Kursstempel dokumentieren Leitwege

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    bei dem folgenden Brief vom 23.11.1853 aus dem ostpreußischen Schwoelmen in das württembergische Stuttgart an den Gallerie-Inspektor Strecker zeigen die verwendeten Kursstempel schön den Laufweg.

    Zur Verwendung kam ein 3 Sgr.-Ganzsachenumschlag (U3 mit WSt.-Nr. 1).

    Schwoelmen in Ostpreußen, ca. 10 Meilen östlich von Elbing gelegen, lag in der Nähe der im August fertiggestellten Strecke Königsberg-Marienburg (eine Teilstrecke der Ostbahn). Hierüber erfolgte auch der Transport der 1. Teilstrecke (rs. Stempel 1). Ab Marienburg ging es dann per Kutsche nach Westen über die Weichsel nach Dirschau. Von dort ging es weiter per Bahn über Bromberg nach Berlin (Stempel 2). Ab Berlin ging es dann auf der Strecke Berlin-Minden (Stempel 3, leider verwischt) bis Magdeburg. Dort wurde umgeladen auf einen Zug der Bahnstrecke Magdeburg-Leipzig (Stempel 4) mit anschließendem stillen Transit durch Sachsen nach Bayern. Die bayerische Post übernahm auf der Strecke Hof-Nürnberg (Stempel 5), vermutlich ging es weiter per Bahn bis Augsburg. Dann wieder per Bahn und Kutsche nach Westen, bis dann die württembergische Post bei Ulm übernahm und auf der Bahnstrecke Ulm-Stuttgart den restlichen Weg zurücklegte. Zustellung in Stuttgart dann am 28.11. (Stempel 6).

    Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,

    sehr schöne Rückseite! Augsburg - Dinkelscherben - Burgau - Neu-Ulm - Ulm - Stuttgart, fast alles mit der Bahn.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Michael,

    zu einer derartigen fast lückenlosen Dokumentation eines Laufweges kann man nur gratulieren. Das gibt's wahrlich nicht alle Tage.

    Viele Grüße von maunzerle:thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    danke für eure Kommentare.

    Passend zu dem vorigen Beleg ist der folgende, aus Altena (Märkischer Kreis, Westfalen) ins bayerische Reuth von 1853. Diesen Beleg hatte ich schon einmal gezeigt, aber er zeigt schön, dass 1853 die Leitung per Bahnlinien nach Nordosten über Magdeburg und Sachsen schneller war als eine kürzere Strecke über Kassel und Erfurt.

    Von Altena ging es am 15.12.1853 wenige Meilen nach Norden und in Hagen dann per Bahnstrecken Elberfeld-Dortmund (1), Deutz-Minden (2) und Minden-Berlin (3, am 16.12.) nach Osten, um dann vermutlich in Magdeburg (leider haben die Bahnpostler hier nicht vorschriftsmäßig gestempelt) auf den Kurs Richtung Sachsen umgeladen zu werden. Wieder ging es im stillen Transit durch Sachsen, die bayerische Bahnpost stempelte Hof-Nürnberg (4, am 17.12.) und gemäß Streckenkarte wäre ein Bahntransport bis Bayreuth möglich. Anschließend ging es von Kemnath (5) ins 3 Meilen entfernte Erbendorf (6), von wo aus am 18.12. die Zustellung in Reuth erfolgte.

    Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,

    diese Siegelseite ist ein Traum. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    auch dieser Brief vom 31.1.1853 aus Slawentzitz nach Oehringen in Württemberg passt zu den Briefen von Michael, wobei Briefe mit 5 Bahnpoststempeln gar nicht so leicht zu finden sind.

    Für diesen 2 5/10 Loth schweren Brief bezahlte der Absender 9 Sgr. Zunächst lief er mit der Bahnpostlinie Myslowitz-Breslau, dann Breslau-Berlin bis Kohlfurt, dann Kohlfurt-Görlitz, dann Görlitz-Dresden-Leipzig (leider ohne Stempel), dann Leipzig-Hof, dann Hof-Nürnberg, dann Nürnberg-Augsburg bis Nördlingen. Von dort auf dem Landweg nach Oehringen.

    Grüße von liballaltpostgeschichte.de/core/index.php?attachment/67758/

  • Wunderschön, Karl - so macht Laufwegssammeln Spaß!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammelfreunde

    den Beleg habe ich sicher auch schon einmal gezeigt.

    Aufgegeben wurde er am 27.12.1851 in Dessau und lief an die wohl bekannteste Adresse in Coeln.

    Die Siegelseite dokumentiert den vollständigen Weg mit der Eisenbahn.

    Von Dessau ging es zuerst nach Köthen (Berlin - Leipzig III T), von dort weiter nach Magdeburg (Magdeburg - Leipzig I R) und von dort ging es nach Minden (Berlin - Minden I T) und schlußendlich nach Deutz (Deutz - Minden III R). In Deutz angekommen ging es per Kutsche über den Rhein weiter zu Empfänger.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Liebe Freunde,

    der folgende Brief von 1852 stammt aus Bremen und war nach Steinschönau in Böhmen adressiert. Die Kursstempel zeigen im Prinzip sehr schön den Ablauf.

    Hier die Briefrückseite:

    Dann eine Streckenkarte von 1852 (Quelle IEG-Maps der Uni Mainz):

    Der Brief lief per Bahn Richtung Hannover, dann über die Strecke Minden-Berlin via Braunschweig Richtung Magdeburg.

    Hier taucht der erste Kursstempel HALBERSTADT-BERLIN auf. So ging es östlich Richtung Magdeburg. Dann der zweite Kursstempel MAGDEBURG-LEIPZIG und dann der dritte BERLIN-LEIPZIG.

    Von Leipzig ging es über Dresden nach Bodenbach, wo die österreichische Post übernahm und den Brief zum Zielort Steinschönau brachte.

    So weit, so klar. Ein weiterer Brief aus gleicher Korrespondenz und ebenfalls aus 1852 zeigt exakt die gleichen Kursstempel! Es scheint also ein System dahinter zu sein.

    Verwirrend finde ich das Stempelpaar MAGDEBURG-LEIPZIG (III.Zug) und BERLIN-LEIPZIG (III.Zug).

    Wenn der Brief schon in einem Zug nach Leipzig war, warum wurde er noch mal umspediert, um in einem anderen Zug nach Leipzig zu gelangen?

    Die Reihenfolge MAGDEBURG-LEIPZIG / BERLIN-LEIPZIG könnte theoretisch auch anders herum sein, mangels Fahrplan von 1852 weiß ich nicht, welcher III. Zug früher dran war.

    Hat jemand eine Idee (oder einen Kursbuch von 1852)?
    (spätere Jahrgänge habe ich, aber die helfen hierbei nicht)

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (26. April 2022 um 23:06)

  • Hallo Michael,

    wenn die Route BERLIN - LEIPZIG über Köthen lief, könnte der Brief dort umgeladen worden sein. Einen Grund dafür kann ich nicht erkennen.

    beste Grüße

    Dieter

  • Lieber Michael,

    die Anhaltische Eisenbahngesellschaft eröffnete erst im Jahre 1857 die Strecke Dessau-Bitterfeld und im Jahre 1859 von dort aus Verbindungen nach Halle und Leipzig.

    Vorher wurde nach Leipzig bestimmte Post in Cöthen auf die Magdeburg-Leipziger Bahn umgeladen.

    Der frühe Coursstempel Berlin - Leipzig suggeriert eine durchgehende Verbindung, die anfangs noch nicht bestand.

    Liebe Grüße

    Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (27. April 2022 um 14:48)

  • Lieber Jürgen,

    deine Erläuterungen und die Karte erklären die auf dem Brief befindlichen Stempel sehr plausibel.

    In dem folgenden Kursbuchauszug vom Sommerfahrplan 1855 findet sich folgendes:

    In dem Fahrplan wird nicht zwischen den verschiedenen Eisenbahn-Gesellschaften unterschieden. Aber der Fahrplan suggeriert durchgehende Züge von Berlin über Jüterbogk-Dessau-Cöthen-Halle nach Leipzig, also auf den in diesen Jahren existierenden Strecken der Berlin-Anhaltischen und der Magdeburg-Leipziger Gesellschaft.

    Der Fahrplan Magdeburg-Leipzig, diese Strecke wurde von der gleichnamigen Gesellschaft betrieben, zeigt tatsächlich genau passende Anschlusszeiten für Cöthen:

    So passt alles zusammen. Lerneffekt für mich: neben den reinen Bahnkarten braucht man auch die Streckenzuordnungen der verschiedenen Betreiber-Gesellschaften.

    Umso interessanter, und in diesem Fall verwirrend, dass die preußische Post sich darum nicht scherte und einen Kursstempel BERLIN-LEIPZIG benutzte.

    Danke für die Aufklärung!

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (27. April 2022 um 17:00)

  • Hallo zusammen,

    zu dem gestern diskutierten Brief ist mir aber dennoch etwas unklar.

    Der von Jürgen eingebrachte Einwand bezüglich der von Berlin aus nur möglichen Bahnverbindung über Cöthen nach Leipzig ist stimmig.

    ABER: Der Brief aus Bremen zeigt als ersten Kursstempel HALBERSTADT-BERLIN. Diese Strecke verlief sicherlich über Magdeburg. Warum wurde der Brief nicht hier in Magdeburg schon, ohne Umweg über Berlin, einem Zug MAGDEBURG-LEIPZIG übergeben?

    Können die unterschiedlichen Bahnhöfe in Magdeburg und der nötige Brief-Transport zwischen ihnen hier eine solche Rolle gespielt haben?

    Hier noch der 2. Brief, auch aus 1852, mit identischem Laufweg.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (28. April 2022 um 22:17)

  • Der Brief aus Bremen zeigt als ersten Kursstempel HALBERSTADT-BERLIN. Diese Strecke verlief sicherlich über Magdeburg. Warum wurde der Brief nicht hier in Magdeburg schon, ohne Umweg über Berlin, einem Zug MAGDEBURG-LEIPZIG übergeben?

    Können die unterschiedlichen Bahnhöfe in Magdeburg und der nötige Brief-Transport zwischen ihnen hier eine solche Rolle gespielt haben?

    Lieber Michael,

    die Verbindung Halberstadt - Oschersleben - Magdeburg wurde von der "Magdeburg-Halberstädter-Eisenbahngesellschaft" betrieben. Die preußische Post verwendet aber einen Coursstempel "Halberstadt-Berlin".

    Der Brief wurde in Oschersleben von der Braunschweigischen Staatsbahn übernommen. Die überwiegende Mehrzahl der vom Nordwesten Deutschlands stammenden Korrespondenz dürfte nach Berlin gelaufen bzw. von dort aus weiter verteilt worden sein. Denkbar ist also, daß es vom Cours Halberstadt-Berlin keine oder nur zeitlich nicht passende Kartenschlüsse mit dem Cours Magdeburg-Leipzig gab.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,

    die Verbindung Halberstadt - Oschersleben - Magdeburg wurde von der "Magdeburg-Halberstädter-Eisenbahngesellschaft" betrieben. Die preußische Post verwendet aber einen Coursstempel "Halberstadt-Berlin".

    ein anderer Kursstempel auf diesem Brief ist BERLIN-LEIPZIG. Für diese Strecke war zwingend die Benutzung einer Strecke der Berlin-Anhaltischen- und einer Teilstrecke der Magdeburg-Leipziger-Eisenbahn-Gesellschaft nötig. Die Bezeichnungen in den Kursstempeln haben sich wohl eher an Post-Kursen und weniger an involvierten Eisenbahn-Gesellschaften orientiert.

    Die überwiegende Mehrzahl der vom Nordwesten Deutschlands stammenden Korrespondenz dürfte nach Berlin gelaufen bzw. von dort aus weiter verteilt worden sein. Denkbar ist also, daß es vom Cours Halberstadt-Berlin keine oder nur zeitlich nicht passende Kartenschlüsse mit dem Cours Magdeburg-Leipzig gab.

    Plausible Argumente, aber für die Strecke Magdeburg-Berlin benötigten die Züge zwischen 3 und 5,5 Stunden. Von Berlin bis Cöthen (um dort dann auf den passenden Zug Magdeburg-Leipzig zu stossen) dann noch 3,5 bis 4 Stunden. Von Magdeburg fuhren (gemäß Fahrplan 1855) täglich 5 Züge nach Leipzig. (Vielleicht weiß Magdeburger wieviel Züge im Jahr 1852 nach Leipzig fuhren)

    Von diesen reinen Daten her wäre ein Umladen der Briefe in Magdeburg sicherlich machbar gewesen, allerdings hätte man hierdurch "nur" ein paar Stunden gewonnen. Wie man an den beiden Briefen sieht, war auch mit dem Umweg über Berlin der Transport bis Leipzig innerhalb eines Tages erledigt. Wobei ich jetzt nicht geprüft habe, wie schnell ein Weitertransport via Dresden nach Bodenbach erfolgte.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte