Preußen - Schweiz

  • Lieber Erwin,


    ja natürlich; er bekam ja Hunderte von Briefen jeden Vor- und Nachmittag und musste errechnen, wie hoch die CH von den jeweiligen Postverwaltungen belastet bzw. bonifiziert wurde. Wenn er also 400 Briefe in den 1. CH Rayon und 200 Briefe in den 2. CH Rayon erhielt, davon vlt. 70% frankiert und 30% unfrankiert, so musste er genau berechnen, welche Postverwaltung in der Aufrechnung Geld von der CH zu bekommen hatte (Portobriefe) und welche Geld an die CH zu zahlen hatte (Frankobriefe).


    Dann mussten die unterfrankierten mit diesen beiden Rechnungen verrechnet werden (also unterfrankierte Briefe aus der CH, die wegen Nichzahlung des Portos in Preussen wieder retour liefen und unterfrankierte Preussenbriefe, die wegen Nachportos in der CH nicht angenommen wurden).


    Dazu kamen die gewöhnlichen Retourbriefe, bei denen das verklebte Franko zurück zu rechnen war, bzw. Portobriefe, die nicht zugestellt werden konnten und zwar jeweils hin und her.


    Dann kamen die falsch von Preussen instradierten Briefe, die gar nicht in die CH gehörten bzw. diese gar nicht transitieren sollten und und und. Und das mindestens 2x am Tag für deutsche Briefe, bei denen zu unterscheiden war, ob sie via Baden, Württemberg oder Bayern instradiert waren; dazu kamen noch die französischen Briefe, die Italienischen Briefe, die Österreichischer usw..

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ... ganz sicher nicht ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    ich hab da mal eine Frage ...


    Es gibt da ein Phänomen, dass ich bisher nur bei Portobriefen über Baden in die Schweiz gesehen habe.


    Als Beispiel ein Portobrief von 1857 aus Berlin nach Wohlen. Vorderseitig findet man die Taxnotierungen 9 / 3 und 40. Die 9 Kr. entsprachen der Portoforderung des Postvereins, hier mit Preußen als Aufgabepost und die 3 Kr. dem von der Schweiz anzusetzenden Porto. Die 40 Rappen waren die vom Empfänger zu zahlende Gesamtforderung.

    So weit, so klar. Die blaue Taxe wurde vermutlich von Baden notiert. Theoretisch käme noch Preußen in Frage, aber eine preußische Kreuzer-Notierung würde hier schon aus dem Rahmen fallen. Das man den einzufordernden Portobetrag notierte ist verständlich und auf allen Portobriefen, egal in welches Zielland, üblich gewesen. Aber welchen Sinn machte es, den von der Schweiz anzusetzenden Inlandsanteil ebenfalls zu notieren? Diese 3 Kreuzer (nicht im Postverein erhobenes Porto/Franko, nicht an den Postverein abzuführendes Porto/Franko) standen in keiner Briefkarte, waren also für die preußischen und badischen Postbeamten irrelevant. Derartige Fremdportoanteile, die nichts mit der abgebenden Post (hier Baden) zu tun hatten, kenne ich bewußt von keinem anderen Gebiet.


    :?::?::?:



    Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,


    die blaue 9 hatte die Aufgabepost notiert mit dem Argument, dass in der Währung der Abgabepost im DÖPV zu taxieren war - und die Währung der Abgabepost Efringen gegenüber von Basel war Kreuzer.

    Die Notierung / 3 war m. W. nicht vorgeschrieben, wurde aber oft notiert und ich könnte mir vorstellen, dass man damit den CH - Kollegen die Arbeit erleichtern wollte. Wie du richtig schreibst, wurden diese 3x nicht in der Briefkarte aufgeführt, weil sie ja der CH nicht belastet werden konnten. Evtl. war diese Aufteilung auch eine Hilfe bei Retourbriefen, damit man leichter sehen konnte, wie hoch die eigene und die fremde Portoforderung war.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,


    das auffällige ist doch, dass mit zumindest eine solche Notierung bisher nur zwischen Baden und der Schweiz begegnet ist. Wenn Bayern Portobriefe aus dem Postverein an die Schweiz weiterleitete, wurde auch kein schweizer Portoanteil von den bayerischen Beamten notiert.

    Auch bei anderen Ländern kenne ich dies nicht, z.B. bei einem nach Dänemark adressierten Portobrief, den die preußische Post über Hamburg leitete, hat auch kein Preuße das dänische Inlandsporto in Silbergroschen notiert ...


    Es ist eine Besonderheit, deren Sinn sich mir nicht erschliesst. An die Hilfe bei Retourbriefen kann ich nicht glauben, deren Anzahl ist bezogen auf das Briefaufkommen insgesamt zu klein. Und den "CH-Kollegen die Arbeit erleichtern" unterstellt ja so ein klein wenig, dass sie es allein nicht richtig hinbekommen. ;)


    Wenn man durch diesen Thread schaut, sieht man jedenfalls, dass diese Art der Taxierung bei den Portobriefen regelmässig auftaucht, also anscheinend angeordnet war.


    Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,


    die Anzahl der DÖPV - Briefe, die Bayern Richtung der CH transitierten, ist gering, weil Bayern nur für die Ostschweiz relevant war, die aber eher agrikulturell, als industriell war, womit das Briefmaterial schon damals eher dünn war.


    Eine Anweisung der badischen Bahnpost über diese Vorgehensweise kenne ich nicht - aber Baden ist "gut ausgebaut", vlt. findet jemand in Karlsruhe Akten, die diese Manipulationsvorschrift erklären würde.


    Es wäre zu prüfen, in wie weit Brief über Württemberg (Friedrichshafen) diese CH - Taxen aufweisen. Dafür brauchte man aber ein breites Datenfundament, über das ich nicht verfüge. Außerdem scheint mir, dass dort (in Wüttemberg) ganz unterschiedlich gearbeitet wurde - mal sind fast alle Briefe einer Korrespondenz gestempelt, mal keiner, so weit meine kleine Forschung. Auf die Taxvermerke hatte ich noch nicht so großen Wert gelegt, denke aber, dass du mit Baden allein Recht hast.


    P.S. Die CH war in den frühen 50er Jahren schlecht geführt, das ändere sich erst in den 1860er und 1870er Jahren, als sie mustergültig wurde, weil wohl auch die alten Kantonalbeamten aus Altersgründen wegfielen und gute, junge Leute den Postdienst sehr gut versahen. Aber auch das ist nur eine Vermutung, die sich an dem orientiert, was ich an Schweizer Manipulationsqualität zu ersehen glaube.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Ralph

    Ich kann hier sicherlich nur ganz wenig beitragen.

    Betreffs Ostschweiz kann ich sagen sind mir unzählige Incoming Briefe von unzähligen Ländern bekannt. Also zumindest St. Gallen war nicht ganz so arm an Post. Wie man dies nun auch immer auslegen möchte.

    Betreffs der Postbeamten und deren Zuverlässigkeit in der Schweiz kann ich sagen, dass dies je nach Ortschaft sehr variiert.
    Auch in St. Gallen, wo zumeist sehr ordentlich gearbeitet wurde gibt es Ausnahmen die den heutigen Philatelisten erfreut.

  • Hallo José,


    vielen Dank - sehe ich auch so; leider sind die großen Korrespondenzströme aus dem DÖPV bzw. in den DÖPV, soweit es die CH anging, in der Masse an Bayern vorbei gelaufen, weil Baden und ab den späten 1850er Jahren Württemberg diese abgriffen, weil deren Netze perfekt auf diese Transite abgestimmt waren.


    Wenn wir dann auf den Briefen der 1850er und 60er Jahre hinten keinen bayer. Bahnpoststempel bzw. Lindauer Stempel sehen, wird ein Beweis für den Transit via Bayern nicht leicht zu führen sein. Ich beackere dieses Gebiet seit über 30 Jahren und wünschte mir, es wäre anders ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ... ja, der dürfte aber nie über Bayern laufen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Michael,


    einen interessanten Aspekt sprichst du da an. Ich habe etwas dazu in einer Verordnung vom Oktober 1852 betreffend den Vollzug des zwischen Baden und der Schweiz abgeschlossenen neuen Postvertrags gefunden. In §18 Briefpaketwechsel heißt es u.a.


    ...... In die Correspondenzkarten aus Baden nach der Schweiz sind einzutragen:

    in Rubrik 1 das badische Zutaxporto bis zum Grenztaxpunkte für unfrankierte Briefe aus Baden nach der Schweiz


    in Rubrik 2 das schweizerische Porto vom Grenztaxpunkte ab bis zum Bestimmungsorte, welches die badische, das Briefpaket abfertigenden Postanstalt künftig auf den Briefen selbst den schweizerischen Postanstalten vorzutaxieren und in der Karte anzusetzen hat

    ....


    Viele Grüße

    Bruno

  • Und es wird noch verwirrender ....

    Ab 1. Januar 1858 galt folgende Änderung zur Vortaxierung:


    Im Correspondenzverkehr aus Baden nach der Schweiz


    1. alle den schweizerischen Postanstalten zu Aarau, Basel, Bern, St.Gallen, Zürich und später den zu errichtenden schweizerischen fahrenden Postämtern von diesseitigen Postanstalten in directen Briefpaketen zuzuspedierenden unfrankierten Briefe sind nur noch mit dem badischen und nicht mehr mit dem schweizerischen Porto zu- bzw. vorzutaxieren und anzurechnen; dagegen sind


    2. alle unfrankierten Briefe, welche anderen als den zuvor genannten schweizerischen Postanstalten in directen Briefpaketen zuspediert werden, nach wie vor, sowohl mit dem badischen Porto bis zum Grenztaxpunkte, als auch, wenn der Bestimmungsort über 5 Meilen von dem Aufgabeort entfernt ist, mit dem schweizerischen Porto vom Grenztaxpunkte ab bis zum Bestimmungsort zu- bzw. vorzutaxieren und anzurechen.


    Für den Correspondenzverkehr aus der Schweiz nach Baden galten ebenfalls für unfrankierte Briefe je nach badischem Empfangsort unterschiedliche Vorgaben zur Vortaxierung.


    Viele Grüße

    Bruno

  • Lieber Bruno,


    klasse - jetzt wissen wir Bescheid. Super, was du alles ausgräbst. :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Liebe Freunde,


    zum Preis eines BP$ wollte ich den nicht liegen lassen, zumal er recht "farbig" daher kommt.


    In Berlin am 8.8.1866, also kurz nach dem Krieg, wurde ein barfrankierter Brief aufgegeben an den bekannten Strohwarenhersteller Isler in Wohlen im Aargau in der CH. Der Absender zahlte 3 Silbergroschen bis zur Grenze Baden - CH und 1 Sgr. Weiterfranko für die CH.


    Die badische Bahnpost bekam ihn am Folgetag in die Finger, überprüfte alles (Gewicht, Distanz usw.) und notierte - nichts. Die CH schrieb 10 f für 10 Rappen Weiterfranko von Baden erhalten auf den Brief.


    Briefpapier graublau, Aufgabestempel grün, Absenderstempel blau, 3 in rotem Stift, 3 / 1 in Rötel und / 10 f in blauer Kreide - viel mehr geht wohl kaum.


    Der Absender hatte notiert, dass der Brief am 8.7.1866 verfasst worden war (auch ein 2. Mal dieses Datum auf den Brief aufgesetzt), aber ich denke, dass er sich im Monat vertan hatte. Kann ja mal vorkommen ...

  • Lieber Erwin,


    das habe ich mir auch gedacht und in Natura ist es 10 mal schöner, als auf dem Scan (scheinbar kann mein HP grün nicht so gut leiden).

    Liebe Grüsse vom Ralph



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