Belgien - Thurn & Taxis

  • Hallo Sammlerfreunde,

    diesen Beleg sah ich daletzt und fragte mich dabei interessehalber, was da der Hergang der Dinge war. Belgien hatte zuerst als PD gestempelt, dies dann aber mit schwarzem Tintenfleck annuliert und (?) 20 cent Unterfrankatur festgetellt, vermutlich wegen zu hohem Gewicht (Inhalt müssen Einlagen gewesen sein, leider nicht mehr dabei). Normalerweise wird eine zweite Gewichtsstufe bei Unterfrankatur aber auch notiert und aus dem kleinen Halbkreiser AFFR. INSUFF. 12 kann ich mir genausowenig einen Reim machen wie mit der großen blauen 8. Was ist hier dann in dem im Oktober 1866 - gerade erst vor kurzem preussisch gewordenen - Michelstadt im Odenwald passiert ? Wieder einmal massiv ärgerlich die stellenweise herausgerissene Rückseite, wo der Brief einmal mit Falz auf einer Albenseite befestigt war. Was ein Glück, dass es wenigstens keinen Stempel erwischt hat...

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallole

    Konvention vom 8.Mai1863 :

    Briefe in den zweiten Preussischen Rayon bis 15 Gr kosteten normalerweise 40c. Frankiert wurden aber nur 20c. Es fehlten 20 , handschriftlicher Vermerk links über dem Firmenstempel. Antwerpen ( Nummernstempel 12) hat dies mit dem Stempel Affranchissement insuffissant markiert . Die 12 steht für Antwerpen. Bei Unterfrankatur galt der Brief als nicht frankiert! Somit wurden eigentlich 50c fällig . Wie war denn nun der Umrechnungsfaktor in Preussen ?

    meine Quelle : E.&M. Deneumostier , tarifs postaux internationaux 1849-1875

    Phila-Gruß

    Lulu

  • Hallo zusammen,

    ich sage erst einmal recht herzlichen Dank für die wichtige Hintergrundinformation. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wurde der unterfrankierte Brief ins Ausland als vollständig unfrei angesehen, d.h. ohne Anrechnung der hier verklebten 20 Cent. So fiel also die volle Gebühr für einen Portobrief mit 50 Cent an, die dann vom Empfänger in Michelstadt zu erstatten waren. Wenn ich dann zur Währungsumrechnung 10 belgische Cents so wie französische 10 Centimes mit 1,5 SGr gleichsetze, dann komme ich bei 50 Cent auf 7,5 SGr, die dann aufgerundet 8 SGr ergeben. Möglicherweise wertete der belgische Franc gegenüber der preussischen Mark damals noch etwas geringer als der französische Franc, dass es dann doch recht gut mit 8 SGr Nachporto in Michelstadt passt. Was ich mir allerdings schon wieder für eine Frage stellen muss: Was macht da auf der Rückseite der Abschlag: Aus Frankreich per Aachen ? Dass die Sendung über Aachen instradiert ist, ok, klare Sache, aber Antwerpen liegt ja nun nicht in Frankreich.

    Viele Grüße

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (27. Oktober 2020 um 18:55)

  • Hallo Tim,

    in Michelstadt wurden 8 Kreuzer bezahlt. Zu den Details werde ich mich die Tage äußern können, wenn es Zeit gibt und nicht gerade ein 10 kg Kater auf mir liegt ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    dann schwant mir schon, dass Michelstadt A) Kreuzergebiet war und der Brief B) nicht vollständig unfrei angesehen wurde. Schau mehr also mal

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... dir schwant Richtiges, aber mit Kater auf Wampe geht halt nichts bei der Primär- und Sekundärliteratur.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Was ich mir allerdings schon wieder für eine Frage stellen muss: Was macht da auf der Rückseite der Abschlag: Aus Frankreich per Aachen ? Dass die Sendung über Aachen instradiert ist, ok, klare Sache, aber Antwerpen liegt ja nun nicht in Frankreich.

    Hallo Tim,

    die Antwort auf deine Frage ist, dass der Briefe eigentlich in eine andere Sammlung gehört. ;)

    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo Michael,

    verstehe nicht, was das jetzt miteinander zu tun hat. Die Diskussion darüber ist genau das was ich mir wünsche, nämlich den Vorgang zu verstehen. Und dazu muss man sich nicht immer nur auf sein Gebiet beschränken.

    Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    so, 10 kg Maine Coon liegen jetzt NEBEN mir, da geht es dann auch mit der Philatelie gut weiter. :)

    Dein Brief aus Anvers / Antwerpen nach Michelstadt bezieht sich auf den PV Belgien - Preussen mit Auswirkungen auf alle DÖPV - Postverwaltungen vom 1.7.1863 als Additional - Vertrag zum früheren vom 1.4.1852. Für Bayern als Primärquelle 26. VO- und Anzeigeblatt vom 27.6.1863 Nr. 18.101 vom 25.6.1863).

    Mit diesem Additional - Vertrag war bestimmt worden, dass frankierte Briefe aus den Südstaaten 12 Kreuzer kosteten, und zwar 8 Kreuzer für Taxis/Baden/Bayern/Württemberg und 4 Kreuzer für Belgien ohne Unterschied der Entfernung bei einem Gewicht von 1 Loth EXCLUSIVE.

    Portobriefe waren wie folgt zu behandeln: Aus den Südstaaten waren sie mit 2 3/4 Silbergroschen blau vorzutaxieren und in Belgien wurden für sie 50 Centimes = 14 Kreuzer je 15g vom Empfänger kassiert.

    Bei unterfrankierten Briefen wie hier (selten!) war zu unterscheiden, ob der Wert der verklebten Marke(n) für das jeweilige Inland ausreichte, oder nicht. War der Markenwert selbst für das Inland zu gering, wurde der Brief wie ein Portobrief taxiert, so dass der Wert der Marken verfallen war. Beispiel: Brief aus den Südstaaten mit 6 Kreuzer frankiert nach Belgien. Hier wäre der Markenwert nicht angerechnet worden, weil der inländische Anteil 8 Kreuzer betrug, der nicht gedeckt war und für diesen Brief hätte der belgische Empfänger 50 Centimes = 14 Kreuzer zahlen müssen.

    Ansonsten wurde der Wert der Frankatur angerechnet. Da ein frankierter, einfacher Brief in die Südstaaten 40 Centimes kostete, die 13 Kreuzer bzw. 3 1/2 Sgr. entsprachen, hier aber nur 20 Centimes frankiert worden waren, war er für die belgische Seite als bezahlt erachtet worden, so dass nur noch das Vereinsporto anzusetzen war - das waren 8 Kreuzer. Bei der Leitung über Preussen wie hier (es wäre auch möglich, belgische Briefe über Frankreich nach den Südstaaten zu leiten, was aber extrem selten war), fungierte Aachen, wie man an dem siegelseitigen Stempel sieht, als vereinsländische Aufgabepost, der allein das Porto zustand, so dass man in Michelstadt vom Empfänger zwar 8 Kreuzer kassierte, diese aber komplett an Preussen vergüten musste.

    P.S. Man müsste statt "Belgien - Preussen" eigentlich "Belgien - Thurn und Taxis" sagen ... vlt. kann man das umhängen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (28. Oktober 2020 um 11:58)

  • Hallo Ralph,

    na da hat die Katz jetzt aber mal bissi warten müssen ^^ ...und wooow, das hat sich auch gelohnt ! Man sieht die allgemeine Bedeutung für den DÖPV. Ich hatte deswegen in Preussen eingestellt, da ich davon ausging, dass Michelstadt im Oktober 1866 preussisch war, sehe aber gerade, dass der Abtretung des TuT-Postregals an Preussen erst am 28.01.1867 erfolgte. Von daher auch meine Bitte an admin das zu TuT umzuhängen. Noch eine Frage zu diesem Additionalvertag, das betraf dann ausschließlich das Verhältnis DÖPV-Belgien ? Oder gab es mit bspw. Frankreich auch so eine Regelung, dass Sendung dann vollständig unfrei anzusehen ist, wenn für Inlandporto nicht ausreichend frankiert ?

    LG

    Tim :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    mit Frankreich hat das nichts zu tun - zeitgleich gab es den PV Bayern - Frankreich vom 1.7.1858 bzw. die entsprechenden Verträge von Baden und TT mit Frankreich (Württemberg hatte keinen eigenen PV mit Frankreich), bei denen immer der Markenwert angerechnet und von den Kosten eines Portobriefes abgezogen wurde.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (28. Oktober 2020 um 15:55)