Die Fußbotenlinie über den Jaufenpaß

  • Liebe Sammlerfreunde,


    die bayerische Post richtete 1810 eine Fußbotenlinie über den Jaufenpaß ein, die sowohl im Winter, als auch im Sommer begangen wurde. Dieser Bote (Johann Schmeller) war auch berechtigt, Privatbriefe zu transportieren und erhielt dafür neben seinen Ganggeld von 2 Gulden, pro Brief 4 Kreuzer, diese aber nur, wenn er diese Briefe unterwegs aufnahm.
    Johann Schmeller benötigte für seinen Fußmarsch von Sterzing über den Jaufen nach Meran und zurück jeweils zwei Tage mit einer Übernachtung auf dem Hospiz des Jaufen, deshalb waren nur eine wöchentlich zweimalige Verbindung möglich. Meran war eigentlich am leichtesten von Bozen aus erreichbar. Dieser Weg war aber seit 1810 versperrt, weil Bozen an das Königreich Italien gefallen war und diese gestatteten nur einen offenen Transit gegen Bezahlung. Wegen der befürchteten Briefspionage suchte die bayerische Postbehörde deshalb einen anderen Weg und dieser war über den Jaufenpaß von Sterzing nach Meran. Der andere Weg war zu langsam (von Innsbruck mit dem Oberinntaler Boten bis Nauders und von da mit dem Vinschgauer Boten nach Meran.
    Quelle: Joachim Helbig: POSTGESCHICHTE Sondernummer 88 - Seite 38;
    Viele Briefe gibt es nicht, auf denen der Laufweg über Sterzing nach Meran, bzw. von Meran nach Sterzing genannt wird. Hier darf ich einen Brief zeigen:
    Brief aus Innsbruck vom 14. Februar 1811 mit Hinweis "durch Sterzing , Meran", nach Schlanders. Ankunftsvermerk vom 23. Februar 1811. Der Absender bezahlte 4 Kreuzer für den Frankobrief. Von Meran nach Schlanders erfolgte die Beförderung mit dem Vinschgauer Boten, der für diesen Botengang 3 Kreuzer vom Empfänger kassierte. (mit Bleistift auf der Adreßseite vermerkt. Mitten im strengsten Winter über den Jaufenpaß die Briefe zu transportieren war schon eine Meisterleistung von Johann Schmeller. 1813 beendete er diesen Fußbotengang.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,


    was für ein tolles Stück Postgeschichte! Genau in der richtigen Sammlung. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Sammlerfreunde,


    auch dieser Brief wurde mit dem Boten Johann Schmeller von Meran über den Jaufenpaß nach Sterzing gebracht. Von da wurde er nach Bruneck befördert.
    Dienstbrief vom kgl. bayer. Landgericht Meran an das kgl. bayer. Landgericht in Bruneck vom 9. Oktober 1812. Präsentiertvermerk vom 17. Oktober 1812. Alle genannten Orte in Tirol (Kgr. Bayern).


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,


    Deine Briefe über den Jaufenpass und die Erklärungen dazu haben mir sehr gut gefallen. :thumbup:


    Liebe Grüße aus Frankfurt
    Heribert

  • Hallo VorphilaBayern,

    dem möchte ich mich gerne anschließen, die Wege über die Alpen mit all ihren Gefahren zu dieser Zeit faszinieren mich immer wieder. Habe viele davon in der Jugend mit dem Fahrrad gequert bspw. Furka, Grimsel, Gr. + Kl. Sankt Bernhard, Gotthard, Nufen, Brünig etc. und kann mir damit so einigermaßen vorstellen was das für Gänge gewesen sind.


    Viele Grüße
    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Lieber Hermann,


    der nächste Rundbrief steht dir offen (und auch für andere Themen gerne ...)


    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgender Brief:
    Königliche Dienstsache vom kgl. bayer. Landgericht Fürstenburg in Burgeis bei Mals im Vinschgau (Kgr. Bayern - Tirol) vom 21. Mai 1813, der mit den Vinschgauer Boten nach Meran (Kgr. Bayern - Tirol) gebracht wurde. Für Dienstbriefe bekam der Vinschgauer Bote keinen Botenlohn, es ist daher kein Botenlohn vermerkt. In Meran wurde der Brief bei der kgl. bayer. Post aufgegeben (Stempel "MERAN.R.4.). Von da übernahm der Jaufenbote Johann Schmeller den Brief und brachte diesen ebenfalls unentgeltlich über den Jaufenpaß nach Sterzing, von wo der Brief wiederum mit der bayer. Post nach Innsbruck befördert wurde. Präsentiertvermerk vom 27. Mai.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Liebe Sammlerfreunde,


    einen weiteren Brief kann ich zeigen:
    Dienstbrief vom kgl. bayer. Landgericht Lama (Tirol), bei Meran vom 6. Dezember 1813, an das kgl. bayer. General-Commissariat in Innsbruck. Der Amtsbote von Lama brachte und holte zweimal wöchentlich die Post nach Meran, bzw. von Meran. Aufgabestempel "MERAN.R.4.". Von da erfolgte der Marsch über den Jaufenpaß von Johann Schmeller bis Sterzing. Von Sterzing erfolgte die weitere Bestellung durch die Post bis Innsbruck.
    Präsentiertvermerk vom 13. Dezember 1813.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo Dieter,


    vielen Dank.
    Habe mich verschrieben, denn in der "POSTGESCHICHTE 88, Das Ordrebuch des Oberpostamtes Innsbruck von 1807 bis 1814" ist ein Schreibfehler, statt Lana, steht Lama.
    Unter Nr. 40 - 8.5.1812 - Das Botenwesen im Innkreis ...... 5. Wird der bisherige Amtsbote wöchentlich 2 mal seinen Gang von "Lama" nach Meran fortsetzen.


    Beste Grüße,
    Hermann

  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgender Brief:
    Brief aus Lavin (Unterengadin - Schweiz) nach Augsburg (Kgr. Bayern) vom 8. Mai 1813. Botenvermerk des Unterengadiner Boten "Da Lavin" und "Da Martina" = Martinsbruck, über Nauders (Kgr. Bayern - Tirol). Von Nauders bis Finstermünz beförderte der Oberinntaler Bote, Herr Kapeller. Dort übernahm der Vinschgauer Bote, Herr Pali, den Brief und beförderte ihn bis Meran (dort Aufgabestempel "MERAN.R.4.". Von Lavin bis Meran fielen für die verschiedenen Boten insgesamt 10 Kreuzer Botenlohn an, die der Absender vorab bezahlte. In Meran übernahm der Jaufenbote Andreas Hillenbrand den Brief und beförderte ihn über den Jaufen bis Sterzing. Von dort erfolgte die Beförderung über Innsbruck nach Augsburg. Der Empfänger bezahlte 10 Kreuzer Porto von Meran bis Augsburg.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • ...... noch ein Brief:
    Ab 15. Februar 1814 wurde der Botengang über den Jaufen eingestellt. Andreas Hillenbrand hörte als Postbote auf. Er wird als "gemeiner Bote" nach Sterzing eingesetzt, wenn das Landgericht Meran einen solchen Boten für notwendig hält, so der Hinweis im Vorphilahandbuch von Friedrich Pietz zu Meran.
    Königliche Dienst Sache vom Landgericht Glurns im Vinschgau vom 19. Februar 1814 nach Innsbruck. Der Vinschgauer Bote, Herr Pali, brachte den Brief nach Meran. Er erhielt dort den Aufgabestempel "MERAN.R.4.". Der Postbote von Meran nach Bozen, Herr Johann Nieß, brachte den Brief im geschlossenen Amtspaket, was seit 15. Februar 1814 wieder möglich war, nach Bozen, von da wurde das Amtspaket ungeöffnet über Sterzing nach Innsbruck befördert. Ankunftsvermerk vom 24. Februar 1814.
    Der Vorgänger von Johann Nieß, Postbote Radschiller, wurde am 3.12.1812 aus dem Dienst entlassen, da er ohne Genehmigung die Botengänge durch seine Frau durchführen ließ. Er war seit 11.2.1806, als die Briefsammlung Meran eröffnet wurde, Briefsammler und Postbote zwischen Meran und Bozen.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • ...... ein weiterer Brief:
    seit Eröffnung der Briefsammlung Meran am 11.2.1806 war Briefsammler Radschiller für den Botengang zwischen Meran und Bozen zuständig. Auch, als im Oktober 1810 der Botengang über den Jaufen nach Sterzing installiert wurde. Bereits am 20.7.1810 wurde der Bote Radschiller in den bayerischen Postdienst übernommen. Er hatte einen zweimaligen Postbotengang nach Bozen, bekam ein Jahresgehalt von 100 Kreuzer und eine Postmontur.
    Es war daher von Meran aus möglich, daß der Bote Radschiller den Brief einzeln nach Bozen befördern konnte (nicht im geschlossenen Amtspaket), oder daß er im geschlossenen Amtspaket mit dem Jaufenboten über den Jaufen nach Sterzing und von da nach Bozen befördert wurde, was einige Tage länger dauerte.
    Dieser Portobrief aus Meran vom 13. Oktober 1812 war bereits am folgenden Tag in Bozen. Er wurde dementsprechend vom Boten Radschiller nach Bozen befördert. Er war seit dem 20.7.1810 nicht mehr berechtigt einen Botenlohn zu verlangen (bekam im Jahr 100 Gulden Gehalt). Der Empfänger bezahlte 3 Kreuzer Porto.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • ....... noch einer:
    bei diesen Brief nach Bozen lief es höchstwahrscheinlich anders:
    Königliche Dienst Sache vom Landgericht Glurns im Vinschgau vom 11. Dezember 1812, nach Bozen (Kgr. Italien). Der Vinschgauer Bote, Herr Pali, brachte den Brief nach Meran. Dort erhielt er den Aufgabestempel "MERAN.R.4.". Er kam in ein geschlossenes Amtspaket und Bote Andreas Hillenbrand brachte die Sendung über den Jaufen nach Sterzing, von wo der Brief weiter nach Bozen ging. Präsentiertvermerk vom 17. Dezember 1812.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo VorphilaBayern,

    .

    ich frage angesichts dieser Klasse Belegstrecke zunehmend, wie man nach so langer Zeit heute noch so genau recherchieren konnte, welcher Bote von wo nach wo seinen Gang hatte, von wem und wann er beschäftigt wurde und was er für ein Gehalt hatte. Wenn ich das aus "jüngeren" Zeiten um 1850/60 herum mal vergleiche, bspw. mit den bayerischen Landboten, wo man anhand deren Stempel teilweise noch nicht einmal weiss, welcher Ort im Zustellbezirk der einen oder anderen Postexpedtion damit bedient wurde, dann ist das hier schon eine prächtige Leistung.

    .

    Viele Grüße

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    vielen Dank.
    Joachim Helbig schreibt in seinen Artikel in der POSTGESCHICHTE
    Sondernummer 88 - Das Ordrebuch des Oberpostamtes Innsbruck 1807-1814,
    folgendes zum Jaufenboten:
    "Die Informationen darüber in den Akten sind teilweise so ins Detail gehend,
    daß wir sogar über genaue Statistiken verfügen, wie viele Briefe dieser Bote
    jeweils mitnahm".


    Außerdem hat Friedrich Pietz in seinen Vorphilahandbuch Bayern, sehr genaue Angaben
    zu Meran gemacht.


    Beste Grüße von VorphilaBayern