Liebe Freunde,
am 15. Juni 1961 erschien mit dem 10-Pfennig-Wert »Albrecht Dürer« die erste von insgesamt 16 Wertstufen einer neuen Dauerserie. Die Porträts der »Bedeutenden Deutschen« bekamen vom Volksmund wegen ihrer wenig freundlichen Mimik angeblich recht bald den Beinamen »Grimmige Deutsche« verpasst (den frühesten Beleg für diese Bezeichnung habe ich allerdings erst 1974 in den BDPh-»Bundesnachrichten« gefunden).
Wie bei fast jeder Marken-Neuausgabe wurde auch an dieser Kritik geübt: an der Auswahl der Persönlichkeiten (am Ende immerhin zwei Frauen darunter!), am Farbschema, am Format und nicht zuletzt am Verhältnis von bedruckter und unbedruckter Fläche im Markenbild. Letzteres war, wie das Bundesministerium für Post und Fernmeldewesen in einer Pressemitteilung bekannt machte, technisch bedingt:
Die neuen Marken sind nicht mehr nur Zeichen für entrichtete Gebühren, sondern Steuerelemente der modernen Elektronenautomaten, die der Post helfen, der Flut der Briefe Herr zu werden. Wenn die Briefe die Aufstell- und Stempelmaschinen durchlaufen, müssen sich die Briefmarken selbst in eine stempelgerechte und schließlich den Brief in eine lesegerechte Lage bringen, indem sie durch Signale, die von ihnen ausgehen, ein automatisches Dreh- und Wendesystem steuern. Das beeinflußt die graphische Gestaltung der Briefmarke wesentlich. Dem Briefmarkenpapier wird ein – übrigens unschädlicher – fluoreszierender Stoff beigemengt, der in den Aufstellmaschinen unter Ultraviolettbestrahlung Lichtsignale zur Steuerung der Maschine aussendet. Diese Signale werden aber nur dann eindeutig erkannt, wenn der im Papierbrei eingebettete Fluoreszenzstoff nicht völlig mit Druckfarbe abgedeckt ist. Ein Teil der Briefmarke muß also unbedruckt bleiben. Daher die farbfreie, nur mit einer kleinen Zeichnung versehene Innenfläche der neuen Marken.
Die Umstände wollen es, daß zur Zeit auch noch Aufstellmaschinen arbeiten, die die Briefmarke nach einem einfacheren – allerdings nicht so sicheren – photoelektrischen Hell-Dunkel-Abtastverfahren erkennen. Das setzt nun wieder im Gegensatz zur fluoreszenten Abtastung voraus, daß zum schmalen weißen Briefmarkenrand eine kräftige Farbfläche im Kontrast stehen muß. Dies besorgt der breite farbige Rahmen auf den Marken der neuen Dauerserie […]
Die heutige Dauerserie wird vermutlich wegen der Neuartigkeit ihrer technischen Funktionen, vor allem aber, weil diese ihre grafische Gestaltung einmalig so ausschlaggebend geprägt haben, als »Kompromißserie« postgeschichtliche Bedeutung erlangen. Sie offenbart ein Stadium der Entwicklung, das uns erfolgreich die Schwelle der Automation der Briefverteilung überschreiten ließ.
(»Bundesnachrichten« Nr. 54 vom 15.12.1961, S. 16–18)
Die Markenserie war also von vornherein als Provisorium angelegt und wurde bereits ab Dezember 1964 schrittweise von der Serie »Deutsche Bauwerke aus zwölf Jahrhunderten (I)« abgelöst. Bedingt durch die schnelle Abfolge von Dauerserien sind Mischfrankaturen mit Heuss (II und III), Bauwerken (I und II), Brandenburger Tor und für wenige Monate sogar noch mit den ersten vier Markenausgaben der Heinemann-Porträtserie möglich. Der zuletzt am 3. August 1964 erschienene 90-Pfennig-Wert und die beiden Markwerte zu 1 DM und 2 DM erhielten erst mit der übernächsten Ausgabe Bauwerke II 1966 Nachfolger. Die Werte zu 5, 7, 8, 10, 15, 20 und 25 Pfennigen erschienen im Buchdruck, die Werte zu 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90 Pfennigen sowie 1 DM und 2 DM im Stichtiefdruck, davon die Nominalen bis hinauf zu 70 Pfennig (mit Ausnahme der 30 und 50 Pfennige) auch als Rollenmarken.
Die Marken, die auch als Ausgabe für Berlin erschienen, waren bis zum 31. Dezember 1970 gültig.