Bankiers und Banken

  • @BK , Fortsetzung folgt


    Ich hatte Richard von P.S versprochen Klassisches zu zeigen. Da ihr aber nicht alle dort rein schaut, stelle ich meinen Beitrag auch hier ein. Ich nutze wie ihr das gewohnt seid die Gelegenheit um euch den Empfänger näher vorzustellen. Den Einkauf tätigte ich für meine Luxemburg, Land u. Leute Sammlung.


    Der Brief ging ab LUIK (Lüttig/Liège), roter Einzeiler auf der Vorderseite in Belgien nach Luxemburg an den Advokaten De La Fontaine. Ein glücklicher Fund, denn das Schreiben aus dem Jahre 1828 bezieht sich auf einen Prozess einer Witwe Metz gegen meinen Lieblingsbankier J.P. Pescatore. Das Porto belief sich auf 25 cts Portostufe laut Postverordnung vom 12.12.1826. Auf der Rückseite befindet sich lediglich ein roter Zweizeiler FRANCO LUXEMBOURG.


    Hier nun einige Daten betreff den Empfänger Ignace de la Fontaine (6.1.1878 - 11.2.1871) : 1807-1810 Jura Studium in Paris , 1810-1842 Jurist zu Gericht in Luxemburg , 1816 Mitglied des Provinzialrates , 1830-1831 treuer Anhänger während der belgischen Revolution von Guillaume I, König der Niederlande und Großherzog von Luxemburg , 1841-1848 Gouverneur von Luxemburg, 1.8.1848 – 2.12.1848 Vorsitzender der ersten Regierung Luxemburgs , 1849-1851 Mitglied des Gemeinderates von Luxemburg Stadt, 1857-1868 Vorsitzender des Staatsrates (conseil d’Etat)


    Erwähnen sollte man noch dass er Gründungsmitglied des Chemin de Fer Guillaume Luxemburg war. Er wurde zeitlebens mehrmals geehrt: Kommandeur des belgischen Leopold Ordens, Träger des preussischen roten Adlerorden, Träger der „Grande Croix“ de l’ordre de Couronne de chêne, Orden der von Guillaume II 1841 ins Leben gerufen wurde.


    Als altes Zeitdokument kann ich euch einen Urlaubspass des Königlich-Großherzoglich Luxemburgischen Bundes-Contingent, Jäger Bataillon 4 Kompagnie aus dem Jahre 1846 zeigen. Unterschrieben wurde der Pass vom Kommandanten und vom Gouverneur des Großherzogtums De La Fontaine. Ich denke mir ihr seid neugierig wie De La Fontaine aussah, deshalb noch eine Gedenkkarte aus dem Jahre 1956.

  • Hallo Lulu,


    um so eine "kleine" Zusammenstellung zu finden, bedarf es schon eines großen Finderglücks! Allein der Paß ist schon nicht leicht zu finden - ich habe in 30 Jahren von Bayern nur eine Handvoll gesehen und Prominente Paßträger waren natürlich nicht dabei. Auch den Brief mag ich sehr, gerade weil er, was ich so nicht kannte, einen Franko - Stempel auf der Siegelseite aufweist. Tolle Sache. :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Freunde,


    tolle Arbeiten ! :thumbup: Sehe bei Zockerpeppi sehr viel Mühe und Arbeit, die sowohl in der Rechereche als auch in der Präsentation stecken. Für meinen Geschmack sehr sehr gelungen, was auch mal gesagt sein soll.


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Von der Philatelie zur Ahnenforschung


    So mancher Einkauf erweist sich erst beim zweiten Blick als hoch interessant. Vorstellen möchte ich euch nun folgenden Vorphilabrief aus Belgien nach Luxemburg: Faltbrief ab Brüssel, abgestempelt in rot am 5 FEV 1832. Zweizeiler BRUSSEL FRANCO. Das Porto von 30cts auf der Rückseite. Dies war das gängige Porto laut Postverordnung vom 12.12.1826 für Briefe Brüssel-Luxemburg.




    Eigentlich hatte ich diesen Beleg für meine Notar-Sammlung gekauft. Der Brief ist adressiert an Monsieur André Weydert, Notar in Grevenmacher. Links ein Vermerk: Aushändigen an M. Weydert Friedensrichter in Berg. So richtig interessant ist das Innenleben. Die Aufarbeitung hat viele Stunden in Anspruch genommen und sich über Wochen hingezogen. Wichtig die Anrede und die Unterschrift des Briefes : cher Père und votre … fils Berger



    Da schreibt ein Sohn Namens Berger an seinen Vater Namens Weydert! Wie kann denn das sein? Nun galt es die Familienverhältnisse zu klären. Einen “Berger“ Stammbaum hatte ich irgendwann gekauft da es eine Bankiers Familie Namens Berger gab, welche die Luxemburger Finanzwelt ganz schön aufgemischt hatte.



    Nicolas Berger, Sohn von Berger Nicolas, Postmeister und Angelica Weydert beide gebürtig aus Roodt.


    Die erste Theorie war dass der Postmeister u. Mann von Angélica den Brief an den Schwiegervater geschrieben hat. Die zweite Theorie war dass Berger Junior den Brief an den Großvater geschrieben hat. Aufschluss gab schlussendlich der Stammbaum der Familie Weydert, wobei eine Frage nach wie vor ungeklärt bleibt.


    Angélica (Angele) Weydert hat 1796 Berger, den späteren Postmeister, geheiratet. Aus dieser Ehe entstammt Nicolas, geboren am 2 Januar 1800. Der Vater verstarb laut Stammbaum Weydert am 4.2.1800. Angélica hat dann 1801 ihren Vetter Jean Baptiste Weydert, von Beruf Friedensrichter, geheiratet. Aus dieser Ehe gehen 6 Kinder hervor, u.a 1803 André der Erstgeborene. Somit ist Weydert der Stiefvater von Nicolas Berger und der Notar André sein Stiefbruder. Ungeklärt bleibt die Identität des leiblichen Vaters von Nicolas, dem Postmeister. Laut Stammbaum Berger war sein Name Nicolas, laut Stammbaum Weydert Joseph. Verstorben ist er wie erwähnt am 7.2.1800.


    Laut einer anderen Quelle erfolgte die Ernennung zum Postmeister von Nicolas Berger offiziell am 7.3.1800. Wie kann ein Verstorbener als Postmeister ernannt werden? Sowohl das Datum als auch der Vorname passen nicht. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Sicher ist aber dass Nicolas Berger (Junior) der Schreiber ist, beide Stammbäume führen die gleichen Daten in Bezug auf seine Person.




    Nicolas Berger hatte sich in Arlon niedergelassen. Er hatte Jura studiert und übte diverse Ämter aus: Friedensrichter, Richter, Instruktionsrichter, Erster Vorsitzender des Tribunals in Arlon. Er hatte auch einige politische Ämter inne und diesbezüglich verweilte er oft in Brüssel. 1840 gründete er mit seinen Söhnen die Banque Berger.

    Phila-Gruß


    Lulu

  • @ Pälzer


    Danke für den Link, aber diese Branche der Berger passt irgendwie nicht. In Anhang der Auszug aus dem Stammbaum von Angelica. Ihr Mann war gebürtig aus Lothringen. Vielleicht war Nicolas Vater ja gar nicht Postmeister . Einer der Stammbäume weist einen Fehler auf. Mit etwas Geduld finde ich das aber auch noch heraus.

  • liebe freunde, liebe @lulu,


    bitte weitere so tolle Belege hier vorstellen besonders die recherche ist super :):)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Für die Sophy Fans! Bayern Social darf sich freuen, einer meiner Funde aus Sindelfingen


    Faltbrief unterschrieben von Rosenthal, ab Amsterdam abgestempelt am 2 Juni 1886, Ankunft in Basel am 3.VI. 86 .Frankiert à 12einhalb cent




    Lippmann, Rosenthal & Cie


    Als ich vor einigen Monaten bei einem Niederländer nach dieser Bank fragte, sagte er ziemlich verächtlich: die Nazibank. Ich hatte natürlich meine Hausaufgaben gemacht und erwiderte: ja, die Nazibank aber vor 1900 als noch niemand auch nur an Nazis gedacht hat. Seitdem war es mir schon peinlich nach dieser Bank zu fragen. So auch wieder in Sindelfingen, ich fragte einfach nur nach Niederlande vor 1900. Einer der Händler wusste dass ich auf Banken spezialisiert bin und frage so ganz nebenbei ob ich etwas Bestimmtes suche. Ich habe mich dann geoutet und der Händler meinte nur dieser Name sei ihm nicht geläufig. Zwei Minuten später hatte ich einen ersten Beleg gefunden und gleich drauf einen zweiten. Und somit ging eine längere Suche zu Ende.


    Léo Lippmann wurde 1808 geboren in Luxemburg. Er war im Familienbetrieb Lippmann, père et fils, einer Handschuhfabrik, tätig. Leo ist irgendwann nach Amsterdam übergesiedelt und hat dort 1834 geheiratet. Schon 1840 ist er hier als Bankier bekannt. Am 1 März 1859 gründet er mit George Rosenthal (Hannover 8.4.1818 – 10.9.1909) das Bankhaus Lippmann, Rosenthal & Cie. Die erste Adresse der Bank war in der Nieuwe Herengracht 111. Im Jahre 1869 wurde der Hauptsitz in die Nieuwe Spiegelstraat 6 verlegt. Rosenthal war u.a auch einer der Direktoren der 1856 in Luxemburg gegründeten Internationalen Bank. Beide Bankhäuser hatten bis 1908 enge Geschäftsverbindungen. Léo Lippmann war u.a auch Direktor mehrerer holländischen Eisenbahngesellschaften. Er fungiert als Konsul Luxemburgs in La Haye. Seiner Geburtsstadt bleibt er immer treu. Per Testament vom 20.4.1878 vermacht er seine Gemälde Sammlung der Stadt Luxemburg. Er verstirbt am 11.11.1883 in Amsterdam und wird am 15.11.1883 in Luxemburg auf dem jüdischen Friedhof in Clausen beigesetzt.


    Im Anhang noch ein Bild von Rosenthal aus dem Buch Banque Internationale une banque raconte son histoire. Von Lippmann habe ich nichts gefunden außer dem Grabstein. Habe schon ein Foto in Auftrag gegeben.


    Phila-Gruß


    Lulu

  • Liebe Lulu,


    bitte hilf einem alten Sammlerhirn: Rosenthal und Lippmann sind zuwei typisch jüdisch - deutsche Familiennamen. Wieso sollte die Bank dieser Banquiers eine "Nazibank" sein?

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Für die Sophy Fans! Bayern Social darf sich freuen, einer meiner Funde aus Sindelfingen



    Liebe Lulu,


    ja mit solch interessanten Hintergründen kannst Du mich immer begeistern..... :P:P


    Kann ich die Frage von @BK schon beantworten, weil die Bank eben 1886 noch keine Nazibank war, da die Nazis eben erst ca.40-50 Jahre später auf die Bühne traten, genau dieser Aspekt macht den Beleg für mich besonders reizvoll :)


    Für heute einen tollen Geburtstagsabend mit Deinem "Spatz" ^^

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Das erkläre ich dir dann später. Mein Spatz feuert heute Geburtstag und wir gehen aus


    Liebe Lulu,


    ich könnte die passende Katze dazu mitbringen, wenn du mir Zeit und Ort verrätst. :thumbup::thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Da bin ich nun.



    Die Bank war solide und hatte sich einen guten Namen in der Branche gemacht. Dann kamen die Besatzer und haben mit dem Namen der Bank Schindluder getrieben. Ich kann durchaus verstehen wenn der Name Lippmann, Rosenthal & Co einen Niederländer aufhorchen lässt und quer im Magen liegt. Aber so gesehen hatte die ursprüngliche Bank selbst mit den Geschehnissen ab 1940 natürlich überhaupt nichts zu tun. Sie wurde deutscher Verwaltung unterstellt und man staune 2 jüdische Gesellschafter arbeiteten dort ungehelligt bis Kriegsende. Mich interessiert die Bank nur wegen Lippmann dem gebürtigem Luxemburger und Rosenthal. Das ganze bis 1908


    Hier ein Link zu Wiki der die ganze Problematik erklärt :


    http://de.wikipedia.org/wiki/L…al_%26_Co._Sarphatistraat




    und was die Katze angeht :D

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Liebe Lulu,


    traurige Geschichte - jetzt verstehe ich.


    P.S. Falle eine Katze nicht ausreicht für deinen Spatz, gibt es hier Nachschub. :D:D:D

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Fortsetzung , diesmal ein freudiges Ereigniss ^^


    Ich hatte wieder einmal (ungewollt) ein glückliches Händchen. Folgende unscheinbare Ganzsache habe ich bei Delcampe entdeckt.



    Abgestempelt am 11.1.1890 in Amsterdam nach Luxemburg, Ankunft am selben Tag spät abends. Was ich so noch nie gesehen habe: die Vorderseite ist in blau eingefärbt und die Rückseite neutral Cremefarben. Ist das üblich so oder eine Besonderheit? Nun denn !


    Der Name des Empfängers war mir natürlich sofort aufgefallen. Ein Griff in meine Bibliothek und ich hatte Gewissheit. Das Schreiben geht an Director C. Türk, Direktor der Internationalen Bank in Luxemburg.In Anhang ein Bild von C.T


    Auf die Rückseite hatte ich keine Einsicht. Umso größer meine Freude als ich das Fundstück heute aus meinen Briefkasten entnahm. Den Text kann ich nicht 100pro lesen: Max Fuld ist Tags davor wohl Vater geworden. Der Schreiber `R‘ berichtet am 10.1.90 dass Mutter und Kind wohl auf sind.


    Nun habe ich gegoogelt: der vermeintliche Schreiber R ist Georg Rosenthal (Post 101) von Lippmann, Rosenthal & Co, Max Fuld der Schwiegersohn und das Neugeborene Edgar Fuld (9.1.90).


    Hier ein Link in niederländischer Sprache: http://www.iisg.nl/ondernemers/pdf/pers-0502-01.pdf



  • Hallo Zockerpeppi,


    kenne das auch wenn das was man gut für die Sammlung braucht endlich sicher im Briefkasten liegt, geht immer so schön runter wie Öl.


    Der in der Tat nicht so locker lesbare Text:


    Frau Maxi(milia?) Fuld ist gestern Abend von einem prächtigen Knaben entbunden. Mutter + Kind sind gottlob wohl ! Besten Gruß


    R.


    + Gruß!


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Lulu,


    tolles Stück und in der Zweifarbigkeit mir nicht vorher bekannt. Technik war alles, schon damals.


    Kleine Korrektur zu der sehr guten Transkription: Max Fuld ist richtig - damals waren die Männer so wichtig, dass man auch hier bei der Geburt nur schrieb "Frau (von) Max Fuld", ohne ihren Namen zu nennen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Danke euch beiden für die Lesehilfe . Auf "prächtigen Knaben entbunden" hätte ich gestern nicht getippt.


    Bei einem Mädchen wäre die Karte vielleicht rosa gewesen :P

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Bei einem Mädchen wäre die Karte vielleicht rosa gewesen :P


    Liebe Lulu,


    Ja das könnte doch sein, stell Dir vor die stolzen Eltern haben wirklich noch ein Mädel bekommen und Du findest die Karte in rosa....... 8o8o




    .... :P:P:P Die Seite wäre nicht mehr zu toppen :P:P:P


    Ein bischen Träumen darf ja auch schon mal sein..... ;)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"