Postalische Info's zu Magdeburg um 1850

  • Liebe Sammelfreunde


    eine recht umfangreiche Acte im Landesarchiv hatte mich dort eine längere Zeit in Bann gezogen. Edliches habe ich mir dann doch als Kopie anfertigen lassen und schwitze zur Zeit darüber.
    Insgesamt enthält diese Originale aus der Zeit zwischen 1848 bis 1852. Vieles ist besonders "wichtig" für mich.


    Etwas was ich bisher nicht kannte, betrifft nachfolgendes aus dieser Acte:


    "Wolmirstedt, den 22 Juli 1852
    Postillion Trinkgeld-Zahlung für Rechnung der Posthalterei in Magdeburg betr.


    Wie ich bei der heutigen Revision der hiesigen Postexpedition bemerkt habe, werden die Postillion-Trinkgelder für die Postbeförderungen von Magdeburg nach Wolmirstedt nicht, wie angeschrieben, gleich nach jeder Fahrt ausgestellt, und zwar aus dem Grunde, weil der hiesigen Postexpedition seitens des Postamtes in Magdeburg ein Notifioratorium darüber noch nicht zugegangen ist, daß in Folge des Abschlußes einer neuen Postfuhr-Contractes die Postillion-Trinkgelder nach jeder Fahrt auszuzahlen und am Ende jedes Monats nach Magdeburg anzurechnen sind.
    Der Königlichen Ober Postdirectionsstelle ist hiernach das Weitergehorsamst anheim.


    (Magdeburg 12837)"


    Dazu wurde diese beiden Vermerke angebracht:


    "ad 12837
    B.m.s.v.v. vom Königl. Post-Amte höchselbst mit der Aufgabe zuzustellen, die Angelegenheit wegen Zahlung der Postillion-Trinkgelder für die Postbeförderungen von hier nach Wolmirstädt (darunter Neuhaldensleben) in die richtige Lage zu bringen und vom Geschehen sodann Anzeige zu machen.
    Magdeburg, 24 Juli 1852 Der Ober Post Director Gericke
    "


    und die nachfolgende, welche "grausam" geschrieben wurde und nur mit Hilfe mehrerer Angestellte in Archiv, hoffentlich einigermaßen richtig gedeutet werden konnte:


    "Bm 30/7 52 ad acta
    Der Königlichen Ober Post Direction wird der Anzeige gehorsamst zurückzureichen, daß die Packkammer-Expedition die Trinkgelder pro Juny und July, hier gezahlt hat, nachdem die hiesigen Postillione drumm gebeten hatten, ihre derselben monatlich in einer Summe zu kommen zu lassen, weil sie nur in diesem Falle Nutzen daraus ziehen, es nützlich anwenden, ja theil ersparen würden.
    Die umliegenden Stationen sind jedoch nun mehr ersucht worden, den Trinkgeldern vom 1ten August ab bar jeder Fahrt zu zahlen, und monatlich
    hierher anzurechnen.


    Magdeburg, den 30ten July 1852 Post-Amt Friecke"

    Wer hat schon einmal soetwas gehört oder gelesen? Was kann ich mir hier unter "Trinkgelder" vorstellen?


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    sehr interessant - Trinkgelder, auch Tranck- oder Trunckgelder genannt, standen den Postillionen oder Conducteuren zu, weil sie sich im Laufe ihres Dienstes auch laben mussten. Wenn sie erst später abgerechnet wurden, hatten die Postillione das Problem, ihre Lebenshaltungskosten teilweise für bis zu einem Monat vorschließen zu müssen, was im wahrsten Sinn des Wortes "ins Geld ging".


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch,


    eine andere Notiz aus der Acte:


    "Dem vom Ober-Post-Amte vom 26. v. M. eingereichten Gesuch der dortigen Briefträger, um Lieferung von Lichtern zu ihren dienstlichen Verrichtungen, muß die Gewährung versagt bleiben, da die Bittsteller in ihrem Gehalte so gestellt sind, daß sie die an sich unerhebliche Ausgabe für die erforderlichen Lichter bei Bestellung der Briefe während der Winterzeit, aus diesem Gehalte in gleicher Weise, wie die Briefträger bei den anderen Post-Aemter bestreiten können.
    Berlin den 20.November 1849
    "


    Leider gab es keinen Hinweis, was die Briefträger "verdient" haben, jedoch denke ich, dass es nicht wesentlich mehr war, wie die beschriebene Situation:


    "Gegenwärtig sind hier 7 Briefträger angestellt, und davon einer für die Orte Buckau und Friedrichstadt.
    .... jetzt täglich in 4 Gängen ca 750 Briefe, Adressen und Geldscheinen zu bestellen haben, klagen schon immer, daß bei der Weitläufigkeit der Reviere ihre Anstrengungen zu groß sei und sie auf die Dauer selbiger nicht ertragen könnten.
    Es erkrankte am 15. d. Mts der Briefträger Strassmann ..... am 21.d. M. der Briefträger Friedrich, welcher jetzt noch dienstunfähig ist und endlich am 12.d.M der Briefträger Willing, welcher am 19. Aug. wieder dienstfähig wurde.
    Für diese drei Briefträger mussten selbstredend Stellvertreter angenommen werden... diese vermochten die Briefbestellung nicht ordnungsgemäß zu besorgen und .... das Ober=Post=Amt genöthigt, am 13. Aug. noch eine 7. Person, den ehemaligen freiwilligen Jürgen Reckling zur Hülfsleistung gegen 15 Sgr täglich Diäten anzunehmen und bisher beizubehalten....


    Magdeburg, den 30 November 1848 Ober-Postamt gez. Gericke"


    Nun noch mal zu den "Trinkgelder"
    Irgendwie hatte ich die Vermutung, dass die Postsendungen für Wolmirstedt bzw. Neuhaldensleben, welche in Magdeburg ankamen, von den Postillionen zu den entsprechenden Postamt "gebracht", aber dort nicht zugestellt worden. Im Prinzip also eine Vergütung für die Transportleistung von einem Postamt zum andern.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde


    heute mal eine etwas längere Abschrift - leider ist hier nicht alles so darstellbar, so dass ich die Tabelle mit den vielen Zahlen als PDF-Datei angehangen habe. (war auch der Abschuß zu diesem)


    "Pro Memoria


    den Geschäftsbetrieb bei der hiesigen Packkammer=Expedition betreffend.


    Die von den Beamten der Packkammer=Expedition zu verrichtenden Dienst=Geschäften sind zur Zeit folgende:


    • Annahme der Packet=Adressen, Taxierung, Eintragung in das Annahmebuch, Zuschreibung nach der Register=Nummer und mit den Franco „und Auslage“ Beträge

    • Eintragung der ankommenden Packet=Adressen in das Lagerbuch, Vergleichung derselben mit den Packeten,

    • Versehen der ankomenden (Transit und Local) Packete nach den Frachtkarten, Beaufsichtigung der Vertheilung derselben in die verschiedenen Päckerei Räume

    • Annahme der Geldbriefe und Werthsachen, Auswiegen, Taxierung, Ausfertigung der Einlieferungsscheine, Zuschreibung mittels der Annahmebücher,

    • Annahme der Post=Vorschußbriefe und der Baareinzahlungen, Ausstellung der Reverse und Scheine, Eintragung in die betr. Register, Zuschreibung;

    • Ausfertigung der Passagierbillets, Eintragung der Reisenden in das Manual und den Personenzettel,

    • Abfertigung der Extraposten und Estaffetten,

    • Führung des Posthalterei=Journals (Einschreiben, Extraposten pp)

    • Erledigung der Packkammer-Laufzettel, sowie der an das Anmelde-Comtoir eingesandten Laufzettel und Anzeigen,

    • Revision der Packkammer=Räume, der inneren Räume der ankommenden Postwagen, des Passagier=Gepäcks

    • Abnahme der Werthstücke und Eintragung derselben in das Lagerbuch

    • Verausgabung der Palmwachslichter, Buchführung darüber

    • Aufziehen und Regulieren von 7 Coursbüchern und Führung der betr. Journale

    • Abhaltung der Nachtwache seitens der 5 Assistenten, innerhalb 25 Tagen 1mal von Jedem,

    • Führung des Conto über creditirtes Franco

    • Formirung der Lager „Abschlüße der Geld“ und der Packet=Annahme und Zusamenstellung derselben für den Expeditions=Vorsteher

    • Attestiren der Unterschriften unter den Geld=Einlieferungsscheinen, den Scheinen über Baareinzahlungen und den Postvorschuß=Revers, sowie Controlle über Verrsendung der Plakette

    • Besorgung des Abrechnungs-Geschäftes mit der Ober=Post=Kasse, mit dem Posthalter, den Postillionen, mit den betr. Behörden wegen der Comunications-Abgaben, Führung der betr. Conti, Verwaltung des Bureau, Vorprüfung und Ordnen der Stunden- und Personenzettel, Anfertigung der Versäumnis-Nachweisungen, der Nachweisungen über Postfreipässe, der Liquidationen über Estaffettenkosten in Königl. Dienstangelegenheiten pp.


    Der Zeit-Aufwand, welcher zur ordnungs- und vorschriftsmäßigen Besorgung der sämmtlichen welcher vorher gedachten Dienstgeschäfte muthig ist, wenn der Umfang der letzteren nach den gewöhnlichen Verkehrs-Verhältnissen bemessen wird, stellt sich in folgender Weise heraus
    ad 1, bei täglich 300 Adressen a 2 Min.............................................................10 St
    ad 2, bei täglich 250 Adressen a 2 Min.............................................................8 1/3 St
    ad 3, bei 19 Tages... im Durchschnitte a 15 Min...................................................4 ¾ St
    ad 4, bei täglich 170 Stück a 2 ½ Min................................................................7 St
    ad 5, bei täglich 40 Stück a 2 ½ Min.................................................................1 2/3 St
    ad 6, bei täglich 32 Personen a 3 Min...............................................................1 ½ St.
    ad 7, im dienstschnitte täglich einmal.............................................................1/6 St.
    ad 8, im dienstschnitte täglich einmal..............................................................1/6 St.
    ad 9, bei täglich 30 Stück a 15 Min.................................................................7 ½ St.
    ad 10, täglich...........................................................................................1 St
    ad 11, täglich...........................................................................................1/2 St.
    ad 12, täglich............................................................................................1/4 St.
    ad 13, täglich............................................................................................1/4 St.
    ad 14, bei jedesmal 10 ½ Stunden, 1 1/2fach gerechnet, durchschnittlich per Tag......... 3 St.
    ad 15, täglich..........................................................................................1 St.
    ad 16, täglich...........................................................................................2 St.
    ad 17, täglich..........................................................................................1/2 St
    ad 18, täglich...........................................................................................2 St.
    über......................................................................... täglich ...........51 7/12 St


    Auf jeden der 6 Packkammer=Beamten fällt hierauf ein tägliches Arbeitspensum von 8 ½ Stunden und nach dem gegenwärtig bestehenden Geschäftsplan ein solches von 9 ¼ Stunden. Das Mehr mag durch den Fensterdienst verursacht werden, welcher die dauernde Anwesenheit von 2 Beamten auch zu solchen Lager-Abschnitten erfordert, nur die Meldungen und Auslieferungen des Publikums nur gering sind. Das gedachte Arbeitspensum erscheint mit Rücksicht auf den darin begriffenen Früh=, Abend= und Nachtdienst nicht mäßig. In einigen, etwa drei, Sommermonaten wird es sich etwas geringen gestalten, in den Wintermonaten dagegen um so höher.
    Der außergewöhnliche Verkehr während der Weihnachtzeit ist bei der obrigen Berechnung außer Betracht geblieben, ebenso die Mehrarbeit, welche durch die Auslieferung von täglich 60 Packeten der Magdeburger Zeitung seit Juli d. J. erwachsen ist. Denn während nach der angenommenen Anzahl von Adressen
    ad1, bei täglich 300 Stück, im Jahre 109500 Packete auszuliefern wären,
    ad2, bei täglich 250 Stück, jährlich 91250 Packete abzugeben wären,
    sind, nach der anliegenden statischen Uebersicht, im vorigen Jahre bei der hiesigen Pack-Kammer in Wirklichkeit 124183 Pakete ausgeliefert und 96395 Packete abgeholt worden. Das Mehr von resp. 14683 und 3145 Packeten betrifft vorzugsweise die beiden Monate November und December, in naeher Zeit der Dienst durch die Anhäufung der Truppen hierselbst und durch die öfteren dislorationen derselben noch wesentlich erschwert würde.
    Auch das Laufzettelwesen geriet im December in Stocken, weil die Massen der lagernden Packete nicht zu übersehen warren. Es bliebt nur das Auskunftsmittel, die Packete mittelst Laufzettel nach ihren Bestimmungsorte abzusenden und die Beantwortung der eingesanden Laufzettel durch spätere Vergleichung derselben mit den abgesandten zu bewirken. Diese Vergleichung beschäftigt noch jetzt ausschließlich einen Hilfsarbeiter, während die Bearbeitung des currenten Laufzetteldienstes (die Zahl der Laufzettel beläuft sich seit Anfang dieses Jahres bereits auf mehr als 3000) die volle Thätigkeit zweier Beamten in Anspruch nimmt, Die Stockungen, welche im Packkammerdienste während der beiden letzten Monate des vorigen Jahres eingetreten waren, hätten möglicher Weise durch eine Vermehrung des Personals um 3 Beamte vermieden werden können, von welche der Eine Ganzthäglich die Packet=Ausgabe, die Aussondung der, länger als 6 Tage lagernden Packete pp, der andere die Vertheilung der abzusendenden und der Transit-Packete zu leiten, der dritte über die Erledigung der Laufzettel, beim Umsigniren der weiter zu sendenden (Soldaten) Packete Hilfe zu leisten hatte. Außerdem hätte es der Vermehrung des Packetboten-Personale nun 3 bis 4 gesunde und rüstige Männer bedurft, die Beschaffung dieser Hilfskräfte (und zwar wären für die eben genannten Dienstleistungen besonders umsichtige, mit dem Local und Speditions Verhältnisse durchaus vertraute Beamte nöthig gewesen) lag damals außerdem Bereich der Möglichkeit; der 5te Hilfsarbeiter mußte sogar im November 8 Tage lang übertragen wurden. Noch ungünstiger gestalteten sich die Verhältnisse, in Bezug auf das Unterbeamten-Personal. Der Packmeister Hagemann, schon längere Zeit vorher kränklich, mußte Anfang December austreten; die Packboten Schwarzel und Ohage erkrankten, und Müller und Scharffe wurden zur Feldpost einberufen.
    Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, das sich die Unzweckmäßigkeit der baulichen Einrichtung der Packkammer-Locales gerade in jener Periode recht klar erwiesen hat. Der geringe Raum für das abholende Publikum, wo neben dem Eingange auch für einen Ausgang gesorgt seyn müßte, die unpraktischen Gitter-Verschläge, die der Beaufsichtigung der Unterbeamten durchaus hinderliche Trennung der eigentlichen Packkammer von dem Bureau, der beschränkte Raum in dem letzteren, dies alles trage zur Erschwerung des Dienstbetriebes nicht wenig bei, und im baldige Absichte hierbei dürfte der dringender Bedürfnisß anzusehen seyn.
    Magdeburg, d. 20 Februar 1851
    "


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    ein wunderbarer Bericht über die Zustände in der "guten, alten Zeit". Allein wenn ich die Zahl der Laufzettel sehe, wird mir ganz anders. Wie gerne hätten wir E I N E N !


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch


    in der gesamten Acte gab ein keinen einzigen Laufzettel oder irgendetwas in dieser Richtung.
    Meistens waren es nur die "Briefinhalte" ohne dem Rest, vielfach wurde dazu notiert.


    Hiervon habe ich mir leider keine Kopie anfertigen lassen, da dieses Dokument sich recht gut gelesen hatte (mit wenig Hilfe...)


    linksseitig wurde dies geschrieben:


    "Durch dem vom 01.Mai d. M. ab veränderten Fahrplan auf der Magdeburg-Leipziger, Magdeburg-Berliner und Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn ist auch hinsichtlich der Posttransport-Begleitung zwischen hier und dem Bahnhofe eine Veränderung eingetreten, worauf die Begleitung durch 2 Unterbeamte nicht mehr geleistet werden kann.
    Theils fallen die Transporte auf einen Zeitpunkt zusammen, theils sind nun diesseitig zu leistende Begleitungen dadurch entstanden, daß die Conduitura den Transport zu dann nach Berlin und zu dann nach Halberstadt abgefahren Bürger nicht mehr wie früher besorgen, weil dieselben jetzt von Berlin nach Halberstadt etvise versa durchfahren.


    Der Dienst für die Begleiter umfaßt folgende Tagesabschnitte:
    Von 12 Uhr Nachts bis 4 Uhr früh................= 4 Stunden oder mit Hinzurechnung
    ...................................................................... von 50% für die Nachtzeit = 6 Std
    Von 3 Uhr früh bis 7 Uhr früh....................= 4 Stunden...................................= 6 Std
    von 10 Uhr vorm. bis 12 Uhr vorm...............= 2 Stunden...................................= 2 Std
    von 2 ½ Uhr Nachm. bis 5 ½ Uhr Nachm........= 3 Stunden...................................= 3 Std
    von 8 Uhr Abends bis 12 Uhr Nachts.............= 4 Stunden...................................= 6 Std
    von 7 Uhr Abends bis 10 Uhr Abends..............= 3 Stunden...................................= 4 Std
    ..............................................................summa...................................30 Std


    Soll die Begleitung und der anderweitig sich daran knüpfende Dienst durch 2 Unterbeamte gutgehen, so würde sich jedem ein täglicher Arbeitsmass von 15 Minuten kommen; dieß ist die Kräfte eines Menschen überschreitend und daher die Einstellung dieses Begleiter erforderlich, von denen jeder immer noch 10 Arbeitsstunden hat und außerdem in der Packkammer bei der den Anfordrungen des Dienstes nicht gänzlich genügender Personale Aushülfe leisten muß.
    Auch tut bei der gegenwärtigen Eintheilung des Begleitungdienstes auf eine Gewährung einer Erholungszeit, wie sie den übrigen Unterbeamten zu Theil wird, noch nicht Rücksicht genommen werden können, was jedoch billigerweise wird erfolgen müssen.
    Das Postamt hat die vorgestellte Maßnahme in der Voraussicht höherer Genehmigung bereits vom 1ten d. M. ab eintreten lassen und bittet mit Bezugnahme auf der dem Herrn Ober Postdirector, Hochwohlgeboren, hierüber gehaltenen? nützlichen Vortrag die Einwilligung hochgeneigtest gut zuheißen.
    "


    rechtsseitig wurde dies geschrieben:


    "Vor dem 1. Mai waren täglich 6 BahnhofsTransporte zu begleiten nähmlich
    1 ½ Uhr früh zum Zuge nach Cöln
    3 Uhr früh vom Zuge von Berlin
    3 ½ Uhr Nach. zum Zuge nach Halberstadt
    4 Uhr Nach. zum Zuge nach Berlin
    5 Uhr Nach. vom zuge von Berlin
    5 ½ Uhr Nach. vom Zuge von cöln
    Mit Einführung der Neuen Fahrpläne sind täglich 8 Transporte zu begleiten
    nähmlich
    1 ½ Uhr Früh zum Zuge nach Cöln
    2 ½ Uhr Früh vom zuge von Berlin
    4 ½ Uhr Früh zum zuge nach Berlin
    6 Uhr Früh vom Zuge von Cöln
    4 Uhr Nach. zum Zuge nach Halberstadt
    4 ¼ Uhr Nach zum Zuge nach Berlin
    5 Uhr Nach vom Zuge von Berlin
    5 ½ Uhr Nach vom Zuge von Cöln
    Die Nachtzüge von Berlin nach Cöln und die Frühzüge von Cöln nach Berlin liegen so dicht zusammen, daß die Transporte zu und von denselben von einem Begleiter umsoweniger besorgt werden können, als dieselben besonders stark befrachtet sind.
    Mit der Uebernahme, Begleitung und Ablieferung der Päckereien bei dem jetztigen Gange der Züge würden dadurch von 2 Uhr Nachmittags bis 7 Uhr früh fast ohne Unterbrechung 2 Mann beschäftigt seyn, zu deren Unterstützung daher ein 3ter Begleiter jedenfalls erforderlich ist.
    Darueber diese Unterstützung bei Begleitung der Transporte einen Mann nicht vollständig beschäftigt, so kann derselbe in der übrigen Zeit zweckmäßig in der Packkammer beschäftigt und dadurch den früheren Klagen derselben betr. Expedition über der unzureichende Unterbeamten Personal geeigneter Weise abgeholfen werden.
    Diese Hilfe in der Packkammer leistet jetzt der 3te Begleiter jeden Nachmittag von 1 bis 7 Uhr: in der Zeit von 7 bis 9 ½ Uhr Abends und von 4 bis 7 Uhr früh ist er mit dem Auslagen, Uebernahmen, Begleiten und Abliefern der zu dem Frühzuge nach Berlin bestimmten und mit dem Frühzuge von Cöln ankommenden Packeten beschäftigt.
    Die Begleitung der übrigen Transporte erfolgt durch den 1ten und 2ten Begleiter abwechselnd wie früher; auch haben diese beiden Begleiter den 3ten wöchentlich einmal an seinem freien Nachmittage abwechselnd zu vertreten.
    Wie infolge dessen die Dienstleistungen der jetztigen Unterbeamten Personal der hiesigen Packkammer sich gestalten ergiebt der hier beiliegenden Dienststunden=Plan.
    "


    Dieser Plan war ein Riesenblatt in Tabellenform - leider so nicht gut übertragbar. deshalb habe ich dies "aufgesplittet" und hier wieder als PDF angehangen.


    Das schöne war ja, da hier über interne Vorgänge berichtet wird. Der Weg von Postamt zum "Fürstenwall"-Ufer war schon eine "kleine" Strecke. (Versuche zur Zeit Informationen zu finden, wo dieser genau lang lief...)


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde


    ich melde mich mal wieder,....... (trotz Snooker-WM)


    Normalerweise lasse ich Briefe nach MD liegen, jedoch nicht, wenn diese an das Post-Amt adressiert ist.
    Einen solchen habe ich bekommen, welcher aus Quedlinburg stammt.


    Leider bekomme ich den Inhalt nicht ganz "gebacken". Wer kann den Rest entschlüsseln?

    "Der Schirrmeister P...... weigert sich, bei
    Ankunft der Post, wenn solche mit Post....ieren
    be....... ist, den Wagentritt zu reinigen, obgleich
    derselbe erstmals so mit ........................... ist,
    daß sich die aus- oder einsteigenden Rei-
    senden nicht nur beschmutzen, sondern
    aussteigen, selbst der Gefahr ausgesetzt
    sind, auszugleiten und zu fallen.
    Nach dem § 9 und § 25 der Schirrmeister-In-
    struction, ist derselbe für den guten und
    reinlichen Zustand des Wagens und für die
    Bequemlichkeit der Reisenden in jeder Art,
    zu sorgen verpflichtet, dessen er sich aber
    in dem vorer......... .......... selbst auch
    ........... eigene, daß Amts-Vorstehers Auf-
    forderung. förmlich widersetzt hat.
    Ein Königlich wohllöbliches OberPostAmt
    ersuche ich daher ergebenst, dem p ............
    diese Widersetzlichkeit verweisen und ihn
    zu Erfüllung seiner Dienst Obliegenheiten
    anzuhalten
    Quedlinburg, den 21ten October 1843
    PostAmt
    Liebhalig"


    Danke für die Hilfe sagt


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    just my 5 Cents ... :


    Der Schirrmeister Carius weigert sich, bei
    Ankunft der Post, wenn solche mit Passagieren
    besetzt ist, den Wagentritt zu reinigen, obgleich
    derselbe oftmals so mit Koth bedeckt ist,
    daß sich die aus- oder einsteigenden Rei-
    senden nicht nur beschmutzen, sondern
    aussteigen, selbst der Gefahr ausgesetzt
    sind, auszugleiten und zu fallen.
    Nach dem § 9 und § 25 der Schirrmeister-In-
    struction, ist derselbe für den guten und
    reinlichen Zustand des Wagens und für die
    Bequemlichkeit der Reisenden in jeder Art,
    zu sorgen verpflichtet, dessen er sich aber
    in dem vorerwähnten Falle selbst auf meine
    eigene, daß Amts-Vorstandes Auf-
    forderung. förmlich widersetzt hat.
    Ein Königlich wohllöbliches OberPostAmt
    ersuche ich daher ergebenst, dem Carius
    diese Widersetzlichkeit verweisen und ihn
    zu Erfüllung seiner Dienst Obliegenheiten
    anzuhalten
    Quedlinburg, den 21ten October 1843
    PostAmt
    Liebhalig"


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ulf,


    ich würde sagen:


    ......., wenn solche mit Passagieren


    besetzt ist, .......


    Das andere kann ich auch nicht genau entziffern.


    Beste Grüße Roda127


    Ja, wie immer bk war schneller!

    Suche immer Belege von Roda / Stadtroda.

  • Guten Morgen


    recht herzlichen Dank für die Hilfen. Jetzt ergibt sich auch ein klareres Bild des Ganzens für mich :)


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde


    heute habe ich folgenden Absatz gefunden, welche als Punkt 3 im Magdeburger Adreßbuch vom 1836 zu finden sein soll:


    In verschiedenen Gegenden der Stadt sind 6 Briefkästen
    1. und 2. ---- = ---- Posthaus, Breiter Weg Nr. 205 ( und ) Perschmann’sches Hause, Breiter Weg Nr. 66
    3. ------------ = ---- Faberschen Buchdruckerei-Gebäude, Goldschmiedebrücke Nr. 11
    4. ------------ = ---- Königl. zweite Kommandantur-Gebäude, Bei der Hauptwache Nr. 5
    5. ------------ = ---- Königl. Zollgebäude, Brückenthor Nr. 17
    6. ------------ = ---- Beim Kauf- oder Packhofe
    angebracht, in welche jeder Korrespondent seine unfrankirten Briefe, - auch dann, wenn sie an Personen in der Stadt und den Vorstädten gerichtet sin, - stecken kann. Diese Briefkästen werden jeden Mittag 11 und jeden Nachmitttag 5 Uhr, von dem dazu bestimmten Briefträger geöffnet, welcher die Briefe im Post-Komtoir abgibt. Die, an Personen im Orte gerichteten Briefe werden demselben gegen das doppelte Brief-Bestell-Geld zugesandt.
    Für die Alte- und Neue Neustadt, die zwischen diesen und der Sudenburg befindlichen Etablissements die Sudenburg und Buckau, ist ein besonderer Briefträger angestellt, welcher jeden Mittag 1 Uhr nach der Neustadt usw. geht. Die in den ersteren Städten angebrachten Briefkästen werden, täglich, von dem Briefträger geöffnet, welcher die darin vorgefundene Korrespondenz, zur Weitersendung, bei seiner Rückkehr, im Post-Komtoir abliefert. Die in dem Briefkasten vorgefundenen frankirten Briefe werden drei Tage an Annahme-Fenster ausgestellt und sodann uneröffnet verbrannt.


    Schön fand ich den letzten Satz, der mich doch schmunzeln ließ ;)


    Mit freundlichem Sammlergruss Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    Zitat

    Die in dem Briefkasten vorgefundenen frankirten Briefe werden drei Tage an Annahme-Fenster ausgestellt und sodann uneröffnet verbrannt.


    verstehe ich das richtig - man meinte die mit "franco" - Vermerk versehenen Briefe, die versehentlich in die Briefkästen eingeworfen wurden?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch,


    zu dieser Zeit war ja nur Barzahlung des Francos möglich, also können es nur Briefe sein, welche entweder falsch zugestellt wurden, oder der Empfänger entledigte sich so seiner Post....


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen - also jemand erhielt einen Brief und warf ihn in den Briefkasten, weil er für ihn nicht bestimmt war?


    Aber warum sollte jemand seine Post in den Briefkasten werfen? Ich stehe auf dem Schlauch ... ?(


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch


    eine echte plausible Erklärung habe ich leider nicht. Dies fiel mir nur spontan ein, denn bisher hatte ich soetwas noch nicht gelesen.
    Spekulieren könnte man vortrefflich...


    Etwas aus vergangener Zeit habe ich noch:


    Über den Zusteller Johann Seger, welcher wahrscheinlich dies nebenberuflich machte, beschwerte sich Magdeburger Kaufmannschaft im Jahre 1691 wie nachfolgend geschrieben:


    ... Und wenn die Kaufleute nach dem Posthaus schicken, de Breve abzulangen, so sein keine da, sondern der Brevedreger habe es bey sich, sitzet wol mit seinen kamerathen im Bierhause zu saufen und überbringet sie öfters kaum den anderen Dach, wol gahr den dritten Dach erstlich, welches nicht allein der Kaufleute Brüderschaft zu Magdeburg, sondern auch Fremde großen Schaden bringet, daher is gantz unbillig, daß die Kaufleute ihre Breve umb der 3 Pf. Halber des Brevedregers vorenthalten werden und also billig und recht, daß eine öffentliche Karte, wie in der gantzen weldt gebräuchlich, vor dem Posthause angehangen würde, damit ein jeder sehen könnte, ob er Breve oder keine hatte, und billich, daß den Ersten Dach, wenn de Post kommen wer, die Breve im Posthaus behalten würden, damit jeder, der danach schicket, seine Breve bekommen könnte, und den volgenden Dach de Breve, so nicht abgelanget, würden, den Brevedreger gegeben würden, damit umb solchen schlechten Kerl als der Brevedreger viel Unheil könnte gesteuert werden....


    Schleißlich wurde daraufhin ein Verzeichnis angefertigt, wo alle eingetroffenen Brief aufgeführt wurden und im Posthaus ausgehangen.
    Auch ist interessant, dass die Zustellung 3 Pfennige kostete.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf


    P.S. Vielleicht findet irgendjemand auch mal etwas ähnliches. Es ist doch immer wieder faszinierend, was es alles mal so gab...

  • Lieber Magdeburger,


    das ist ein sehr interessanter Bericht aus alter Zeit - so manches ist dadurch vlt. erklärlich, was Zeitverzögerungen angeht.


    Bitte weitermachen mit solchen Einblicken in die PO von MD.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Sammelfreunde


    Briefkastenleerungen waren ja in allen AD-Staaten sicherlich unterschiedlch organisiert.


    Laut Angabe soll der Bericht aus dem Jahre 1865 stammen, was ich etwas bezweifle..


    Briefkastenleerung durch den Stadtboten


    Das Wechseln der Briefkasten-Einsätze erfolgt zu denjenigen Zeiten, welche durch den Dienststundenplan festgelegt worden sind. Von welchem Briefkasten er die Einsätze zu wechseln hat, bestimmt der Vorsteher der Briefannahme.


    Den Schlüssel zu den Briefkästen hat der Stadtpostbote an einer Schnur um den Hals zu tragen und, wenn er im Dienst abgelöst wird oder erkrankt, an seinen Nachfolger resp. der Brief-Annahme-Expedition zu übergeben. Verabsäumte Uebergabe der Schlüssel zieht Ordnungsstrafe nach sich.


    Der Stadtpostbote hat mit den leeren Einsatzkästen, welche in der Briefannahme des Postamts resp. bei der Bahnhofs-Postexpedition aufbewahrt werden und die in den zum Tragen derselben bestimmten ledernen Riemen bereit stehen müssen, so zeitig das Dienstlocal zu verlassen, das er pünktlich zu der festgesetzten Zeit mit dem Wechseln der Einsätze beginnen kann. Früher, als zu der bestimmten Zeit, darf er unter keinen Umständen mit dem Wechseln beginnen.


    Vor seinem Ausgange hat er in dem Expeditions-Locale die zum Einsetzen in die Briefkästen bestimmten messingenen Stundenplatten, welche die Angabe der Zeit des nächsten Wechsels der Einsätze enthalten, in Empfang zu nehmen. Zur Aufbewahrung dieser Platten während des Transports ist an dem ledernen Tragegurt eine Tasche von braunen Leder angebracht. Auf andere Weise dürfen die Platten nicht aufbewahrt werden. Vergißt der Stadtpostbote dieselben mitzunehmen wird er bestraft.


    Bei dem Briefkasten angekommen, hat der Stadtpostbote die mitgebrachten Einsätze unmittelbar neben dem Hause an welchem sich der Briefkasten befindet, niederzusetzen, aus demselben den Einsatz und die Stundenplatte herauszuziehen, letztere in der an dem Tragegurt befindlichen Tasche in solcher Weise aufzubewahren, daß eine Vermischung dieser Platte mit den übrigen, zum Einsätzen bestimmten nicht stattfinden kann. ...


    Hiernächst hat er aus dem Trageriemen den für den Briefkasten bestimmten, mit der correspondirenden Nummer in rother resp. schwarzer Farbe versehenen leeren Einsatz herauszunehmen und in den Briefkasten zu schieben, den aus dem Briefkasten entnommenen dagegen in den Tragriemen zu schnallen und endlich den Briefkasten zu schließen.


    Um Irrthümer beim Austausch der gefüllten gegen die leeren Einsatzkästen zu vermeiden, kommen abwechselnd bei dem einen Umgange Kästen mit Nummern in schwarzer, bei dem nächsten Umgange dagegen solche mit Nummer in rother Farbe in Anwendung. Sollte dessen ungeachtet Verwechslungen vorkommen, so hat der Stadtpostbote strenge Bestrafungen zu gewärtigen und wird, wenn derartige Verwechslungen sich wiederholen, aus dem Dienst entlassen.


    In gleicher Weise, wie hier vorgeschrieben ist, verfährt der Stadtpostbote bei allen Briefkästen, zu welchen er sich in der ihm vorgeschriebenen, genau einzuhaltenden Tour begiebt. Er darf von dieser niemals eigenmächtig abweichen und muß dieselbe, einschließlich der ordnungsgemäßen Besorgung des Geschäfts, pünktlich in der festgesetzten Frist zurücklegen. Jede unentschuldigte Versäumiß wird durch eine Strafe von ½ Sgr. für die versäumte Minute gerügt. Wiederholte unentschuldigte Versäumisse ziehen Kündigung seines Dienstverhältnisses nach sich. ...


    Der Stadtpostbote hat die mitgebrachten Stundenplatten täglich einmal zu putzen und demnächst dem mit der Leerung der Einsatzkasten beauftragten Beamten zu übergeben. Auch die Briefkästen hat er täglich vermittels eines Schwammes zu reinigen. ...


    Auf seinen Botengängen darf der Stadtpostbote bei Strafe der Dienstentlassung mit Annahme von Briefen, – gleichfalls ob francirt oder unfrancirt – auch selbst in der Ansicht sich nicht befassen, dieselben im Postbüreau abzuliefern, noch weniger aber, um solche selbst an die Adressaten zu bestellen. Ebensowenig ist ihm gestattet, bei diesen Gängen sich der Besorgung von Privat-Aufträgen und Bestellungen zu unterziehen. ...


    Dem Stadtpostboten ist nicht gestattet, ohne Vorwissen und Genehmigung der vorgesetzten Ober-Post-Direction neben seinen Dienstverrichtungen ein bürgerliches Geschäft zu betreiben. Unter dem Vorwandte, daß die Ehefrau das Geschäft betreiben soll, darf die Einholung der Genehmigung nicht umgangen werden.
    ...


    Dazu gleich mehr...


    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde


    weiterhin ist im o. g. Bericht die Briefbestellung beschrieben:


    Briefbestellung


    Das Sortiren der Briefe in die mit den Nummern der Reviere bezeichneten Fächer des Spindes besorgt der im Dienststundenplan als zweiter Assistent aufgeführte Beamte. Bei besonders starkem Briefverkehr kann zum Sortiren auch ein zweiter Beamter aushülfsweise herangezogen werden.


    Das Sortiren der Ablieferungsscheine, Postanweisungen und Begleitadressen besorgt der erste Assistent, welcher diese Gegenstände von dem Decartirungsgeschäft übernommen hat, allein.


    Der erste Assistent hat den Verbleib der von ihm in Empfang genommenen Geld- Ablieferungsscheine, Postanweisungen und recommandirten Briefe durch einen Abschluß nachzuweisen, aus welchem hervorgehen muß, wie viel Stück von den betreffenden Stellen in Empfang genommen und anderseits an die einzelnen Reviere oder sonst betheiligten Expeditionen, den Expeditions-Vorsteher usw. abgewiesen worden sind. Dieser Abschluß muß vor der Entlassung der Briefträger zu der jedesmaligen Bestellung aufgestellt werden. Etwa sich dabei herausstellende Differenzen sind auf Grund der betreffenden Bücher und Register sofort aufzuklären.


    ...


    Die Abfertigung der Briefträger erfolgt zu den ein für allemal festgelegten Zeiten. Dieselben sind verbunden, sich zur festgesetzten Zeit zur Empfangnahme der zu bestellenden Correspondenz einzufinden und sich zur bestimmten Zeit in ihre Reviere zu begeben. Nach dem Empfange der letzten Zuschriften muß die Abfertigung der Briefträger sofort erfolgen, zu welchem Ende die Eintragung in dem Bestellungs-Notizbuche und im Porto-Controllbuche stattgefunden haben muß.


    Nachdem solches geschehen ist, werden die Bücher mit den eingetragenen Gegenständen den Briefträgern übergeben. Dieselben überzeugen sich auf ihren Plätzen sofort von der Richtigkeit der stattgehabten Eintragungen, leisten in dem Bestellungs-Notizbuche Quittung und zählen die auf den eingetragenen Gegenständen haftenden Portobeträge. ....


    Als Versammlungsort für diejenigen Briefträger, denen bei der zweiten Bestellung (12 Uhr Mittags), die Briefe nachgesandt werden, ist das Local der Stadtpostexpedition bestimmt, wo sich die Briefträger zu bestimmten Zeiten einzufinden haben.


    Zur Vermittlung der Ueberbringung wird der Büreau-Diener der Briefträger-Abfertigungs-Expedition benutzt. Des Transports halber sind für diese Bestellung besondere Bestellungs-Notizbücher in Form brochirter Hefte und eben so auch besondere Abrechnungsbücher angelegt worden. ...


    Bei der Ankunft am Versammlungsorte haben die Briefträger, welche bereits gegenwärtig sein müssen, die Sachen von dem Büreaudiener sofort in Empfang zu nehmen und sich von deren richtigen Vorhandensein zu überzeugen. ...


    Findet sich ein Briefträger in dem Versammlungs-Local nicht ein, so muß der überbringende Bote, nachdem er einige Zeit gewartet hat, die Sachen zur Briefträger-Abfertigungs-Expedition zurückbringen, von wo der betreffende Briefträger sie demnächst abzuholen hat. ...


    Ein Zurücklassen der Briefpackete für abwesende Briefträger ist durchaus nicht gestattet. Falsch sortirte Briefe können unter den Briefträgern, sowohl im Briefträger-Saal, als im Versammlungs-Locale unmittelbar ausgetauscht werden. ...


    Die Bestellung der Briefe usw. erfolgt nach Maßgabe der Instruction, die jeder Briefträger bei sich führen muß. Sie muß innerhalb der Bestellungs-Periode erfolgen, zu der sie übergeben sind. Retoursendungen mit Post-Vorschuß, worüber ein Revers ertheilt ist, dürfen nur gegen Rückgabe dieses letzteren an den Absender ausgehändigt werden. Die Reverse sind dem Expeditions-Vorsteher auszuhändigen. ...


    Gewöhnliche Brief, welche bei der letzten Tagesbestellung nicht haben bestellt werden können, vielmehr dem Adressaten nachzusenden sind, müssen von dem Briefträger noch an demselben Tage bis 8 Uhr Abends an den Beamten in der Briefträger-Abfertigungsexpedition zurückgegeben werden.
    ...


    In diesem Bericht ist die Rede von "Local der Stadtpostexpedition".
    Eine solche Expedition gab es erst ab 15. März 1868. Diese befand am Alten Markt „An der Hauptwache“, was auch die gedachte Mitte der Altstadt von MD war. Durch diese Erwähnung glaube ich, dass eventuell ursprünglich die Abhandlung aus dem Jahre 1865 stammte, jedoch im Laufe der Zeit angepaßt wurde. Jedenfalls ist mir nicht bekannt und dies geht aus den Unterlagen auch nicht hervor, ob irgendwelche "Locale" angemietet wurden.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    erneut ein hochinteressanter Stoff - wenn du so weiter machst, kann es passieren, dass ich auch noch Magdeburg sammle. :)


    Ich halte das geschriebene aus der Zeit der 1850er oder 1860er Jahre, weil es in vielem den Verordnungen anderer AD - Staaten gleicht. Von daher können beide Daten, was du natürlich am besten beurteilen kannst, stimmen.


    Vielen Dank für diese interessanten Vorschriften und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch


    ich hatte extra mal was zur Briefpost herausgesucht. In dem Berichten sind eine Menge weiterer Tätigkeit beschrieben.
    (Mein Vorteil ist, mich nur mit einer Stadt zu beschäftigen, da habe ich die Möglichkeit extrem in die "Vorgänge" einzugehen. Dies ist jedoch hin und wieder auch ein Nachteil, da die Gefahr besteht mit "Scheuklappen" durchzugehen.)


    Etwas was ich auch interessant fand, jetzt mal:


    Im Jahre 1766 sollte auf Befehl des Königs, die "Waßer-Kunst" ( - gemeint ist die Wasserversorgung über ein Röhrensystem - ) wieder in Betrieb gesetzt werden. Vorallem ging es um der erhöhten Brandgefahr wirksam entgegentreten zu können. Anderseits war diese natürlich zur Wasserversorgung der Bevölkerung ebenfalls wichtig.


    So wird berichtet, dass 144 Stellen dazu in Frage kamen. Auch das Postamt war darunter. Das Generalpostamt genehmigte so auch die 12 bis 15 Reichstaler hierfür. Die jährlichen Unterhaltungskosten von 4 Reichstaler waren jedoch vom Postmeister selbst zu tragen.


    Im Jahre 1779 war der Postmeister Pauli tätig geworden. Er beschwerte sich, dass der "Kunst-Pfahl" ohne Genehmigung des Posthauses umgesetzt worden ist. Die Kriegs- und Domänenkammer untersuchte diesen Vorgang. In dem Bericht vom 5. Juli 1779 wurde dazu u. a. folgendes geschrieben:


    ... Der publique KunstPhahl in der neuen Poststraße an das Posthaus so gesetzet worden, daß daraus eine Ableitung durch die Wand in die Küche des PostHauses gegangen. Es ist dieses ohne unsere Einwilligung vermuthlich auf ansuchen des damaligen PostMeisters Papen geschehen... Denn von Anfang her haben sich die Eigenthümer der Häuser dieser Gegend beschwert, daß ihnen das Waßer entzogen und daß Publicum von dem Eigensinn und der Unordnung der Köchin in dem PostHause depedent gemacht würde. Man ist auch mancherley Art Bedacht gewesen dem Übel abzuhelfen, sonderlich dadurch, daß man den Hahn auf der auswändigen Seite nach der Straße etwas niedriger setzen laßen. Aber die Erfahrungen haben bestätigt, daß solches nichts geholfen, sondern wenn in der PostKüche der Hahn eröfnet worden, auf der Straße kein Waßer zu haben gewesen ist. Dieses hat uns endlich bewogen, den publiquen KunstPfahl von da wegnehmen und gegenüber auf der andere Seite der Straße setzten zu lassen, wo er ehedem beßer placirt und der Beschädigung der vorbey fahrenden Wagens nicht so als bisher exponiert ist .... Das Postamt hingegen hat kein Recht, uns darunter die Hände zu binden, indem das PostHaus nichts weiter als den ordinairen Beytrag für den publiquen Pfahl jährlich á 4 Rthlr thut, welches andere Häuser solcher Gegend e.g. des Raths Müller, Kaufmanns Rückert gleichfals geben, da sonst die Einrichtung bekannt ist, daß man einen eigenen KunstPfahl verlanget, dafür über den jährlich 2 Rthlr geben und den Kunst-Pfahl selbst unterhalten muß. Diesen Vorzug haben wir auch dem PostHause eingeräumt, und den Kunst-Knecht bey der Veränderung instruirt, der Witwe des verstorbenen Post-Directors zu eröfnen, daß neu für einen eigenen Kunst-Pfahl verlange und jährlich dafür die gewöhnliche Zulage á 2 Rthlr thun wolle, sie sich darüber bey der Commission erklären möchte. Dieses hat auch nachher der neue PostMeister Pauli gethan, worauf dem Posthause sein eigener Pfahl an dem Ort, wo der publique Pfahl vorher gestanden, wieder gesetzet ist...


    Um das Jahre 1835 schildert der OberPostdirektor Lewecke die Versorung dazu folgendermaßen:



    • Das Kochwasser in Magdeburg wird durch eine Dampfmaschine aus der Elbe in Röhren geleitet, welche die Stadt durchkreuzen. In der Regel steht vor dem 20ten Hause ein Kunstpfahl, welcher täglich 3 bis 4 Stunden geöffnet ist, während welcher Zeit die Bewohner der dem betreffenden Pfahl zugetheilten Häuser ihren Wasserbedarf aufzufangen und in ihre Wohnung zu bringen haben.
      Je nachdem die Röhre mehr oder weniger geöffnet ist, ist auch der Andrang stärker oder schwächer und es stehen nicht selten 20 bis 30 Personen vor einem solchen Kunstpfahl, die sich drängen und thätlich behandeln. Ist nun der Winter strenge und bewirkt derselbe das Einfrieren der Röhren, dann muß das Wasser aus der Elbe geschöpft werden, und die Zeitversäumis des Gesindes, imgleichen der Mangel des in dem Haushalt unentbehrlichen Wassers erreicht den höchsten Grad.
      Bei niederem Wasserstande der Elbe, besonders bei hinzutretenden stürmischen Wetter ist das durch die Kunstpfähle gelieferte Wasser so voller Schmutz, daß dasselbe zum Kochen und Waschen gar nicht zu gebrauchen ist.

    • Auf dem Posthofe werden aufgestellt 24 Pferde und 30 und mehrere Wagen incl. der Posthalterei Wagen.
      Diese letzteren müssen täglich gewaschen und gereinigt werden. Hierzu das Wasser aus der Kunst aufzufangen, wird nicht immer möglich, selbst wenn eine große Wassertonne auf dem Hofe aufgestellt werden sollte, weil es ungewiß ist, ob dieselbe stets gefüllt werden kann.
      Wenn nun aus dem einen Brunnen das Wasser für 24 Pferde geschöpft wird, so fragt es sich, ob derselbe auch das zum Waschen der Wagen erforderliche Wasser liefern wird.
      ...


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf