• Liebe Sammlerfreunde,

    heute kann ich einen hübschen 20a-Stempel von Ebern zeigen aus dem Jahr 1876. Ich mag diese Stempel mit den zarten Schriftzeichen und der engen Schrift.

    Der Inhalt der Dienstsache vom Bezirksamt Ebern an das Pfarramt in Baunach ist interessant. Es handelt sich um ein ausgefülltes Entlassungsformular aus dem Zuchthaus St. Georgen (vom Hausgeistlichen). Über den Entlassenen, einen Bauern namens Lochner, der wegen Meineides 1 Jahr Zuchthaus verbüssen musste, vermerkt der Hausgeistliche in der Spalte "Sittlicher Stand": "Die verbüßte Strafe dürfte bei ... Lochner wenigstens den Zweck der Abschreckung nicht verfehlt haben."

    Ein interessantes Zeitdokument.

  • ... ein Musterbeispiel für den, dem Inhalten "nichts" sagen ...

    Danke fürs Zeigen dieser Wuchtbrumme.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Christian,

    Ebern und Obermoschel gehören zu den „Rückzugsgebieten“, in denen sich Stempel des Typs 20 länger hielten als andernorts. Die Stempelpflege war allerdings in beiden Expeditionen sehr unterschiedlich. Das Exemplar in Ebern erhielt trotz seines schlechten Zustands 1887 sogar wieder eine Jahreszahl eingepflanzt.

    Eine Transplantation völlig anderer Art fand in Neustadt an der Saale statt: Hier wurde unten im Stempel das Wort „STADT“ eingesetzt, zur Unterscheidung vom Bahnhof an der ab 15. Dezember 1874 durchgängig befahrbaren Bahnlinie Schweinfurt–Meiningen. Ursprünglich befand sich an dieser Stelle des Stempels eigentlich die Jahreszahl. Der Stempel ist in dieser Form 1876 nachgewiesen. Der Stempel vom Bahnhof gehört dem Helbig-Handbuch zufolge mit 150 Punkten zu den selteneren.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • tja – eigentlich keine Stempel aus der 20a/b-Familie. Beim Würzburger ist der Ortsname in Antiqua. ...... Frankensteinstempel mit Typ 19 als Basis.

    Denn bitte den Beitrag in einen Thread 19 verlegen oder das Thema überhaupt erstellen. Wobei die Stempeltafel nach Winkler/Sem oftmals nicht weiterhilft. Als Beispiel 2 Würzburg-Stempel.

    Der obere Typ? - der untere dürfte hoffentlich den hier geforderten Kriterien entsprechen.

    Der obere ist 1879, der untere 1880 zu datieren.

    Dieser Einkreiser - (wie unterscheide ich hier niedrige, mittelhohe Grotesk?) mit Monat in Buchstaben und Doppelstunde (Vm/gibts auch mit Nm) ist nicht zu verwechseln mit dem Einkreiser, der 1870/71 verwendet wurde (Unterscheidung Umlaut - Ü - bei dem gezeigten als Unterbrechung des Kreises.

    Eigentlich müsste doch die Stempeltafel neu überarbeitet werden, da es doch Typen gibt, die da nicht berücksichtigt wurden (damit meine ich nicht die "Frankensteinstempel").

    Luitpold

  • Aus Winkler zum Typ

    Bemerkenswert: 1875 u. später hohe Grotesk - unter Verzicht auf einer eigenen Unter/-Nummer? Was soll das dann bei den anderen Stempeln mit hoher, niedriger, mittelhoher Antiqua/Grotesk?

    Der Brief müsste so um 1874/75 gelaufen sein.

    Abesender: J. B. Giulini, München, Prannerstr. , Großhändler

    Auf der Briefrückseite ein Nürnberg-Stempel (23b?) mit der Stundenangabe Ncht. (Nachmittag).

    Bei der 3 Kr.-Marke gefällt mir besonders die Verzähnung.


    Luitpold

    Einmal editiert, zuletzt von Luitpold (28. Februar 2020 um 12:55)

  • Lieber Luitpold,

    die Kombination von niedriger und hoher Groteskschrift beim Winkler-Typ 20 war unglücklich und wurde in späteren Handbüchern (Helbig/Sem) deshalb auch durch die Einführung des neuen Typs 21 korrigiert.

    Erste Versuche der Kategorisierung von bayerischen Stempeltypen gingen nach Johann Brunner (»Die Postaufgabe- und Ankunftsstempel« im Archiv für Postgeschichte in Bayern 1/1939, tatsächlich die erste wenn auch lückenhafte Übersicht) im Stillen weiter. Der Sammlerkreis um Alfred Skorzeny arbeitete während des Kriegs an einer verfeinerten Einteilung, war aber auch nicht so recht mit dem Ergebnis zufrieden, bis sich dann Karl Winkler 1951 aus der Deckung wagte, wohl wissend, dass sich manche Stempel nicht befriedigend klassifizieren lassen. Er war auf das Vergleichsmaterial aus fremden (besonders Heinrich Dörfler und Jakob Sessler) und eigenen Sammlungen angewiesen.

    Ausreißer, vor allem bei großen Postexpedition mit entsprechendem Stempelverschleiß, wird es immer geben, ebenso wie bei einzelnen kleinen Expeditionen. Bei der Beschreibung der Stempel muss man sich dann mit – leider schwammigen – Formulierungen wie »ursprünglich Typ 20b, danach verändert« oder, wenn es gar nicht anders geht, »ähnlich Typ XY« behelfen. Dafür benötigt man dann allerdings Vergleichsmaterial. Quod licet Prüfer, licet Sammler, wie schon die alten Römer sagten, wenn sie es mit bayerischen Poststempeln zu tun bekamen.

    Viele Grüße,

    Dietmar

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Quod licet Prüfer, licet Sammler, wie schon die alten Römer sagten, wenn sie es mit bayerischen Poststempeln zu tun bekamen.

    Viele Grüße,

    Dietmar

    Vielen Dank für die Erläuterungen, lieber Dietmar.

    Mir ist alles erlaubt in meiner Sammlung und nur bei Rundbrief-Beiträgen ergibt sich die Frage nach einer Nummerierung.

    Nachdem es in den Post-Verordnungen keine brauchbaren Mitteilungen zu den ab 1867 auftretenden Stempeln gibt, treibt mich doch eine in dem Standardwerk Helbigs genannte These um. Der Wettbewerb unter den Stempelherstellern. Stempel kosteten einige Gulden/Kreuzer und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Oberpostmeister Geld für einen Stempel bewilligte, der nur kurz im Einsatz war. Könnten es nicht sozusagen zur Probe überlassene Stempel gewesen sein, die dann doch auch übernommen wurden.

    Bei den kleineren Postexpeditionen wird man dagegen solange die vorhandenen Stempel benutzt haben, solange sie eben brauchbar waren.

    Wie dem auch sei, der ständige Wechsel (sei es beim Schrifttyp, der Gestaltung der Stunden-/Monat-Angabe, sowie die Bezeichnung des Postamtes in Ziffern 1/2 oder Stadt/Bahnhof usw.) machen die Stempel zu einem "unerschöpflichen?" Thema, das offenbar nicht viele interessiert.

    Stempel werden dagegen beachtet, wenn Sie Marken "adeln" - siehe u.a. Umtauschstempel (die Vormarkenzeit ist ausgenommen, das wäre ein eigenes Thema).


    Beste Grüße von Luitpold

  • Lieber Luitpold,

    Zitat

    Könnten es nicht sozusagen zur Probe überlassene Stempel gewesen sein, die dann doch auch übernommen wurden.

    Mangels Quellen wird es stets bei einer Annahme bleiben müssen, auch wenn sie so naheliegend und einleuchtend ist wie diese. Ebenso gut könnte es ein Szenario »Stempel ausgefallen – schneller Ersatz nötig – man nimmt, was man kriegt« gegeben haben. Ein Stempel diente der Entwertung und einem beschränkten dokumentarischen Zweck. Wenn beide Kriterien erfüllt waren, erwiesen sich Typgemäßheit oder Abweichung vom Typ letztendlich als gleichgültig.

    Zitat

    Wie dem auch sei, der ständige Wechsel … macht die Stempel zu einem "unerschöpflichen?" Thema, das offenbar nicht viele interessiert.

    Wie viele Sammler tragen eine Destinationensammlung, eine Sammlung nach Postverträgen oder allein zu den Verwendungsarten von Marken zusammen? Das sind auch nicht wirklich viele. Die meisten sammeln doch tatsächlich nach optischen Gesichtspunkten (schöne Marke, schöner Brief), was ja auch völlig legitim ist. Jene, die im Grunde nur des Geldes wegen sammeln (vom Schnäppchenschießer bis zum Millionär, der das Ganze als eine Anlage unter vielen betrachtet), blenden wir jetzt einmal aus.

    Das Sammeln nach Stempeln ist ein vergleichsweise billiges Vergnügen, das aber inhaltlich mindestens so anspruchsvoll ist wie Destinationen etc. Wenn andere das Thema ignorieren, kann man die Rosinen herauspicken, muss dank Internet und darin verfügbaren Abbildungen nicht alles kaufen und archiviert halt zusätzlich zum Sammelgut eine Menge Scans. Bisweilen kann man sogar »Großsammler« mit eigenem Spezialwissen ausstechen. Das ist doch herrlich, oder?

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Ebenso gut könnte es ein Szenario »Stempel ausgefallen – schneller Ersatz nötig – man nimmt, was man kriegt« gegeben haben.

    Oh je, dann fielen in Würzburg viele Stempel unter den Stempeltisch und waren hin. Schusslich diese Würzburger Poststempler:cursing:

    Eine nette Stempelfehleinstellung hinten auf einem Brief aus Erling (keine Sorge keine Story dazu :) ).

    Und der kleine Zettel lag im Schreiben, das wieder als "Beifang" zu mir kam.

    Luitpold

  • Hallo in die Runde,

    im Beitrag #64 hat Erdinger erwähnt, dass in Würzburg Stadt ab 1868 eine 20 b-Type auftritt. Ich kann heute einen Brief vom Oktober 1869 von dort zeigen. Ungewöhnlich dabei, dass die Jahreszahl noch in Klammern gesetzt ist und dass die Doppelstundenangabe ohne Zusatz für Vor- oder Nachmittag ausfällt.

       


    Als zweites noch ein Postschein aus Schweinfurt aus dem Jahr 1870 mit einem sehr schönen Abschlag eines 20 b.

       

    Grüße vom Stempelfreund

  • Lieber Christoph,

    von Straubing kenne ich bisher 20b-Stempeldaten ab 1. Dezember 1870 (Stempel noch ziemlich frisch) bis Mitte Mai 1871, danach ohne Jahreszahl bis 1873.

    Erstaunlicherweise gibt es kaum Belege von diesem nicht ganz kleinen Ort, aber vielleicht hat Freund maunzerle ja noch einige in einer Kiste liegen.

    Viele Grüße

    Dietmar

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,

    Freund maunzerle hat gewühlt, hat aber deutlich weniger gefunden, als er selbst gedacht hatte.

    Anzumerken ist folgendes:

    1) die beiden 20a sind auch durch den Inhalt oder die Rückseite nicht zu datieren.

    2) der vom 16. April ist deutlicher lila, als er im Scan herauskommt.

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)