Postzeitungen, Zeitungssachen und über das Zeitungswesen

  • Liebe Freunde,


    ich habe den Titel dieses Threads in den Plural gesetzt, weil ich hoffe, mehr als nur meine, kleine Postzeitung hier zu sehen.


    Interessant an diesen Postzeitungen (ich kenne keine Handvoll) ist die Kommunikation "zwischen den Zeilen", also weg von der amtlichen VO, hin zu Praxisthemen.


    Wer diese hier vorderseitig genau liest, bekommt etwas mit, was er nirgendwo sonst finden wird ...

  • Liebe Freunde,


    heute zeige ich eine Brief der Expedition des Würzburger Abendblattes an das Kgl. Revier Aura, Post Burgsinn, vom 20.8.1866.


    Neben der breitrandigen Marke tätigte ich den Sofortkauf Minuten nach dem Einstellen in die Bucht, weil der Inhalt offensichtlich noch vorhanden war und dieser evtl. etwas mit dem Krieg von 1866 zu tun gehabt haben könnte. Leider war dem nicht so, aber den Kauf habe ich nicht bedauert, weil er ja thematisch in meine Mini-Sammlung "Zeitungswesen in Bayern" passt.

    Aura im Sinngrund liegt 3 km westlich von Burgsinn und hat heute 960 Einwohner, damals sicher weniger. Der Brief kam am selben Tag in Burgsinn an und wurde wohl durch den Landpostboten am Folgetag ausgetragen.

    Verschlossen ist er durch eine wundervolle, grüne Signette "Die Expedition des Würzburger Abendblattes" und der Inhalt ist eine sehr hübsch gedruckte Rechnung über Insertionen. Nur wenn der Inserent die anfallenden Gebühren/Kosten kannte und im vorhinein bezahlt hatte, konnte ihm die Zeitung die Quittung hierüber frankiert zusenden. Das rechnerische Procedere lässt sich im Inhalt gut nachvollziehen.

    Leider weiß ich nicht, ob Aura auch zu den an Preussen kurze Zeit später abgetretenen Orten gehörte.

  • Hallo Ralph,

    Aura im Sinngrund ist zwar die Nachbarortschaft von Burgjoss, wurde aber nicht an Preussen abgetreten. Die Grenze verläuft zwischen beiden Ortsachaften.

    Gruß

    Udo

  • ... vielen Dank für eure wertvollen Infos - wieder etwas dazu gelernt. :):)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    heute darf ich 2 Zeitungssachen zeigen, die an Sittl gerichtet waren und die die Bestellung je eines Exemplares seines Generalanzeigers zum VO-Blatt Bayerns zeigen sollten.

    Der Preis dafür war 36 Kreuzer und Sittl hatte jede Postexpedition bzw. jede Poststelle angeschrieben und für sein Produkt geworben. Sagte einem Postexpeditor der Preis und das Gebotene zu, und das war sicher mehrere Hundert Mal der Fall, dann hatte er die Möglichkeite:

    a) 36 Kr. per Postanweisung an Sittl zu senden,

    b) 36 Kr. bar in Münzen beizulegen (nicht ganz legal als Briefpost!), oder

    c) 36 Kr. in Marken (auch nicht ganz legal als Briefpost).


    Wie Franz Xaver Lang, Postexpeditor in Metten, das am 2.1.1865 machte, geht aus dem Inhalt leider nicht hervor, aber Sittl (blaue Kreide) notierte später "278" und eine Null-Paraphe, so dass seine Zahlung eingegangen sein musste.


    Am 16.12.1864 bestellte der Ganghofer Posthalter auch ein Exemplar von Sittl, ohne sich darin auszulassen, wie er zu zahlen gedachte, aber Sittl notierte hier "172" und auch das Relikt einer Null-Paraphe, so dass auch hier die ordentliche Zahlung unterstellt werden kann.


    Außer diesen Rücksendungen von Sittl´schen Zeitungssachen kenne ich sonst keine - und hätte Herr Peschl damals nicht diesen Fundus eingesackt, gäbe es heute wohl gar keine mehr. Ich denke, dass es ca. 300-400 dieser Zeitungssachen gibt/gab und wer eine schöne hat, sollte sie nicht aus der Hand geben. Für jeden Heimatsammler sind diese ein Schmankerl und für alle anderen auch.

  • Lieber Hermann,


    großes Kino - wunderbar. :love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    heute stelle ich einen Bestellzettel für den General-Anzeiger zu den Verordnungsblättern der k. b. Verkehrsanstalten von Carl Sittl (Passau) vor, wie ich ihn noch nicht gesehen habe. Mit diesem Bestellzettel, der an sich als Zeitungssache portofrei war, konnten die angeschriebenen Posthalter/Postexpeditoren/Postverwalter usw. bei dem Postassistenten Carl Sittl Literatur bestellen, die ihnen ihren praktischen Dienst erleichterte und somit das Suchen in manchmal zig Jahre alten Verordungsblättern ersparte.

    Sittl hatte sich seine Werke von der Oberbehörde amtlich absegnen lassen und bot diesen Dienst um 36 Kreuzer feil. Interessierte, wir kennen ca. 250 dieser Bestellzettel dank Herrn Peschl, hatten nun folgende Möglichkeiten:


    1. Sie fügten 36x in Marken dem Zettel bei, verschlossen diesen und schickten ihn kostenlos an Sittl zurück,

    2. Sie überwiesen per Postanweisung 36x an Sittl (der dann wartete, bis die Postanweisung mit dem Geld bei ihm in Passau eintraf), oder

    3. Wir haben einen Fall wie diesen vor uns - er läßt uns knobeln, wie Sittl an seine 36x kam, denn der Rücksender war Franz Maier, Posthalter in Tittling, wenn ich das richtig lese und der hatte ein Exemplar bestellt, aber den Bestellzettel offen an Sittl zurück gesandt.


    Was in Bläuel vermerkt wurde, vorne wie hinten und außen, dürfte von Sittl selbst stammen - der Posthalter hatte ja in sepia Tinte geschrieben. Aber Sittl notierte ein Exemplar oben, machte darunter eine Buchhalternase für erledigt und vermerkte hinten eine 9, vlt. die Auftragsnummer, die er im Nachhinein vergeben hatte.


    Lustig ist für mich als Contra-Sammler die Tatsache, dass alle andere ca. 249 Bestellzettel vorne - wie es die Vorschrift war - den Aufgabestempel (hier: Tittling) zeigen. Siegelseitig beweist der Passauer Ankunftsstempel, dass er schon mit der Post befördert wurde, ein Einschluß war also nicht getätigt worden.

    Wieder eine kleine Seite für die Contraventions-Sammlung der Markenzeit ...

  • Guten Abend zusammen,


    so ganz sicher bin ich mir nicht, ob der Beleg anbei hierher gehört. Aufgegeben wurde er am 2. Mai 1871 in Ludwigshafen, es wurde damit offenbar gegenüber dem Bürgermeisteramt Lambsheim per Nachnahme ein Inserat im Pfälzischen Kurier abgerechnet. Vorderseitig wurden dafür 45 Kr Nachnahme und 6 Kr Gebühr im Vorab als erhalten quittiert. 3 Tage später weist die auf der Rückseite angebrachte Rechnung des Postexpeditors Schollmeyer in Lambsheim aber eine um 13 Kr erhöhte Gesamtsumme von 1 Fl 2 Kr aus. Der Nachnahmebetrag lag dann bei 53 Kr, warum das ? Und zur Nachnahmegebühr wurden nochmals weitere 3 Kr erhoben, warum auch das ? :/


    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Liebe Freunde,


    ich liebe ja alte Zeitungen - aber es gibt kaum welche auf dem Markt, am ehesten noch den Korrespondenten von und für Deutschland und die mit Abstand bedeutendste Zeitung Bayerns, die Augsburger Allgemeine.

    Von letzterer konnte ich 2 Exemplare ergattern, von deren 1. Stück ich die Fronseite, eine Annonce der vorletzten Seite und die letzte Seite zeigen möchte.

    Wer historisch angehaucht ist, kommt aus dem Schmunzeln nicht heraus, vor allem bei der letzten Seite. Interessant übrigens, dass in vielen Annoncen steht, dass nur frankiert angefragt bzw. angeboten werden soll. Vor 1850 gab es dieses kaum einmal.

  • Wer historisch angehaucht ist, kommt aus dem Schmunzeln nicht heraus, vor allem bei der letzten Seite.

    ...das waren noch Zeiten, auch bei der Brautschau :)


    Heiraths=Antrag.

    Der Besitzer eines feinen und sehr rentablen Geschäftes mit herrlichem Zinshause in der schönsten Straße Münchens, ein hübscher, überaus thätiger und allgemein geachteter Bürger, will ein braves Mädchen, protest. Religion, das 8-12.000 fl. hat, heirathen.

  • ...das waren noch Zeiten, auch bei der Brautschau :)


    Heiraths=Antrag.

    Der Besitzer eines feinen und sehr rentablen Geschäftes mit herrlichem Zinshause in der schönsten Straße Münchens, ein hübscher, überaus thätiger und allgemein geachteter Bürger, will ein braves Mädchen, protest. Religion, das 8-12.000 fl. hat, heirathen.

    Lieber Michael,


    man war ja "von Stand", da wollte man keine unter Wert. Ist es nicht interessant, dass sich seit über 160 Jahren so rein gar nichts geändert hat? Übrigens ist auf den Seiten zuvor zu 80% von Kriegen und Krisen zu lesen. Schlimm!

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Michael,


    man war ja "von Stand", da wollte man keine unter Wert. Ist es nicht interessant, dass sich seit über 160 Jahren so rein gar nichts geändert hat? Übrigens ist auf den Seiten zuvor zu 80% von Kriegen und Krisen zu lesen. Schlimm!

    Auch da hat sich kaum was geändert. Mal abgesehen von der Waffengattung

    😭 😭

  • Liebe Freunde,


    und die 2. Ausgabe der Augsburger Allgemeinen wartet heute hier auf - eingescannt habe ich die Frontseite und die beiden letzten Seiten mit köstlichsten Angeboten und Einblicken in das damalige Leben.

    "By the way" - in der Mitte der Zeitung wurden auch unwichtige Dinge erwähnt, wie z. B. die Schlacht von Gettysburg ...