aus ALEPPO... mit der osmanischen Post !

  • Bonjour à tous,


    In einem geschwächten osmanischen Reich hatten die europäischen Großmächte Erfolg in XIX ° Jahrhundert gehabt, die Einrichtung von Postämtern in den (Hafen)großstädten vorzuschreiben. Der größte Teil von der für Europa bestimmten Post war durch die Posten österreichisch und französisch versandt (dann genauso englisch, deutsch und italienisch).


    Dieses Mittel war von den europäischen im osmanischen Reich eingerichteten Staatsangehörigen, aber auch oft von den Subjekten des Sultans sie selbst benutzt.


    Abbildung aus U. Ferchenbauer, Band IV.


    Die regelmäßigen Proteste der osmanischen Regierung hatten keine Folge, diese ausländischen Postämter waren nur für den Herbst von 1914 geschlossen. Allein die vorwärtschreitende Verbesserung der Qualität des türkischen Postendienstes erlaubte, einen kleinen Teil von der aus der Levante gesandten Post zu Europa abzuwenden.



    Heute zeige ich Ihnen einen Brief aus ALEPPO nach PARIS (1885)


    Die fünf Unterschiedliche Stempeln erlauben, seine Strecke zu rekonstruieren und, vor allem, die Übernahme von der osmanischen Post zu sehen.


    ..............


    Frankatur : 1 Piastre (UPU-Gebühr für einen Brief nach Ausland) mit einer osmanischen Briefmarke.
    Der Absender präzisierte Voie internationale (Internationaler Weg).


    1. Alep, osmanisches Postamt, 27. August
    2. Alexandrette, osmanisches Postamt, 28. August
    3. Alexandrie, ägyptisches Postamt, 2. September
    (Seeweg nach Brindisi, dann Eisenbahn durch Italien)
    4. Mont-Cenis, französisches Ambulante Postamt, 12. September
    5. Ankunftstempel von Paris, 13. September 1885.


  • Hallo Laurent,
    wenn mein Mann kocht sag er immer Auge muss auch mitessen. Das fehlt mir immer ein wen ich deine Beträge lese.. :)
    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Liebe Freunde,


    ich zeige für einen Sammlerkollegen einen mit 2 türkischen Marken teilfrankierten Brief vom Dezember 1874 aus Aleppo aus der Türkei nach Genua in Italien.Aus den Stempeln ergbit sich eine weitere Beförderung über die französischen Postämter in Alexandrette, Beirut und Alexandria nach Neapel und von dort nach Genua, wo für 90 Centesimi Portomarken angebracht wurden.
    Wer kann Weiteres zu dem Brief sagen und insbesondere die Taxierung mit 9 Decimen / 90 Centesimi erklären?


    Beste Grüße
    Jürgen

  • Hallo Italienfreund,


    ein extra schöner Beleg mit extra-interessanter Behandlung, das von hier aus aber in aller Bescheidenheit ohne Gewähr: Auch aus dem osmanischen Reich war es unter bestimmten Voraussetzungen möglich Portobriefe - auch ins Ausland - aufzugeben. Sie wurden bei der Aufgabe von dem empfangenden Postamt mit Portomarken versehen. Wer Briefe allerdings unfrei oder unzureichend frankiert in den Briefkasten warf, musste lt. Postordnung von 1868 damit rechnen, dass die Sendung solange zurückgehalten wurde, bis er den Fehlbetrag im Postamt beglichen hatte.


    Hier aber war der vor Ort bekannte Unternehmer Picciotto zum Postamt gegangen und hatte um Versand als Portobrief ersucht. Bei den dafür verwendeten beiden türkischen Marken handelt es sich um die Portomarke Nr. 10 zu 1 Guruş/Piaster und die Portomarke Nr. 11 zu 2 Guruş/Piaster. Ich nehme einmal an in so einer großen Stadt wie Aleppo gab es zur Weiterleitung ins Ausland damals schon eine französische Auslandspost, die das dann in "ihre" 9 Decimen umtaxiert haben, was dann auch noch einmal in Italien mit den 90 Centesimi geschehen ist.


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Lieber Jürgen,


    meine Frage wäre: Wie kommt eine türkische Marke über den Stempel von Napoli?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ...meine Antwort dazu wäre: Der italienische Stempel sitzt nicht unter, sondern über der türkischen Marke, da auf der Gegenseite verkantet abgeschlagen. Das "M" in der unteren Zeile geht aber noch auf den - mit schwachem türkischem Kastenstempel abgeschlagenen - Wert über.


    + Gruß !


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    ja, hast Recht - sah für mich zuerst so aus, als hätte man die Marke nachgeklebt, aber die Ziffer geht eindeutig über (sieht jedenfalls für mich so aus). Schon ein bissi verkantet der Stempel ...


    Jedenfalls ein Hammerbrief, den wohl jeder gerne in der Sammlung hätte. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    ja, da muss man schon vorsichtig sein, es soll da einiges an Fälschungen geben. Aber man sieht hier auch noch ein klein wenig vom Stempelübergang oben rechts. Drei Porti in drei Währungen, das ist schon Klasse. Wenn man mit der türkischen Post frankiert hätte, dann wäre das bis UPU nur bis zur Grenze möglich gewesen. Wie ein solcher Brief dann nach Italien ausgesehen hätte, erschließt sich mir im Moment allerdings nicht.


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Bonjour à tous,


    1. Es hat niemals ein französisches Postamt in Aleppo gegeben.


    2. Die ausländische Postämter in den Küstenstädten der Levante sind ein Toleranz, gegen die die osmanische Regierung immer protestiert hat. Jerusalem war festländische Stadt eine Ausnahme.


    3. Erst waren die Briefe vom Hafen von Alexandrette nach privater Beförderung gesandt. Dafür benutzten die Franzosen einen privaten Vermittler (die sogenannte "Poste Française d'Alep") und noch verschiedene kommerziell "forwarders". Dafür hatten die Österreicher eine Agentur von Lloyd Austriaco geöffnet, usw


    Beispiel :

    Der Absender frankierte seinen Brief, übergab sie dem Vermittler "Poste d'Alep" gegen Bezahlung.

    Der Vermittler postierte ihn beim französischen Postamt von Alexandrette.


    Wenn sie mögen, werde ich Ihnen die beiden Briefe zeigen, die ich besitze: eine von einem, handlerischen "forwarder" zu versenden, anderes vom französischen privaten Postvermittler "Poste d'Alep".


    4. Ab Jahren 1870-1880 kann eben die osmanische Post die Briefe nach Alexandrette versenden. Dann, er im französischen oder österreichischen Postamt der dann übernommenen Schiffahrtslinie entsprechend einreichen.


    Dieser Brief Italienfreuds entspricht dem Punkt n ° 4. Er ist im französischen Postamt von Alexandrette eingereicht, um die Linie von Syrien zu benutzen (man sieht den Transitstempel BEYROUTH).
    Postgebühr : französisches Postamt in der Levante > Italien = 60 centimes für Francobriefe, 90 centimes (9 décimes) für Portobriefe. Von einem Stempel gezeigte Steuer bei der Abfahrt ("9"), und die von italienischen Marken bei der Ankunft.


    Das ist ein fesselndes Thema, leider kann ich auf deutscher Sprache der langen ausführlichen und nuancierten Texte nicht schreiben, um das alles zu erklären... :cursing:


    PS : Die Benennung "Poste Française d'Alep" ist zweideutig und während langer Zeit haben die Sammler geglaubt, daß es sich um einen konsularischen Postdienst handelte. Das war eine Irrtum.

  • Hallo Laurent,


    besten Dank für die Ausführungen, ich habe es sehr gut verstanden. Also ist der französische 9 Decimen-Portotaxabschlag erst in Alexandrette auf den von Italienfreund gezeigten Portobrief draufgekommen. Jetzt verstehe ich auch so einigermaßen, warum es in meinen Unterlagen heißt, dass man bis UPU-Beginn bei der osmanischen Post aufgegebene Auslandsbriefe als Francosendungen nur bis zur Grenze hat frankieren können.


    Super + vielen Dank + Gruß !


    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Danke Pälzer,
    das ist einer meiner Briefe, von Alep nach Alexandrette von einem privaten Vermittler versandt.


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    Absender (Stempel Vorderseite) : Firma Streiff & Co, Forwarder (Stempel Rückseite) : G. Levante.
    Alep 1. April 1865, Alexandrette fr. Postamt 3. April, Ankunft Bédarieux 15. oder 16. April


    Seeweg ab Alexandrette mit einem französischen Dampfer (Messaggerie imperiales).


    Den Absender findet man dort :

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  • Hallo Pälzer, Ralph und Laurent,


    Besten Dank für Eure hilfreichen Diskussionen. Nun ist mir einiges klarer geworden.


    Lieber Laurent,
    ich habe noch eine Frage:

    Postgebühr : französisches Postamt in der Levante > Italien = 60 centimes für Francobriefe, 90 centimes (9 décimes) für Portobriefe.

    Von wann bis wann galten diese Gebühren?


    Besten Dank und viele Grüße
    Jürgen