Frankreich nach Finnland bis 1852

  • Ich will mal vier Briefe aus dem selben Korrespondenz vorstellen. Ausser paar Eckdaten kann ich da nicht viel liefern.
    #1 Unpaid Marseille 23 JULI 1842 - Lion - Strasbourg - Porto v. Erfurt - (Steht zwar per Hamburg, ist aber wohl nicht ) - Berlin 30.7. - in Petersburg vorne oben links Björneborg handschriftlich und auf der Rückseite notiert 220 cop von Empfänger zu zahlen.


    #2 Unpaid Marseille 25 JULI 1844 - Lion - T.T. Hamburd 31. Juli 44 - K.S.U.N.P.C Hamburg 2 AUG - Stralsund - Grislehamn 10.8.1844 - In Eckerö umgerechnet 105 Sbco zu 1 Rub 83 3/4 kop und noch 8 kop Inland nach Björneborg.
    #3 Unpaid Marseille 12 AUG 1846 - Lion - Strasbourg - Hamburg Th u T 18/8 - K.S.U.N.P.C. 18. AUG - Stralsund - Grislehamn 26.8.1846 - 58 1/2 Sbco von Empfänger 1 Rub 30 1/2 kop.
    #4 Unpaid Marseille 15 OCT 1852 - Paris 17 OCT 52 - Berlin 19.10. 3 / 7 Sgr. Reducet 33 kop + 10 Inland = 43 in mauve auf der Rückseite in St. P.


    Kleine Studie über Route und Taxe
    Viel Spass

  • Eigentlich hatte ich gehofft dass hier wer was zu den routen und taxberechnungen referiert. Vielleich habe ich es auch unter falschen Trad abgestellt....

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Cyril,


    Geschwindigkeit bei der Beantwortung von Beiträgen ist eine Frage der verfügbaren Zeit ...


    Fange mal mit dem einfachsten an.
    Der 4. Brief fiel in die Zeit des französisch-preußischen Postvertrags von 1848 und des preußisch-russischen Vertrags von 1852.
    Frankreich erhielt für Portobriefe 1 Fr. 60 Dec. je 30 Gramm Briefgewicht von Preußen. Den Transit durch Belgien trug Preußen.
    Da der Brief über Paris lief, vermute ich eine Weiterleitung über Aachen und dann Berlin - Eydtkuhnen nach Russland.
    Portoforderung Preußens an Russland: 7 Sgr. Fremdporto (franz./belg.) + 3 Sgr. preußisches Porto.


    Gruß
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Zu dem 1.Brief:
    Dieser sollte nach Wunsch des Absenders via Hamburg und Schweden nach Finnland laufen (analog den Briefen 2 und 3).
    Der Brief lief über Lyon und Strassburg und wurde dann wie geplant von Thurn & Taxis übernommen. T&T leitete den Brief aber - aus nicht ersichtlichen Gründen - nicht nach Hamburg, sondern über Erfurt nach Preußen.


    Die rückseitigen Notierungen 16 1/2 und 111 1/2 müssten eigentlich die Portoforderungen von Preußen an Russland in preußischen Groschen (entsprechen Silberkopeken) sein.


    Der Brief wog 1 1/2 Loth (oben links notiert), fiel damit in Preußen und Russland in die 2.Gewichtsstufe, für die das 1,5-fache Porto gemäß dem Postvertrag von 1821 anzusetzen war. Das Porto von Erfurt betrug für den einfachen Brief 54 pr.Gr., bei diesem wären also 81 pr. Gr. (plus Grenzporto) anzusetzen.
    Die rote Tintenmarkierung rechts oben lese ich als 20 1/2 (Sgr.) Frankfurt.
    Die mittig notierten 16 und 3 3/4 sind wohl Taxis-Notierungen. Die 16 Sgr. könnten für den an Frankreich zu vergütenden Portoanteil stehen und die 3 3/4 sind der Taxis-Anteil. Mit dem zu dieser Zeit noch fälligen Grenzporto könnten daraus die genannten 20 1/2 entstehen. Dies entspräche 60 1/2 pr.Gr.
    Zusammen mit dem Grenzporto (ebenfalls gewichtsabhängig) ergäbe sich so eine Summe von 81 + 60 1/2 + 2 1/4 = 141 3/4 pr.Gr.


    Rechnet man das Ganze mit der nächsten Gewichtsstufe (1,5-2 Loth Gewicht, doppelte Taxe) ergibt sich 108 + 3 (Grenzporto) = 111 - das entspricht (fast) der rückseitig notierten 111 1/2. (Mit dem Fremdporto von 60 1/2 käme man dann auf 161 1/2 ...)
    Woher die darüber notierten 16 1/2 kommen, kan ich nicht erklären.


    Diese Zahlen passen nicht richtig zusammen ...
    Wie auch immer, die russische Post bildete daraus 210 Kop., mit dem russischen Inlandsporto von 10 Kop. entstand die Forderung von 220 Kop. für den Empfänger.
    Kein billiger Brief.


    Vielleicht hat jeamnd anders noch eine Idee dazu?


    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    bist du sicher mit Frankfurt am Main? Wäre nicht Frankfurt an der Oder möglich? Frankfurt/M. war sehr stempelfreudig (gut für uns heute!) und einen Frankfurter Stempel sehe ich nicht.


    Es gab aber eine Zeit, da hat Frankfurt in diesem blassen Blau (immer mit Tinte) taxiert, von daher kann ich es nicht völlig von der Hand weisen.


    Es wäre generell bei diesen komplizierten Briefen zweckmäßiger, sie einzeln vorzustellen und nicht im Haufen zu präsentieren, sonst wird das eine unübersehbare Hin- und Herklickerei. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Zu dem 1. Brief ein paar Sachen aus meinem Kenntnisstand:


    Dieser Brief wiegt mit kompl. Inhalt 6 gr. JULI 1842


    Memel Taxe nach Marseille 1822 - 1843 657 Kop. in Kupfer, Polangen - St. Petersburg 66 Kop. in Kupfer und Björneborg - St. Petersburg 1.1.1841 - 31.12.1844 15 Kop. in Silver wobei es in anderer Richtung davon abweichen konnte.


    66 ist auf der Rückseite, darunter 45 (St. P. - Björneborg in Kop. Kupfer?) Und dann zitiere ich Mattila " Die preussische Postgebühr wurde in der russischen Grenzpostanstallt auf die Rückseite der Briefes mit roter oder schwarzer Tinte vermerkt. Durch den Wechselkurs 1 Silberkopek = 6 Kupferkopeken bekommt man die Gebuhren der Memel-Taxe." Das wäre dann aufgerundet 110 Kop. Silver welches aufgerundet 34 Sgr. wären.


    Irritieren tut mich als Mattila schreibt "1.1.1841 Ausländische transitgebühren werden folgendermassen in Silberkopeken berechnet: 1 Silberkopek = 3 1/2 Kupferkopeken." und aber das könnte auf gehen 657 + 66 in Kupfer geteilt duch 3,5 + 15 macht 221 kop in silver. Der nächste Brief aus 1844 zwar über Schweden ist deutlich billiger mit 191 3/4 Kop. Silver zu bezahlen von Empfänger.


    Weiter komme ich leider nicht mit diesem Brief.


    Zum Laufweg noch soviel. Ähnlicher Brief aus Marseille 1838 ist bekannt mit Stempel Langensalza. Strasburg - Frankfurt _ Eisenach Langensalza - Halle Berlin - St- Petersburg

    Einmal editiert, zuletzt von Teddy ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    Zitat

    bist du sicher mit Frankfurt am Main? Wäre nicht Frankfurt an der Oder möglich?


    Frankfurt a.d.O. kann da keine Rolle gespielt haben. Auch der Stempel Porto von Erfurt macht nur Sinn in Verbindung mit der T&T-Post.


    Zitat

    Irritieren tut mich als Mattila schreibt "1.1.1841 Ausländische transitgebühren werden folgendermassen in Silberkopeken berechnet: 1 Silberkopek = 3 1/2 Kupferkopeken." und aber das könnte auf gehen 657 + 66 in Kupfer geteilt duch 3,5 + 15 macht 221 kop in silver.


    Gemäß den Angaben von Mattila dürften die 66 dann aber nicht mit diesem Faktor 3,5 multipliziert werden, da es sich um einen russischen Portoanteil handelt.
    Leider kommt man auch mit den Angaben von Mattila nur ungefähr hin und nicht wirklich passend. Eine Seite weiter listet Mattila das Porto für Briefe nach Frankreich, aber auch passt es nicht richtig.


    Ich fürchte, uns fehlt eine entscheidende Detailinformation zu diesem Brief bzw. wie solche Briefe taxiert wurden.


    Zitat

    Ähnlicher Brief aus Marseille 1838 ist bekannt mit Stempel Langensalza. Strasburg - Frankfurt _ Eisenach Langensalza - Halle Berlin - St- Petersburg


    Kannst Du diesen Brief zeigen oder eine Quelle nennen, in der er abgebildet ist?


    Gruß
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Cyril,


    sorry, hatte mich vertippt. Natürlich geteilt, aber die Angabe im Matilla bezieht sich auf ausländische Gebühren und nicht das russische Porto.


    Was ich vergessen hatte:

    Zitat

    Dieser Brief wiegt mit kompl. Inhalt 6 gr.


    Es gab vermutlich Einlagen, die heute fehlen. Für mich jedenfalls steht oben links 1 1/2 l(oth), von gleicher Hand wie die gestrichenen Taxen mittig.


    Danke für die Quelle. Das Buch habe ich, aber diese Besonderheit an dem Brief war mir noch nicht aufgefallen. :whistling:
    Abgesehen von dem Stempel weist dieser Brief die "übliche" Taxierung auf ... Im Moment noch etwas rätselhaft.


    Gruß
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    zu dem Brief aus dem Borge Lund-Buch (siehe Anhang 2 Beiträge zuvor):
    Dieser lief regulär nur über die preußische Post, da ab März 1837 ein direkter Kartenschluß Straßburg - Langensalza bestand! (Quelle: Münzberg - Postverhältnisse zwischen Preussen und Frankreich 1803-1858 ).
    Insofern ist es richtig, dass dieser Brief auch die übliche preußische Taxierung aufweist. Er ist daher nicht mit dem Brief von 1842 aus Beitrag #1 zu vergleichen.
    Die Leitwegsangabe in dem Buch ist falsch, den Brief hat die Taxis-Post nicht gesehen!


    (Hat etwas gedauert, bis der Groschen bei mir gefallen war ....)


    Gruß
    Michael

  • Hallo und guten Abend - einfach geile Briefe. Hatte von dieser Güte gleich einige.

    Will jetzt auch großartig über die Briefe reden, weil ich körperlich nicht so auf der Höhe bin.

    Die Route und Beschriftung ist gut. Habe aus meiner früheren Sammlung einen Kopf beigefügt

    jedoch befördert nach Christinestad.

    Aus der Pfalz die besten Grüße

  • ... 2 phantastische Stücke mit sicher nicht leicht zu machender Beschreibung - vielen Dank fürs Zeigen dieser Rosinen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • In St.Petersburg: ”/210/10” ((= 111,5 x 6 + 66)/3,5 / 10)


    210 Kop in Silber = 111½ Pr.Gr. x 6 (1 Pr.Gr = 6 Kop in Kupfer) + 66 Kop in Kupfer (Polange- St.Petersburg) / 3,5 (1 Kop in Silber = 3½ Kop in Kupfer)


    Im finnischen Porto von und nach Russland 1816 - 1866 zu berücksichtigen:

    Nicht alle in Russland eingeführten Posttarifänderungen wurden der finnischen Post gemeldet.

    Beispielsweise wurde das Porto von St. Petersburg nach Finnland 1832, 1837 und 1841 geändert, während das Porto von Finnland nach St. Petersburg in den Jahren 1816-1840 gleich blieb. Es gibt auch Unterschiede in der Portokostenrate von 1841 von Finnland nach St. Petersburg und von St. Petersburg nach Finnland.

    Ebenso wurden Änderungen des Portos über Russland in das übrige Europa der finnischen Post nicht immer mitgeteilt. Dies geht aus den Steuerzeichen auf den Buchstaben hervor.

    Das Buch "Postgeschichte Kaiserreich Russland" von Hans Kupec gibt anhand vorhandener Sendungen klare Hinweise darauf.


    keraaja

    • Offizieller Beitrag

    Im finnischen Porto von und nach Russland 1816 - 1866 zu berücksichtigen:

    Nicht alle in Russland eingeführten Posttarifänderungen wurden der finnischen Post gemeldet.

    Beispielsweise wurde das Porto von St. Petersburg nach Finnland 1832, 1837 und 1841 geändert, während das Porto von Finnland nach St. Petersburg in den Jahren 1816-1840 gleich blieb. Es gibt auch Unterschiede in der Portokostenrate von 1841 von Finnland nach St. Petersburg und von St. Petersburg nach Finnland.

    Ebenso wurden Änderungen des Portos über Russland in das übrige Europa der finnischen Post nicht immer mitgeteilt. Dies geht aus den Steuerzeichen auf den Buchstaben hervor.

    Hallo keraaja,


    vielen Dank für die interessanten Ausführungen. Gab es denn auch nach 1843 noch Unterschiede zwischen finnischen und russischen Briefen ins übrige Europa? Hast Du vielleicht Beispiele dafür?


    Gruß

    Michael