Österreich - Großbritannien

  • Hallo Freunde,


    Ich zeige jetzt 2 Briefe aus dem Jahre 1853 aus Ungarn (Österreich) nach England. Beide Briefe gingen durch Vervier-Köln, und sind unfrankierten Briefe, praktisch haben die gleiche Frankaturen:
    - 35 Kreuzer CM vorgemerkt in Ungarn als unfrankierte Gebühr (in diesem Zeit von 01.08.1852 bis 31.10.1858 kosteten die frankierte Briefe nach England nur 21 Kreuzer)
    - Es gibt in beiden Briefen eine Ziffer mit Rötel "3". Ich vermute dass ist eine preussische Ziffer, aber für welche Strecke, Was bedeutet es?
    - Ich denke diese "8" ist eine Englische Pence und diese Summe sollte der Empfänger am Ende zahlen. Davon bekommt Belgien und Preussen "4" Pence. (Erste Mal habe ich diese "4" als "7" gesehen. Ist es wirklich eine "4"?)
    (Ich habe keinen separaten thread über "Österreich-GB", oder "Preussen-GB" gefunden)


    Liebe Grüsse aus
    Ungarn

  • Lieber Ungarn,


    2 interessnte Briefe - schon jetzt vielen Dank fürs zeigen.


    Warum Österreich (?) 35x auf die Briefe schrieb, weiß ich nicht. Meiner Meinung nach hatte überhaupt niemand 35x auf die Briefe zu schreiben. Nur auf Briefe von GB nach Österreich hätte man als Porto 35x schreiben können, weil das der Empfänger in Österreich zu zahlen hatte. Aber welchen Sinn macht eine Kommunikation des Portos von Briefen in Gegenrichtung?


    3 sollten das Porto für Auslandsbriefe über 20 Meilen von Aachen als Postvereinsanteil in Groschen für Österreich sein. Mit der belgischen Transitgebühr kommen wir auf 4 Pence Erstattung.


    8 waren Pence in GB als Porto für den Empfänger, da hast du natürlich Recht.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    mit diesem Brief kann ich 3 meiner Lieblingsländer verbinden und das ist doch schon mal ganz gut: Österreich via Bayern, das Deutsche Reich und Belgien nach England.


    Empfänger waren die Herren G. & A .Worms für Herrn Theodor Porges in London - kurz und knapp, und das reichte wohl aus, denn siegelseitig gibt es keine Stempel oder Vermerke und Präzisierungen der Anschrift bei der damals wohl größten Stadt der Welt schienen auch obsolet zu sein, denn das gute Stück kam sicher gut dort an.


    Frankiert wurden 13 Neukreuzer, die in Wien etwas liederlich mit einem kleinen Stempel am 5.6.1872 entwertet wurden. Als Weiterfranko wurden 8 Neukreuzer notiert, die 1,5 Silbergroschen bzw. 6 Kreuzer rheinisch entsprachen, so dass Österreich selbst nur 5 Neukreuzer, also seine reine Inlandstaxe, behielt.


    Offenbar hatte man auch in Wien den P.D. - Stempel als Zeichen der vollständigen Bezahlung vergessen, was London netterweise nachholte (am 8.6.1872).

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Sammlerfreunde,

    ein Auslandsbrief von Liebenau (Böhmen) nach London. Aufgabedatum Liebenau am 13.5.1868. Ankunftsstempel London am 16.5.1868. Frankatur 5*10 Kreuzer.

    PD-Stempel für Gebühr Bezahlt.

    Auf der Briefvorderseite ist der Rötelvermerk 28 zu sehen. Ich nehme an, die 28 steht für das Weiter-Franco (fremden Postanteil).

    Auf der Siegelseite sind noch die Zahlen 16 und 19 vermerkt. ???

    Leider ist der Leitweg nicht erkennbar.

    Für Österreich galt ab 1.1.1868 5 Kreuzer bis 1Loth + 5 Kreuzer je weiteres Loth.

    Für die 3 Gewichtsstufe wäre der österreichische Anteil somit 20 Kreuzer + 28 Kreuzer für den fremden Anteil. Insgesamt also 48 Kreuzer.

    Könnt ihr mir bitte sagen, ob ich mit meiner Portobestimmung richtig liege.

    Bitte um eure Hilfe.

    Liebe Grüße

    Franz

  • Hallo Franz,


    das war ein Brief mit anhängendem Muster ohne Wert - das ist nach GB schon etwas ganz Besonderes. Ob sich das tariflich auswirkte bei Österreich - GB, kann ich aus der Hüfte nicht sagen, wäre aber möglich.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,

    herzlichen Dank für Deine Info.

    "Anhängend Muster ohne Wert" habe ich leider überlesen.

    Zu den Gebühren für ein anhängendem Muster ohne Wert habe ich leider keine Unterlagen.

    Liebe Grüße

    Franz

  • Hallo Franz,


    der gezeigte Beleg wurde als Brief frankiert und es gab zwei Leitwege nach den Posttarifen - entweder über Frankreich oder über "Deutschland und Belgien". Die Gebühr war identisch aber die Gewichtsprogressionen waren unterschiedlich. Hier die Details:


    Destination Leitweg Seite
    im Tarif
    öst. Porto
    fremd
    Porto
    Gesamt Gewichts-
    progression
    GB D+Belgien 19-22 11 Kr
    14 Kr
    25 Kr
    1 Zoll-Loth
    GB Frankreich 23-24 k.Angabe k.Angabe 25 Kr
    1/2 Zoll-Loth


    Zur Information nachfolgend die Gebühren für Warenproben:


    Destination Leitweg Seite
    im Tarif
    öst. Porto
    fremd
    Porto
    Gesamt Gewichts-
    progression
    GB D+Belgien 19-22 2 Kr
    2 Kr
    4 Kr
    1 Zoll-Loth max 15 Loth , max Größe 2 Fuß lang 1 Fuß breit
    GB Frankreich 23-24 2 Kr 2 Kr 4 Kr
    1 Zoll-Loth max 15 Loth , max Größe 2 Fuß lang 1 Fuß breit


    Quelle: Briefposttarif 1868 mit den entsprechenden Seitenangaben.


    Schönes Wochenende.


    Martin

    Einmal editiert, zuletzt von Ungarn-1867 () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Lieber Martin,


    klasse! Also 1 - 2 Loth via Deutschland, denn über Frankreich hätte er französische Stempel, die dem Brief mangeln.


    Ein tolles Stück und vielen Dank für die feine Aufklärung der Franki!

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Marin,

    vielen Dank für Deine ausführliche Erklärungen. Tolle Tabellen!! So macht Sammeln Spaß.

    Ich versuche zur Zeit den Briefinhalt zu entziffern. Soweit ich den Inhalt bis jetzt lesen konnte, wurde ein Glasprisma als Muster mit dem Brief mitgeschickt. Der Absender des Briefes war die Glasfabrik SPIETSCHKA in Liebenau.

    Liebe Grüße

    Franz

  • Hallo zusammen,

    meines Erachtens ist der Brief über Frankreich geleitet worden:

    Ab dem 01.01.1866 war der erste Postvertrag Vereinigtes Königreich/Österreich gültig, durch den alles über Frankreich geleitet wurde, wenn vom Absender nicht anders gewünscht. Und das war ja hier nicht der Fall.

    Da durch Frankreich im geschlossenen Transit spediert wurde, sind französische Stempel auf solchen Briefen regelmäßig nicht zu finden.

    Viele Grüße,

    nitram


  • Lieber Martin,


    das war mir neu - wieder etwas dazu gelernt. Wie wäre der Laufweg dann genau über Deutschland?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo nitram,


    nach den Briefposttarifen ist der Weg über Frankreich die Ausnahme, wie der Einleitung zu diesem Tarif von 1868 auf Seite 23 zu entnehmen ist:


    Deshalb bin ich eher geneigt zu denken, dass der Brief über D und B gelaufen ist.

    Schönen Nachmittag


    Martin

  • Hallo zusammen,


    sehe ich das richtig: Der Brief passierte Deutschland und Belgien im geschlossenen Paket, weil kein Durchgangsstempel zu finden ist?


    Zur Frage bezüglich der Rückseite: Die 16 gehört meiner Meinung nach zur Adresse des Absenders (gleiche Farbe und gleiche Feder). Die 19 steht vermutlich zufällig unter der anderen Zahl.


    beste Grüße


    Dieter

  • Lieber Martin,


    vielen Dank - ich kenne das auch nur so von Bayern, dass praktisch jede Leitung durch Frankreich, statt durch die DÖPV - Staaten, nur auf eigenen Wunsch des Absenders stattfand.


    Die DÖPV - Regeln waren auch eindeutig, also immer pro Deutsch.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,

    sehr interessante Diskussion. Anhängend ein Brief aus dieser Zeit (ab 01.01.1866) in umgekehrter Richtung. Aufgrund des schon oben erwähnten Postvertrages interpretiere ich solche immer als über Frankreich gelaufen, solange nicht ausdrücklich eine andere Leitung gewünscht war, da diese Leitung wie gesagt "Default" war. Und ich wäre überrascht, wenn es umgekehrt anders gewesen wäre bzw. anders gehandhabt worden wäre.

    Viele Grüße,

    nitram

  • Lieber Martin,


    schöner Brief - jetzt müssen wir nur noch knobeln, woran man sehen kann, wie sie liefen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo kibitz,

    danke für die verlinkte Primärquelle. Die Häufigkeiten der Leitung über Frankreich oder Belgien können doch aber nicht ein Beweis sein, sondern höchstens ein Indiz. Entscheidend ist doch vielmehr immer der Wunsch des Absenders gewesen. Und wenn dieser nicht angegeben ist, dann wurde eben über den "Default"-Leitweg spediert.

    Viele Grüße,

    nitram


  • Entscheidend ist doch vielmehr immer der Wunsch des Absenders gewesen. Und wenn dieser nicht angegeben ist, dann wurde eben über den "Default"-Leitweg spediert.

    Hallo nitram,


    das sehe ich auch so und nach den österreichischen Postverordnungen war der Versand über Frankreich nur auf Wunsch des Absenders zu veranlassen, wie im oben gezeigten Ausschnitt von 1868 zu lesen ist. Aber vielleicht hatte Großbritannien und Österreich eine unterschiedliche Anwendung des Postvertrages ?

    Schönen Abend

    Martin

  • Aber vielleicht hatte Großbritannien und Österreich eine unterschiedliche Anwendung des Postvertrages ?

    Hallo Martin,

    das ist für mich ebenfalls der entscheidende Punkt bzw. das entscheidende Wort: War die Anwendung des Postvertrages in beiden Ländern unterschiedlich?

    Wieder ein Punkt für die (nicht kürzer werdende) To-Do-Liste, der es wert ist, zukünftig intensiver beobachtet zu werden.;)

    Viele Grüße,

    nitram