Belgien - Luxemburg

  • Dank dem Hinweis von unserem lieben Pälzer, konnte ich dieses Kleinod kaufen:



    Antwerpen, Stempel Anvers vom 25 Nov 1870 nach Diekirch - Luxemburg. P.D Port payé jusqu'à destination Stempel in schwarz. Der Beleg ist mit 20 c portogerecht frankiert,
    Tarif im Postvertrag von 1867 für Briefe außerhalb des 30 Km Rayons. Beide Marken wurden mit dem Raute-Punkte Stempel n° 12 von Antwerpen entwertet. Auf der Rückseite,
    folgende Stempel: Zweikreis Luxembourg Par AMBT BRUX-ARL. 26 NOV 70, Ankunftsstempel von Luxembourg und Diekirch vom 26. Nov 70


    Der Inhalt ist sehr interessant, diesmal kein Bankgeschäft !


    Der Absender schreibt dass nun 15 Tage vergangen sind seit er Tschiderer 350 Sack Roggen verkauft hat, diese aber aus zwei Gründen noch immer nicht verschicken konnte. Erstens es stehen
    keine Eisenbahnwaggons zur Verfügung und zweitens gäbe es ein formelles Ausfuhrverbot nach Luxemburg. Er hofft auf baldige offizielle Order die Fuhre losschicken zu können. Er erwähnt
    noch dass diese Verzögerung ihn eine Menge Geld koste und inzwischen schon die Hälfte seines Gewinns verschlungen hätte. Er rechnet damit dass sich Tschiderer an diesem Verlust beteiligt ..




    Nun stellt sich die Frage warum gab es ein Ausfuhrverbot? Im Augenblick konnte ich noch keine genauen Angaben finden. Ich verfolge zwei Spuren.


    Im September wurden in der Province de Luxembourg (Belgien)und im nahem Frankreich Typhus Fälle gemeldet. Luxemburg beschränkte bis auf weiteres per Gesetz die Einfuhr aus diesen
    Ländern. Dieses Verbot schließe ich eigentlich aus denn es bezog sich eher auf Vieh, Fleisch usw nicht aber auf Getreide.Ich dachte eher an ein Politisches Verbot im direkten Bezug auf die
    Auswirkungen des 1870/71 Krieges. Immer wieder gab es Streitigkeiten entweder mit Frankreich/Preußen wenn ein Soldat wissentlich oder irrtümlich die Grenze zu Luxemburg überschritt.
    Ab September/Oktober 1870 entbrannte wieder eine Diplomatische Krise rund um die Luxemburger Neutralität und eine mögliche Annektierung von Preußen. Belgien schien da diplomatisch
    impliziert.


    Für mehr Klarheit würde folgendes Buch sorgen: Le Luxembourg dans la guerre de 1870, Christian Calmes 1970. Nur 673 - ich bräuchte viel Zeit und Geduld zum lesen!

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Liebe Lulu,


    ein wunderbarer Brief - top gemacht von unserem Pälzer. Den hätte ich auch genommen ...


    Mit 1870/71er Relevanz ein besonderes Highlight - ich hoffe, du bekommst den Grund für die Verzögerungen noch heraus. Bücher zu lesen ist für dich doch ein Klacks!

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Zockerpeppi,


    yee, der Beleg springt einen von der Optik her schon enorm an, das steht wirklich außer Frage. Klasse, dass der jetzt auch noch vollen Inhalt hat, das ist das i-Tüpfelchen. :thumbup: Bezüglich des Getreideausfuhrverbots könnte ich mir folgendes vorstellen: Belgien hatte sich im Krieg 70/71 neutral gestellt.


    Das bedeutet, dass u.a. Nahrungsmittellieferungen an eine der kriegsführenden Parteien als Neutralitätsbruch gewertet werden konnte. Das war von Luxemburger Boden aus mit einer Proviantlieferung an französische Truppen in dem von den Preussen belagerten Diedenhofen im September 1870 unglücklicherweise passiert (nachfolgende Quelle, Seite 23 rechts außen).


    https://www.forum.lu/wp-conten…015/11/5494_257_Pauly.pdf


    Das hat dem Kanzler Bismarck natürlich gleich mal überhaupt gar nicht gefallen. Möglichweise hat sich Belgien, da nicht - auch nur ansatzweise - mit reinziehen lassen wollen. Denn auch dieses Land sah sich von beiden kriegsführenden Parteien indirekt bedroht, da es befürchten musste, dass es durch Feldzüge derer überannt werden würde. Im I. und II. WK ist das ja dann auch passiert.


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Du hattest ein gutes Auge, der Beleg ist wirklich Spitze, und danke für den Link wusste nicht dass FORUM online ist.


    Mein Buch ist mit 673 Seiten eine gehaltvolle Lektüre, voll gespickt mit politischen Scharmüzeln. Bismark machte da ein riesen Wirbel um ein bischen Korn, die Preußen waren aber keinen Deut besser und liessen keine Gelegenheit aus!


    aber dein Theorie hat was ....



    auf bald

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Hallo Zockerpeppi,


    tja, in einem Krieg wird nicht nur mit Waffen, auch in Schrift und Bild, mit dem Mundwerk und gegen den Magen gekämpft. Anbei eine genauere Quelle über den Hergang der Dinge von besagtem Proviantzug.


    http://digital.ub.uni-duesseld…/content/pageview/4634825


    Der soll demnach ursprünglich sogar für die Preussen bestimmt gewesen sein ! Aber eine handfeste Begründung für das Getreidausfuhrverbot nach Luxembourg habe ich immer noch nicht finden können, des is ganz schön schwer. :pinch:


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ich muss die Stelle im Buch wieder finden. Da steht bis aufs Detail drin wann die 'Panne' geschah, wie, wo und wann Bismark informiert wurde. Welcher unserer Diplomaten wann wohin gereist ist, mit wem gesprochen wurde und wann welcher Briefaustausch statt fand


    allerdings nur auf französisch



    super interessante Sache

    Phila-Gruß


    Lulu

  • ein Spitzenstück

    super interessante Sache


    ...jo, finde ich auch und meine bzw. hoffe, dass man irgendwo im Umfeld von diesem ganzen diplomatischen Trallalala evtl. einen Hinweis auf dieses Ausfuhrverbot findet.


    In diesem Sinne: vill succès :thumbup:


    Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis