• Bin wegen Corona in häuslicher Quarantäne - die Arztpraxen haben ja bis heute keine Schutzmasken bekommen. Es geht mir aber noch relativ gut.

    Zu dieser teilfrankierten Drucksache habe ich Fragen an die Experten

    Am 21. Mai aus Lindau unter Streifband nach Montbeliard gesendet. Laut PV von 1847 mit 2 Kreuzern bis zur französischen Grenze teilfrankiert und entsprechend PV mit dem Stempel P. versehen.

    Die Taxe 5 Decimes ist für den farnzösischen Anteil einer Drucksache sicher zu hoch, 5 Centimes hätte man sicher anders geschrieben.

    Es sieht für mich so aus, dass die französische Post das Stück nicht als Drucksache anerkannt hat, da Geschriebenes durch das Paper durchleuchtet und der Inhalt auch nicht überprüft werden konnte, da die Marken das Streifband an der Drucksache fixierten.

    Meine Fragen:

    1. aus dem Postvertrag könnte man entnehmen, dass alle bayerischen Postanstalten einen Stempel P. erhalten, der Stempel P. also in Lindau und nicht im Grenzpostamt aufgesetzt wurde. Ist das so?

    2. Ich kann die Taxe 5 nicht ableiten. Ist es die Taxe für einen innerfranzösischen Portobrief, sodass das Grenzfranko wenigstens anerkannt wurde und das Stück nur in Frankreich als Brief lief?

    3. Mit welcher Drucktechnik wurde das Angebot vervielfältigt, Lithographie ist doch zu aufwändig?

    Bleibt gesund,, Martin

  • Lieber Martin,

    ad primum alles Gute und hoffentlich bleibt von alledem nichts bei dir zurück - eine traurige Lage!

    Nun zu deinem guten Stück: Es entsprach in Allem dem, was Bayern mit seiner VO Nr. 5834 vom 21.6.1847, veröffentlicht im XXI VO- und Anzeigeblatt am 25.6.1847 für den Versand von DS vorgab:

    Frankiert mit 2x bis zur franz. - deutschen Grenze, hier bis Kehl (aus der Pfalz hätten DS nur 1x bis zur Grenze gekostet, habe ich nie gesehen).

    Das Streifband durfte nur 1/3 der Höhe der DS betragen - das scheint mir hier der Fall.

    Das Gewicht in der 1. G-Stufe wie hier durfte 1 Münchener Loth (17,5g) betragen.

    Nach § 16a (3) war den Kartierungsstellen auch ein Stempel "P" zugeteilt worden; das betraf aber sicher nicht die Post in Lindau, sondern allein den mit Frankreich kartierenden Poststellen, hier für Schwaben war es Augsburg.

    Als Taxe lese ich 5 Centimes, die 1,425 Kreuzern entsprachen - offenbar war Frankreich auch daran gelegen, diese ausländischen, grenzfrankierten Sendungen für seine Klientel wohlfeil zu gestalten. Dieser PV war ja nicht reziprok, von daher kam es oft vor, dass es hüben wie drüben abweichende Kriterien zur Taxierung gab. Damals hätte ein gewöhnlicher Portobrief ja 5 Decimes z. B. von München nach Paris gekostet, da konnte man eine grenzfrankierte DS nicht genauso teuer machen, weil sonst der Sinn des Ganzen stark entstellt worden wäre.

    Doch, diese DS wurden lithographiert und zu Hunderten, einige zu Tausenden verschickt.

    Ein tolles Stück - mehr als 2 oder 3 wird es wohl m. M. n. nicht geben.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Martin,

    zur Sache kann ich nichts weiter beitragen, aber meine guten Wünsche begleiten Dich.

    Beste Grüße und bleib gesund

    maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Danke für die guten Kommentare und Genesungswünsche,

    In Italien werden Briefe ja ebenfalls grundsätzlich in Decimi taxiert. Bei Taxen unter 1 Decimi z. B bei Drucksachen wird dort daher grundsätzlich "Cmi" hinter die Taxe geschrieben. Für mich wäre die französische Taxe deshalb weiterhin mit 5 Decimi zu interpretieren- also die Drucksache wie ein Portobrief taxiert. (weil der Inhalt geschrieben zu sein scheint) Ralph , kannst du denn eine vergleichbare teilfrankierte Drucksache vor 1858 zeigen?

    Im Übrigen gibt es auch eine 1 Kreuzer Drucksache aus der Pfalz (angeblich aus 1858) , die hatte Dr. Zangerle gegen mich auf einer Deider - Auktion erstanden, beim Verkauf seiner Sammlung gab es so viel andere für mich wichtigere Preziosen, dass ich mich nicht mehr drum bemüht habe - also es gibt sie wenigstens einmal. Auch hier Taxierung mit 5 ?? , im Attest Stegmüller wird dies als 5 Decimi beschrieben. Zumindest dürfte es sich bei diesem Streifband unstrittig um ein Druckwerk gehandelt haben.

    In der VO vom 24,12,1854 wir darauf hingewiesen, dass Drucksachen nach Frankreich weiterhin grenzfrankiert abgesendet werden müssen, ab 1.1.1855 aber der Stempel P.F. anstatt P. zu verwenden ist.

    Von der Kopierpresse hatte ich bisher nichts gehört:huh:, Da stellt sich doch schon die Frage, ob ein mit der Kopierpresse fünfmal vervielfältigter geschriebener Brief als Drucksache gewertet werden kann ? - aus Sicht der Post wohl nicht - weil er nicht häufig genug verschickt wurde, um eine Portomoderation zu rechtfertigen.

    Beste Grüße, MArtin

  • Lieber Martin,

    welchen Sinn sollte es haben, wenn man für unfreie Portobriefe 5 Decimes in Frankreich zu zahlen hätte, aber bei DS 2 Kr. bis zur Grenze und dann noch den vollen Portosatz von 5 Decimes dazu? Wir befinden uns ja bei DS praktisch immer im Bereich von Firmen und Geschäftsleuten, die sehr wohl wussten, was was kostete. Demnach wäre ja eine DS aus dem rechtrheinischen Bayern 2 Kr. und eine aus der Pfalz 1 Kr. teurer gewesen, als jeder Brief.

    Im übrigen kosteten Portobriefe aus der Pfalz 3 Decimes, also kann die Angabe 5 gar keine Decimesangabe sein, weil es keine solche Progression gibt.

    Danke fürs Zeigen dieser 1 Kr. Teilfrankatur - war mir entfallen (wie so vieles, wenn man alt wird).

    Der Aufgabepost in Bayern war es völlig egal, ob eine Drucksache ein Mal existierte, oder in 1.000 Abzügen; das Kriterium war nicht die Menge, sondern die Tatsache, dass das Schreiben nicht original handschriftlich verfasst worden war, sondern auf einem Vervielfältigungswege. Da stets unterstellt wurde, dass man nicht ein Original nur ein Mal vervielfältigte, sondern zigfach, genügte es also, eine dieser Vervielfältigungen als solche zu erkennen und entsprechend postalisch zu behandeln.

    Den Franzosen war noch viel mehr erlaubt, als den bayer. Beamten - die durften auch Sendungen öffnen und nachschauen, ob es eine DS war, oder nicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph

    dein Einwand mit den 3 Decimen aus der Pfalz sticht alle Gegenargumente. Also sind es 5 Centimes französische Portotaxe.

    Danke und liebe Grüße, Martin

  • Guten Tag Ralph und Cameo,

    ich möchte noch auf Artikel 45 Satz 2 des Postvertrages 1847 hinweisen. Dort heißt es (von mir so gut es geht übersetzt): "Zeitungen...Broschüren...Kataloge.. Prospekte...und sonstige gedruckte Mitteilungen... werden jeweils bis zur Grenze des jeweiligen Staates frankiert. Die Taxe, die in Frankreich für diese Objekte erhoben wird, beträgt vier Centimes pro Zeitung und fünf Centimes pro Blatt (Bogen) der übrigen Druckwerke.

    Zeitungen und Zeitschriften, die in den Departements Moselle und Bas Rhin veröffentlicht werden und die nach Bayern verschickt werden, kosten ebenso wie Zeitungen und Zeitschriften aus Bayern in die Departements Moselle und Bas Rhin eine französische Taxe von zwei Centimes je Zeitung oder Zeitschrift.

    Dementsprechend dürfen die Taxen, die Bayern für ebensolche Zeitungen und Druckwerke erhebt, nicht höher sein als die Taxen, die in diesem Artikel für den Weg über das französische Territorium festgelegt sind...."

    Damit dürfte vollständige Klarheit herrschen.

    Herzliche Grüße und gute Besserung an beide, speziell an Cameo.

    HOS (warum ich in 9874 umgetauft worden bin weiß ich nicht)