Erfahrungen und Einschätzungen zum Ausstellungswesen

  • Danke für diesen wertvollen Heinweis, lieber Rainer!

    Da teilzunehmen bringt sicher viel! Diese Vortragenden sind - auf gut deutsch - "State of the art". Gerade weil manche dieser Bereiche immer wieder heftig diskutiert werden, sollte man sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen.

    Ich bin auf jeden Fall dabei.

    Freue mich auf eure Teilnahme, Gerald

  • Hallo Rainer,


    danke für den Hinweis: Ich habe heute mal an dem Seminar von und mit Henrik Mouritsen teilgenommen und fand es recht interessant.


    Schönen Sonntag noch


    Martin

  • Guten Morgen ins Forum,


    einige Anmerkungen zu Ausstellungen im Wettbewerb allgemein.

    Immer wieder werden nach Ausstellungen die Bewertungen "in der Luft zerrissen".

    Immer wieder kommen Einwände wie z.B. "Hier hat der Aussteller Geld reingesteckt" und das hat sich in der Bewertung bemerkbar gemacht.

    Über die mehr oder weniger qualifizierten Juroren und deren Fachwissen wird genauso emotional diskutiert wie über eine gelungene Aufmachung oder auch exotische Themen.


    Aus meiner Sicht werden wesentliche Aspekte selten oder nur dürftig angesprochen - und hier steht für mich der Bereich Kenntnisse und Forschung ganz weit vorn.


    Wenn ich mit einem exotischen Thema in den Wettbewerb gehe, muß ich zwangsläufig davon ausgehen, daß weder die Betrachter noch die Juroren Ahnung vom Thema haben.

    Hier sehe ich die Notwendigkeit der Aussteller auf verwendete Literatur und eigene Forschungsergebnisse hinzuweisen !

    Ob diese Informationen bei den Juroren und/oder Betrachtern auch ankommen und dann entsprechend eingeordnet werden, wage ich zwar zu bezweifeln, aber es nicht zu erwähnen hilft erst recht nicht.


    Nun sind Vergleiche zwischen traditionellen Ländersammlungen und postgeschichtlichen Exponaten nicht immer ausgewogen möglich. Aber wenn ein traditionelles Exponat "nur" mit teuren, seltenen Marken "glänzt" und die Juroren aus mangelnder Kenntnis die Forschungsergebnisse in einem postgeschichtlichen Exponat nicht würdigen, dann entstehen beim Aussteller Frustration, die ich nachvollziehen kann.


    Aus meinem Thema zeige ich hier einen Brief, den ich vorab unkommentiert lasse.



    Rolf- Dieter

    Einmal editiert, zuletzt von SETUBAL ()

  • … und einen weiteren Beleg aus meinem Exponat möchte ich hier ebenfalls zeigen.

    Auch diesen Beleg zeige ich unter dem Gesichtspunkt eines "beeindruckenden" Stücks.

  • Guten Morgen ins Forum,


    2 Belege hatte ich zuvor hier in diesem Beitrag gezeigt.

    Meine weiteren Erklärungen und Anmerkungen dazu:


    Der 1. Brief zeigt den schwarzen Stempelabschlag des in Lissabon verwendeten Schiffspost- Eingangsstempel P.Transatlantico.

    Dieser Stempel ist in der einschlägigen Literatur bekannt, aber es wurde nicht erklärt, wie er einzuordnen war und wie die farblichen Verwendungen vorgenommen wurden.

    Dies habe ich mittlerweile klären können.

    Der schwarze Stempelabschlag auf dem von mir gezeigten Beleg ist eine eindeutige falsche Verwendung für eintreffende Post befördert mit einem Dampfer der französischen Reederei Messageries. Die beförderten Briefe dieser Fahrt wurden erst 2 Tage nach dem Eintreffen in Lissabon abgefertigt, als 2 weitere Schiffe von Reedereien ohne Vertrag einliefen. Diese Briefe hatten den schwarzen Eingangsstempel erhalten, die Briefe befördert mit Schiffen der Messagerie haben normalerweise einen violetten Stempel bekommen.

    Diese Erklärung der Verwendung war erst möglich, nachdem ich die Einordnungen der Stempel und die farblichen Verwendungen herausgefunden habe.

    Die Forschungsergebnisse über diesen Stempel hat James van der Linden in seinem 2019 in Monaco vorgestellten Buch "Mail across the Oceans" erwähnt und meine Veröffentlichungen darüber als Quellenangabe erwähnt.

    Ohne diese Forschungsarbeit wäre eine korrekte Beschreibung des Beleges nicht möglich gewesen.


    Der 2. Beleg zeigt die Verwendung einer brasilianischen Marke der 1. Ausgabe "Bull Eye". Dazu bedurfte es keiner Forschung. Dank der Hilfe von Laurent Veglio habe ich mittlerweile aus den Archiven der Tageszeitung von Rio de Janeiro für die Jahre 1822 bis 1850 die An- und Abfahrtszeiten der Schiffe (mit Namen), die in dieser Zeit den Hafen tangiert haben.

    Das Suchen der Daten im Archiv war nicht die große Forschungsarbeit.


    Aus Sicht der Kriterien Kenntnisse und Forschung ist für mich der 1. Beleg der eindeutig wertvollere.


    Rolf- Dieter Wruck

  • Hallo Rolf-Dieter,


    du zeigst gerade schön auf, wie man in einem Exponat den Betrachter (juror?) leicht blenden kann. Mit Sicherheit sticht ein Bulls Eye Beleg nach Europa (wieviele gibt es davon 3/4 ?) aus jedem Exponat raus, liegen die doch im mittleren 5stelligen Euronen Bereich. Ein Stück bei dem jeder Juror wohl vor Freude die Punkteskala in die Höhe schnellen lässt. Nein viel Forschung bedarf es da nicht. Dagegen erscheint das Farbenspiel eines portugiesischen Stempels doch in einem sehr blassen Licht. Nimmt man es überhaupt wahr? Ist es im Schatten eines Bulls Eye an Belanglosigkeit überhaupt noch zu überbieten, wenn man mit staunenden Blick diese Rarität bestaunt, deren Name ja bereits zum Mythos in der Philatelie gereift ist? Somit ist die Wertschätzung und wohl auch die Begründung der Punktvergabe klar vorweggenommen... da die Bedeutung dieser einzelnen Marke in der Philatelie unbestritten ist, während der Stempel ein trauriges Dasein in einem verstaubten Stempelhandbuch fristet, welches um eine Fußnote reicher ist. Währenddessen darf sich der fünfstellige... äh Bullseye in einer Woge von hohen Punkten und ehrfurchtsvoller Anbetung sonnen.


    8o


    VG

    Andreas

  • Je offensichtlicher etwas ist, je eher wird es wahrgenommen.

    Je eher etwas wahrgenommen wird, je wahrscheinlicher wird es auch bewertet.


    Sammlungen mit vielen Feinheiten, also das, was eine Spitzensammlung von der Masse trennt, werden kaum wahrgenommen. Eine miese Sammlung mit ein paar "Bomben" in mieser Erhaltung wird hingegen aus Ehrfurcht vor den ach so tollen Marken oft hoch (zu Unrecht!) bewertet.


    Fazit: Miese Sammlungen werden von miesen Juroren oft sehr hoch bewertet.

    Gute Sammlungen werden von miesen Juroren oft sehr schlecht bewertet.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Fazit: Miese Sammlungen werden von miesen Juroren oft sehr hoch bewertet.

    Gute Sammlungen werden von miesen Juroren oft sehr schlecht bewertet.

    Wahre Worte, die auch auf die aktuelle Naposta bestens zutreffen. Die Welt der Philatelie ist nahezu unbegrenzt, das Wissen von Juroren schon. Das was man kennt, gefällt. Diese Einstellung ist leider weit verbreitet und steht einem der Kernphilosophien der Philatelie entgegen - dem Entdecken und Erforschen von Neuem und Unbekannten.

    Eric

  • Weise Worte, Eric! Ich wünschte, die Richtigen würden sie lesen und verinnerlichen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber José,


    wir haben hier sicher eine Handvoll Juroren im Forum. Eher mehr ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    die Diskussion verteilt sich jetzt auf 2 Threads. Begonnen hatte sie in dem nachbarthema zur virtuellen NAPOSTA. Dort hatte hasselbert eine amüsante bis erschreckende Aufstellung der Zeit angegeben, die einem Juror für die Betrachtung und Beurteilung eines Exponats bzw. der einzelnen Belege normalerweise zur Verfügung steht. Selbst wenn man den zeitlichen Rahmen großzügig aufrundet, ist doch klar, dass hierbei eine angemessene Beurteilung insbesondere eines schwierigen Themas - sei es ein exotisches Gebiet oder eines anspruchsvollen Teilgebiets/Sammlungsschwerpunkte - nicht leicht fällt.

    Natürlich fallen dabei die Granaten bevorzugt ins Auge. Hierbei muss man gar nicht den vermuteten Preis in den Vordergrund rücken. Briefe mit der Ochsenaugen-Ausgabe oder auch eine altdeutsche 4-Farbenfrankatur sind für sich spektakulär und selten genug. Dass Juroren solche Belege wahrnehmen und auch für den Bereich Seltenheit berücksichtigen ist doch absolut in Ordnung. Schwierig wird es dann bei den Besonderheiten/Raritäten, die eben nicht so auffällig sind und sich spontan nur dem Kenner erschliessen. Dies insbesondere unter der durchschnittlich für die Betrachtung und Bewertung(!) eines einzelnen Beleges. Hier ist dann eine Unterstützung durch den ausstellenden Sammler mittels optischen Hinweises (auffälliger Texthinweis oder farbige Markierung oder ähnliches) möglich und wohl auch nötig. Man kann zwar im Anmeldeformular die besonderen Stücke aufführen, bei umfangreichen Exponaten mag dies aber an Grenzen stossen. Insbesondere wenn die Besonderheiten dann nur ein Unterthema des Exponats betreffen.


    Setubals Beispiel hier finde ich in dieser Hinsicht instruktiv. Wenn ich mich in einen Juroren versetze - mit ca. 7 Sekunden Zeit pro Beleg ;) - weiß ich nicht, ob eine angemessene Würdigung zu erwarten ist. In diesem Fall geht es ja um den Punkt eigene Forschung! Beim Lesen erfährt man, dass hier eine falsche Stempelfarbe verwendet wurde. Interessant und womöglich selten, aber mehr? Wo ist der Hinweis auf die selber erforschte farbliche Zuordnung (evtl. mit Fussnoten-Verweis auf zugehörige Literatur)?
    Sollte dies auf einem anderen Blatt des Exponats geschehen sein: mea culpa, ich habe jetzt nur diese beiden Blätter gesehen.


    Gruß

    Michael

  • Ich selbst bin der Meinung, dass ein erfahrener Juror wenn er nüchtern und neutral vorgeht, problemlos in relativ kurzer Zeit zuverlässig ein Exponat beurteilen könnte. Das ist aber in vielen Fällen nicht wirklich der Fall. Einige der typischen Probleme:

    1) "Material blendet". Obwohl das Material an sich nur für ca. 30-40% der Punkte verantwortlich ist, "strahlt" es über alles hinweg. Besonders ärgerlich sind hier Exponate mit "tollem" Material, die lausig aufgezogen sind und dennoch Bestnoten erhalten.

    2) Kenntnisse und Forschung wird verwechselt. Ich denke, maximal 20% aller gezeigten Exponate basieren auf echter Forschung. Noch weniger Aussteller haben ein Gebiet wirklich erstmals erschlossen. Es ist eigentlich kein Problem, so einen Umstand aufzudecken, er wird in den Bewertungen aber viel zu wenig gewürdigt. "Gut abgeschrieben" führt bei anständigem Material und viel Blabla über Routen und Raten zu 80-90% der Punkte - ganz ohne alle Forschung.

    3) Individuelle Gliederungen schaden. Man mag es einfach chronologisch - zumindest im Bereich der traditionellen Philatelie und Postgeschichte. Wenn man davon abweicht, überfordert man die Juroren. Und Überforderung wird mit Punktabzug bestraft.

    4) Exotische Themen schaden. Hier gilt das gleiche wie bei der Gliederung. Exoten überfordern die Juroren. Und Überforderung wird mit Punktabzug bestraft.

    Alle obigen Beobachtungen und "Anschuldigungen" unterliegen natürlich der 80/20-Regel. D.h. nichts gilt immer, nichts gilt für alle Juroren. Aber leider treffen die Beobachtungen ein wenig zu oft zu.

    Eric

  • Eric,


    nicht in allem kann ich Dir zustimmen.


    Zu 2: Meine aktuellen Exponate sind mehr oder weniger Exponate die in der Form noch nie gezeigt wurden, teilweise auch das erste und einzige dieser Art. Die gilt speziell für die Irak Eisenbahnmarken 1928-1942

    Bei der Overland Mail Baghdad-Haifa gab es mal ein Exponat (Zvi Alexander), das aber den heutigen Anforderungen, trotz des guten Materials, in der Form nicht mehr hoch bewertet werden dürfte, außer, und das ist nicht auszuschließen, der Name des Ausstellers bringt Extrapunkte.


    Zu 3: Meine Gliederungen sind immer individuell und auf meine Exponate zugeschnitten.


    Zu 4: Exotische Gebiete, kann nicht bestätigen dass die irgendwie schlechter bewertet werden..., siehe auch Punkt 2:

  • Es ist erfreulich, wie gut die Entwicklung von Setubal auf seinem Spezialgebiet gediehen ist. Doch auch ein Herr Setubal hat einmal angefangen! Nicht jeder verfügt über einen J.N.T. Howat, der zudem in Deutschland schwerlich zu erhalten ist. Sich da über einen Rang 1 Juroren in dieser Art und Weise zu ereifern finde ich unanständig. Auch erscheint mir, dass hier hinsichtlich der Jurorentätigkeit generell viel "schmutziges" Wasser auf die Mühlen gegossen wird.


    Eigentlich sehr schade für dieses Forum. Konstruktive Kritik ist stets willkommen, aber dieses allgemeine Zerpflücken und Mütchen kühlen ist zumindest irritierend und passt aus meiner Sicht nicht zu Mitgliedern des DASV. Wer alles soviel besser weiß und kann, der sollte dann doch konsequenterweise ebenfalls Juror werden.