Preußen - Frankreich Vorvertragszeit

  • Hallo zusammen,

    am letzten Wochenende konnte ich beim Jahrestreffen der Arge Preußen in Dieskau bei Halle/Saale diesen Brief erwerben. Da er wegen des Inhalts genau datiert ist und mit Mustern ins Ausland ging, habe ich die Gelegenheit genutzt.
    Als ich gestern den Brief genauer ansah, war meine Freude über den Zuwachs meiner Heimatsammlung noch größer. War das Schreiben doch an eine Frau gerichtet, deren Name heute für hochpreisigen französischen Schaumwein bestens bekannt ist. Empfänger war

    Madame
    La Veuve Clicquot Ponsardin
    a
    Rheims

    avec Echantillon
    Sans Valeur

    Geschrieben wurde der Brief am 7.8.1810 in Xanten. Der Verfasser berichtet, daß er die Adresse von einem Herrn Salz aus Kleve (bis in die neuere Zeit bekannte Händler) erhielt. Der erhielt eine Ladung candierten Zucker in Kommission, den er wegen des hohen Preises nicht verkaufen konnte. Von seiner Seite aus bietet der Schreiber 1000 ... weißen Zucker an, die franco Lüttich geliefert werden zum Preis von 4 Fr. 10 Sols. Wenn Qualität und Preis stimmen, könne er liefern und schreibt weiterhin, daß dieser Zucker rar und stark nachgefragt sei.
    Damit wissen wir, welches Muster beigefügt war. ;)
    Was war das Porto? 8 Decimes?

    Dieter

    PS: Dieses Muster wurde vermutlich bereits vor fast 210 Jahren durch die Passage eines menschlichen Verdauungstraktes vernichtet. [Blockierte Grafik: http://www.altpostgeschichte.com/wcf/images/smilies/wink.png]
    PPS: Ein Mitglied dieses Forums wird den Brief wahrscheinlich wiedererkennen.

  • Lieber Dieter,

    ein tolles Stück! Links lese ich (verschmiert) D für "Double", also Doppelbrief und rechts eine (verschmierte) 8 für 8 Decimes.

    Ich meine, dass es damals nur dann eine Vergünstigung für Muster ohne Wert gab, wenn Brief und Muster mehr als einfach wogen, da (gilt nur für TT und Bayern) im Falle von Briefen mit MoW immer das einfache Porto berechnet wurde und nur bei höhergewichtigen Briefen eine Portomoderation eintrat.

    Ob das hier auch so war, weiß ich leider nicht, aber hoffentlich andere hier. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • .... und ein paar Jahre später war vermutlich der gleiche Postler mit seiner seltsamen 8 am Werk. Hier auf einem Brief vom 6.12.1813 nach Paris. Das ist ungefähr 4 Wochen vor dem Abzug der napoleonischen Truppen aus Kleve.

    Dieter


    3 Beiträge redaktionell verschoben

  • Lieber Dieter,

    das ist eine ganz normale, französische 8. Die sehen praktisch alle gleich aus, egal ob diese Zahl in Marseille, oder in Calais geschrieben wurde. Es gibt auch Stempel "8", die der manuellen Variante hier äußerst ähnlich sehen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Zu meinem obigen Brief habe ich noch weitere Bilder hochgeladen. Die Empfängerin war die Mutter des Schreibers, Major Reguin. Er beschreibt einige Scharmützel, denen die französischen Truppen ausgesetzt waren, und teilt seine Adresse in Kleve mit. Das war sehr optimistisch, da am 14.1.1814 die letzten Franzosen Kleve verließen.

    Die Mutter des Majors hielt sich bei einer bedeutenden Persönlichkeit Frankreichs auf..

    https://www.philosophe-inconnu.com/jean-jacques-l…-et-son-epouse/

    viele Grüße

    Dieter

  • #1 und 2

    Hallo Dieter und Ralph,


    @Dieter:

    Ja dieser Brief ist an die Witwe Cliquot-Ponsardin gerichtet, deren Ehemann 1805 gestorben war und die ein berühmtes (heute) Champagnerhaus besaß.

    @Ralph:

    Ich bin nicht sicher, ob das ein "d" für "double" ist, eher wie ein "v" für "vérifié" (überprüft).

    Es gibt Vergünstigung für Muster, vorausgesetzt, sie werden unter Papierstreifen versandt (Siehe Artikel 18 und 220 der Allgemeinen Instruktion über den Postdienst von 1808).

    Hier betrachtete die Post es als einen Brief zwischen 8 und 10 Gr.

    Viele Grüsse.

    Emmanuel

    .

  • Lieber Emmanuel,

    gab es denn für einfache Briefe mit Mustern in Frankreich überhaupt Vergünstigungen? Bei späteren Postverträgen Frankreich - Bayern traten teils nur Vergünstigungen in Kraft, wenn das einfache Gewicht überschritten wurde.

    Vielen Dank für die gezeigte Quelle. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Emmanuel,

    du meinst Muster im Brief einliegend und Muster anhängend? Im 1. Fall gab es nie eine Vergünstigung und im 2. Falle schon.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    der letzte Satz ist interessant. Übersetzt: oder in einer Art die anzeigt, daß es wirklich Muster sind. Der Satz läßt die Schlußfolgerung zu, daß mitunter anscheinend kräftig geschummelt wurde. So etwas wäre was für deine Contra-Sammlung.

    liebe Grüße

    Dieter

  • Lieber Dieter,

    ich habe Schummelbriefe bei Mustern ohne Wert - aber leider nicht in Verbindung mit Frankreich, weil diese schon recht selten sind und Bayern seine Korrespondenten ermahnt hatte, alles richtig zu machen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • #9 und 10.

    Hallo Ralph und Dieter,

    @Ralph: Im ersten Fall gilt zwar der Brieftarif, im zweiten Fall gibt es einen Sondertarif, aber das Muster muss unter Papierstreifen und nicht in einem versiegelten Brief verschickt werden, da die Post prüfen kann, ob es sich tatsächlich um ein Muster handelt.

    @Dieter: Die meisten Verstöße betrafen das Hinzufügen von handschriftlichen Vermerken.

    Anbei ein Auszug der Allgemeinen Instruktion über den Postdienst von 1832 .

    Viele Grüsse.

    Emmanuel.

    IG 1832 Echantillon.pdf

  • Lieber Emmanuel,

    vielen Dank für das Zeigen dieser Primärquelle - wo sonst sollte man so etwas sonst sehen können? :thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Stimmt !! :)

    Interessant ist der vorletzte Absatz von N° 191: Wenn Muster und Brief mit einem Faden verbunden waren, mußte dieser so lang sein, daß beide Teile getrennt gewogen werden konnten.

    viele Grüße

    Dieter

  • Hallo Freunde,

    ich habe hier einen Brief aus Königsberg nach Bordeaux via Wesel, den ich überhaupt nicht verstehe. Geschrieben wurde das Schriftstück am 4.1.1816 in Königsberg, wobei der Schreiber noch nicht ganz im Jahr 1816 angekommen war und zuerst 1815 vermerkte. Gerichtet war der Brief an

    Messrs Schroder - Schyler & Co

    a

    Bordeaux.

    Die Aufgabe in Königsberg ist nirgendwo vermerkt, aber ich denke, daß der Brief von Preußen bis Wesel transportiert und dort nach der Überquerung des Rhein an T&T übergeben wurde. Dazu muß man wissen, daß die Rheinprovinz, die zwar zu Preußen gehörte, bis zum 1.7.1816 postalisch von T&T betreut wurde. In Nordostfrankreich erreichte der Brief französisches Gebiet und gelangte über Paris nach Bordeaux. Der Stempel WESEL wurde seit 1815 auf Post aus Preußen via T&T nach Frankreich angebracht. Der rote P.P. deutete wohl an, daß das Porto bis hierher bezahlt wurde.

    An Taxen finden wir folgende: auf der Rückseite 3 und 5/5. Diese stehen vermutlich für das bis Wesel bezahlte Porto.

    Auf der Vorderseite: oben eine 6? Mit Rötel 8 5/8 und eine typisch französische 12 (Dec), die in Bordeaux bezahlt werden durften.

    Links neben der 12 ein Gr? Werkann den Brief aufschlüsseln?

    Dieter

  • Hallo Dieter,

    Zitat

    Die Aufgabe in Königsberg ist nirgendwo vermerkt,

    Aufgabepoststempel wurden in Preußen ab 1816 eingeführt.

    Am 4.1.1816 hatte Königsberg wohl noch keinen ...

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte