Österreich nach Anschluss - Portoperiode 4.4.-31.7.1938

  • hallo zusammen,


    der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich erfolgte am 13.3.1938 und ab 1.4.1938 war die Rechnungslegung der Post in Reichsmark vorgeschrieben. Die Umrechnung erfolgt zum Kurs von 1,5 Schilling = 1 Reichsmark und es war kaufmännisch zu runden.


    Ab 4.4.1938 war die Verwendung von Briefmarken des Deutschen Reichs in der Ostmark, wie das frühere Österreich nun hieß, zugelassen. Übergangsweise wurden vom in der Zeit vom 4.4.1938 bis 31.7.1938 die Posttarife des ehemaligen Österreich und des Deutschen Reiches kombiniert. Dies führte teilweise zu politisch gewollten günstigeren Portosätzen. Zum Beispiel verbilligte sich der einfache Fernbrief von ehedem 24 Groschen (=16 Rpf.) auf 12 Rpf.


    Ab dem 1.8.1938 galten die Postgebühren des Deutschen Reichs und die Österreichischen Groschen Marken waren bis 31.10.1938 frankaturgültig.


    Belege dieser Posttariflichen Übergangszeit vom 4.4. bis 31.7.1938 sollen hier gezeigt werden.



    Zusammenfassung der Portosätze in der Ostmark vom 4.4.1938 - 31.7.1938:


    Inland:


    Ortspostkarte: 5 Rpf

    Fernpostkarte: 6 Rpf


    Ortsbrief bis 20 gr. : 8 Rpf

    Fernbrief bis 20 gr.: 12 Rpf


    Rekogebühr: 40 Groschen (47 Rpf.)

    Eilgebühr: 30 Groschen (20 Rpf.)


    Ausland:


    Postkarte : 15 Rpf (10 Rpf. nach Ungarn und C.S.R.)

    Brief bis 20 gr.: 25 Rpf (20 Rpf. nach Ungarn und C.S.R.)

    - weitere 20 gr.: 15 Rpf (10 Rpf. nach Ungarn und C.S.R.)


    Rekogebühr: 70 Groschen (47 Rpf.)

    Eilgebühr: 120 Groschen (80 Rpf.)




    wird ergänzt

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  • hallo zusammen,


    beginnen möchte ich mit einem (schönen) Beleg vom Ersttag dieser Portoperiode:



    Sammlerbrief innerhalb Wiens als Einschreiben am 4.4.1938 aufgegeben.

    Frankiert sind aus der Hindenburg Serie 21 Rpf, sowie aus der Österreichischen Trachtenserie die 3 gr. Marke und aus dem Sondermarkensatz 100 Jahre Eisenbahn die 25 gr. Marke.


    Es sind 6+15= 21 Rpf. , sowie 3 gr (=2 Rpf.) und 25 gr. (=16 Rpf.), somit 39 Rpf. frankiert.

    Das erforderliche Porto wäre: 8 Rpf. für den Ortsbrief zuzüglich 40 gr. (27 Rpf) Rekogebühr.

    Macht insgesamt 35 Rpf. und somit ist der Brief um 4Rpf. überfrankiert.


    Offensichtlich war der Createur philatelistischer Belege nicht umfänglich mit den neuen Postgebühren vertraut, denn die ehemalige Österreichische Post kannte keinen Ortsbrieftarif. Dieser wurde erst mit der neuen Tarifstruktur am 4.4.1938 eingeführt. Und so frankierte er unnötigerweise 12 Rpf (für den Brief) +27 Rpf. = 39 Rpf. .


    Diese Schwierigkeiten bei der Anwendung der Posttarife macht diese Zeitspanne attraktiv.


    besten Gruß

    Michael

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  • hallo zusammen,


    Belege des Ersttags der neuen Gebührenperiode sind gar nicht so selten. Die deutlich reduzierten Gebühren kamen auch beim folgenden Brief nach San Francisco zur Anwendung und so waren anstelle 95 Groschen nur noch 40 Rpf. (60 Groschen) zu frankieren.



    Auslandsbrief der 2.Gewichtstufe nach San Francisco am 4.4.1938 in Wien aufgegeben. Das Porto von 40 Rpf. wurde mit den Hindeburg Marken 5 Rpf und 15 Rpf, sowie der 30 Groschen Trachtenserie (20Rpf.) dargestellt.


    mit bestem Gruß

    Michael

  • hallo zusammen,


    aller guten Dinge sind drei: hier ein Rohrpost-Flugpost-Rohrpost-Auslandsbrief, zudem poste-restante, der am Ersttag der Portoperiode, dem 4.4.1938, von Wien nach Marseille gesandt wurde. Fürchterlicher Erhaltungszustand! Trotzdem musste ich ihn aus der Bucht retten, weil: Die Beförderung mit der Rohrpost Wien, Flugpost Wien-Marseille und Rohrpost Marseille mit:

    - Aufgabestempel WIEN 18 * c * / -4.IV.38 - 9

    - Rohrpost-Durchgangsstempel Telegraphenamt Wien - 4.IV.38 - 9.10Uhr

    - Flugpost-Durchgangsstempel Wien - 4.IV.38 - 11 Uhr

    - Flugpost-Durchgangsstempel Marseille Aviation Etranger 5.4.38 - 12 Uhr "gagnez du temps / repondez / par avion"

    - Rohrpost-Durchgangsstempel Marseille Bches du Rhone / Distribution 5.4.38 - 13.15 Uhr "fumez / les cigarettes / Celtiques"

    - Ankunftstempel Marseille Bches du Rhone 5.4.38 - 15 Uhr

    dokumentiert ist.


    Zudem unterlag der Brief der nach Anschluß seit 14.3.1938 nachgewiesenen Devisenkontrolle:

    - Devisenüberwachungs-Verschlusszettel: "Zur Devisenüberwachung zollamtlich geöffnet" und violetter L2: "Devisenkontrolle / zollamtlich geprüft"





    Luftpost-Auslandsbrief am 4.4.1938 von Wien postlagernd nach Marseille gesandt. Das Porto von 78 gr. (= 52 Rpf.) berechnet sich für den einfachen Auslandsbrief (25 Rpf. = 38 gr.) und Luftpostgebühr nach Frankreich (40 gr.) und wurde mit den Marken der österreichischen Trachtenserie frankiert; Die Rohrpostbeförderung innerhalb Wiens wat mit der Luftpostgebühr abgegolten - die Rohrpostbeförderung in Marseille war pro bono. Zudem wurde in Marseille 30 cts. Postlagergebühr mit der Taxmarke verrechnet.


    besten Gruß

    Michael

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  • hallo zusammen,


    diese Portoperiode ist das Paradies- oder die Hölle - für Portostufensammler. Durch die Kombination der Reichstarife mit den alten Österreichischen Tarifen ergeben sich bemerkenswerte Frankaturen, so wie hier portogerechte 119 Rpf. Sie berechnet sich beim Flugpost-Rekobrief nach Chicago mit 25Rpf. für den Auslandsbrief, 70 gr (=47 Rpf.) Einschreibegebühr und 2*35 Groschen/5gr (=47 Rpf.) Flugpostgebühr. Macht 25+47+47= 119 Rpf.




    Flugpost-Einschreibe-Auslandsbrief 10gr. nach Chicago am 5.7.1938 in Wien aufgegeben. Frankiert mit 3*30 gr. der Österreichischen Flugpostmarken und zeitgemäßer Frankatur des Deutschen Reichs.

    Mit der Flugpostgebühr war die Rohrpostbeförderung in Wien abgegolten, die mit dem Stempel des Telegraphenamtes dokumentiert ist. 1938 war Flugpost nach den USA nur über dem Festland Europas und der USA möglich. Durchgangsstempel New York 15.7.1938 und Chicago 16.7.1938.


    besten Gruß

    Michael

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  • hallo zusammen,


    eine besonders schöne Frankatur zeigt der folgende Brief, der am 20.5.1938 in Klosterneuburg nahe Wien aufgegeben wurde und mit Flugpost nebst Eilbote als Rekobrief nach Stuttgart gesandt wurde. Das Porto beträgt 79 Rpf, wobei das Fernbriefporto von 12 Rpf. mit der Hindenburgmarke frankiert wurde und die Zusatzleistungen, die nach dem alten Österreichischen Tarif berechnet wurden, wurden mit der 1 Schilling Flugpostmarke frankiert. Hier kommt auch gleich eine Besonderheit dieser Portoperiode ins Spiel. Als Inlandbrief wären Einschreiben (40 gr.), Eilpost (30 gr.) und Flugpost (20 gr.), also 90 gr. zu frankieren. Also doch nicht portogerecht? Doch, denn Flugpost ins Deutsche Reich unterlag dem alten Auslandstarif zu 30 gr. Also waren für die Zusatzleistungen 30gr.+40gr.+30gr.= 1 Schilling zu frankieren.




    Eine kleine Besonderheit zeigt die Rückseite des Briefes. Unten rechts im Prägedruck findet sich die Angabe zur Druckerei Huber&Lerner Wien, Kohlgasse 7. In der Firmengeschichte findet sich ein zeitgeössisches Bild des Ladengeschäftes, das früher auch Hoflieferant war.



    besten Gruß

    Michael

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  • hallo zusammen,


    eine Ansichtskarte des Schosses Belvedere wurde am 26.4.1938 nach Lobositz in Böhmen gesandt. Das ermäßigte Porto für Postkarten nach Tschechien betrug 10 Rpf. und wurde mit der 5 Rpf. Hindenburgmarke, sowie der 8 gr.(=5 Rpf.) Marke der Österreichischen Trachtenserie frankiert.




    NIcht einmal ein halbes Jahr später war Lobositz nach dem Münchner Abkommen als Teil des Sudetenlandes zum Deutschen Reich gehörend.


    mit bestem Gruß

    Michael

  • hallo zusammen,


    vielleicht ist euch aufgefallen, dass ich bisher nur Belege mit Mischfrankatur von Österreichischen und Reichsmarken gezeigt habe. Diese waren zur Aufbrauchzeit der alten Groschen Marken die bevorzugte Frankatur und reine Pfennig-Frankaturen dieser Protoperiode sind eher selten zu finden. Ein schöner Beleg Reko-Beleg mit 72 Rpf. wurde am 30.7.1938 nach New York gesandt und wäre ab 1.8.1938 nur mit 55 Rpf. zu frankieren gewesen.




    Auslands-Einschreibebrief am 30.7.1938 in Wien aufgegeben und nach New York gesandt. Das Porto des einfachen Auslandsbriefs von 25 Rpf., sowie Einschreibegebühr von 70gr. (=47 Rpf.) wurde mit den Hindeburgmarken frankiert. Durchgangsstempel New York 8.8.1938 und AKS vom 9.8.1938 in Bronx.


    besten Gruß

    Michael

  • hallo zusammen,


    wenn man aus dem Urlaub in der Ostmark am 1.7.1938 eine Ansichtskarte von Salzburg nach Leipzig sendet, dann wird sie natürlich auch mit den noch gültigen Österreichischen Marken der Trachtenserie frankiert, allerdings zum Reichsdeutschen Tarif von 6 Rpf - entsprechend 9 Groschen.




    Der 1.7.1938 war für Österreich ein interessanter Tag. So wurde aufgrund des Anschlusses an das Deutsche Reich der Rechtsverkehr verbindlich für (fast) alle eingeführt. Nachdem es in der K.u.K. Monarchie Rechtsfahrzonen und Linksfahrzonen gab, wurde 1915 der Linksverkehr eingeführt. Nach heftigen Protesten dann 1921 teilweise wieder Rechtsverkehr; daraufhin in den 1920er und 30er Jahren Initiativen für Rechtsverkehr im ganzen Land, die nicht zum Ziel führten. Und so fuhr man in Vorarlberg und Tirol rechts, im Rest des Landes links. Bis zum 30.6.1938. Danach hatte nur noch Wien im Linksverkehr eine Übergangsfrist bis 19.9.1938. Und dabei blieb es bis heute.


    mit bestem Gruß

    Michael

  • hallo zusammen,


    die Tarife dieser Portoperiode sollten den neuen Reichsbürgern die Vorteile der niedrigeren Deutschen Portosätze für einfache Versandformen bescheren. Allerdings hatten die Österreicher eine Portostufe von 3 Groschen (=2Rpf.) für Inland-Drucksachen bis 10gr. die es im Reich nicht gab. Um hier eine Mehrbelastung zu vermeiden, blieb die Portostufe für Drucksachen bis 10gr. innerhalb der Ostmark in dieser Portoperiode gültig.



    Drucksache vom 14.4.1938 innerhalb der Ostmark bis 10gr. zum Tarif von 2 Rpf. = 3 Groschen freigemacht.


    besten Gruß

    Michael

  • hallo zusammen,


    hier ein schön frankierter Orts-Einschreibebrief innerhalb Wiens am 22.4.1938 gelaufen, der die Politische Botschaft, wie vorteilhaft für die Österreicher der Anschluß ans Reich war, gut dokumentiert.



    In Österreich gab es keinen reduzierten Tarif für Ortsbriefe, so dass für diese ab 4.4.1938 anstelle zuvor 24 Groschen nur noch 8 Pf (=12 Gr.) - hier mit der Hindenburgmarke - zu frankieren waren. Gleichzeitig blieb der günstigere Österreichische Einschreibetarif mit 40 Groschen (=27 Rpf.) weiter gültig, hier mit den Marken der Trachtenserie frankiert.


    besten Gruß

    Michael

  • hallo zusammen,


    die Flugpost Ausgabe 1935 der Österreichischen Post war ein attraktiver Satz, der mit seinen 15 Werten von 5 Groschen bis 10 Schilling eine beachtliche Gesamtnominale von 24,35 Schilling (16,12 RM) hatte. Die Groschenwerte zeigen Flugzeuge über Stadt und Land, die Schillingwerte Flugzeuge über anderen Verkehrsmitteln. Der gezeigte Brief wurde mit den kleinen Nominalen bis 2 Schilling, in der Summe 6,35 Schilling, frankiert.



    Flugpost-Eilpost-Auslandseinschreiben nach Budapest am 25.6.1938 in Wien aufgegeben und mit den Werten der Flugpostausgabe 1935 frankiert. Das Porto berechnet sich mit 30 Rpf. für den doppeltschweren Auslandsbrief nach Ungarn, 70 gr. Rekogebühr, 120 gr. Eilpost, sowie 60 gr. Flugpost - zusammen 295 Groschen (= 196 Rpf.)

    Der Brief wurde mit der Bahn befördert, wie der zweisprachige Bearbeitungsstempel "Wegen rascherer Beförderungsmöglichkeit im Bahnverkehr abgeleitet" ausweist. Eingangsstempel und Zustellvermerk Budapest 26.6.1938


    besten Gruß

    Michael

  • Liebe Sammlerfreunde,


    in Ergänzung zur Drucksache in Abschnitt 10, folgende Drucksache mit Absenderfreistempel aus Wien an das bayerische Forstamt Unkenthal in Unken (Bayerische Saalforste in Österreich) vom 6. April 1938 ( innerhalb der Ostmark bis 10gr. zum Tarif von 3 Groschen, entspricht 2 Rpf., freigemacht).


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Dieter,


    vielen Dank. Ich denke, daß dies nur für die österreichischen Staatsbürger galt, die bei den Bayerischen Saalforsten in Österreich beschäftigt waren. Es finden sich hierfür Belege von der Versicherungsanstalt für Angestellte in der Land - und Forstwirtschaft in Wien, sowie von der Landarbeiter Versicherungsanstalt für Salzburg, Tirol und Vorarlberg in Innsbruck. Auch von der Landwirtschaftskrankenkasse für Salzburg in Salzburg. Die Bayerischen Beschäftigten, waren sicherlich in Deutschland versichert.


    Liebe Grüße,

    Hermann



  • .... schön zu sehen, dass du es nicht besser formulieren könntest .... ;)

  • Im Östereichschen Briefmarken-Forum bekam ich noch die Infos:


    Bei Deinem Brief nach Bagdad ist ausserdem die Devisenzensur in Villach interessant.

    Diese ist sicher selten, im Handbuch Kärnten 2014 schreibt Seebald von 2 bekannten Exemplaren in der 1. Republik, in der Ostmark habe ich einen derartigen Beleg noch nicht gesehen.

  • Nochmal diese Diskussion ausgraben.


    Postgeschichtlich gesehen, gehörte der Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich in einem Exponat dann mehr zu Österreich oder zum Deutschen Reich (trotz der Österreichischen Frankatur?

    Ich persönlich tendiere zu letzterem (Deutsches Reich). Wie ist die Meinung der Leser hier?

    Einmal editiert, zuletzt von Rainer ()

  • ...maßgeblich ist das jeweils entstandene Postgebiet und das war das DR, an das Österreich ja auch postalisch angeschlossen worden war. Eigene Briefmarken gab es nach 1938 nicht mehr.

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis