Internationaler Frauentag - Geschichten von Frauen


  • Das schrieb Lina Morgenstern * schon vor über 130 Jahren und ist bis heute aktuell. In unseren Sammlungen finden sich immer wieder Geschichten, die von, mit, über Frauen berichten. Oftmals nur kurze Hinweise aus oder von Ihrem Leben. Doch wenn sie größere Spuren hinterlassen haben, dann bietet uns ein Brief, eine Postkarte einen Einblick in die Rolle der Frauen im 19./20. Jahrhundert.

    Zum Internationalen Frauentag https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Frauentag , heute am 8. März 2021, möchte ich zumindest eine Frau aus der Vergessenheit hervorholen, die ein typisches, untypisches Frauenleben führte (wie es sich noch aufgrund der iim Internet zugänglichen Daten nachvollziehen lässt). Ob sich die Herren und Frau(en?) im Forum sich dieses Themas widmen mögen bleibt dahingestellt. Hoffen darf man immer :)


    * https://de.wikipedia.org/wiki/Lina_Morgenstern

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).


  • Frage: Was ist ein "Küchenkräuter-Apparat", den Hermine Louran per Postkarte am 4. April 1889 bei Hoflieferant Crentensen in Berlin bestellte?


    Zunächst also können wir von einer Hausfrauen-Bestellung ausgehen? Wäre da nicht der Namensstempel der Bestellerin "Hermine Louran H. Waldemar".


    Das Spannendste ist immer, wenn man im Internet einen Namen in das Suchfeld eingetippt und die Suche betätigt hat. Welches Ergebnis wird einem angezeigt! Bei Louran war es ein überraschendes, denn sie war eine Schriftstellerin und von daher hat sie Spuren hinterlassen.


    Hermine Louran, geb. Frick wurde am 26.3.1855 in Frankenthal als jüngstes Kind eines bayerischen Beamten geboren. Sie war begabt und erhielt eine umfassende Bildung und Fertigkeit in der Musik. Nach dem frühen Tod des Vaters musste sie bereits mit 17 Jahren als Erzieherin ihr Geld verdienen. Offenbar war sie nur ein halbes Jahr in Stellung, da sie einen Ingenieur, namens Louran heiratete und in Speyer lebte. Nach dem Tod ihres Mannes widmete sie sich der Schriftstellerei unter dem Pseudonym H. Waldemar (schon als Schülerin schrieb sie Aufsätze und ab 1884 auch größere Arbeiten, wie "Försters Trude" "Mimis Leiden und Freuden" oder auch "Musikalische Lebensbilder") und zog 1889 nach München (von dort stammt ja meine Postkarte). Doch schon 1891 zog sie nach Berlin, 1894 nach Zittau, wo sie auch verstarb.

    In München war sie Redakteurin einer Zeitschrift mit dem bezeichneten Namen "Das Hausmütterchen". Ob sie daher Interesse an den "Küchenkräuter-Apparat" hatte um ihn den "Hausmütterchen" vorzustellen?


    Bevor die erfolgreiche Suche nach dem Adressaten diesen Beitrag beendet, kann in dem Leben der Frau Louran ein typisches/untypisches Frauenleben nachgezeichnet werden. Jung mit einer guten Schulbildung in besserer Stellung (wo viele verblieben als Erzieherinnen, Lehrerinen usw.), Verheiratung (Mutter und Ehefrau mit all den Pflichten und Mühen, die ein damaliger Haushalt mit sich brachte), dann Wittwenstand und durch die Schriftstellerei selbstständig und unabhängig (was damals nicht vielen Frauen möglich war).


    Kurz zum Empfänger: N. L. Crenstensen - einen Firmenname, den es bis heute gibt: https://www.chrestensen.de/unternehmen/historie/


    Was es mit dem "Küchenkräuter-Apparat" auf sich hatte? Vielleicht war es ein solcher, für den sogar ein Reichs-Pateten erteilt wurde:




    Also war das offenbar nichts anderes, als Küchenkräuter am Fensterbrett aufzuziehen, wie wir es ja heutzutage gewohnt sind. Damals also ein "willkommenes Geschenk" - auch zu Weihnachten, in der kalten Jahreszeit wohl ein "Hingucker".


    Es gibt noch so viele Geschichten die eine Recherche lohnen, auch zu "Frauengeschichten".


    Luitpold



  • :thumbup::thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo,

    anbei eine Postkarte von Marie-Elisabeth Lüders aus Berlin vom 22.11.1955 aus ihrer Tätigkeit als MdB.

    Thematisch ging es wahrscheinlich um die ab 7.10.1955 erfolgte Heimkehr der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, von denen der in der Postkarte erwähnte 'Schüppel' einer gewesen ist.

    Möglicherweise handelt es sich um die folgende Person:

    Hem Schüppel


    Vita Marie Elisabeth Lüders


    Auch die Person des Empfängers ist zeitgeschichtlich interessant:
    Karl-Heinz Naase Ostbüro der FDP



    Grüße

    philast

  • Hallo philast,


    vielen Dank für die Vorstellung der prominenten Absenderin und die Recherche zum Anlass des Schreibens. Meinen Glückwunsch zu dieser wunderschönen Postkarte(n-Geschichte).

    Beste Grüße von Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Bei Recherchen in google books ergeben sich Zufallsfunde, die dann wiederrum zu weiteren Fundstellen führen. Dabei hat man dann zwar keinen eigenen Beleg (Brief, Postkarte usw.) jedoch theoretisch kann man sich so einen vorstellen. Ein Beispiel sei mir hier gestattet.


    Das Thema wäre eigentlich der "Krieg 1870/71", aber da es nicht um den Mann, sondern die Frau gehen soll, möchte ich das hier schreiben.



    Diese letzte Nachricht*, geschrieben auf einer Korrespondenzkarte, ist von ihrem Gatten Oberst Felix zu Salm-Salm der am 18.8.1870 bei Saint-Privat gefallen ist. https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_zu_Salm-Salm (* aus "Zehn Jahre aus meinen Leben" von Prinzessin zu Salm-Salm)


    Über die Recherche zur freiwilligen Krankenpflege im Kriege 1870/71 bin ich auf seine Gattin, Agnes Elisabeth Winona Leclerq Joy - Prinzessin zu Salm-Salm gekommen, die Zitat aus Wikipedia "ihr Leben lang im Ruf einer schillernden Persönlichkeit (stand). Sie galt als sehr intelligente und selbstbewusste, äußerst exzentrische Frau, die ihr eigenes Leben lebte, ohne sich um Konventionen zu kümmern. Sie hatte nichts mit der zu ihrer Zeit gerade entstehenden Frauenbewegung im Sinn und beschäftigte sich nicht mit der Theorie des Feminismus"


    Diese Frau würde in der heutigen Zeit - Zitat: "nahm sich aber ohne Rücksicht auf gängige Meinungen oder Rollenklischees ihr Recht auf Freiheit und persönliche Entfaltung" - wohl nicht mehr das Entsetzten von männlichen Begleitern, wie damals, hervorrufen. Mehr unter https://de.wikipedia.org/wiki/Agnes_zu_Salm-Salm


    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Eine ungewöhnliche Adresse, die Dank hasselbert nun gelesen werden konnte, gibt Rätsel auf, die jedoch anhand der 5 genannten Personen in Beziehung gebracht werden können. Nur der Absender ist trotz eines schönen Lacksiegels bisher unbekannt.


    Luitpold





    Siegel deutet auf einen adeligen Absender hin (Ritter, Freiherr, Graf?)



    (Tippfehler nicht Landbach sondern Landfach)



    Quellen: https://wuerzburgwiki.de/wiki/Gottfried_von_Neureuther / https://de.wikipedia.org/wiki/Traugott_Ertel


    https://wuerzburgwiki.de/wiki/…udwigsbahnhof_um_1854.jpg

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  • Lieber Werner,


    schöne Recherche von dir - das Siegel trägt m. E. keine Krone, war also nicht von einem Adligen benutzt worden, sondern von einem Patrizier mit Hang zur Noblesse. Aber das tut dem Brief keinen Abbruch ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • das Siegel trägt m. E. keine Krone, war also nicht von einem Adligen benutzt worden, sondern von einem Patrizier mit Hang zur Noblesse. Aber das tut dem Brief keinen Abbruch ...

    Ja, aber es ist einem Ritter-Wappen sehr ähnlich und solche wurden von bürgerlichen Herren eigentlich nicht verwendet

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Eine Einladung an Fräulein Elise zum Tanz auf Ansichtskarte "La Cloche des Amours"

    <3 "würde ich es mir zur höchsten Ehre ansehen wenn Sie auch diesen Sonntag den Tanzausflug durch Ihre werte Persönlichkeit verschönern...Dein A.W." :love:



    Ok, heutzutage geht das wohl so nicht mehr, aber schön, dass uns die Karte erhalten blieb, da das Frl. Elise die Karte trotz oder wegen :?: des "Liebesläuten" nicht wegwarf.



    Victor von Effner hatte eine Tanzschule in der Neubaustraße in Würzburg und inserierte unter "für Tanz und Anstand".


    Luitpold

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  • Ja, aber es ist einem Ritter-Wappen sehr ähnlich und solche wurden von bürgerlichen Herren eigentlich nicht verwendet

    Lieber Werner,


    das ist ein Widerspruch in sich - wappenführend war nur der Adel = Ritter als unterste Adelsstufe. Patrizier orientierten sich doch mit ihrem heraldischen Hang genau an dieser Kaste ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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