatschein, ausgestellt am 22.1.1878 von der Gemeinde Niederheidisch in Böhmen.

    Der Heimatschein von Graz ist inzwischen bei mir eingetroffen, aber noch nicht eingescannt.

    Viele Grüße

    Ingo

  • Heute ein Heimatschein, der für den Oberstleutnant Dworzak am 24.2.1926 in Graz ausgestellt worden war. Im Gegensatz zu heute, wo so etwas von einem Sachbearbeiter alleine erledigt wird, mussten damals - zumindest in der Steiermark - drei Personen unterschreiben, dass das mit dem Heimatrecht so seine Richtigkeit hat.

    Viele Grüße

    Ingo

  • Lieber Ingo,

    während heutige Belege zurecht im Aktenmüll verschwinden, sind solche Stücke aber optische Augenweiden, die jeder mit Kunstverstand nur zu gerne in seiner Sammlung hätte. :):)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.