Von und nach Russland nach dem Postvertrag vom 13.1.1866

  • Lieber Michael,

    oft hat man ja in Preußen Zehntel - Lothschritte notiert, aber das war hier wohl nicht der Fall, weil die 1 vorn und das lange "L" hinten für Loth gesichert ist. Drittel und Viertel scheiden aus, weil das so nicht geschrieben wurde, bleibt nur noch 1 1/2 Loth, schließlich haben wir die Ausschlußmethode doch alle beim Jauch gelernt. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Brief vom 15.10.1867 aus dem finnischen Helsinki ins französische Cognac.

    Nachdem das finnische Großfürstentum 1809 unter die Herrschaft des russischen Zaren geriet, wurde auch das russische Währungssystem dort eingeführt. Im Zuge verschiedener Reformen zur Förderung der finnischen Autonomie wurde zum 1.4.1860 dann wieder eine finnische Währung eingeführt, neben der weiterhin geltenden russischen Währung. Die ersten Münzen in der finnischen Währung 1 Markka = 100 Penniä wurden 1865 in Umlauf gebracht, die ersten Briefmarken in finnischer Währung erschienen am 1.1.1866.

    Der Brief ist mit 112 Penniä = 28 Kopeken voll frankiert. Preußen erhielt hiervon 5 1/2 Sgr. als Weiterfranko: 2 Sgr. preuß. Franko, 1/4 Sgr. für den belgischen Transit und 3 1/4 Sgr. für Frankreich.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    gut, dass ich beim Öffnen des Fensters zu diesem Brief gesessen habe, sonst hätte ich wohl eine Etage unter meinem Sessel Platz gefunden.

    Das ist ja ein Sahnestück erster Kajüte - ein Traum! Ich nehme an, der stammt aus Finnland? ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein unscheinbares Gegenstück zu dem vorigen Brief, bei dem auch die neue finnische Währung Anwendung fand. (Es gibt aus dieser Zeit auch Briefe, bei denen keine Penniä-Taxe zu sehen ist)

    Diesmal ging es 1866 von Hamburg via St. Petersburg nach Helsingfors, Finnland.
    Die Aufgabe erfolgte als Portobrief beim preußischen Postamt in Hamburg, dann ging es im direkten Kartenschluß nach St. Petersburg, dort wurde der Brief einganggestempelt und mit 20 Kopeken Porto belastet. (Zur Erinnerung: Im PV von 1866 waren einfache Frankobriefe auf 4 Sgr. ermässigt worden, Portobriefe kosteten weiterhin 6 Sgr. = 20 Kopeken) Der russische Stempel war in Petersburg im Büro für ankommende Auslandspost 1856-69 im Einsatz.
    In Helsingfors wurde der Brief dann mit 80 Penniä Portobelastung ausgeliefert und erhielt netterweise hier noch einen finnischen Stempel.
    Bei den Stempeldaten erkennt man, dass in Finnland - im Unterschied zu Russland - auch der gregorianische Kalender Anwendung fand:
    Aufgabe in Hamburg am 25.7. abends, Umspedierung in St. Petersburg 16.7. nachmittags (julianisch, entspr. dem 28.7. gregor.), Ankunft in Helsingfors am 30.7.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    Briefe mit finnischer Währungsreduktion kenne ich von Bayern so gut wie gar nicht - da wird es auch von anderen AD - Staaten wenige geben und daher bedanke ich mich sehr für das Zeigen dieser Seltenheit. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    nach dem Postvertrag von 1865 mussten rekommandierte Briefe frankiert werden. Demzufolge muss es sich um einen Frankobrief (siehe auch preußischer Herkunftsstempel FRANCO) handeln, der dem russischen Stempel zufolge, ich meine in Petersburg, am 8.9.1867 aufgegeben wurde.
    Die vorderseitige Taxierung ist mir nicht klar. Auf der Vorderseite stehen üblicherweise Portobeträge.
    Bei einem Frankobrief müsste die Taxierung und damit das Franko auf der Rückseite stehen. Dort befindet sich jedoch keine Taxierung.
    10 Kr. machen auch keinen Sinn. Wenn der Brief in der 2. Gewichtsstufe lag, was bei dieser Größe durchaus sein kann, hätte er 10 Sgr. gekostet (8 Sgr. Franko + 2 Sgr. Rekommandation). Also vielleicht das Franko auf die Vorderseite geschrieben?
    Woher wusste eigentlich der preußische Beamte dass es sich um einen rekommandierten Brief handelte?
    Auch wenn es sich um einen der schönsten Russland-Briefe handelt die ich kenne, wirft er doch einige Fragen auf.

    Grüsse von liball

  • Hallo liball,

    ein WUNDERBARER Brief - in jeder Beziehung perfekt.

    Ich denke, dass es ein Brief des Zarenhauses war (hinten Doppeladler?), der wegen der aktiven und passiven Portofreiheit von Absender und Empfänger kostenlos lief. Dafür spräche auch die Rekommandation, die beim Zarenhaus aus Gründen der Staatsraison angebracht wurde, auch wenn kein Postschein gezogen wurde. Auch in Bayern waren alle Schreiben des Königs prinzipiell als rekommandirt zu betrachten.

    Alternativ biete ich an, dass der Absender nicht aktiv portobefreit war, aber der König von Württemberg natürlich passiv portobefreit war. Wenn der Brief daher mit einer Taxe belastet nach Württemberg lief, hatte nicht der Empfänger, sondern die württ. Postverwaltung für den Ausgleich zu sorgen - es zahlte also nicht der König, sondern seine Post für ihn das Porto. Ich halte diese Variante für denkbar, aber nicht für sehr wahrscheinlich.

    Woher die Preußen wussten, dass es ein Reko-/Porto-/Frankobrief war? Ich denke, weil er so in der Briefkarte stand. Er lief ja definitiv unter Rekomamndation und alle Rekobriefe waren in den Briefkarten mit Namen des Absenders und Empfängers aufzuführen.

    Es wäre toll, wenn man das Siegel zuordnen könnte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    ein herrlicher Brief!

    Leider ist die Rückseite nicht vollständig abgebildet. Befindet sich dort noch eine (evtl. kleine) Zahl, vermutlich in schwarz? Das wäre ein Hinweis darauf, dass der Brief als Einschreiben aufgegeben wurde.
    1867 gab es in Russland noch nicht die Recommandation im Sinne der deutschen Staaten, es handelte sich eher um "versicherte" Briefe. Reco-Stempel kamen erst später auf, es wurde aber verschiedentlich vom Absender vorderseitig "Recommandirt" notiert.

    Ich teile die Vermutung von bayern klassisch, dass der Brief von von einer hochgestellten Familie (evtl. sogar vom Herrscherhaus?) aufgegeben wurde und daher portofrei lief. Dies wurde in aller Regel nicht extra notiert, für die preußische Post war es ersichtlich an der besonderen Behandlung dieser Briefe.
    Die vorderseitige "10" ist sicherlich nicht von russischer Hand, die Sgr.-Taxe entspricht einem Einschreiben der 2. Gewichtsstufe. Die doppelte Streichung deutet an, dass der Betrag nicht eingezogen wurde.

    Der Aufgabestempel stammt vom Warschauer Bahnhof in St. Petersburg, eingeführt im April 1867.

    NB: Der Brief lief doch gar nicht nach Bayern !? ;)

    Gruß
    Michael

  • NB: Der Brief lief doch gar nicht nach Bayern !?

    Lieber Michael,

    aber über Bayern! :P:P Wer den nicht gerne hätte, als Russland-, Württemberg- oder Transitsammler, sollte sich sein Lehrgeld auszahlen lassen. :D

    Wenn man jetzt nur noch das Siegel zuordnen könnte ...

    Gibt es in Russland ein philatelistisches Forum?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch und Michael,

    auf der Rückseite befindet sich außer den beiden Stempeln keinerlei Schriftzeichen oder Zahlen. Das Siegel habe ich nochmals mit einer besseren Auflösung eingescannt.

    Ich habe zwar das Buch von Dobin, darin habe ich aber den Warschauer Bahnhof von St. Petersburg nicht gefunden. Michael in welchem Buch kann ich dies finden.

    Neuerdings sammle ich auch Briefe nach Württemberg, da ich derzeit eine Sammlung über die Entwicklung der Postverbindungen zwischen Russland und den süddeutschen Staaten aufbaue.

    Grüsse von liball

  • Hallo liball,

    ich lese klar A. S. auf dem Siegel - leider habe ich keine Ahnung, wer sich dahinter verbergen könnte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    wenn der Brief auch rückseitig keine Nummer aufweist, würde ich davon ausgehen, dass er erst von der preussischen Post als Reco-Brief behandelt wurde, vermutlich wegen des Adressaten.

    Den Stempel vom Warschauer Bahnhof findet man in
    Dobin / Ratner: From the History of the Saint-Petersburg Post 1703-1914
    und in
    Baillie / Peel: St. Petersburg: The Imperial Post - its postmarks and other postal markings 1765-1914

    Gruß
    Michael

  • Liebe Sammelfreunde

    einen Brief, wo ich nicht mal weis, wo er geschrieben wurde, habe ich nun auch bekommen. Das einzig was ich erkennen kann, das der Brief aus August 1872 stammt und mit 28 Kopeken frankiert wurde, also für einen doppeltschweren Brief.
    Der Zielort Magdeburg, hat mich bewogen den Beleg zu bekommen.

    Wer kann mir noch was dazu sagen - vorallen zu den vielen Stempel siegelseitig. Auch der Aufgabeort wäre wichtig und wann.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ulf,

    Glückwunsch zu dem Schmuckstück!

    Die rückseitigen Stempel geben folgendes her:
    Die Aufgabe erfolgte am 9.8.1872 (jul.) beim mobilen Postamt auf der Strecke Kozlov-Saratov angenommen.
    Am selben Tag wurde der Brief weiter auf der Strecke Woronesch-Moskau befördert.
    In Moskau erfolgte am 10.8. wieder eine Umspedierung, leider kann ich diesen Stempel nicht genau zuordnen.
    Weiter ging es dann am 11.8. über die Strecke Orel-Dinaburg Richtung Baltikum, wo dann anschließend die Übergabe auf den Haupt-Leitweg nach Preußen, Richtung Eydtkuhnen erfolgte. Dort erhielt er dann auf der preußischen Seite den bekannten Grenzeingangsstempel.

    Gruß
    Michael