100 Département Donnersberg: Besondere Briefe

  • 1810: Brief aus Berlin nach Paris, Porto: 24 Decimes, Transitstempel „DE PRUSSE PAR MAGDEBOURG“; oben links “frf” für Frankfurt in Rötel, darunter zarter R. № 4 für den 4. Rayon, FRANCO für die bis Mainz bezahlten Gebühren und Affranchie jusqu´a Mayence (= freigemacht, d.h. Porto bezahlt bis Mainz)

  • Kusel im heutigen Rheinland-Pfalz wurde bei den Kämpfen um die Besetzung des linken Rheinufers 1794 von den französischen Truppen niedergebrannt und war aus diesem Grund bis zur Errichtung einer Postdistribution im Jahre 1798 auch ohne ein Postamt.
    In der Distribution verwendete die Post in Kusel den ab 1760 benutzten Taxis-Einzeiler „DE COUSSEL“ (bis 1814).
    Kusel gehörte zudem als einzige später rheinland-pfälzische Postanstalt, d. h. als sog. „Stempel führendes französisches Postamt“, zum Département de la Sarre (mit der Zählnummer 101 im Stempel) und hatte die ankommende Post zuzustellen sowie aufgegebene Briefe im Nahverkehr direkt zu besorgen.
    Alle anderen Briefe waren einem Direktionspostamt zur Weiterleitung zuzuführen.


    Brief Nr. 1:


    1799: Brief aus Kusel nach Luxembourg, im Département de la Foret gelegen. Da Mainz Postdirektion auf dem Beförderungsweg lag (handschriftlich links unten: par Mayence), befindet sich auf dem Brief sowohl der Distributionsstempel „DE COUSSEL“, als auch der Stempel der Postdirektion „100 MAYENCE“; Porto: 7 Decimes


    Brief Nr. 2:


    Portobrief vom 13.11.1813 aus Reichenbach, ca. 1 ¼ Chaussee-Meilen von Kusel entfernt, nach Grenoble.
    Inhaltlich handelt es sich um einen Bettelbrief des Absenders.
    Rückseitig Aufgabestempel des Distributionspostamtes COUSSEL. Von dort über 100 HOMBURG in den Süden Frankreichs, nahe der Schweizer Grenze. Da der Absender noch nicht einmal die Franco-Gebühr für seinen Bettelbrief zahlen konnte, wurde der Empfänger des Briefes bei der Zustellung mit Porto: 9 Decimes belastet.


    Brief Nr. 3:


    Frankobrief vom 16.04.1814 aus Kusel nach Zweibrücken. Distributionsstempel des Aufgabepostamtes COUSSEL auf der Briefrückseite, Departementstempel P.100.P HOMBOURG des Direktionspostamtes. Der Absender des Briefes hatte als Porto: 2 Decimes vorausbezahlt.

  • Hallo Dept. 100,


    ob der Seltenheit, Qualität und guten Beschreibungen bin ich fast sprachlos. :):):)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Die französische Briefpost kannte im Departement Donnersberg zwei Arten von Postanstalten


    • Direktions-Postämter und
    • Verteiler-Postämter (Distributionen)


    Erstere hatten sämtliche postalischen Arbeiten zu erledigen: sie nahmen alle Postsendungen an, beförderten sie weiter und
    lieferten sie den Empfängern aus. Dies unabhängig davon, ob es sich um gewöhnliche Briefe, um eingeschriebene (recommandirte) Briefe, Wertbriefe, um Drucksachen, Postanweisungen, postlagernde Sendungen usw. handelte.


    Die Verteiler- oder Distributions-Postämter hatten keine andere Funktion, als die eingehenden Briefe zu sammeln und an ihre
    übergeordneten Direktions-Postämter weiterzuleiten.


    Einen Poststempel führte im Departement Donnersberg in der napoleonischen Zeit einzig das Verteiler-Postamt Kirchheimbolanden.


    Die Ortsstempel der französischen Verteiler-Postämter waren als Aufgabestempel nur ausreichend für Briefe an das nächst gelegene Direktions-Postamt oder an eine unmittelbar benachbarte Distribution. Ging der Postweg zum Bestimmungsort über diese Strecke hinaus, hatte das nächst gelegene Direktions-Postamt, zusätzlich seinen Aufgabestempel auf den Brief abzuschlagen.


    Sehr deutlich wird die Kompetenzabstufung zwischen einer Distribution und einer Post-Direktion nach französischem Muster anhand der folgenden zwei Briefe:


    Brief Nr. 1
    Portobrief aus dem Jahr 1810 von Kirchheimbolanden nach Mainz. Einzeiler “KIRCHHEIMBOLAND” (35:3 mm), der später von dem Aufgabestempel der großen Type (siehe Brief Nr. 2) abgelöst wurde. Porto: 2 Decimes bis Mainz.


    Brief Nr. 2
    Frankobrief vom 2. März 1812 von Einselthum nach Paris, in der Distribution Kirchheimbolanden aufgeliefert und dort auf der Briefrückseite mit dem Einzeiler “KIRCHHEIMBOLAND” (große Type: 57:5 mm) gestempelt sowie mit 7 Decimes Porto als Taxe belegt. Aus diesem Gesamtporto entfielen 2 Decimes für die Strecke Kirchheimbolanden nach Kaiserslautern, sowie 5 Decimes von dort nach Paris, wo der Brief am 7. März 1812 eintraf; p:payé handschriftlich und Ps.Ps. für das vom Absender bereits bezahlte Porto. Zweizeiler “P.100.P KAYSERSLAUTERN” als Aufgabestempel der übergeordneten Direktion; “T.4.” als Registraturstempel von Paris.


    Da im ersten Fall die Stadt Mainz ohne das Einschalten einer Post-Direktion zu erreichen war, genügte der Aufgabestempel der Distribution.

  • Brief der Gemeindeverwaltung Medelsheim von 1799 nach Mainz, im nahegelegenen Zweibrücken aufgegeben. Dort erhielt der Brief den von 1798 bis 1801 verwendeten französischen Zweizeiler “DEUX PONTS” für Portobriefe. Bis Mainz waren 4 Decimes für die französische Post zu zahlen; die Aufgabepost beanspruchte 1 ½ Batzen = 6 Kreuzer.

  • Auf der letzten BOULE Auktion wurde anhängender Brief für 5.500,- € an einen mir unbekannten Käufer zugeschlagen:


    Brief eines Soldaten, geschrieben am 17. Juli 1813 in Castel, adressiert in das Département de la Manche (= Ärmelkanal) mit herrlicher, handkolorierter Vignette, die ein Gespann von vier Pferden zeigt, beritten von zwei Kanonieren, eine Kanone ziehend. Schöne Farben aus der damaligen Zeit.


    Aufgabestempel „100 MAYENCE“ auf der Außenseite des Faltbriefes. Absenderangabe (im Briefkopf): „Erstes Bataillon des Artelleriezuges“.


    Obwohl der Beleg ein Vermögen gekostet hat, ist der Ersteigerer gleichwohl zu beglückwünschen.

  • Hallo Detlev,


    immer daran denken: Geld wird jeden Tag neu gedruckt, heute in größerer Menge, als in der Geschichte der Menschheit je zuvor; solch ein Stück ist einmalig und nicht zu duplizieren. Von daher ist das Geld gut angelegt, weil glückliche Sammler ihr Leben mit ihren Objekten der Begierde verlängern. Für Medizin wird mehr ausgegeben und eine schönere "Medizin" als solch eine Pretiose kann es doch gar nicht geben.


    Beim Anblick dieses Stücks streift einen doch der Mantel der Geschichte - herrlich! :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Detlev,


    immer daran denken: Geld wird jeden Tag neu gedruckt, heute in größerer Menge, als in der Geschichte der Menschheit je zuvor; solch ein Stück ist einmalig und nicht zu duplizieren. Von daher ist das Geld gut angelegt, weil glückliche Sammler ihr Leben mit ihren Objekten der Begierde verlängern. Für Medizin wird mehr ausgegeben und eine schönere "Medizin" als solch eine Pretiose kann es doch gar nicht geben.


    Beim Anblick dieses Stücks streift einen doch der Mantel der Geschichte - herrlich! :P :P :P

    Da hast Du nicht ganz Unrecht, Ralph .... aber ein solcher Preis (mit Zuschlägen etc. rund 7.000,- €) für Vorphila? :huh:

  • Hallo Detlev,


    wir müssen uns trennen von einer cerebralen Einengung auf pekuniäre Effekte. Ob das Stück 7, 14 oder 21 Tausend Euro kostet, ist völlig nebensächlich. Mit 20g Baumwolle und etwas Farbe kann ich die passenden Geldscheine für alle 3 Beträge zusammen drucken lassen (frag nach bei Draghi).


    Einmalige Stücke sind ihr Geld immer wert, egal wie viel Geld sie kosten mögen. Liebhaberei lässt sich nicht in Euro und Cent ausdrücken - die eigene finanzielle Limitierung, in welchem Umfang auch immer, darf niemals das Barometer für die Einschätzung wundervoller Dinge sein.


    Wer hat, der kauft sich diese Stücke; wer nicht (so viel) hat, sollte sie denen gönnen, die haben. So mache ich es und fahre dabei sehr gut. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    da mir das (private) Drucken von Geld gesetzlich verboten ist, setze ich selbstverständlich "meine" Limitierung nach wie vor.


    Dennoch gönne ich denen, für die Geld keine Rolle spielt, den Erwerb derart schöner und seltener Stücke.


    Mit beidem fahre auch ich seit Jahrzehnten mehr als gut! :) ;)

  • nachfolgender Brief ist von seinem Erhaltungszustand nicht gerade der "Renner", indes von seinen Gebührenausfallvermerken auf der Briefrückseite postalisch (bezüglich des Laufweges) hoch interessant:


    B.au G a I DEB./ARM. DU RHIN + DEB de STRASBOURG + DEB MAYENCE + DEB. COBLENCE


    Brief aus dem Kriegsministerium in Paris von 1812 mit Dienst-Franchise "M.tre de la guerre" und Portofreiheitsstempel (wie üblich stark verwischt) AFFRANCHI PAR ETAT.

  • Hallo Detlev,


    solche Briefe liebe ich - ein Traum! :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Nachfolgend ein nicht alltäglicher Beleg von großer Seltenheit:


    Es handelt sich um einen Frankobrief aus Kaiserslautern nach Horbach (bei Pirmasens), roter L 2 "P.100.P. KAYSERSLAUTERN".
    Innen seltener Laufzettel "Reclamation d´Articles" (= Nachforschungsauftrag) mit dreimaligem roten L 2 "100 KAISERS-LAUTERN",
    einen vermissten Brief an einen Soldaten in Spanien betreffend, zuvor zurück von Paris nach Kaiserslautern.


    Wohl Unikat für das Departement Donnersberg.

  • Lieber Detlev,


    2 Traumstücke! :P:P:P


    Schön, dass noch mehr aus der Slg. Pietz hier gelandet ist ... ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Detlev,


    herzlichen Glückwunsch - wir sehen uns ja nächsten Sonntag in Hochspeyer!

    Liebe Grüsse vom Ralph



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