• Lieber Erwin,

    da hat er ein großes Wort gelassen ausgesprochen - wer gutes Material aus diesen 6 Monaten bekommt, sollte gerade als Preussensammler nicht lange zögern ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    manchmal kann man an Kleinigkeiten erkennen, wie ein Brief lief - sei es, dass sie vorhanden sind, sei es, dass sie fehlen ...

    Wer weiß, wie dieser Brief lief? Einen von euch habe ich da besonders im Auge. ^^

    Schnell die Fakten: Portobrief bis 1 Loth von Berlin 10.12.1856 nach Bevers im Oberengadin in der Schweiz. 9 Kr. Portovergütung für Preussen und 6 Kr. Porto für die Schweiz = 15 Kreuzer = 50 Rappen. Die 12 als Taxierung war wohl nicht so ganz richtig ...

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    ich mach mal mit...

    1856, 2 Tage von Berlin nach Rorschach in der Schweiz, da müsste doch die Bahn im Spiel gewesen sein.

    Also Berlin, Leipzig, Nürnberg, Augsburg, Lindau (alles mit der Bahn), dann mit dem Schiff über den Bodensee nach Rorschach und weiter über Chur, Davos nach Bevers oder (träum :D ) über Chur, Splügen von Westen nach St.Moritz und Bevers. Aber für den letzten Abschnitt kenne ich die Postrouten in diesem Tal leider nicht.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Lieber Ralph,

    ich glaube nicht, daß der Brief mit dem Engadiner - Landboten von Chur nach Bevers befördert wurde (kein Botenlohnvermerk). Glaube auch nicht, daß die blaue "12" ein Botenlohnvermerk ist. Ich kenne nur Botenlohnvermerke mit Bleistift und in Rötel.

    Liebe Grüße, Hermann

  • Lieber Christian,

    du hast es als Angesprochener natürlich gelöst - Bayern bekam von Preußen nur die Post in die Ostschweiz und so einen simplen Brief suchte ich schon lange. Offenbar wurde er über Bayern aus geliefert, sonst wäre dieser CH - Eingangsstempel nicht drauf gekommen. Wie er die letzten Meter im Engadin lief, weiß ich aber nicht.

    Lieber Hermann,

    ich glaube auch nicht, dass ein Bote mit eigenen Kosten hier im Spiel war. Er war mit 12x Porto von Berlin aus falsch taxiert worden und es wurde ja auch später korrigiert, von wem auch immer (nicht der CH!).

    Ich finde auch solch simple Briefe entzückend, zeigen sie doch mit nur einem einzigen Stempel eine Laufweg auf, für den andere Briefe 4 oder 5 Stempel "brauchen", was natürlich weitaus beeindruckender ist, als so, da wir doch alle Augenmenschen sind.

    Danke für eure Mithilfe. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    die letzten Meter in Graubünden lief er sehr wahrscheinlich über Chur, Lenzerheide, Tiefencastel, den Julier-Pass, Silvaplana, Samaden nach Bevers.

    Grüsse von liball

  • Hallo Karl,

    vielen Dank - ohne dich hätte ich das nie heraus bekommen. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    heute ein Brief aus Köln in Preussen (hoffentlich verscherze ich mir es nicht mit den Rheinländern :D ) aus 1856, den ich dank eines Tipps von bayern klassisch erwerben konnte (Dankeschön Ralph :) ).

    Los ging es in Coeln am 8.5. Richtung Süden, der normale Weg wäre aus Preussen über Baden im offenen Transit Richtung Basel gewesen, hier wurde aber in Baden abgebogen Richtung Württemberg und der Brief gelangte über Stuttgart, Ulm nach Friedrichshafen (10.5.), wo er der Schweiz übergeben wurde. Weiter dann über den Bodensee nach St.Gallen und Heiden (11.5.)

    Interessant finde ich dass der Brief zuerst in Baden gelaufen ist und dann wegen der Lage von Heiden am östlichen Bodensee an Württemberg übergeben wurde. Oder gibt es andere Gründe?

    Zur Taxierung: Die 9 in blau müssten von der badischen Bahnpost sein, eigentlich die Forderung von Preußen an Baden, die dann aber an Württemberg gerichtet war, oder? Wer notierte die 3 in schwarz, war das Wü? Auf jeden Fall wurde beides in der Schweiz gestrichen und der Empfänger musste 40 Rappen bezahlen.

    LG
    Christian

  • Hallo Christian,

    es ist immer schön, wenn man einen Brief zum Ausruf bekommt, der günstig ausgerufen wurde und den Leute, die sich damit beschäftigen, so noch nicht gesehen haben.

    Die Frage, wer die 9 für Preußen geschrieben hat, ist gut. Möglich wäre Köln, die schon in Kreuzern ihr Porto ansetzten. Möglich wäre Badens Bahnpost, die die 9 für Preussen ansetzte, aber vergaß, ihren Bahnpoststempel abzuschlagen (dieses Versäumnis kam selten vor). Möglich die württ. Bahnpost, die ihn vor der Abgabe in Friedrichshafen in den Fingern hatte (irgendwo hier gab es doch einen Link zu den württ. Bahnposten?). Wenn man wüsste, welche Strecke Zug 5 dort nahm, wäre man schon schlauer. Die schwarzen Ziffern sind sicher von Friedrichshafen.

    Der Rest ist klar.

    Ich kenne bis heute nur diesen Brief, bei dem Baden an Württemberg Post in die Schweiz weiter reichte. Die beiden Länder waren nicht eben eng befreundet (und sind es heute noch nicht, auch wenn sie zu einem Bundesland vergewaltigt wurden).

    Theoretisch möglich wäre eine Leitung von Köln über Kassel, Frankfurt am Main, Heidelberg, Stuttgart nach Friedrichshafen. In Anbetracht der kurzen Laufzeit ist der Einsatz der Kutsche vom Rheinland nach Mannheim unwahrscheinlich (und getreidelt stromauf des Rheins dürfen wir hier auch vergessen, auch wenn es das nachweislich gab!).

    Ein hoch interessanter Brief! :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Morgen Ralph,

    danke für deine Ausführungen.

    Die blaue 9 schaut genauso aus wie auf anderen badischen Bahnpostbriefen, also die ist meiner Meinung nach von Baden.

    LG
    Christian

  • Hallo Christian,

    das ist nicht zu wiederlegen. Wenn du mal ausstellst und beschreibst den Brief, würde ich es aber in Klammer setzen, weil es durch nichts zu beweisen sein wird.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    briefmarkenwirbler24 hatte hier einen Brief aus Stassfurt nach Lausanne gezeigt.
    Aus derselben Korrespondenz kann ich folgenden Brief von 1863 zeigen.

    Mit 5 Sgr. für einen Brief der 1. Gewichtsstufe korrekt frankiert, wurde später - entweder noch in Stassfurt selbst oder bei einer Umkartierung - festgestellt, dass der Brief zu schwer war und in die 2. Gewichtsstufe fiel. Daher wurde er mit 5x 1 Sgr.-Wappenmarken nachfrankiert, die Marken mit Tintenstrich entwertet und das Weiterfranko von 6 in 12 Kr. korrigiert. Die zusätzlichen 5 Sgr. wurden vermutlich vom Absender per Frankodefekt eingezogen.
    Man kann sich fragen, warum die 5 Sgr. des erhöhten Frankos mit Marken verklebt wurden. In Preußen gibt es Belege, die teils mit Marken und teils mit Barbezahlung freigemacht wurden.Für Briefe in die Schweiz war dies nicht erlaubt, wie der folgende Ausschnitt aus der Verordnung 239 von 1852 "Behandlung der diesseitigen Correspondenz aus und nach der Schweiz" ausführt:

    Guß
    Michael

  • Lieber Michael,

    der Brief ist eine Sensation. :P:P:P:P

    Dergleichen habe ich von ganz AD kaum einmal gesehen, schon gar nicht von den korrekten Preussen.

    Die angezogene VO ist klar: Wer selbst frankierte, also Marken und Kuverts einsetzte, musste wissen, was er tat. Wer an den Schalter ging und dort sein Franko bar erlegte, konnte/musste sich auf die Post verlassen und konnte wohl im Falle einer doch stattgefundenen Unterfrankatur nicht mit einem Frankodefekt belegt werden, sondern die Aufgabepost hatte für ihren Fehler zu büßen, so interpretiere ich diesen Passus jedenfalls.

    Danke fürs Zeigen dieser Bombe - wow, kann mich gar nicht sattsehen an dieser Augenweide. :P:P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    danke für eure Kommentare.

    Zitat

    und konnte wohl im Falle einer doch stattgefundenen Unterfrankatur nicht mit einem Frankodefekt belegt werden


    Woraus leitest Du dies ab?

    Die preußische Post hat sich verantwortlich verhalten: Wenn es ihr egal gewesen wäre, hätte sie das fehlende Franko festgestellt und den Brief mit dem kompletten Portobetrag taxiert. Sie sah sich aber anscheinend in der Verantwortung, da das Gewicht bei Briefaufgabe nicht korrekt ermittelt wurde. Daher trat sie mit 5 Sgr. in Vorkasse. Ich wüsste aber nicht, warum sie auf den Einzug dieses Betrages beim Absender verzichten sollte!?

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    ich interpretiere diese VO so, dass die Verantwortung bei einer Markenfrankatur durch den Absender beim Absender liegt.

    Geht der Absender aber mit dem Brief zur Post und diese stellt das Franko falsch fest, kassiert dann diesen Betrag bar, notiert ihn unten links auf der Vorderseite und schickt ihn weg, ist die Aufgabepost für die Unterfrankatur verantwortlich, denn der Absender hatte ja keinen Fehler begangen.

    Stellte sich dann heraus, dass der Brief vom Absender falsch frankiert worden war, musste dieser nachentrichten; stellte sich bei einer Barfrankatur heraus, dass nur die Aufgabepost für den Fehler verantwortlich war, musste sie die Differenz auslegen.

    Wann immer man die Unterfrankatur feststellte, war es nicht einfach, den Absender zu eruieren; die Aufgabepost kannte man aber immer.

    Da Auslandsbriefe hinsichtlich ihres Frankos problematischer waren, als simple Inlandsbriefe, dürfte die preussische Postverwaltung eine Vorlage am Schalter bei solchen Briefen bevorzugt haben, denn unterfrankiert in den Briefkasten eingeworfene Briefe machten Ärger und bedeuteten viel Arbeit.

    Der klassische Fall eines Frankodefekts liegt ja meist bei einer qualifizierten Postsendung vor - da konnte man über den Postschein leicht heraus finden, wer der Absender war. Bei einer nicht qualifizierten Sendung wie hier dürfte es schwierig gewesen sein, ein paar Tage später noch sagen zu können, wer ihn abgesandt hat.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo in die Runde

    der Brief ist in der Nacht zwischen 24 bis 07 Uhr morgens erstmalig bearbeitet wurden und es spricht somit vieles dafür, dass er aus dem Briefkasten stammt. Während dieser Nachtzeit gab es maximal einen "Nachtwächter" im Postamt. Zu seinen Aufgaben gehörte es m.E. mit, den Brief erstmalig zu bearbeiten.
    Höchstwahrscheinlich ist erst zu Dienstbeginn, also nach 07 Uhr, festgestellt worden, dass der Brief schwerer war und ist mit den restlichen Marken beklebt worden. Der Absender wird dem Postamt bekannt gewesen sein und so dürfte es kaum ein Problem gewesen sein, die 5 Sgr. zu bekommen.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ulf,

    ob Stassfurt einen "Nachtwächter" hatte?
    Du hast sicherlich recht, dass der Brief zwischen der letzten Nachtleerung und dem Öffnen des Postamts morgens um 7 Uhr in den dort befindlichen Briefkasten geworfen wurde. Dass das fehlende Franko dort direkt bemerkt wurde, glaube ich nicht so recht. Warum sollte man dann die zusätzlichen 5 Freimarken mit einem Tintenstrich entwerten, wenn der Aufgabestempel direkt daneben liegt? Für mich ist wahrscheinlicher, dass bei einer Umcartierung der Brief nachgewogen, das fehlende Franko festgestellt und verklebt und dann mit Tinte entwertet wurde. Zu der Ausrüstung eines Decartierungsbeamten gehörte eben kein Aufgabestempel.
    Aber es bleibt natürlich etwas spekulativ.

    Lieber Ralph,

    sehr interessante Überlegungen und Schlussfolgerungen.
    Ich habe da aber Einwände:
    - Woher sollte man bei einem Um- oder Decartierung wissen, ob der Absender oder der Postbeamte die Freimarken aufgeklebt hat? Briefe aus dem Briefkasten wurden nicht generell als solche gekennzeichnet - in diesem Fall hätte man über die Zeit des Aufgabestempels darauf kommen können. Es gab aber auch Orte, in denen die Briefkästen tagsüber geleert wurden und dann entfiel diese Möglichkeit. Klar erkennbar wäre der Sachverhalt, wenn die Marken auf die Vortaxierung geklebt wurden - dann war es der Postbeamte. Aber in den meisten Fällen war es nicht klar feststellbar.
    - In den verschiedenen mir vorliegenden Expeditionsvorschriften habe ich noch keinen Hinweis darauf gefunden, dass bei einem falsch ermittelten Briefgewicht bei Schalteraufgabe und Frankierung durch den Beamten die annehmende Post den Frankodefekt angeschrieben bekam. Es gibt wiederholte Verordnungen, in denen das korrekte Ermitteln des Briefgewichts angemahnt wird, da höherer Stelle auffiel, dass anscheinend gerade bei Briefen um 1 Loth dies des öfteren unterblieb. Auch hier kein Hinweis darauf, dass zumindest ein Teil der Kosten zu Lasten der Postkasse resp. einzelner Beamten anfiel.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    das klingt plausibel - meine Annahme war aber, das habe ich interpretiert, dass bei barfrankierten Briefen eine Unterfrankatur eigentlich nicht stattfinden konnte, weil die Fehlerquelle Postkunde ausfiel. Ich beziehe mich also auf frankierte Briefe ohne Freimarken.

    Daher wäre es spannend zu sehen, ob solche letztlich dem Kunden angelastet wurden, oder ob man erst der Aufgabepost das fehlende Franko ankreidete und dann dort die Einziehung des Fehlbetrages vom Empfänger vorgenommen wurde. Das scheint mir die folgerichtigste Erklärung zu sein.

    Gerade mit der Schweiz gab es ja die retardierende Vorschrift, dass jeder unterfrankierte Brief als gänzlich unfrankiert galt und im Falle einer Fehlberechnung des Frankos durch die Aufgabepost dem Empfänger ein erheblicher Schaden entstehen konnte. Bei Geschäftsbriefen kam es ja oft vor, dass im Falle der Unterfrankatur der Empfänger das ausgelegte Porto mit dem nächstenr Brief dem Absender in Rechnung stellte.

    Zu Ulfs Anmerkung: Ich weiß nicht, ob Nachtwächter oder Aushilfen bei Auslandsbriefen tätig werden durften - vorstellen kann ich es mir ehrlich gesagt nicht, aber ausschließen auch nicht. Bei Bayern wäre das undenkbar gewesen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.