Preußen - Innendienstformulare

  • Lieber Erwin,

    das traf auf Normalbriefe zu - hier war es aber ein Wertbrief über 345 Thaler, da musste man doch wissen, wer ihn aufgegeben hatte, oder anders gefragt, was konnte der Empfänger dafür, dass die Aufgabepost dem Absender das falsche (zu niedrige) Franko abkassiert hatte? Also ich würde da gar nichts zahlen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    in Preußen war der Empfänger verpflichtet das Fehlfranco bei der Fahrpost auszugleichen oder er benannte den Absender und übergab der Post den Umschlag, und sie zog es beim Absender ein.

    Beste Grüße Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    wenn das Fehlporto nicht schon bei der Aufgabepost festgestellt wurde, war die normale Vorgehensweise von Seiten der preußischen Post:

    1. Einforderung vom Adressaten

    2. verweigerte der Empfänger dies, hatte er den Absender zu benennen und das Couvert an die Post auszuhändigen, diese zog das restliche Porto dann vom Absender ein

    Wäre in diesem Fall aufwendiger, da ein Franko-Defekt an die T&T-Post zu übermitteln war.

    Gruß

    Michael

    Bernd - mit wie üblich, einer guten Quellenangabe - war etwas schneller ... :)

  • Liebe Freunde,

    vielen Dank für die Aufklärung - das machte man wohl bei den DÖPV - Staaten mal so, mal so.

    Interessant! :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier eine Rückmeldung von 1867 des nunmehr preußischen Postamtes Hildesheim. Bei der Bearbeitung auf der Strecke Berlin-Minden wurde von dem Eisenbahn-Postbeamten Ehlert vergessen, einen recommandierten Brief in die Briefkarte einzutragen. Dessen Stellungnahme: den rec. Brief habe ich aus Versehen nicht eingetragen u. bitte dies zu entschuldigen.

    Dem Beamten wurde ein Verweis erteilt und der Beleg zu seiner Personalakte hinzugefügt.

    Von der Bahnpost fehlte mir so etwas noch, daher mein Fang des Monats. :):)

    Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,

    Glückwunsch zu des Contrasammlers Traum. :thumbup::thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    danke. Nebenbei zeigt das Dokument auch, dass eingeschriebene Briefe direkt am Zug bzw. bei Eisenbahnpostämtern aufgegeben werden konnten Daher freue ich mich sehr über dieses ansonsten recht unspektakuläre Blatt Papier. :)

    Gruß

    Michael

  • Hallo zusammen,

    ein - sagenhaftes - Dokument einer der Zeit, wo im wahrsten Sinne des Wortes noch "alles in Ordnung war". Man stelle sich jetzt mal vor, das Einschreiben wäre unter den Händen des Postbeamten Ehlert verloren gegangen. Potzblitz ! Wie wäre der Dienstherr dann wohl mit ihm verfahren...eueueu...

    Heute gibt`s dafür keine Verweise, ne-ne-neee, da gibt`s an den Geschädigten ein Brief auf Recyclingpapier mit einem rührenden "Das tut uns Leid". Konsequenzen für irgendjemand ? Na was denn ? Natürlich keine ! :S

    Und wer jetzt meint, das wäre Unrecht, tja, der sollte sich dann besser mal bei der aller-aller-höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung unseres Landes schlau machen:

    Er (der Geschädigte) trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine "Leute" vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

    Prima, man fährt ja immer mit seinem Reco mit und hat immer alles selbst im Auge ;)

    Er wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Einlassungsobliegenheit nicht verletzt, obwohl sie nicht konkret dargelegt habe, wann, wo und wie die abhandengekommene Einschreibsendung auf ihrem Beförderungsweg außer Kontrolle geraten sei.

    Genau, das würde bei dem einen odern anderen Frachtführjobber evtl. einen unmenschlichen burn-out auslösen =O

    Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung zutreffend darauf gestützt, dass die Sorgfalts- und Organisationspflichten der Beklagten im Massengeschäft des Briefdienstes geringer anzusetzen sind als bei anderen Arten des Transports. Der Umstand, dass die Beklagte im Briefdienst keine umfassenden Schnittstellenkontrollen durchführt, rechtfertigt nicht den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens.

    Ja woher denn auch ! Postautomatisierung, Digitalisierung, Barcodelabels, Sendeverfolgung etc. etc. sind`s doch sowieso alles nur ineffizienter Schnickschnack, mit dem man, wenn`s drauf ankommen tun tut nix anfangen kann. Des is doch loggisch ! 8)

    Wie der Senat entschieden hat, bedarf es bei der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen keiner durchgängigen Ein- und Ausgangskontrollen. Bei der Briefbeförderung steht die Übermittlung der im Brief enthaltenen individuellen Gedankenerklärung im Vordergrund.

    Klar, wer irgendwas von Wert hineingelegt hat, Leute, Leute, der lebt doch sowieso gar weit hinter`m Mond. ^^

    Dem Versender eines Briefes erwächst aus dessen Verlust - anders als dem Versender eines verlorengegangenen Pakets - im Allgemeinen kein materieller Schaden. Dementsprechend besteht bei Briefsendungen für Dritte in der Regel auch kein besonderer Anreiz, sich den Inhalt der Sendungen anzueignen, um sich zu bereichern.

    Also bekommt`s der Kollege "Schlendrian" zum guten Schluss auch noch den Heiligenschein aufgesetzt. Heißt für alle: Weiter so ! :saint:

    Wer sich den Volltext antun möchte bitteschön <X

    https://openjur.de/u/77179.html

    Viele Grüße

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    3 Mal editiert, zuletzt von Pälzer (25. Juli 2020 um 23:47)

  • Liebe Freunde,

    ein verlorenes Einschreiben kostete in Bayern 24,5 Gulden in der Markenzeit (in Preussen wohl das Äquivalent in Thalern und Groschen). Solche Dokumente muss man, wie Michael richtig schreibt, auch zwischen den Zeilen lesen (können), um aus ihnen ein Wissen aufzusaugen, das es nirgendwo sonst "live" gibt (und entsprechende Vorschriften müssen erst einmal gefunden werden!).

    Lieber Tim,

    Richter sind unabhängig - richtig? Sind die, die bestimmen wer Richter wird, auch unabhängig? Wohl eher nicht, denn das sind Politiker und eben diese haben durch die Privatisierung ("privare" ist lateinisch und heißt auf deutsch "berauben") natürlich Präferenzen, die sie im Falle eines Falles, wie hier, auch unmissverständlich dokumentieren.

    Wenn der Tenor dieser Revision geltendes Recht geworden ist, braucht man nie mehr ein Einschreiben zu verschicken, denn ist der Inhalt nichts wert, ist eh egal, was mit der Sendung passiert und der geforderte Preis/Aufschlag ist viel zu hoch und ist der Inhalt etwas wert, ist die Versendung per Einschreiben sinnentleert.

    Vielen Dank (wenn auch "off-topic") für dieses Skandalurteil, an dem wieder so viel an den Haaren herbei gezogen wurde, dass zukünftig Perückenbauer wieder Hochkonjunktur als Ausbildungsberuf bekommen könnten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    ich dachte eigentlich immer, Gerichtsurteile sollen vordergründig auch einen Edukationseffekt haben, das Ding hier geht so ziemlich nach hinten los, Wasser auf die Mühlen des Kollegen "Schlendrian. Warum komm` ich altbackener Altpostgeschichtler off topic mit so modernem Zeugs daher ? Um vielleicht einmal zu verdeutlichen was ein Frachtführer damals vor 170 Jahren im Vergleich zu heute für eine Verantwortung getragen hat. In Preussen waren nach dem Postgesetz von 1852 beim Einschreibeverlust 14 Taler, laut Postvereinsvertrag 24 1/2 Gulden zu ersetzen, aber was war das ? Das war etwas mehr als die Hälfte des Monatseinkommens von Postbeamten des mittleren Dienstes !

    Haftung für Schäden, die durch nicht ordnungsgemäße Ausführung ihrer Dienstleistungen entstehen, waren und sind gesetzlich auf den Umfang beschränkt, der sich aus den Vorschriften des Postgesetzes ergibt. An dieser, später auch im Reichspostgesetz 1871 aufgenommenen Sonderstellung hat sich bis heute im Zuge der Privatisierung der Post - eigentlich - nichts geändert. Aber warum wohl hat man mehr als nur das Gefühl, dass damals weitaus sorgfältiger mit den Dingen umgegangen werden musste ? Siehe hierzu eben jenen Vermerk des Beamten Ehlert in @Michaels Klassebeleg.

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... ja, das waren halt noch Staatsposten, die ihre Leute unter Kontrolle hatten. Heute weiß die Post nicht, wer sie gestern ausgetragen hat und die Unterschriften der Kunden zu imitieren ist längst keine Urkundenfälschung mehr, sondern noch nicht einmal ein Kavaliersdelikt, denn Delikt klingt ja so schrecklich negativ und strafbewehrt ... sic transit gloria mundi/postae!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.