Unbestellbare Briefe

  • liebe Sammlerfreunde,
    ich zeige hier eine Ganzsache, die von Oldenburg nach Berlin ging. Die Rückseite ist für mich als Preußenstempel-Sammler interessant. Den blauen ovalen Stempel "in Berlin unzustellbar" habe ich bisher noch nicht gesehen. Deshalb habe ich den Brief gerne in meine Sammlung aufgenommen.
    Es stellen sich aber mehrere Fragen:
    1. Welche Michelnummer hat die Oldenburg-Ganzsache?
    2. Wer kennt den schwarzen Stempel links oben "38 P.R. 4 8"? Wo wurde er aufgesetzt?
    3. Nun eine spezielle Frage; ich würde die Ganzsache gerne oben aufschneiden und aufklappen. Dann kann man Vorder- und Rückseite seitenrichtig sehen. Der Brief ist im Moment auf der linken Seite aufgeschnitten. Was ist eure Meinung?
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

  • Lieber Erwin,


    1 und 2 keine Ahnung.


    3 würde ich nicht machen - wenn du es ausstellen willst, dann bitte Scan der Rückseite machen. Alte Briefe oder Ganzsachen zerschneiden würde ich nicht gut finden ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,
    danke für die Antwort. Ich zerschneide normalerweise auch keine Briefe. War nur mal so eine Idee. Wie ist das bei einer Ausstellungssammlung, kann ich auch die Rückseite im Original und die Vorderseite al Kopie darstellen?
    Beste Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,


    selbstverständlich - jeder Sammler entscheidet, welche der zwei Seiten für seine Zwecke die wichtigere ist - und die zeigt er dann im Original und macht von der weniger wichtigen Seite eine Farbkopie, bevorzugt 80% der Größe, damit man gleich sieht, worum es geht.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,
    danke für deine Antwort. Ich habe doch einige Belege, bei denen die Rückseite die interessantere Seite ist. Die würde ich natürlich gerne im Original zeigen.
    Beste Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo preussen_fan,

    Zitat

    1. Welche Michelnummer hat die Oldenburg-Ganzsache?

    es handelt sich entweder um die Nr. U8A (1862, kurze Gummierung) oder U12 (1863/64, lange Gummierung)
    Nach dem Scan würde ich eine U12 vermuten, das sollte aber am Original geprüft werden.



    Gruß
    Michael

  • hallo Michael,
    vielen Dank für deine Antwort. Es ist U12, weil eine lange Gummierung vorhanden ist.
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

    • Offizieller Beitrag

    Hier eine 3 Sgr.-Ganzsache vom 16.8.1853 aus Cottbus, adressiert an den Samtbandfabrikanten Henricy nach Baum bey Lennep, Rheinprovinz.



    Einen solchen Ort gab es bei Lennep (heute Remscheid-Lennep) nicht und der Name war auch unbekannt.
    Dort notierte man
    Sollte Adressat nicht aufzufinden sein so bitte nun den Brief an einen Bandfabrikanten in Elberfeld abzugeben.
    Die Post sandte ihn zunächst verdachtsweise in das nahe gelegene Radevormwald, die dortige Bürgermeisterei notierte
    Der Name Henricy ist in hiesiger Bürgermeisterei gänzlich unbekannt.
    Nunmehr wurde der Brief nicht an den Empfänger zurück gesandt (was die übliche und vorgeschriebene Vorgehensweise gewesen wäre), sondern nach Elberfeld befördert, siehe vorderseitig Elberfeld verte. Dort konnte der Brief offensichtlich an den Adressaten vermittelt werden.
    Für die Idee, den Brief nach Elberfeld zu leiten, gibt es 2 mögliche Gründe:
    Elberfeld war zu jener Zeit ein bekanntes Zentrum der Textilindustrie
    In Elberfeld gab es die bekannte Firma Schlieper & Baum, evtl. vermutete man hier einen Irrtum des Absenders.


    Eine Weiter- bzw. Nachsendung wäre durch die 3 Sgr.-Frankatur gedeckt gewesen. Die vorderseitig sehr groß notierte 1 Sgr.-Forderung interpretiere ich im Moment nicht als Bestellgeld, sondern als eine Portoforderung (Lennep bzw. Radevormwald - Elberfeld liegt < 10 Meilen Entfernung), da diese Leitung nach Elberfeld eben nicht durch einen Nachsendeauftrag des Adressaten bewirkt wurde.
    Höre aber auch gerne andere Interpretationen ...


    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    das Notieren eines Portos auf einem nicht zustellbaren Brief setzt ja immer die Zustellung und damit das Verlassen des Postweges voraus. Wenn aber in Radevormwald keiner angenommen hatte, müsste diese Rechtfertigung wegfallen.


    Von daher ist es erstaunlich, dass man 1 Sgr. angesetzt hat, weil ja über die Entfernung in Preussen 3 Sgr. immer reichten.


    Aber bei meinen recht zahlreichen Nachsendebriefen gibt es in den 1850er Jahren auch welche, die garantiert falsch behandelt wurden und ich könnte es mir so erklären, dass man die Faktenlage nicht ganz im Griff hatte und gleichzeitig befürchtete, zu wenig zu erheben, um dann evtl. Nachporti aus der eigenen Kasse zahlen zu müssen. Da wollte man lieber andere zahlen lassen, die sich im Tarifdschungel des 19. Jahrhunderts noch weniger auskannten.


    In jedem Fall ein hochattraktiver Brief mit toller Geschichte drum herum - dazu noch aus deiner Heimat - was will man mehr? :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Michael,


    auch von hier meinen Glückwunsch zu diesem tollen Vortragsbrief, dass sind Stücke ganz nach meinem Geschmack-Super!! :thumbup::thumbup:

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    danke.

    Zitat

    das Notieren eines Portos auf einem nicht zustellbaren Brief setzt ja immer die Zustellung und damit das Verlassen des Postweges voraus. Wenn aber in Radevormwald keiner angenommen hatte, müsste diese Rechtfertigung wegfallen.

    Ich erinnere mich an eine Fundstelle - die ich leider im Moment nicht wiederfinde - in der die unterschiedliche Behandlung beschrieben wurde.
    Für den Normalfall hast Du sicherlich recht: Der Adressat ist verzogen oder abgereist, hat die neue Adresse hinterlassen und die Post wird dahin weitergeleitet. In diesem Fall fiel ein Weiterleitungsporto nur an, wenn es von der bisher angesetzten Taxe nicht abgedeckt war. Hier wären die 3 Sgr. ausreichend gewesen.
    Wenn ein Brief nicht zustellbar war (Adressat unbekannt oder verstorben), erfolgte die Rücksendung an den Absender kostenfrei. Dies wäre auch bei diesem Brief der Fall gewesen.
    Nun war hier die Adresse aber falsch, den Fehler hatte der Absender begangen. Die Post hätte nun den Brief einfach an den Absender zurücksenden können, wie zuvor beschrieben. Der Postler sah aber eine Chance den Brief noch in Elberfeld zustellen zu können. Diese "Weiterleitung" wurde aber durch die falsche Adressierung ausgelöst und ich meine damals gelesen zu haben, dass in diesem Fall das anfallende Porto extra berechnet wurde.


    Hoffentlich finde ich die Stelle wieder - oder kann hier jemand helfen?!


    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    das ist interessant und kannte ich bis dato noch nicht. Eine Fundstelle wäre klasse, weil ich auch Briefe BY - PR et vice versa habe, die "schepp" gelaufen sind.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    hier ein in Berlin aufgegebener Ortsbrief von 1860, der nicht zugestellt werden konnte.
    Da der Absender nicht ersichtlich war, wurde der Brief amtlich geöffnet. Das entsprechende Siegel AMTLICH GEÖFFNET DURCH DIE OBER-POST-DIRECTION BERLIN ist gut erhalten, der Stempel Unbestellbar stammt ebenfalls von dieser Amtsstelle.
    Als Absender wurde Christian Bettger in Wesel am Niederrhein ermittelt und aussen auf dem Brief notiert.
    Rücksendungen bei unzustellbaren Briefen waren frei, wenn das bezahlte Franko hierfür ausreichte. Da der Brief nur mit 1 Sgr. für einen Ortsbrief frankiert war, wurden 2 Sgr. Portoforderung notiert.



    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    tolles Stück - ich frage mich, warum man nicht den Firmenstempel als Basis der Entscheidung, ihn sofort zurück zu schicken, akzeptierte. Ich kenne das auch anders.


    In jedem Fall sind unbestellbare Briefe, die erst amtlich geöffnet und dann an einen anderen Ort, als den der Aufgabe, remittiert wurden, Schmankerl, die ich liebe (es gibt nur so wenige davon, das ist das "Problem"). Wohl dem, der einen oder zwei zeigen kann. Viele können es nicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    ... ich frage mich, warum man nicht den Firmenstempel als Basis der Entscheidung, ihn sofort zurück zu schicken, akzeptierte.

    auf der Briefaussenseite ist kein Firmenstempel angebracht.
    War ein solcher vorhanden, wurde der Brief ohne Öffnung dorthin zurückgesandt.


    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    ist der schwarz abgeschlagene Stempel im Oval oberhalb der Marke nicht ein Firmenstempel aus Wesel?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    das Interessante an dem Brief ist, daß er von einem Unternehmer aus Wesel stammt, aber in Berlin (Wesel - Berlin ca. 550 km) für das geringe Porto von 1 Sgr zur Post gegeben wurde. Da hat jemand einen ganzen Stapel Briefe entweder nach Berlin mitgenommen oder es wurden einige in einem größeren Brief an einen Vertrauten in Berlin gesandt. Bei nur 10 Briefen hatte man so locker mindestens die Hälfte der ursprünglich 30 Sgr. gespart.


    beste Grüße


    Dieter

  • Hallo Dieter,


    das kann natürlich alles so gewesen sein - oder einer von der Firma hat den Brief morgens komplett an sich genommen und ist mit dem Zug nach Berlin gefahren, wo er ihn aufgegeben hat. Datum des Inhalts und Abstempelung zeigen den gleichen Tag - bei den geschmuggelten Briefen gibt es da praktisch immer eine zeitliche Diskrepanz. Mitgaben "durch Güte" dauerten manchmal viele Tage, ehe sie vergünstigt als Ortsbriefe aufgegeben werden konnten.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,


    Du hast recht, aber der sehr ist so schwach abgeschlagen, dass man den Namen nur vermuten kann.


    Hallo Dieter,


    das Forwarding ist da sicherlich sehr attraktiv gewesen.
    Interessant ist die Kombination aus Unzustellbarkeit und der aus dem Forwarding resultierenden Portoforderung.


    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,


    an Forwarding habe ich nicht gedacht. Mein Gedanke war wirklich der, den Ralph genannt hat. Jemand, der mit dem Zug nach Berlin fuhr, hat 1 oder auch mehrere Briefe mitgenommen. Der Fischhändler aus Wesel hatte sicherlich mehr als 1 Kunden in einer großen Stadt wie Berlin.


    Es kann allerdings sein, daß man 1860 bereits von Wesel nach Berlin mit dem Zug ohne häufiges umsteigen durchfahren konnte. Sehr frühe Abfahrt in Wesel und um 11-12 Vm in Berlin gestempelt, eventuell möglich.


    viele Grüße


    Dieter

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