Kissingen - Bad und Stadt

  • Bei diesen Briefen aus und nach Kissingen spielt immer noch eine Rolle, ob sie aus dem Bad sind oder nicht. Es gab nämlich eine eigene Botenverbindung zwischen Bad und Stadt, bei der zumindest auf dem Hinweg eine Botengebühr fällig wurde.
    LG Achim

  • Lieber Achim,


    also vom Bad zur Stadt gab es einen oder zwei Kreuzer Botenlohn? Geht das aus den Briefen vor (hätte ich noch nicht gesehen), oder gibt es dazu eine interne Quelle und man kann es nicht optisch nachvollziehen?


    In jedem Fall sehr interessant! Danke für die Info. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • oder gibt es dazu eine interne Quelle und man kann es nicht optisch nachvollziehen?


    Lieber bayern klassisch,


    leider habe ich diese nicht gefunden - es ist eben nicht alles digital verfügbar :(
    Dafür hier ein wenig Lektüre, wenn's Du es lesen willst.


    Mit besten Grüßen von Luitpold


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    Aus "Die Heilquellen und Bäder zu Kissingen für Kurgäste" - 1850


    Während der Kurzeit wurde die Ankunft und Abgang der Briefposten und der Eilwagen, so wie der Anschlüsse an die Eisenbahnen bekannt gemacht und im Vorplatze jedes Hauses angeheftet. Von der südlichen und westlichen Richtung kommen täglich zwei Mal Briefe und Pakete an, von der östlichen und nördlichen seither wenigstens einmal täglich. Die Postverwaltung und der Poststall sind etwas entfernt vom Kurgarten, im sächsischen Hofe.


    „Das Briefeschreiben ist somit noch eine sehr notwendige Beschäftigung, die man zu Hause vornehmen soll. In Bezug auf das Briefschreiben zeichnen sich die Engländer und vorzüglich die englischen Damen vor allen anderen Badegästen sehr rühmlich aus. Die Post, die täglich zweimal Morgens und Abends, fortrollt, gibt häufige Gelegenheit, Briefe mit fortzunehmen.“


    Das erste ist die Post, gewöhnlich „Brief- und Fahrpost“ genannt. Vor ein paar Jahren war dieselbe in dem großen, zu solchem Zwecke sehr geeigneten Hause des Herrn Hemmerich, ganz in der Nähe des Kurhauses, dann wurde sie in das Hotel de Russie verlegt, wo sie ebenso an der Hand und eben so bequem war. Man begreift nicht, warum man sie jetzt in den sächsischen Hof, oder das Hotel de Saxe, eine entfernte und unbequeme Localität, die in der Salinenstraße liegt, verlegt hat.
    Denn, obgleich auf der Promenade ein Kasten steht, in den man unfrankierte Briefe werfen kann, so sind doch eine Menge Unbequemlichkeiten mit der großen Entfernung des jetzigen Postgebäudes verbunden.
    Bei der Post selbst sind zwei Dinge, die großen Tadel verdienen; erstens der enorme Preis des Portos für die Briefe und dann die Langsamkeit, mit welcher dieselben besorgt werden; dies ist jedoch nicht die Schuld der Direction, die so handelt, wie es ihr vorgeschrieben ist, die Verbesserung muss von den höheren Postbehörden getroffen werden.


    Und in der Auflage des Jahres 1855 findet sich ein extra Hinweis auf den Postbriefkasten:
    Zur Bequemlichkeit der Kurgäste ist daher ein Briefkasten in der Jügel’schen Buchhandlung am Kurgarten aufgestellt, in den jedoch nur frankierte Briefe getan werden können.
    Bei Bad Kissingen liegt aber auch das Stahlbad Bocklet. Da ist auch im Taschenbuch für Kurgäste ... 1859 etwas zur Post zu lesen (was für den Kurgast schon wichtig war):


    Briefpost. Die Beförderung der Correspondenz der Badgäste wird von der in dem nahen Marktflecken Aschach seit einigen Jahren errichteten k. Brief-Postexpedition, welche der k. Postverwaltung zu Kissingen untergeordnet ist, genau gehandhabt. Zur Bequemlichkeit der verehrlichen Badgäste ist aber zugleich auch eine besondere Briefablage am Kurorte Bocklet selbst errichtet, welche die von den Kurgästen abgegebenen Briefe und Packete täglich ein Mal zu einer bestimmten Stunde nach der bezeichneten Post-Expedition in Aschach abliefert, und von dort alle für Kurgäste in Bocklet bestimmten Gegenstände zurückbringt, und den titl. Adressaten einhändigt.


    Das Bureau dieser Briefablage befindet sich dermalen im sogenannten Neubaue zur ebenen Erde, wo täglich von früh 8 bis 11 Uhr, und Nachmittags von 2 bis 6 Uhr Briefe und Pakete abgegeben werden können. Zur Erleichterung der verehrlichen Badgäste ist zugleich im Vorplatze dieses Bureau ein Briefkasten angebracht, in welchen zu jeder Stunde jedoch nur frankirte Briefe abgelegt werden dürfen. Ebenso sind auch die Verzeichnisse über die Ankunft und den Abgang der Briefposten und der Eilwagen in Kissingen und ihrer Anschlüsse an die Eisenbahnen im bezeichneten Vorplatze angeheftet.


    Mit dieser Briefpost ist während der Kurzeit auch eine Cariolpost verbunden, mittelst welcher einzelne Personen von Kissingen nach Bocklet und von Bocklet nach Kissingen befördert werden können.
    Während der Kurzeit ist neben der königl. Postverwaltung auch ein Telegraphen-Amt zu Kissingen in Tätigkeit, durch welches man nach allen Richtungen hin schnell correspondiren kann.

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    4 Mal editiert, zuletzt von Luitpold ()

  • Lieber Luitpold,


    ganz herzlichen Dank für dieses Potpourri der Kissinger Postgeschichte (und die Kurgeschichten darum herum) - man fühlt sich wirklich in die Zeit unserer Ahnen hinein versetzt (wobei die sinnentleerte Errichtung einer Post in einem üblen Hotel eher an heutige Zeiten erinnert).


    Aber von einem Lohn für den Träger, wie Achim es beschreibt, habe auch ich nichts finden können. Vlt. klärt er uns noch auf - denn eine Suche nach dieser Spezialität wäre sicher nicht das schlechteste, was man als Bayernsammler auf seiner Agenda haben sollte.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Entschuldige lieber Ralph.
    Es gibt da eine Quelle aus dem Staatsarchiv Würzburg Regierungsakt 1631 vom 21.5.1821 dazu (Inhalt demnächst)
    Bin zur Zeit wieder viel auf dem Acker, daher nur kurz ohne Briefabbildung
    Mir liegen vor: Brief aus Bamberg 1824 nach Kissingen mit 4 kr + 1
    München Juni 1830 nach "Bains de Kissingen" 12 + 1
    dito juni 1830 12 + 1
    Freising 1830 nach Bains de Kissingen 10+1
    Kissingen nach München 1830 (sicher aus dem Bad) nur mit 12 keine Botengebühr hinaus erkennbar
    LG Achim

  • Lieber Achim,


    kein Problem - dann achte ich mal ab jetzt nach Destinationen Kissingen in der VMZ und wenn die Äcker vor dir Ruhe haben, freue ich mich auf deine Briefbeispiele und da werde ich sicher nicht allein sein. Nochmals danke für die Aufzählung. Kissingen als Bestimmungsort ist in der VMZ aber gar nicht so häufig, wie in der Markenzeit, wo es sehr viel Material gibt, aber halt ohne Botenlohnvermerk (jedenfalls die mir bekannten).

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Verehrte Freunde,


    könnte es sich bei dem Kreuzer in Kissingen nicht einfach um einen Bestellkreuzer handeln (der 1844 abgeschafft wurde)?


    Ich habe leider nur einen nicht datierbaren (ca. 1838–1844) Brief aus Göttingen nach Kissingen und einen weiteren aus Bamberg nach Kissingen von 1842, beide jeweils mit Portovermerk, bei dem ein Kreuzer auf das Porto aufgeschlagen wurde.


    Dass es eine eigene Botenverbindung zwischen Bad und Stadt gegeben haben soll, wundert mich schon. So groß war der Ort bis etwa 1860/70 doch gar nicht?


    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo,
    Einfache Bestellkreuzer kenne ich nicht. Es war nicht so, dass allüberall Bestellkreuzer erhoben wurden. Da gab es schon Gründe. Eben zum Beispiel, wenn der Weg zwischen der Bahn und der Stadtexpedition deutlich war, oder wie hier zwischen Bad und Ort. Die Abschaffung hat ebenfalls klare Gründe, die durch die Umstrukturierungen im Zusammenhang mit 1842/44 liegen. Wobei die "Abschaffung" dann immer noch Ausnahmen zuließ.


    Bei der anspruchsvollen Klientel im Bad von Kissingen wundert mich eine Boteneinrichtung gar nicht. Denn die Herrschaften wollten alles andere als lange auf ihre Briefe warten und wollten eine baldige Weiterbeförderung ihrer Briefe sehen.
    LG Achim etwas müde von der frischen Luft

  • Bei der anspruchsvollen Klientel im Bad von Kissingen wundert mich eine Boteneinrichtung gar nicht. Denn die Herrschaften wollten alles andere als lange auf ihre Briefe warten und wollten eine baldige Weiterbeförderung ihrer Briefe sehen.


    Hallo in die Runde,


    das sehe ich auch so wie Achim es schreibt....


    Ich habe wegen eines Briefes aus 1866 einen guten Kontakt in das Archiv nach Bad Kissingen, wenn Ihr mögt kann ich die Frage dorthin stellen.
    Ob allerdings solch spezielle PO Themen dort bekannt sind kann ich nicht sagen... :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber Bayern Social,


    einfach dort mal anfragen und gfls. hier verlinken - das Ergebnis würde sicher alle von uns interessieren.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • LieberBayern Klassisch,


    weil ich es momentan sonst garantiert vergessen würde ist die Mail schon geschrieben.


    Sobald Antwort kommt gebe ich her gerne Bescheid...

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Einfache Bestellkreuzer kenne ich nicht. Es war nicht so, dass allüberall Bestellkreuzer erhoben wurden. Da gab es schon Gründe. Eben zum Beispiel, wenn der Weg zwischen der Bahn und der Stadtexpedition deutlich war, oder wie hier zwischen Bad und Ort.

    Noch heute ist Bad Kissingen gut fußläufig :D Hier eine Karte von 1837. Dort wo die Ziffer I ist, das ist der Kurgarten und dort auch das Kurhaus. Die Post ist die Nr. 18 (über 10) = Gasthaus zum sächsischen Hof. Da versteht man, warum die Zeitgenossen die Verlegung dorthin nicht so ganz verstehen wollten*.


    Luitpold


    * (1855)
    Man begreift nicht, warum man sie jetzt in den sächsischen Hof, oder das
    Hotel de Saxe, eine entfernte und unbequeme Localität, die in der
    Salinenstraße liegt, verlegt hat.


    Denn, obgleich auf der Promenade ein Kasten steht, in den man
    unfrankierte Briefe werfen kann, so sind doch eine Menge
    Unbequemlichkeiten mit der großen Entfernung des jetzigen Postgebäudes
    verbunden.

  • Was man in einem Thread „Bayern-Frankreich Portobriefe 1847-1858“ so alles schreiben kann.....
    Gruß HOS


    Quant à moi, je ne regrette rien! Vielleicht könnte man die Beiträge in ein anderes Thema umheben.


    johelbig:

    Zitat

    Einfache Bestellkreuzer kenne ich nicht. Es war nicht so, dass allüberall Bestellkreuzer erhoben wurden. Da gab es schon Gründe. Eben zum Beispiel, wenn der Weg zwischen der Bahn und der Stadtexpedition deutlich war, oder wie hier zwischen Bad und Ort. Die Abschaffung hat ebenfalls klare Gründe, die durch die Umstrukturierungen im Zusammenhang mit 1842/44 liegen. Wobei die "Abschaffung" dann immer noch Ausnahmen zuließ.


    Mit der Problematik der Bestellkreuzer befasse ich mich jetzt schon einige Zeit. Natürlich wurden nicht überall Bestellkreuzer erhoben; sie wurden mit dem Portoregulativ von 1810 fast generell infrage gestellt, waren aber dort nötig (und wurden auch anerkannt), wo ein Postbote sonst der Postkasse zur Last gefallen wäre. Und das waren schon einige Orte. Und ja, 1844 wurde der Bestellkreuzer im Dienstbereich der Post offiziell abgeschafft (und 1847 noch einmal deutlich darauf hingewiesen). Dass dies bei "Nebenorten" und deren Botenverbindungen anders aussah, berührte die Post damals nicht. Mit der Einführung der Briefablagen ab 1851 feierte der Briefkreuzer offiziell wieder eine Auferstehung. Da griff man auf Bewährtes zurück, um Kosten zu sparen.


    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

    Einmal editiert, zuletzt von Erdinger ()

  • Liebe Freunde,


    hier die erste Antwort aus Kissingen, die nicht konkret zur Frage des Boten Stellung nimmt, aber auch interessant sein könnte, Zitat:
    "Zu Ihrer Frage nach den Boten – da brauche ich ein bisschen mehr Input: wenn ich es richtig verstehe, dann handelt es sich um die Zeit vor 1842/43? Wir haben ein Manuskript zur Kissinger Postgeschichte. Der entnehme ich, daß Kissingen ab 1807 eine Briefsammelstelle hatte, 1825 eine Brief- und Fahrpostexpedition erhielt und ab 1830 die Postkutsche Kissingen anfuhr. 1844 wurde der Poststall vom Postdienst getrennt, und KG erhielt eine Postverwaltung III. Klasse."


    Ja verschieben ist sicher eine gute Idee, da schliesse ich mich Erdinger voll und ganz an.


    redaktionell verschoben

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber Hermann,


    ganz herzlichen Dank für diese Informationen - leider nichts zum Bestellgeld, aber das muss ja nichts bedeuten.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.





  • aus dem Vorphila Handbuch von Friedrich Pietz

    Herzlichen Dank. Sind die Stücke dabei, wenn die Sammlung bald bei Feuser zum Ausruf kommt?


    Nebenbei zum Thema ^^ Das Oberpostamt Würzburg (wenn ich es so mal nennen darf) war ja - bis die bayerische Post übernahm - von der T&T-Post versorgt. Da gab es den Bestellkreuzer und wurde - so liest man es in der Wü-Postgeschichte - 1814 abgeschafft. Leider habe ich keinen Beleg um der Sache nachzugehen. ;(


    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Hallo Luitpold,


    Es werden sicherlich Stücke aus dem Vorphila Handbuch dabei sein. Er hat aber auch Abbildungen von Sammlern
    genommen, wenn er keine hatte. Die Fahrpoststempel waren aber eines seiner Lieblingsgebiete.
    Man darf gespannt sein, wenn der Sonder-Auktionskatalog von PF im Frühjahr 2018 erscheint.


    Ich hatte vor 4 Jahren im Forum folgenden Beleg von Würzburg nach Kissingen aus dem Jahr 1808 eingestellt:
    Großherzogtum Würzburg (1.2.1806 bis 25.6.1814)


    Beste Grüße von VorphilaBayern