Köhler Auktion Wiesbaden März 2011

  • Liebe Sammlerfreunde,


    einige von uns hatten sich an der Auktion vergangener Woche beteiligt, andere traf man im Auktionssaal. An dieser Stelle möchte ich einfügen, dass es schön war, mit euch zu schnacken. Mich würde interessieren, welche Stücke aus eurer Beobachtung in besonderer Weise aus dem philatelistischen Alltag hervor getreten sind und warum ihr glaubt/wisst, warum das so war. Das Haus Köhler hat bei einer seriösen Ansprache auch nichts gegen eine Darstellung der Stücke im Internet. Danke dafür! :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber bk,


    Deiner Anregung folgend, möchte ich einen ungewöhnlichen Brief zeigen, dessen Zuschlag sich dennoch im Budgetrahmen der meisten Sammler gehalten hat:


    Von Sachsen in die USA gerichtete Briefe wurden weit überwiegend mit der "prussian closed mail", also in geschlossenen Paketen, befördert. Der Tarif betrug ab 12.10.1861 für den einfachen Brief 12 Ngr.


    Für den Aufgeber etwas günstiger war die Beförderung mit der "british open mail", also im Einzelversand mit britischen Paketschiffen. Der Tarif für den einfachen Brief betrug 11,8 Ngr. bis zum Landungshafen. Innerhalb der USA galten diese Briefe als Portobriefe. Die Gesamttaxe war also höher als bei einem mit der "prussian closed mail" beförderten Brief. Die Beförderungsdauer unterschied sich nicht signifikant und hing ohnehin eher mit den Abfahrtsterminen der Schiffe zusammen.


    Der gezeigte Brief war ausreichend frankiert für beide Beförderungsarten, wobei die "british open mail" - Beförderung vom Absender verlangt worden war. Er erhielt in Aachen fälschlicherweise den "P.D." - Stempel, wurde aber gleichwohl wie vom Absender verlangt befördert, erkennbar am Londoner "PAID"- und am schwarzen New Yorker 5 Cent Portostempel.


    Regulär beförderte Briefe beider Speditionsarten hänge ich an.


    Liebe Grüße


    Altsax

  • Lieber Altsax,


    danke für die Hintergrundinformation - zu welchem Preis wurde das gute Stück zugeschlagen? War dies in der Auktionsbeschreibung auch erkannt worden?


    In jedem Fall ein sehr hübsches Briefchen, welches glänzend zu den beiden anderen passt. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • - zu welchem Preis wurde das gute Stück zugeschlagen? War dies in der Auktionsbeschreibung auch erkannt worden?

    Lieber bk,


    der Brief ging mit 270€ im Untergebot weg. Die Auktionsbeschreibung enthielt alle wesentlichen Aspekte. Ich vermute, daß sich niemand die Mühe gemacht hat, die Beschreibung zu lesen. Bei oberflächlicher Betrachtung lediglich der Abbildung konnte man ihn für einen der vielen "normalen" USA-Briefe halten. Die Sammler, die nicht so genau hinsehen, sind aber die ersten, die darüber jammern, daß sie sich die "interessanten" Frankaturen ohnehin nicht leisten könnten.


    Für mich war es ein erfreulicher Ausgleich für "überzahlte" andere Lose.


    Liebe Grüße


    Altsax

  • Lieber Altsax,


    dann kann ich dich nur herzlich beglückwünschen zu dem Traumbrief - auch wenn es nur eine Kompensation für zuvor teuer erkaufte Briefe war.


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    Mit 1.000 Euro moderat ausgerufen war ein Brief aus München an Madame Allix in Brüssel - es gibt mehrere, absolut gleich aussehende Briefe aus dieser Korrespondenz, und für alle gilt dasselbe, was ich hier schreiben werde. In der Losbeschreibung war dargelegt worden, dass die Gewichte im Postverein von Loth zu Loth, in Belgien aber von 15g zu 15g progressierten.


    Das ist falsch, denn sowohl im PV Belgiens mit Preußen, als auch in der Publikation, die Bayern von Preußen erhielt, wurde allein das Loth als Gewichtsstufe aufgeführt. Daher kann die Auffassung nicht länger vertreten werden, dem Brief mit 36 Kr. - Franko hätte folgende Tarifaufteilung zugrunde gelegen:


    1. Loth Bayern plus 2. Loth Bayern über 20 Meilen je 9 Kr. = 18 Kr..
    15g Belgien 7 Kr. + 15g Belgien 6 Kr. + 15g Belgien 5 Kr. für die 3. Gewichtsstufe dort = 18 Kr., total also die verklebten 36 Kr..
    Diese Annahme ist falsch und legt ein Gewicht des Briefes bis 2 Loth, aber über 30g zugrunde, was mathematisch möglich war, so aber nicht abgerechnet wurde und frankierbar war.


    Tatsächliche klebte man für einen Brief über 1 bis 2 Loth statt der korrekten 9 Kr. für Bayern und 7 Kr. für den 2. Rayon Belgiens = 16 Kr. + 16 Kr. = 32 Kr., sondern überfrankierte ihn mit 4 Kr., warum auch immer.


    Der Käufer ging mit 1.700 Euro Zuschlag wohl auch von einer belgischen Degression des Weiterfrankos aus. Ich halte den schönen Brief dennoch für adäquat bezahlt, denn mit dieser Optik kann jeder leben und überfrankierte Briefe sind m. E. allemal sammelnswert.


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    Eben bei Deider wesentlich günstiger verkauft, schon bei Köhler teuer angeboten und noch teurer verkauft. Mit 1.000 Euro Einheitspreis ( :D ) ging eine Drucksache aus Ludwigshafen am Rhein nach Frankreich ins Rennen, die nur mit 1 Kr. teilfrankiert worden war (bis Forbach). Diese Regelung entstammt noch der Zeit des PV Bayern - Frankreich vom 1.7.1847. Im §9 wurde dieses Sonderfranko mit 1 Kr. nur aus der Pfalz (sonst 2 Kr.) zugelassen. Natürlich war die DS nach der Grenze portopflichtig und zwar mit 5 Centimes, nicht wie geschrieben mit 5 Decimes.


    Der Zustand ist suboptimal, aber an Seltenheit wird man wenig besseres finden, was diesen PV angeht. Der Zuschlag mit 1.450 Euro war sicher hoch - hier gibt es halt keine Erfahrungs- oder Katalogwerte und bei guter Erhaltung und korrekter Beschreibung wären wir sicher beim 3 oder 4fachen gelandet, wobei ich mit auf der Bieterliste gestanden hätte. ;)


    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/18530813519a1a0fjpg.jpg]


    Eine Vorderseite mit einst abgenommenem und gereinigtem Streifen ist sicher nicht nach jedermanns Geschmack, aber einen eingeschriebenen Brief vom rechtsrheinischen Bayern nach Frankreich in der 2. Gewichtsstufe - über 1/2 bis 1 Loth, also 8,75 - 17,5g - muss man erst einmal zeigen können.


    Leider ist auch hier, obwohl die Beschreibung auf den Fehler der Aufgabepost hinweist, etwas im Attest schief gegangen. Korrekt war, dass Briefe aus Bayern nach den Departements Moselle und Bas Rhin 9 Kr. für Bayern und 3 Kr. für Frankreich kosteten. Korrekt war, dass Briefe aus Bayern nach allen anderen Departements 9 Kr. für Bayern und 9 Kr. für Frankreich kosteten. Demzufolge hätte ein Brief nach Strasbourg in der 2. Gewichtsstufe wie hier 18 Kr. für Bayern und 6 Kr. für Frankreich kosten müssen. Der Zielort lag aber nicht in einem der beiden grenznahen Departements, so dass die Aufgabepost in München hätte 18 Kr. für Bayern und 18 Kr. für Frankreich kassieren müssen.


    Aber er war ja noch eingeschrieben und hier kommen wir auf die Besonderheit dieses PV zu sprechen. Nur bei recommandirten Briefen war die Brieftaxe zu verdoppeln. Weil man den Zielort falsch einordnete, rechnete man: 9 Kr. + 9 Kr. + 9 Kr. + 9 Kr. für Bayern und 3 Kr. + 3 Kr. + 3 Kr. + 3 Kr. für Frankreich, so dass sich die frankierten 48 Kr. erklären. Korrekt wäre gewesen:
    Für Bayern wie oben, aber für Frankreich 4 mal 9 Kr. = 36 Kr.. Bayern vergütete also Frankreich 24 Kr. zu wenig! Weil München den PD - Stempel abschlug, durfte in das Kartenschlußpostamt in Strasbourg nicht mit einer Taxe belegen. Statt dessen wurde die Aufgabepost intern mit dem fehlenden Franko in Auslage belastet und musste nun ihrerseits nachsehen, wie sie die 24 Kr. vom Absender beikassierte.


    Bayern hat also nur für die Recommandtion 18 Kr. erhalten, die der Aufgabepost zustanden. An Recogebühren hatte man nur 6 Kr. an Frankreich abgeführt, statt deren 18 Kr.. Der Zuschlag war mit 1.100 bei einem Ausruf von 1.000 Euro angesichts der Tatsache, dass schon Recobriefe zwischen beiden Staaten sehr selten sind und unterfrankierte Recobriefe nochmals weit seltener sein dürften, moderat. Hier hätte ein ganzer Brief in guter Erhaltung sicher ganz andere Sammlerschaften attraziert und ein mehrfaches gekostet.


    Es wäre schön, wenn wir diese kleine Serie noch etwas fortsetzen könnten. ;)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Es wäre schön, wenn wir diese kleine Serie noch etwas fortsetzen könnten. ;)

    Lieber bk,


    unter "postgeschichtliche Besonderheit" nur unter Dehnung der Begriffsdefinition einzuordnen, aber für mich eines der wichtigsten Sachsenlose der Auktion:


    Essays der Wappenausgabe mit Korrekturen, die später bei der endgültigen Ausgabe Berücksichtigung fanden (Zifferntausch farbig/weißgrundig, Wegfall der kleinen Randziffern).


    Liebe Grüße


    Altsax

  • Liebe Altsax,


    die blaue 2 Ngr. Marke mit handschriftlicher "2" lässt eine große Liebe zum Detail vermuten. Solche Stücke sind auch Teil der Postgeschichte; schön, wenn man so einen Satz kaufen kann (in Einzellose aufgeteilt sicher eine halbe Lebensaufgabe).


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Altsax,


    tolle Stücke, herzlichen Glückwunsch. So etwas wünsche ich mir auch einmal von Bayern, wenn ich einmal groß bin. Erwachsen werde ich wohl nie, sagt jedenfalls meine Frau.


    Grüße aus Frankfurt
    hasselbert

  • Wegen des Bestimmungslandes für dieses Forum vielleicht von besonderem Interesse:


    Streifband einer siebenfach schweren Drucksache mit Johann-Wappen-Mischfrankatur. Drucksachen wurden auch dann, wenn Groschenwerte zur Darstellung der Frankatur verwendbar gewesen wären, überwiegend mit 3 Pfg.-Drucksachenmarken frankiert (s. Beispiel). Das vorliegende Streifband ist bei Postvereinsfrankaturen eine von zwei mir bekannten Ausnahmen.


    Altsax