Geschlossener Mühlradstempel "18" von Augsburg

  • Hallo Christoph,


    der Brief ist extrem schwierig zu beschreiben, aber ich will es dir zu erklären versuchen:


    1851 gab es nur rote Stempelkissen für die Fahrpost und für die Briefpost bei den P.P. und P.D. - Stempeln für die Auslandspost (von Augsburg i. d. R. nach Frankreich). Da ein Brief von Augsburg nach Dresden relativ wenig mit dem Ausland bzw. Frankreich zu tun hatte, bleibt als plausible Erklärung nur die Fahrpost übrig. Wir erinnern uns aber, dass die Fahrpost erst ab 1.2.1874 mit Marken frankierbar war und frankieren wollte der Absender hier, s. "franco" von seiner Hand.


    Desweiteren sehen wir oben links, was bei der Briefpost damals so gut wie nie gemacht wurde, das Verwiegeergebnis von 2 Loth für den Brief, also im Postverein schon die 3. Gewichtsstufe, weil nur im DÖPV das Loth ausschließlich galt, bei rein innerbayerischen Briefen aber einschließlich.


    Unter "Dresden" lesen wir aber: "Inhalt ohne Werth", womit klar war, dass es kein reiner Brief war, sondern ein Brief mit "Inhalt", der allerdings laut Absender keinen Wert haben sollte.


    Es wäre also gut möglich, dass der Absender am Fahrpostschalter seinen Brief frankieren wollte, der Brief mit seinem "Inhalt" den dortigen roten Zweizeiler bekam (den gab es dort), man dann aber feststellte, dass man gar nicht per Fahrpost versenden musste, weil der "Inhalt" eben KEINEN Wert hatte und man nur mit der Fahrpost hätte versenden müssen, wenn der "Inhalt" EINEN Wert gehabt hätte.


    Also erfolgte die Übergabe an die Briefpost - mit Marken frankierte man 18x als Muster ohne Wert(h), denn jetzt durfte der Brief mit seinem "Inhalt" 2 - 4 Loth wiegen und fiel genau in die 2. Gewichtsstufe für MoW - Briefe.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Christoph,


    jetzt wäre interessant, ob der Zweizeiler mit Punkt evtl. bis März 1852 nachweisbar wäre.

    Wenn er ab April nur noch ohne Punkt auftritt, könnte man mutmaßen, dass der Zweizeiler der Postexpeditionen am Bahnhof zugewiesen wurde, evtl. neu geschnitten und ohne Punkt.


    Ist nur so eine Idee.


    Beste Grüße

    Will

  • @Ralph

    Klingt plausibel. Dann werde ich wohl noch zusätzlich Fahrpost sammeln müssen. :D


    @ Will

    Müsste man nachprüfen. Kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass der Bahnhof den Stempel übernommen hat; da der Bahnhof von Beginn an (April 1852) mit dem Halbkreisstempel (Bahnhof Augsburg) gearbeitet hat. Wenn man sich schon die Arbeit gemacht hätte, den Stempel neu anzufertigen, hätte man doch auch den Zweizeiler Bahnhof Augsburg (und nicht nur Augsburg) anfertigen können, so wie es ihn in den späten 1860er Jahren gab.



    Viele Grüße

    Christoph

  • Hallo Sammlerfreunde,


    ich zeige zwei Briefe aus dem Jahr 1856 mit 3 Kreuzer blau und MR "18", Type c.

    Beide Abschläge mit kurzen, breiten Mühlradschaufeln.


    Frühe Abschläge des MR 18, Type c zeigen längere und schmälere Schaufeln

    (siehe post 5 , MR "18", Type c auf 6 Kreuzer braun vom Februar 1853).

    Wie konnte es zu den veränderten Schaufelabdrucken bei späten Abschlägen kommen ?

    Nach tausenden Abschlägen war der Messingstempel breitgedrückt und Ziffern und Schaufeln wurden breiter abgedruckt.


    Wie aber können die kürzeren Schaufeln erklärt werden ?

    Beim Abschlag des Mühlradstempels wird Stempelschwärze zur Seite gequetscht, deshalb zeigen die

    Stempelabdrucke sehr oft typische Quetschränder (schmale tiefschwarze Linien) .

    Auch auf dem Stempelgerät blieb an den Schaufelspitzen Stempelschwärze der Quetschränder haften, die bei der täglichen Reinigung nur mühsam entfernt werden konnte.

    Deshalb vermute ich, dass für die Reinigung auch feine Schmirgelleine zum Einsatz kam, mit der die Schaufelspitzen mit der Zeit mehr oder weniger rundgeschmirgelt wurden und unterhalb der Druckebene des Mühlradstempels kommen konnten. Späte Abdrucke können deshalb kürzere Schaufeln zeigen.


    Gruss Kilian

  • Hallo Zusammen,


    die eingestellten Briefe von Dir, Bayern klassisch in Post #14 und #17, sind echt Klasse. Und die Beschreibung zum Brief mit dem roten L2 beeindruckend. Da merk ich immer wieder, dass mir noch viel Wissen fehlt.


    Nachfolgend ein Brief aus der 45. Gärtner Auktion, der dort für 180,- € wegging. Auch wenn man die Beschreibung noch nicht gelesen hat, fällt einem bei den Marken sofort was auf.

    Die linke Marke hat einen Stempel Typ c, während die anderen Marken einen Stempel vom Typ b haben und der Brief vom 18.10.1851 stammt. Wenn nicht gerade der Beamte eine Zeitreise gemacht und zwischen dem Abstempeln dann den Stempel gewechselt hat, bleibt nur die Antwort, dass die Marke da nicht hingehört.

    Welches in der Beschreibung bei Gärtner auch bestätigt wird: "Ein Faltcouvert mit viermal 1850 Ziffern 9 Kr. hellgrün mit oMR "18" und Neben-K2 "AUGSBURG 18 OCT 1850" auf Faltbrief über Paris gelaufen nach Lyon, Frankreich, Marke wurden abgelöst und behandelt daher Zugehörigkeit zum Brief nicht mehr nachweisbar, linke Marke wurde hinzugefügt mit Prüfnotiz Schmitt BPP."

    (wenn man mal von oMR und 1850 absieht eine gute Beschreibung)



    Gruß


    Ralf M.

    Staatswappen

  • Hallo Ralf,


    danke für die Blumen.


    Noch besser wäre es bei der Beschreibung zu erwähnen, dass erst seit 1.10.1851 überhaupt Markenfrankaturen nach und über Frankreich möglich waren und das hier ein Brief der 2. Gewichtsstufe war und aus 1851 nur 2 Briefe über 1/2 Loth nach Frankreich bekannt sind. Aber das ist wohl ein bisserl viel verlangt, ich weiß.


    Aber es gibt tatsächlich einen einzigen Brief von Augsburg, bei dem die Mühlräder unterschiedlich sind (auch mit 9x grün Marken), weil der zuerst unterfrankiert aufgegeben und die Marke entwertet wurde, dann dem Absender retour gegeben wurde mit der Bitte um Auffrankierung und die nächste 9x Marke dann einen anderen Mühlradstempel 18 erhielt, weil zwischenzeitlich getauscht worden ist. Das gute Stück ist in meiner Contra - Sammlung, weil es auch sonst noch Fehler bei der Post gab ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Ralf,


    hier der Brief und seine (nicht ganz so einfache) Beschreibung. Leider hat der blöde Scanner links etwas abgeschnitten - trotzdem viel Spaß!


    "Ein einfacher Brief vom 14.7.1854 von Augsburg nach Craveggia im Königreich Sardinien sollte, wie vom Absender gewünscht, „per Coira Domodossola“ gesandt werden. Hierfür frankierte er nach dem Vertrag vom 1.10.1852 mit der Schweiz 18 Kr.. 6 Kr. für Bayern über 10 bis 20 Meilen zur Bayer. – Schweizerischen Grenze und 6 Kr. für den offenen Transit durch die Schweiz bis 1 Loth. Ab der CH – Grenze bis zum Zielort kamen für Sardinien weitere 6 Kr. dazu. Die Aufgabepost ignorierte die Anweisung und die Höhe der Frankatur und leitete ihn (VO – Blatt Nr. 7 v. 16.2.1854, gültig ab 1.1.1854) über Innsbruck nach Österreich. Für diesen Leitweg galt ein anderer Tarif: 9 Kr. für Bayern bis zur österreichisch – lombardischen Ausgangsgrenze zu Sardinien und, weil der Zielort über 10 Meilen von der österr. Grenze entfernt lag, 8 Kr. für das Königreich Sardinien (= 6 Kr. CM als Verrechnungswährung). Das Franko hätte bei der tatsächlichen Leitung also nur 17 Kr. betragen. Dieser Brief benötigte darüber hinaus 6 Tage bis zum Empfänger, während bei der schnelleren Leitung durch die Schweiz nur 3 bis 4 Tage die Regel waren. Dergleichen Briefe sind nicht häufig."

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Sammlerfreunde,


    wer hat sowas schon ein zweites Mal gesehen?

    Die Markenentwertung mit zwei verschiedenen Mühlradstempel eines Postortes !

    Da ist doch erst mal Skepsis angebracht. Ich kann aber nichts finden, was mich an der Echtheit zweifeln lässt.

    Das Unikat (einen zweiten Beleg kenne ich nicht ) verdient ein Attest,

    und Ralph verdient ein Glückwunsch zu dem Brief :thumbup:


    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Lieber Kilian,


    danke für die anerkennenden Worte - Robby hat mir den Brief damals verkauft - für relativ viel Geld, aber er war es mir wert. Ein Attest dafür brauche ich nicht - die ganze Welt liest hier im Forum mit und der Rest interessiert mich nicht. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo,


    in Beitrag #11 hat Will einen Brief vom 09.08.1856 (6-7 Uhr) mit Typ d aus der Streng-Korrespondenz gezeigt.


    Ganz interessant ist ein Vergleich von Abschlägen vom selben Tag.

    Als Gegenüberstellung hier einen Brief mit Typ d, ebenfalls vom 09.08.1856, jedoch eine Stunde später

    (7-8 Uhr). Der Abschlag des Mühlradstempels ist eine Stunde später besser gelungen, der Zweikreisstempel hingegen ist um 7-8 Uhr eher ein Totalausfall.


    Viele Grüße,

    Christoph