Bayern - Italien

  • Hallo,
    angeregt durch gezeigte Briefe mit der MiNr 17 in einem anderen thread bin ich auf diesen hier gestossen, den ich in einem anderen Forum schon mal gezeigt hatte, aber auch hier "verewigen" möchte.
    Brief vom 30. Okt. 1867 von München über Österreich nach Genua, frankiert mit MiNr 15 und 17. Der 12 Kr-Tarif entsprach dem Postvertrag vom 1.10.1867 (und wurde am 1.April 1869 auf 10 Kr reduziert). Die 12 Kr wurden halbscheidig zwischen Bayern und Italien geteilt (s. auch vorderseitiger Vermerk "Wf 6", also 6 Kr Weiterfranco). Der Brief lief im geschlossenen Transit via Innsbruck durch Österreich nach Verona (Ankunft 1. Nov. 1867), von wo aus er über Mailand nach Genua umspediert und am 2. Nov. 1867 abgegeben wurde
    Interessant auch der "Zustand" der 3 Kr-Marke - teils gerissen, nicht geschnitten. Vielleicht handelt es sich hier um einen Vorläufer von Rollenmarken: der Postbeamte aus München schnitt waagerechte Streifen aus dem Markenbogen und riss dann nach Bedarf einzelne Marken ab. Vielleicht war das aber auch nur die Technik des Büroangestellten der Fa. Diezel, der den Brief frankierte, wer weiss...

  • Liebe Freunde,


    so einen schmucken Brief wie der liebe mikrokern kann ich nicht hier zeigen, aber wer markenlose Briefe auch mag, wird diesen nicht hässlich finden.


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    Am 9.1.1862 ließ man einen Portobrief von Lindau nach Mailand ab. Für die bayer. Strecke bis 10 Meilen zur CH kamen 3 Kr. blau in Ansatz. Diese rechnete die CH schnell in 10 Rappen um, denn sie musste ja mit dem Königreich Italien ihre ausgelegten Kosten in eigener Währung verrechnen. Der Transit durch die CH erfolgte ab Sommer 1859 offen und nicht geschlossen wie zuvor, wie man an den Stempeln der Siegelseite sehen kann. Dieser CH - Transit kostete daher auch 6 Kr. statt wie zuvor nur 3 Kr., als die Lombardei noch zu Österreich gehörte und damit Teil des DÖPV war!


    Diese 6 Kr. = 20 Rappen sind nicht angeschrieben und eben dieser Umstand wird bei Beschreibungen oft falsch gemacht, denn die CH schrieb für deutsche Briefe nach dem Kgr. Italien NIEMALS Kreuzer an. Die Verwechselung liegt deshalb auch nahe, weil der Stempel "6" für ein Transitgebührenstempel der CH gehalten werden könnte, den es nie gab.


    Diese 6 stand für 6 Decimi = 18 Kreuzer, die der Empfänger in Mailand zu zahlen hatte.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,


    auch ich möchte unter Bayern - Italien einen Knobler zeigen. Auf den ersten Blick ist der Brief relativ leicht zu beschreiben, er zeigt aber ein interessantes Detail auf welches man erst kommen muss.


    Brannenburg - Monticelle, Ripa d´Oglio vom 24.6.1863. Leitvermerke "Italia Provincia di Brescia" und "Porto Isola Dovarese".


    Viel Spaß beim Knobeln!


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,


    zwischen Hauptgang und Nachtisch: 9x für Bayern über 20 Meilen und 8x rheinisch als Weiterfranko. Da Österreich den Transit besorgte, schrieb man die 8x oben hin und unten 11x österreichische Währung Weiterfranco. Also hätte man mit 17x frankieren können. aber der eine Kreuzer war wohl nicht wichtig.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bayern klassisch,


    freut mich, dass du dich an den Brief gewagt hast.
    Den relativ einfachen Teil mit 1 xr Überfrankatur hast du schon richtig gelöst. Fällst dir noch etwas ein?


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo Sammlerfreunde,


    ich muss zugeben, es ist nicht einfach das Rätsel um diesen Brief zu lösen. Dann will ich euch nicht länger auf die Folter spannen.


    Der ab 15.5.1862 (21.5.1862, Datum im VO-Blatt) wieder gültige Postvertrag von 1853 zwischen Österreich und Sardinien (VO-Blatt No. 17 v. 1862, Seite 101) sah eine Staffelung der Taxe nach der Entfernung vor. Postorte die im Verzeichnis der Beilage aufgeführt waren, zählten zu den sogenannten "Grenznahen Orten", für die eine Gesamttaxe von 14 Kreuzer galt. Alle dort nicht aufgeführten Postorte erforderten eine Gesamttaxe von 17 Kreuzer.


    Im Verzeichnis, welches im VO-Blatt abgedruckt wurde, schlich sich jedoch ein Schreibfehler ein. Dort wurde Isola Bavarese statt Isola Dovarese geschrieben. Die Folge war, dass dieser Postort, obwohl nur wenige Kilometer von der Österreichischen Grenze (Veneteien) entfernt, nicht zu den "Grenznahen Orten" zählte und deshalb in Brannenburg zurecht die von bayern klassisch angegebenen 17 Kreuzer eingefordert wurden. Dem Postler in Brannenburg waren die örtlichen Verhältnisse dort sicher nicht bekannt und er entschied sich für die augenscheinlich richtige 17-Kreuzer-Taxe.


    Alle Postorte direkt um Isola Dovarese sind im Verzeichnis aufgeführt und erforderten lediglich 14 Kreuzer Gesamttaxe. Einen Ort Isola Bavarese gibt es in ganz Italien nicht.


    Folglich ist der Brief eigentlich nicht nur um 1 Kreuzer sondern sogar um 4 Kreuzer überfrankiert. Das Weiterfranko hätte nur 5 und nicht 8 Kreuzer bzw. 6 und nicht 11 Neukreuzer erfordert.


    Ob das Verzeichnis irgendwann ausgebessert und nach Isola Dovarese nur noch 14 Kreuzer verlangt wurden, ist mir nicht bekannt. Mal ehrlich, wer schrieb schon von Bayern aus nach Isoala Dovarese und bemerkte diesen Fehler? Herrn Pallavicini aus Brannenburg juckten die wenigen Kreuzer sicher nicht.


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,


    da wäre ich aus der Hüfte jetzt nicht drauf gekommen - schön, dass du nachgeforscht hast. Der Brannenburger war damit total überfordert und ohne VO hat man da keine Chance.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bayernjäger,


    richtig geraten - ab 21.5.1862 und dem 1.11.1866 kosteten Briefe nach Italien bei der Leitung über Österreich wie hier 14x, davon 9x für Bayern und 5x Weiterfranko, wenn der Zielort im 1. Rayon lag. Unter dem 1. Datum kam Verona bereits in den 1. Rayon und unter dem 2. Datum kamen natürlich in Folge des für Österreich verlorenen Krieges noch viele weitere Orte des 1. Rayons hinzu.


    Da die frankierten 9x nicht ausreichten, musste man in Italien 2 1/2 Decimi = 7x rheinisch = 10 Neukreuzer nachtaxieren. Man erkennt aus der Differenz von 14x für einen Frankobrief und 16x für einen unterfrankierten schon hier das Ziel, die Versendung von un- und unterfrankierten Briefen durch eine Erhöhung der Gebühr für dieselben unattraktiv zu machen.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bayernjäger,


    in den VO obigen Datums sind sie zu finden.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Bayernjägter, hallo bayern klassisch,


    das ist wirklich ein sehr interessanter Brief, dessen Taxierung mir allerdings Probleme bereitet.


    Verona kam erst mit dem Frieden von Wien (03.10.1866), der den 3. Italienischen Unabhängigkeitskrieg (zeitgleich mit dem Deutschen Krief von 1866) beendete, mit dem übrigen Venetien zum Königreich Italien. In Bezug auf den Postverkehr mit Österreich und darüber hinaus mit dem DÖPV-Gebiet lag es in der 1. italienischen Sektion..


    Bereits am 14.09.1866 hatten die Postverwaltungen Österreichs und Italiens eine befristete Konvention abgeschlossen, mit der ab dem 20.09.1866 faktisch der alte, aus dem Jahr 1853 stammende Postvertrag zwischen Sardinien (jetzt Italien) und Österreich wieder in Kraft gesetzt wurde. Nach diesem Vertrag waren Franko- und Portobriefe gleichermaßen möglich, die Gebühr war die gleiche. Erst mit dem neuen Postvertrag von 23.04.1867 (in Kraft ab 0.101.1867) änderte sich das. Bereits ab dem 01.10.1862 wurde bei ungenügend frankierten Briefen die aufgeklebte Gebühr anerkannt und es musste vom Empfänger nur der Fehlbetrag bezahlt werden.


    Wie richtig dargelegt betrug die Teilgebühr bis zur italienischen Grenze 9 Kr.rh., bzw. 15 Kr.ö.W. (NKr.). Der italienische Gebührenanteil betrug 6 NKr. = 13 Centesimi (bzw. 5 Kr.rh.). - Soweit die Theorie, aber mit der Praxis komme ich nicht klar (zumindest noch nicht). Für die angeschriebenen "2 1/2" habe ich keine Erklärung. Wenn es "Decimi" sein sollten, entspräche das 25 Centesimi, wäre also praktisch das Doppelte des italienischen Gebührenanteils.


    Beste Grüße vom Italienfreund

  • Hallo Italienfreund,


    besserwisserisch ;) möchte ich eine kleine Korrektur anbringen:


    "Verona kam erst mit dem Frieden von Wien (03.10.1866), der den 3. Italienischen Unabhängigkeitskrieg (zeitgleich mit dem Deutschen Krief von 1866) beendete, ..."


    ==> der Krieg zwischen Österreich und Preussen war am 23.8.1866 mit dem Prager Frieden beendet, bereits am 22.8. wurde der Friedensvertrag zwischen Bayern und Preussen geschlossen (und mit den anderen süddeutschen Staaten ebenfalls in diesem Zeitraum).

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo mikrokern,


    der Hinweis auf die unterschiedlichen Daten der beiden Friedensschlüsse von Prag und Wien stimmt natürlich.


    Meine in Klammern gesetzte Bemerkung bezog sich auf den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den beiden Kriegen. So ist das halt: bei der verkürzten Darstellung von komplexen historischen Ereignissen sind Irrtümer bzw. missverständliche Formulierungen nur schwer zu vermeiden. Wichtig für zukünftige Schriftsätze - danke für den Hinweis.


    Beste Grüße von Italienfreund

  • Hallo in die Runde,


    heute mal ein Brief aus Fürth von 1863 nach Genua in Italien.


    Das besondere daran ist der seltene Laufweg über Frankreich. Der Absender vermerkte oben "Via Francia". Der Brief lief über Straßburg nach Frankreich, auch wurde der Stempel T.F. abgeschlagen (= Transit francaise).


    Grundlage war der Postvertrag zwischen Bayern und Frankreich vom 1.7.1858, der eine Beförderung nach Italien über Frankreich mit 15 Kreuzern Porto erlaubte.


    Über die Schweiz hätte es 9/6/6 also 21 Kreuzer gekostet, über Österreich 9/8 insg. 17 Kreuzer. Darum war über Frankreich wahrscheinlich die günstigste Variante, aber auch die langsamste.


    Was mich noch interessieren würde, wie lief der Brief in Frankreich?


    1.Über Straßburg, Mühlhausen, Dijon, Macon, Mont Cenis nach Turin und Genua oder
    2.über Marseille und Schiff nach Genua


    Wahrscheinlicher ist wohl 1., liege ich hier richtig?


    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,


    ein schöner Brief - auch nicht häufig. Nicht vergessen wollen wir noch, dass bei diesem Leitweg das Gewicht nur 7,5g betragen durfte, während bei Leitungen über die CH oder Österreich das Zollloth galt, womit ein solcher Brief auch mal in der 3. Gewichtsstufe = 45x liegen konnte, während er noch bei den anderen Versendungen einfach gewesen wäre! Daher wirst du auch so gut wie keinen Brief der 2. oder gar 3. Gewichtsstufe mit dieser Leitung finden (und wenn, dann bitte mir abgeben - danke!). :D


    Der 1. Laufweg ist richtig, außer es hätte im Februar Probleme mit der Witterung gegeben, dann hätte es aber noch einen oder zwei Tage länger gedauert (das Schiff fuhr ja über Genua, Civitavecchia und Neapel).

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Leitwege,


    ich bin mir da nie sicher, weil man auch auf den Briefen wenig/nichts sehen kann (Transitstempel, typische Hände von Taxierungen usw.), aber wenn es Rainer schreibt, wird es schon stimmen.


    Das Buch ist spitze - die 3. Auflage sollte bald herauskommen, hatte sie im Rohentwurf zur Korrektur schon vorliegen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.