• Hallo,

    die Taxierungen dieses Teilfrankobrief aus Florenz nach Francomont vom 25.4.1835 sind mir nicht ganz schlüssig.

    Gemäß der links oben stehenden Taxierung bezahlte der Absender 12 Crazie bis zur österreichischen Grenze. Daher dürfte der Brief 16 Denari (= ca. 20 g) schwer gewesen sein. Da der Brief somit über 1 Loth schwer war, belastete Österreich 30 Kr. C.M. (Art. 9, PV Österreich-Bayern 1819).

    Nach dem Postvertrag Bayern-Preußen von 1834 vergütet Preußen für Briefe aus Italien nach Belgien 24 Kr. bis Coblenz an Bayern. Da 2. Gewichtsstufe somit 24 x 1,5 = 36 Kr. Dies entsprach den 30 Kr. C.M. die Bayern an Österreich zu bezahlen hatte. Damit ging Bayern für seinen Transit leer aus.

    Preußen berechnete an Belgien 12 Sgr. Nachdem 36 Kr. 10 Sgr. entsprachen, verblieb Preußen nur 2 Sgr. für seinen Transit ab Coblenz.

    Das Gesamtporto in Francomont belief sich auf 22 Decimes (12 Sgr. = 15 Dec. + 7 Dec. Inland).

    Grüße von liball

  • Hallo Liball

    Deine Erklärung klingt überzeugend und in sich schlüssig.. Allerdings stimmt der inländische Tarif möglichereise nicht. Laut Delbeke ist der inländische Tarif ab 1.1.1835 von der Grenze bis Verviers 2 Decimes pro Gewichtstufe (Seite 231). Dummerweise finde ich die Gewichteinteilung dazu nicht, Aber 15 Decimen ab Ö bis zur belgischen Grenze und dann 7 Decimes ins grenznahe Francomont passt doch nicht.

    Ich habe bisher auf keinem meiner nicht wenigen Briefe aus den italienischen Staaten nach Belgien oder den Niederlanden ein bayerisches Porto in der Währung Kr.rh. gefunden. Die 22 ist ja gestrichen worden, die 36 nicht, deswegen habe ich mal überlegt, ob die 22 und 36 eine ander Bedeutung haben können

    Der Brief war für damalige Verhältnisse mit mehr als 17,5 g für Österreich bzw. 16 Denari = 18,9 g in der Toskana ziemlich schwer. da passen die 12 Sgr .für Preußen gar nicht.

    Die 22 sehen von der Schreibweise gar nicht preußisch aus, es würde aber größenordnungsmäßig besser passen.

    Wenn Preußen 22 Sgr. von Belgien verlangt sind das 29 Decimes - und damit auch wieder 7 Decimes für Belgien um auf 36 Decimes zu kommen. Das Verhältnis passt aber besser.

    Ich hatte gehofft, in meinem Fundus einen vergleichbaren Brief aus dieser Periode nach Belgien zu finden. Dein Brief ist besonders, weil er relativ schwer ist und nach der Währungsumstellung in Belgien zum 1.1.1835 bereits in Decimes taxiert wird. ab 1842/44 verringert sich der österreichische Transit auf 12 KrCM.

    Mein Brief ist innen vom 9.9.1833 datiert und enthält 3 Stoffmuster.

    In Livorno wurde er mit 6 Crazien bis zur österreichischen Grenze teilfrankiert, Das Gewicht muss also bis etwa 7 g betragen haben.. Österreich verlangte 20 KrCM Transitporto von Bayern (=24 kr,rh).

    Das bayerische Transitporto ist nicht angegeben. Preußen verlangt jedenfalls 8 Sgr. = 28 Kreuzer, so dass für Bayern und Preußen nur 4 Kreuzer für den Transit übrig bleiben. In Verviers (Stempel rs. vom 19.3.) werden 70 NLCent eingezogen. 8 Sgr . = 50 NLcent plus 20 Cent bis Francomont.

    Grüße von Cameo

  • Ich hänge noch einen Brief dran, welcher am 1.Okt. 1828 zu ähnlichen Bedingungen in die Niederlande lief.

    Der Absender zahlte 6 Crazien bis zu einem Gewicht von 6 denari (7,1g) bis zur österreichischen Grenze.

    Österreich verlangte 20 KrCM (rechts in rot) für den Transit bis zur bayerischen Grenze.

    Preußen verlangte 10 Sgr. ( links neben der 6) entsprechend 60 NLCent. Der interne NL Tarif betrug 25 NLCent bis Schiedam.

  • Empfehle noch den Thread Russland über Österreich nach Belgien, bei dem ich gerade 2 Briefe aus Odessa nach Francomont mit dem Herkunftstempel Italien und der typischen fremditalienischen Taxe eingestellt habe.

    Cameo

  • Hallo Cameo,

    ich gehe davon aus, dass Preußen hier ein Fehler unterlaufen ist.

    Bei deinem ersten Brief setzte Preußen 8 Sgr. und beim zweiten 10 Sgr. an. Richtig gewesen wäre bei beiden Briefen 10 Sgr. Im PV Niederlande-Preußen von 1817 steht für ganz Italien 8 gGr. Nach der preußischen Währungsumstellung waren dies 10 Sgr. Hier sieht man, dass Preußen bei diesen Briefen nicht ganz sattelfest war.

    Es könnte also sein, dass der preußische Beamte ohne auf die bayerische Vorbelastung zu achten 8 x 1,5 = 12 Sgr. gerechnet hat. Rechnen müssen hätte er jedoch 10 x 1,5 = 15 Sgr.

    Belgien könnte den Fehler korrigiert haben, denn 15 Sgr. entsprachen 19 Decimes + Inland 3 Decimes = 22 Decimes. Bis zum ersten belgischen Tarif ab dem 1.1.1836 galten die niederländischen Taxen und danach lagen Briefe über 15 g in der 2. Gewichtsstufe und damit 2 x 1,5 = 3 Decimes.

    Im Thread Russland über Österreich nach Belgien habe ich ein Blatt aus meiner Russland-Sammlung eingestellt mit Briefen nach Francomont.

    Grüße von liball

  • Hallo Liball

    Die falsche Berechnung Preußens und anschließende Korrektur Belgiens würde auf deinen Brief passen.

    Meines Wissens war die preußische Währungsumstellung von 8 guten Groschen auf 10 Sgr bereits 1825. Von meinen zahlreichen Davidbriefen aus Neapel - selbe Taxen wie aus der Toskana- sind bis 1834 alle mit 8 taxiert, kein einziger mit 10. Allerdings haben sie alle sowohl eine 6 und eine 8.

    6 Sgr. an Bayern, 8 Sgr Forderung an Belgien?

    Diesmal steht die 6 nicht für das bezahlte Teilfranko, das sind ja immer 15 Grana. Die große 6 auf meinem ersten Brief ist vom Schriftductus und Größe ebenfalls nicht typisch für ein toskanisches Teilfranko. Preußen kann sich doch nicht chronisch irren,

    Ich habe mal 3 Briefe aus 1833 und 1834 angehängt, das Datum steht mit Bleistift links unten.

    Das belgische Porto ist immer 70 NlCent für Francomont und 85 für Brüssel. Beim Brüsselbreif sieht man die preußische 8 nur noch schwach unter der 20.

    Grüße von Cameo


  • Hallo Cameo,

    wie in der POSTGESCHICHTE 56/1993 nachzulesen ist, wurde zwar am 30.9.1821 das Gesetz über die Münzverfassung abgeschlossen, postalisch ausgewirkt hat sich dies jedoch erst ab dem 1.1.1825, wobei Bayern dies nicht interessiert hat, da der 1. Postvertrag in gGr. abgeschlossen wurde.

    Nun jedoch zu der mysteriösen 6 auf diesen Briefen.

    Bereits 2014 wurde im Thread Italienische Staaten - Niederlande/Belgien darüber diskutiert. Auf eine Lösung kam man jedoch nicht. Ich habe nun meine ganzen Briefe durchgesehen und auch deine Briefe belegen dies, dass diese 6 nur auf Briefen vorkommt, die vor dem Inkrafttreten des 2. Vertrages Bayern-Preußen am 1.4.1835, abgesandt wurden. Auch bei Briefen die über Frankreich liefen, fehlt diese 6.

    Dr. Matha hatte auch etliche Briefe in seiner Sammlung International Mail Crossing the Italian Peninsula 1815-1852, die auch in Buchform veröffentlicht wurde. Auch dort sind alle Briefe mit dieser 6 datiert vor dem 1.4.1835. Er schreibt, dass Bayern 6 gGr. belastet hat. Dies entsprach den 20 Kr. C.M. von Österreich.

    Da der Transit bis Coblenz noch hinzukam, erhielt Bayern von Preußen jedoch insgesamt 7 gGr. Dies war auch im PV von 1816 festgeschrieben.

    Ab dem 2. Vertrag mit Preußen ist meist keine bayerische Taxierung mehr zu sehen, da dann die meisten Briefe im geschlossenen Transit über Bayern liefen.

    Die Niederlande bzw. Belgien mussten lt. Vertrag von 1817 8 gGr. bzw. ab 1.7.1825 10 Sgr. an Preußen vergüten.

    Interessant ist auch, dass bei einem Brief aus Neapel nach Köln von 1833 diese 6 nicht angeschrieben wurde. Leider habe ich nur diesen Brief nach Preußen. Vielleicht hast du mehrere solche Briefe. Dann könnte man feststellen, ob es sich hier um einen Einzelfall handelt oder es die Regel war.

    Grüße von liball

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe nun meine ganzen Briefe durchgesehen und auch deine Briefe belegen dies, dass diese 6 nur auf Briefen vorkommt, die vor dem Inkrafttreten des 2. Vertrages Bayern-Preußen am 1.4.1835, abgesandt wurden. Auch bei Briefen die über Frankreich liefen, fehlt diese 6.

    Hallo Liball

    Ich kann diese Aussage bestätigen.

    Brief nach Preussen habe ich erst nach 1835, so hier kann ich wenig helfen.

    Viele Grüsse

    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Hallo Liball

    deine Beobachtung, dass auf Briefen nach Köln die 6 nicht vorkommt, ist bemerkenswert und sollte uns einer Erklärung näherbringen.

    Leider - aber immerhin - kann ich nur einen Brief vor 1835 nach Köln vom 3.4. 1832 beisteuern, bei dem die Taxe 6 ebenfalls nicht vorkommt. Es ist also ein Prinzip zu vermuten.

    Die Gesamttaxe in Köln betrug 12 Sgr. Da die Briefe nach Köln dieselbe 8 aufweisen, wie die Briefe nach Francomont, kann die 8 auf den Belgienbriefen ja keine Forderung an Belgien sein. Die 8 stünde dann mit dem Bayerntransit in Zusammenhang, die nur auf den Belgienbriefen auftauchende 6 mit dem Transit nach Belgien, aber welche Währung sollte das sein? Könnten das 6 Sgr. für den Transit Coblenz bis Belgien sein?

    Ich muss gestehen, dass ich mit den Postverträgen dieser Periode nicht vertraut bin . Vielleicht wird es mit diesem Puzzleteil dennoch klarer.

    Grüße von Cameo

  • Hallo Cameo,

    fassen wir einmal zusammen:

    Transit Österreich: 20 Kr. C.M. (Art. 9, PV Österreich-Bayern 1819).

    Transit Bayern: 28 Kr. rhein. = 7 gGr. = 8 Sgr. (Art. 19 Nr. 6, PV Bayern-Preußen 1816). Dies gilt sowohl für Briefe nach den Niederlanden, Belgien und den westlichen preußischen Provinzen. Daher die 8 sowohl auf Briefen nach Belgien als auch nach Köln.

    Transit Preußen bei Briefen in die Niederlande und Belgien: 8 gGr. bzw. 10 Sgr. (Art. 35, PV Preußen-Niederlande 1817). Wie die Briefe zeigen, wurde dies von Preußen so gut wie nie angeschrieben. Dies dürfte jedoch keine Rolle gespielt haben, da die Niederlande gemäß Vertrag wussten, was sie an Preußen zu vergüten hatten.

    Die 6 können nicht der preußische Transit von Coblenz bis zur belgischen Grenze sein, da 6 Sgr. hierfür zu viel wären. Mit dem belgischen Inlandsporto können sie auch nichts zu tun haben, da diese 6 sowohl auf Briefen nach Francomont als auch nach Brüssel vorkommt.

    Die 6 ist auch auf keinem Brief durchgestrichen. Hieraus wäre fast zu vermuten, dass sie erst in Belgien angeschrieben wurde. Dies würde auch erklären, warum sie auf Briefen nach Köln nicht vorkommt.

    Sowohl Dr. Matha als auch Delbeke schreiben, dass dies die Umrechnung von 20 Kr. C.M. wäre. Nur warum wurde dann auf Briefen nach Köln nicht umgerechnet? Ich gehe daher davon aus, dass wir die Lösung auf der belgischen Seite suchen müssen.

    Grüße von liball

  • Hallo,

    die preußische Forderung gegenüber Belgien bzw. Niederlande beträgt 10 Sgr. Umgerechnet waren dies 60 Cent.

    Ich gehe daher davon aus, dass die 6 von Belgien angeschrieben wurde. Warum sie die 0 nicht notiert haben, kann ich nicht sagen. Dies war jedoch kein Problem. Ich kenne nur Cent-Notierungen im Fünferschritt.

    Nachdem in Belgien zum 1.1.1835 die Währung auf Centimes/Decimes umgestellt wurde, erfolgte diese Notierung nicht mehr.

    Grüße von liball

  • Hallo

    Die 6 würde als preußische Forderung von 60 Cent dann Sinn machen, wenn Preußen mit Belgien/Niederlande vertraglich NL-Cent als Verrechnungswährung vereinbart hätte. Ich nehme aber fast an, dass im Postvertrag der Silbergroschen als Verrechnungswährung gewählt wurde.

    Sonst hat es Belgien angeschrieben. Dazu passt, dass bei fast allen oben gezeigten Briefen Tintenfarbe und Strichstärke der 6 sowie des NL/B Portos identisch sind.

    Mit der Zusammenfassung bin ich d'accord.

    Ich habe eine Menge dazugelernt , danke dafür

    Grüße von Cameo

  • Lieber liball und cameo,

    mangels Briefen aus dieser Periode konnte ich mich nicht an der Diskussion beteiligen, habe aber interessiert mitgelesen. Ich meine, man soll hier nicht nur still profitieren - daher möchte ich mich herzlich bei euch beiden bedanken! Ich habe viel Neues dazugelernt!

    Schönen Abend, Gerald

  • Hallo,

    dieser Teilfrankobrief aus Florenz nach Francomont vom 12.11.1835 ähnelt dem Brief unter #1. Die Taxierungen weichen jedoch teilweise ab und sind nicht ganz schlüssig. Doch nun der Reihe nach.

    Toskana:

    Der Absender musste die Gebühr bis zur österreichischen Grenze bezahlen. Da ich links oben keine Gewichtsangabe erkennen kann, gehe ich davon aus, dass der Brief in der Toskana in der 1. Gewichtsstufe bis 6 Denari (ca. 7,1 g) lag und daher das Franko 6 Crazie betrug.

    Österreich:

    Österreich lieferte den Brief an Bayern, daher kam der PV Österreich-Bayern von 1819 zur Anwendung. Nach Art. 9 vergütete Bayern für Briefe aus der Toskana 20 Kr. C.M. für einen einfachen Brief. Einfach war ein Brief hier, wenn er bis incl. 1 Loth schwer war. Dies war nach dem Wiener Pfundgewicht 16,66 g. Österreich sah den Brief jedoch in der 2. Gewichtsstufe über 1 Loth und taxierte daher 30 Kr. C.M. (20 x 1,5).

    Bayern:

    Bayern lieferte an Preußen. Nun ging es nach dem PV Bayern-Preußen von 1834. Hiernach belastete Bayern bis Coblenz 24 Kr. In der 2. Gewichtsstufe ergaben sich 36 Kr. (24 x 1,5). Da die österreichische Forderung von 30 Kr. C.M. 36 Kr. rhein. entsprach, ging Bayern leer aus.

    Preußen:

    Nach dem PV Preußen-Niederlande von 1817 konnte Preußen von Belgien für einen einfachen Brief 10 Sgr. verlangen (bis incl. 15 g). Da Bayern von Preußen 36 Kr. beanspruchte, legte Preußen den Brief auch in die 2. Gew.-Stufe und belastete 15 Sgr. (10 x 1,5).

    Belgien:

    Nun wird es interessant. Dort wurde der Brief wahrscheinlich gewogen. Dabei wurde festgestellt, dass der Brief nicht schwerer war als 15 g. Daher wurde die preußische Forderung von 15 Sgr. gestrichten und durch 10 Sgr. ersetzt.

    10 Sgr. entsprachen 13 Decimes. Hier hinzu kam das Inlandsporto in der 1. Gew.-St. von 2 Dec., ergibt Gesamtporto von 15 Decimes.

    Blieb jetzt Preußen auf den 5 Sgr. sitzen oder haben sie sich bei Bayern und Bayern wiederum bei Österreich schadlos gehalten?

    Vielleicht liege ich auch falsch und jemand hat eine ganz andere Idee.

    Grüße von liball