100 Département Donnersberg: Besondere Briefe

  • Frankobrief aus „Bliescastell le 29. Fructidor an VII“ (= 29. August 1799) nach Paris, in Zweibrücken aufgegeben und an den Bürger Cambacérès ins Justizministerium adressiert. „P.100.P DEUX-PONTS“ als Aufgabestempel, handschriftlich „franche“ (= frei). Über dem „C“ von „citoijen“: Pariser Durchgangsstempel mit der Jakobinermütze und P.P.; sehr frühe Verwendung des Frankostempels von Zweibrücken.
    Besagter „Bürger“ im Adressatenfeld des vorstehenden Briefes war niemand anderes als Jean-Jaques Régis de Cambacérès, Herzog von Parma, französischer Jurist und Staatsmann, von 1805 bis 1814 und 1815, unter Napoleon erster Regierungschef in Frankreich.

    Cambacérès war ab 1792 Konventsmitglied, nach dem 9. Thermidor 1794 Präsident des französischen Wohlfahrtsausschusses, ab Oktober 1796 Präsident des Rats der Fünfhundert (= eine Kammer des französischen Parlaments), seit 1799 Justizminister Frankreichs, nach dem 18. Brumaire VIII (= 9. November 1799) zweiter Konsul, 1803 Mitglied der Académie franḉaise, 1804 (nach der Erhebung Napoleons zum Kaiser) Reichskanzler des französischen Reiches, 1808 Herzog von Parma.

    Er hatte großen Anteil an der Gestaltung der Justiz und inneren Verwaltung Frankreichs. Zudem war er der Vorsitzende der von Napoleon eingesetzten Experten-kommission zur Redaktion des Code Civil.

  • Frankobrief aus Frankenthal vom 8. September 1800 nach Mainz.

    Nachdem das Postbüro in Frankenthal in 1799 und in 1800 - ob zu geringen Postaufkommens - teilweise geschlossen war, wurden die Briefe vor Ort in Postsäcken gesammelt und über Worms geleitet.
    Deshalb ist der Brief mit „P.100.P. WORMS“ (Départementstempel) versehen (ab spätestens Dezember 1800 dann mit „100 FRANCKENTHAL“), obwohl das Porto bereits in Frankenthal vorausbezahlt worden war.

    Seltener Brief, roter Taxis-Einzeiler „DE FRANKENTHAL“ als „Briefsammlungsstempel“.

  • Hallo Dept. 100,

    tolle Briefe zeigst du uns da - vor allem der 1. ist wegen des Empfängers eine Wucht, war doch der Code civil DIE hervorragendste Neuerung schlechthin, auf die sich in der Masse auch heute noch das europäische Recht beruft.

    Danke fürs Zeigen und bitte weiter machen mit diesen Schmankerln aus der Pfalz. :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Im Postvertrag Frankreich – Taxis von 1801 waren insgesamt sechs Austauschpunkte für Briefe festgelegt, wovon vorliegend Mannheim – Worms interessiert.
    Worms war Austauschpunkt für die Post nach Baden. In Baden nahm dann das Postamt in Mannheim die Briefe aus Worms bzw. Frankreich entgegen und leitete sie an ihre jeweiligen Bestimmungsorte in Baden weiter.

    Brief Nr. 1:
    Portobrief vom 21. Februar 1810 aus Walldorf (Baden) nach Kaiserslautern, über die Austauschpunkte Mannheim und Worms spediert.
    R. I MANNHEIM und Grenzübergangsstempel ALLEMAGNE PAR WORMS. Für den Brief von 11 Gramm (Ziffern links oben), d.h. in der 4. Gewichtsstufe, zahlte der Anwalt als Empfänger des Briefes in Kaiserslautern 12 Decimes.

    Brief Nr. 2:
    Brief vom 10. September 1805 von Bechtheim (Arrondissement Mainz) über das Austauschpostamt Worms nach Schwetzingen (Baden), also in umgekehrter Richtung; R. № 1 für die erste Gebührenzone, “100 WORMS” als Aufgabestempel; handschriftlich 17 Ausl(age). Darin enthalten: 2 Decimes = 6 Kreuzer für Frankreich und 11 Kreuzer (10 Kreuzer + 1 Kreuzer Bestellgeld) für Taxis in Baden

  • Hallo Dept. 100,

    danke für das Zeigen dieser beiden Schmuckstücke.

    Kannst du mir die Grundlage bei dem 2. Brief nennen, wonach 11 Kreuzer in Baden anfielen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Portobrief vom 18. Brumaire AN XIV (= 9.11.1805) aus Paris nach COBLENZ.
    Dort konnte der Empfänger nicht (mehr) angetroffen werden, weshalb der Stempel „DEB.COBLENCE“ auf der Briefrückseite abgeschlagen wurde und der Brief nach MAYENCE (Mainz) geschickt worden ist. Aber auch in Mainz war der Empfänger bereits wieder abgereist, weshalb der Brief nach SPIRE (Speyer) weitergeleitet wurde. Abermals erhielt der Brief deshalb in Mainz einen Deboursé-Stempel „DÉB.100 MAYENCE“, der auf der Briefrückseite abgeschlagen wurde.
    Roter Triangel-Stempel von Paris auf der Briefvorderseite.

  • Hallo Dept.100,

    du zeigst uns ein paar wirklich schöne Briefe, die in eine aufregende Zeit fallen. Der Empfänger des 1. Briefes hat durch seine Mitarbeit am Code Civil dazu beigetragen, daß 1 Sache hier am linken Niederrhein bis heute nachwirkt: Die Trennung von Rechtsanwalt und Notar.
    Besonders interessant ist in meinen Augen auch der Brief mit 2 Deboursé-Stempeln. Dieser Typ ist alles andere als häufig und deren 2 auf einem Beleg muß man erst mal finden!!
    Ich bin gespannt, was du sonst noch Schönes aus deiner Sammlung zeigen kannst.

    beste Grüße

    Dieter

  • Wertbrief vom 22. April 1805 (handschriftlich links oben: „chargée“) aus Frankenthal nach Mainz; P.100.P. FRANCKENTHAL (doppelt) als Aufgabestempel; Querstrich über den Brief, da vom Absender Porto und Einschreibegebühr bezahlt war.

    Auf der Rückseite dieses Briefes mit drei Lacksiegeln ist das vom Absender bezahlte Franco mit 4 Decimes vermerkt. Daraus entfielen 2 Decimes auf die Beförderung aus Frankenthal bis Mainz, weitere 2 Decimes betraf die Chargé -Gebühr für diese Distanz.

  • Aufgabestempel “100 WORMS” (34 mm):

    Verfasserin des vorstehenden Briefes vom 25. Fructidor Jahr XI (= 15. September 1803) von Worms nach Paris adressiert (an ihre Mutter gerichtet) ist Louise Caulet, geborene Otto, Schwester des französischen Diplomaten Louis-Guillaume (Ludwig-Wilhelm) Otto, Compte de Mosloy (Kork/Baden), Botschafter von Frankreich in den Vereinigten Staaten von Nordamerika: Ankunftstempel vom 1. Jour complémentaire Jahr XI nach dem Revolutionskalender (= 18. September 1803), rotes Lacksiegel mit Monogramm “LC” (= Louise Caulet); Porto: 7 Decimes.

    Louise Otto war verheiratet mit Pierre Caulet de Tayac, der unter Napoleon Postdirektor von Worms war.

  • Hallo Dept. 100,

    da ist ja ein Brief schöner und aussagekräftiger, als der andere. Wow! :P:P

    Bitte, wenn es geht, weitermachen mit diesen wundervollen Stücken in Traumerhaltung.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Louis Auguste Frédéric Baron Evain war ein belgischer Politiker, der 1792 in französische Kriegsdienste trat und Generalleutnant der Artillerie wurde. Frankobrief (P.P.) vom 20. Juli 1806 an ihn aus Mainz nach Paris (ins Kriegsministerium adressiert),

    „P.100.P MAYENCE“ (30 mm) als Aufgabestempel; rückseitig Ankunftsstempel Paris „24. Juillet 1806“ und „T.4.“ des Pariser Verteilungsbüros.

  • Verschiedene Grenzänderungen einzelner der neu eroberten Gebiete während der Zeit Napoleons führten dazu, dass Orte teilweise in Stempeln mit verschiedenen Departementnummern und/oder Departementnamen vorkommen.

    Anhängender Portobrief vom 7. Mai 1813 aus Speyer nach Ceva in das von Napoleon 1805 neu errichtete Département Le Montenotte, „100 SPIRE“ als Aufgabestempel. „11“ (unter dem Stempel) für die 4. Gewichtsklasse; Porto: 20 Decimes.

    Der vorstehende Brief ist ein gelungenes Beispiel für diese Neuverteilung von Departementnummern:

    Das von 1802 bis 1805 existierende Département Tanaro (mit der Verwaltungsnummer 108 und dem Hauptort Asti) wurde per Dekret vom 6.06.1805 aufgelöst und sein Gebiet auf die angrenzenden Départements Stura (Nr. 105 mit dem Arrondissement Ceva) und Marengo (Nr. 106) verteilt.

    Durch Annexion der Republik Ligurien und des Piemont entstand im heutigen Norditalien in der Folge das Département Le Montenotte mit seinem Hauptort Savona, dem nun kurzerhand die frei gewordene Departementnummer 108 zugeteilt worden ist.


    Es bestand vom 6.06.1805 bis zum 21.05.1814.

    Das Arrondissement Ceva, in das der Brief adressiert ist, ging in der Folge vom Département Stura (Nr. 105) an das neue Departement Nr. 108 (Département Le Montenotte) über.

  • Zur Aufgabe der Fahrpost gehörte die Beförderung von Paketen und Warenlieferungen. Diese mussten – ebenso wie Briefe – am Schalter aufgegeben werden.

    Ihnen konnte ein sog. Begleitbrief, versehen mit dem Ortsstempel des Aufgabepostamtes, kostenfrei beigegeben werden, sofern dieser weniger als 6 Gramm wog. Schwerere Begleitbriefe unterlagen speziellen Brief- bzw. Fahrposttarifen.

    Das vom Postbediensteten für das Stückgut ermittelte Gewicht wurde bei Sendungen ohne Begleitbrief auf die Sendung selbst, bei Sendungen mit Begleitbrief auf diesen in die linke obere Ecke geschrieben. Der Brief erhielt alsdann eine Registratur-Nummer, die ebenfalls handschriftlich aufgebracht worden ist.

    Warenbegleitbrief vom 27. November 1811 aus Mainz nach Würzburg, Gewichtsvermerk “27 Pfund” oben links in Rötel, diverse Manualnummern.
    Befördert wurde eine “Warensendung in Stroh” vom französischen Postamt in Mainz zunächst ins Austauschpostamt Castel auf der rechten Rheinseite. Dann auf dem Fahrpostkurs Castel-Frankfurt und Frankfurt-Nürnberg (Beipack bis Würzburg). “CASTEL R. 1” als Aufgabestempel.

    Bei jedem Umladen der Ware wurde die Sendung in eine neue (Pack-) Liste (= Manual) eingetragen und erhielt deshalb auch wieder eine neue Manualnummer
    (hier: # 8 – fr. 32 - № 20).

  • Damals spielte die Franchise, die Portofreiheit, eine sehr große Rolle. Nicht nur die Abgeordneten, die Minister, Heerführer genossen Portofreiheit, sondern nahezu alle Behörden bis hinunter zur Stufe der Beamten. Jeder Brief, der einen Behördenstempel trug, war portofrei, was weidlich ausgenutzt wurde dadurch, dass jeder, der Verbindung zu irgendeiner Behörde hatte, seine Post dort aufgab, obwohl keine Berechtigung dazu vorlag.
    Napoleon machte dann durch eine endgültige Regelung diesem Missbrauch ein Ende:
    Nur ganz bestimmte und selektierte Personen mit hohem Postaufkommen war es fortan gestattet, als Zeichen der Portofreiheit einen Franchisestempel zu benutzen, der auf der Vorderseite des Briefes neben die Anschrift des Adressaten aufgebracht wurde und Portofreiheit zur Folge hatte. Diese Stempel wurden teilweise einheitlich für ganz Frankreich von der Postverwaltung hergestellt. Die meisten wurden indes in privater Regie in Auftrag gegeben.
    Einer der ersten Stempel dieser Art wurde von den Regierungskommissaren der Französischen Zivilverwaltung verwendet. Diesen roten Stempel „Le Commissaire du Gouvernement dans les Pays Conquis“, ein Zweizeiler, finden wir auf Briefen aller Kommissare: Rudler (4.11.1797 – 27.02.1799; Marquis (1.03.1799 – 2.08.1799); Lakanal 3.08.1799 bis Napoleons Staatsstreich (9.11.1799), dann Shée bis zum 22.09.1800, schließlich Jollivet und letztlich Moßdorf, die die Präfekturgeschäfte führten bis Jeanbon St. André zum Prefäkten des Departements ernannt wurde.
    Guyon, der Direktor der Staatsgüter in Mainz, benutzte ob seines riesigen Postaufkommens einen solchen Stempel ebenso wie der Präfekt St. André.

  • In Paris wurde noch häufig eine der zwei nachfolgenden Portofreiheits-Paraphen auf den Brief aufgebracht (jeweils in schwarz und rot bekannt). Selten ist der Abschlag beider Typen auf einem Brief

    1813: Brief aus Kaiserslautern ins Département de Maine et Loire. “100 KAISERS-LAUTERN” als Aufgabestempel nebst Siegel des Bürgermeisteramts der Stadt Kaiserslautern. Vom Inhalt her handelt es sich um einen Totenschein (Extrait Mortuaire), also um eine Dienstsache, weshalb der Brief letztlich portofrei (rote Paraphe in der Briefmitte) befördert worden ist.

    1812: Brief des Polizeipräfekten aus Mainz mit beiden Paraphen samt Dienststempel. Zusätzlich Tuschekreuz als Zeichen für die Portofreiheit.

  • Ebenso führte der Förster Christiaan Eickemeyer aus Kaiserslautern einen solchen Franchise-Stempel, der in jener Zeit das Amt des

    „Inspecteurs der Wälder um Kaiserslautern“

    (Inspecteur des Forets à K´Lautern)


    innehatte und dessen Dienstkorrespondenz („Service Public“) der eingeschränkten Portobefreiung für die eingehende Post seiner Dienstkorrespondenz unterlag.
    Wie aus nachfolgendem Brief ersichtlich, hatte folglich der Empfänger das Porto für seinen Brief zu bezahlen:
    Dienstbrief „Service Public“ des Försters Eickemeyer an seinen Amtskollegen in Koblenz: „100 KAYSERSLAUTERN“ (kleine Type) als Aufgabestempel und sein Franchisestempel auf der Briefvorderseite.

    Doppelt schwerer Brief („I>“ in der linken obere Ecke des Belegs); Porto: 8 Decimes (vom Empfänger zu zahlen).