Bayern - Italien über Frankreich

  • An der Erklärung für diesen Brief arbeite ich schon eine ganze Weile und bin immer noch nicht zu einem Befund gekommen, der alle Aspekte befriedigend erklärt.

    Eine Münchner Bank schickt Ihrem Kunden den Halbjahresabschluss nach Bordighera an der Italienischen Riviera. Das italienische Bordighera liegt etwa 40 km östlich des französischen Nizza.

    Da die Bank auf der Adresseite Bordighera bei Nizza anschreibt, schickt ihn die Bayerische Post nicht über Österreich nach Italien sondern liefert den Brief an das Deutsche Reich zur Weiterspedition nach Frankreich aus.

    Das Franko nach Italien betrug am 9.2.1874 9 Kreuzer pro 15 g, das Franko nach Frankreich 9 Kreuzer pro 10 g. Eine Gewichtangabe fehlt auf dem Brief, die Portangaben links oben 3 , verbessert 2 sprechen für ein Gewicht von 20 - 30 g - also 3. Gewicht in Frankreich und 2. Gewicht in Italien. Für Italien über Österreich war der Brief also mit 2 Kreuzern sogar überfrankiert, für Frankreich unterfrankiert. Deshalb erhielt er auch die Bemerkung Affr. insuff. . Bei unzureichend frankierten Briefen nach Frankreich, war das gesamte frankierte Porto an das Deusche Reich zu vergüten, das wären bei 20 Kreuzern 5 1/2 Groschen gewesen. Es sind aber nur 4 10/12 Groschen notiert, was etwa 17 Kreuzern entspricht. Ein korrekt mit 27 Kreuzern frankierter Brief der dritten Gewichtstufe hätte ein Weiterfranko von 4 6/12 Groschen ergeben (siehe dritten Scan).

    Ausweislich der rückseitigen Stempel lief der Brief im offenen Transit über Belfort- Lyon- Marseille. Ventimiglia (Grenzpostamt) nach Bordighera. Der Empfänger zahlte eine Nachtaxe von 11 Decimi. Unfrankierte Briefe waren wie Postobriefe zu behandeln, die Frankatur aber anzurechnen.

    Diese berechnen sich für einen Portobrief nach Frankreich mit 3x 60 Centimes (= Centesimi) = 180 Centesimi minus der frankierten 20 Kreuzer ( 5 Centesimi = 1,4 Kreuzer PV NDP-Italen 1969) = 71 Centimes. 180 -71 = 109 Centimes - aufgerundet 11 Decimi.

    In Italien angekommen wurde das Gewicht für die Relation Bayern -Italien (über Österreich) auf die 2. Gewichtstufe geändert und festgestellt, dass der Brief vom Absender - wenn er korrekt geleitet worden wäre- sogar mit 2 Kreuzern überfrankiert war. Deshalb erhob Italien kein weiteres italienisches Porto und verlangte vom Adressaten nur die an Frankreich abzuführenden 11 Decimen.

    Soweit mein aktueller Stand. Mich stört aber der rote Weiterfrankovermerk ans Deutsche Reich . Warum 4 10/12 Groschen? Im Postvertrag DR - Frankreich ist im Anhang eine Tabelle, auf der für Briefe aus dem DR über Frankreich nach Italien im Einzeltransit ein französischer Portoanteil von 20 Centimes /10g festgelegt wurde. Leider steht nirgendwo, wie das Gesamtfranko eines Briefs von DR über F nach Italien zustandekommt. Diese 3 x20 Cent Transitvergütung entspächen etwa 4 10/12 Groschen - leider habe ich keine Umrechnungstabelle DR-F gefunden, in der genau dieser Betrag abgebildet ist. Rechts oben steht noch eine blaue 6 , für die ich ebenfalls keine Erklärung habe.

    Vielleicht hat jemand eine zündende Idee? Lg Martin