Portomarken auf Belegen

  • Ich versuche es mal so:
    Es handelt sich um eine Courier Postkarte aus dem Jahr 1896 (September) und ist als P1 IIa katalogisiert, weil der Bindestrich in "Courier-Karte" 2,2 mm und das Zierelement 3,4 cm lang sind.
    Soweit die Katalogisierung. Es handelt sich m.E. um eine vermutlich und versehentlich in einen Postkasten der Staatspost eingeworfene Postkarte
    (der Absender wohnte in der Kapuzinerstr 34, also im Zuständigkeits bereich des königl. Bayerischen PA München 10, knapp 500m von dessen Wohnung entfernt). Im Postamt München 10
    (im Südbahnhof) wird dieser Fehlwurf entsprechend behandelt, denn für die Staatspost gilt diese Karte als unfrankiert, das heißt, das doppelte Porto wird als Strafporto vom Empfänger eingefordert).
    Am 17. Februar 1897 wird der erste Stempel als Eingangsstempel in der Zeit zwischen 3 - 4 Nm abgeschlagen und eine Sechs groß und sichtbar mit einem blauem Farbstift angeschrieben . Circa eine Stunde später werden die beiden Portomarken zu je 3 Pfennig aufgeklebt und gestempelt. Wann und in welchem Postamt der Portokontrollstempel "P.6." angebracht wird ist unklar. Der MUENCHEN B.Ü. Stempel
    (Briefübernahme) des Postamtes München 1 in der Residenzstraße ist lt. Dr. J. Helbig ein reiner Ankunftsstempel. Die Zustellung in der Goethestr., No. 38 wird nur noch durch den Briefträgerstempel mit der Nummer 350 dokumentiert. Das Courier-Postwertzeichen sollte eigentlich nicht entwertet werden, was der Briefzusteller offensichtlich ignorierte.


    Ich hoffe, ich habe dies richtig eruiert. :)

  • Hallo abrixas,


    ich wüsste nicht, wie man deine Beschreibung besser machen könnte.


    Eine Frage an dich als Spezialisten auf diesem Gebiet: Warum war man so restriktiv? Hätte man nicht gegenseitig falsch eingeworfene Poststücke einfach der anderen Stelle kostenlos zuleiten können? Bei Hamburg kennen wir ja auch sog. Postwechselbriefe, die von Preußen an Taxis oder umgekehrt übergeben und vergütet wurden. War die Konkurrenz in München so groß, dass der eine dem anderen nicht das Schwarze unter dem Nagel gegönnt hat?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Hallo abrixas, sehr schöne Karte, bei Dir ist die also gelandet, hätte ich auch sehr gerne gehabt ;)


    Gehe auch davon aus, dass die Karte in den falschen Briefkasten geworfen wurde.


    In München dauerte es etwas länger bis alle Behörden damals der Errichtung einer Privatpost zustimmten.


    Zur Behandlung Karte darf ich mal aus dem Werk Bayern-Philatelie von Herrn Doberer (S. 92) zitieren:


    "Die ortspolizeiliche Vorschrift verlangte von der Privatpost im § 16 ausdrücklich, daß Sendungen, für welche staatliche Briefmarken verwendet wurden, sich aber in einem Briefkasten der Privatpost fandenm unverzüglich in den nächsten Kasten der Staatpost zu werfen waren. Konziliant wäre es gewesen, wenn die Staatspost, vor allem in der Anlaufzeit als die unterschidleichen Briefkästen dem Publikum - das ja aus Staatsbürgern bestand, die ja ihre Steuern zahlten und durch Verwendung der Privatpost-Gelegenheit noch nicht außerhalb der Gesellschaft stehend zu betrachten waren, als faire Spielregeln beanspruchen konnten - noch ungewohnt waren, ihrerseits die in ihren Briefkästen aufgefundene Privatpost in Privatpostkästen geworfen hätten.
    Dazu waren sie aber leider zu amtlich und beamtlich. Die 253 Sendungen von Briefn und Karten mit Couriermarken, die sie in der ersten Woche des Januar 1897 in ihren Briefkästen fand, stellte die Staatspost - wahrscheinlich schadenfroh - den Empfängern zu, indem sie die Couriermarken ignorierte und die vollen Nachgebühren erhob."


    Viele Grüße


    kreuzer

  • Hallo kreuzer,


    vielen Dank für die wertvollen Informationen - genau so wurde also die Karte behanelt. Betonköpfe eben ... :(


    Schön für die Sammler heute, diese damaligen Ärgernisse heute präsentieren zu können. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo zusammen,
    hallo abrixas,


    ein hochinteressanter Beleg mit informatiefer Beschreibung. Danke fürs Zeigen.


    Hier einmal mein frühester Beleg mit der Portomarke Sem Nr. 1 vom 01. Oktober 1862. Die 3 Kreuzer Portomarke diente der Gebührenabrechnung unfrankierter Ortsbriefe bis 1 Loth. Da die Marken nicht an das Publikum abgegeben werden durften, war auch eine Entwertung nicht notwendig und auch nicht vorgeschrieben. Der Brief ist vom 19. November 1862 und hat ein Attest von Frau Brettl.


    Grüße aus Frankfurt
    hasselbert

  • Eine P2AZ, abgestempelt am 30. AUG.1898, nur eben tat dies die Staatspost, und das letztendlich viermal, und, wenn man es ganz genau nimmt,
    sogar fünfmal.
    Die Antwortkarte wurde, möglicherweise aus Unkenntnis, nicht in einen Postkasten der privaten Stadtpost eingeworfen, sondern der Staatspost
    “ausgeliefert”. Somit hatte diese Anspruch auf das doppelte Porto einer Ortspostkarte, und das waren immerhin 6 Pfennige.
    Die Staatspoststempel (vom Typ 30b) erzählen von der Behandlung dieses “Fremdgängers”.Der erste Poststempel, links neben dem Wertstempel,
    dokumentiert den Eingang zwischen 6 und 7 Uhr nachmittags bei der königlichen, bayerischen Staatspost im Postamt München 5 (Theklastr. 3).
    Eine Stunde später belegt der Stempel MUENCHEN B.Ü. (Briefübernahme) den weiteren “Strafvollzug” im Postamt Müchen 1. Rechts unten wurde
    ein weiterer, ähnlicher Stempel des gleichen Typs in schwarz-blauer Farbe abgeschlagen und die Karte mit einer grossen, blauen “6” taxiert.
    Am nächsten Tag befindet sich die Postkarte der vom Staat ungeliebten Privatkonkorenz noch im BÜ-Postamt und wird mit einem waagrechten Paar
    der B10x frankiert und gegen 6 Uhr abgestempelt. Unklar ist die Bedeutung des schwarz-blauen, kleinen, pfeilähnlichen Abdrucks unterhalb
    der Portomarken.
    Der Briefträger besiegelt die ordnungsgemäße Zustellung in der Augustinerstrasse 4 mit seinem Fingerhutstempel mit der Nummer 17
    (gehört auch zum Zustellbereich des Postamtes München 1).

  • Dieser Kartenbrief wurde nicht, wie ausdrücklich links unten im Kästchen vermerkt, in einen blauen „Courier“-Briefkasten geworfen,
    sondern statt dessen in einen Briefkasten der Staatspost. Somit war ein Nachporto in Höhe des doppelten Ortsbriefportos (3 Pfennig)
    fällig. Die „6“ mit Blaustift war der erste Bearbeitungsschritt der Portokontrolle im Postamt München 23 (Schwabing), danach wurden
    zwei Portomarken (10Bx) zu 3 Pfennig als Paar aufgeklebt und entwertet.


    Stempel: Typ 30b MÜNCHEN 23 (Schwabing) 22. JAN 1898
    AK-Stempel (RS): Typ 30b MÜNCHEN VIII (Vorstadt Au) 23. JAN 1898


    Briefträgerzustellstempel: Fingerhut mit A 13 (Vorstadt Au)


    Kartenbrief-Formulare für den Ortsverkehr wurden von der Staatspost nie verausgabt.
    Die Ersparnis des Absenders bei Briefpapier und Umschlag wurde durch den „Fehlwurf“ zum Mehraufwand.
    Der Empfänger, ein Essig- und Mineralwasser-Fabrikant, dürfte das eingezogene Strafporto wohl mit der Lieferung in Rechnung gestellt haben.

  • Hallo abrixas,


    schöne Karten zeigst du da - gibt es auch Karten mit den Marken der Staatspost, die in den blauen Kasten geworfen wurden? Kannst du so etwas zeigen?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • @bk
    hat das kreuzer nicht schon weiter oben beschrieben? Ich schätze mal, dass es einen derartigen Beleg nie gab

    "Extra Bavariam non est vita et si est vita non est ita."

  • Hallo abrixas,


    tja, wie wir alten Hasen wissen, gab es doch bei Bayern einfach alles, auch wenn es das nicht geben sollte. War nur eine Frage, weil ich ja die 5beinigen Schafe so schätze ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    ja, ein solcher Beleg wäre wirklich interessant. Wenn jetzt jemand von der Privatpost auf einem Beleg vermerkt hätte, dass er in den falschen Briefkasten eingeworfen wurde, oder noch besser, die Prvatpost hätte die Karte selbst ausgeliefert und Nachporto kassiert :whistling:


    Viele Grüße


    kreuzer

  • Hallo zusammen!


    Ich denke, diese Postzustellungsurkunde mit 2 Exemplaren der Porto_nr. 9 passt hier auch rein - hab ich grade zufällig beim Kramen entdeckt.(Erhaltung ein wenig fleckig, na ja)


    Schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

    Bilder

    Nimm dir im Leben ruhig die Zeit zum Sammeln und genieße einen guten Wein, denn die gesammelte Zeit nimmt dir irgendwann das Leben und dann wird man um dich weinen. (V.R.)


    Bayernfarbenvielfaltverrückt - warum nicht?

  • Liebe Sammlerfreunde,


    die Portomarke Nr.6 (10 Pfennig) war für unfrankierte Lokalbriefe (bis 15 Gramm)
    vorgesehen. Die Portomarke Nr.4 (3 Pfennig), für portopflichtige Dienstsachen
    (bis 15 Gramm). Für die zweite Gewichtsstufe (über 15 - bis 250 Gramm) war die
    5 Pfennig Marke (P.5) vorgesehen. Beim Brief vom 4. Mai 1876 klebt jedoch eine P.6
    (10 Pfennig), somit hat man beim Armenpflegschaftsrat in Versbach 7 Pfennig zuviel
    kassiert. Beim anderen Brief vom 8. Februar 1879 wurde es richtig gemacht. Frankiert
    mit einer P.4 (3 Pfennig).


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgender Beleg:

    Ortspostkarte, unfrankiert aufgegeben in Nittenau am 28. Juni 1904. Daher zwei 2 Pfennig Portomarken aufgeklebt und entwertet. Zuerst versehentlich 6 Pfennig Nachgebühr (Porto für unfrankierten Ortsbrief) vermerkt, durchgestrichen und 4 Pfennig vermerkt. Der Absender vermerkte: "Die besten Grüße sendet ?". Die Empfängerin, Fräulein Lautenschlager, kannte anscheinend den Absender und verweigerte die Annahme. Postbote Graf vermerkte dies am 29. Juni. Der Absender war dem Postboten in dem überschaubaren Ort Nittenau in der Oberpfalz sicherlich auch bekannt und stellte die Postkarte dem Absender zu und kassierte von ihm die 4 Pfennig.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Franz,


    zwei ausgesuchte Schmuckstücke - herrlich. Ob die Damen beim 1. Stück im optischen Nachteil zu der Abgebildeten war und deshalb die Annahme verweigert hat? Wir werden es wohl nie erfahren ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo liebe Freunde,


    in Post 13 gab es schon mal 2 Briefe vom Oberpflegamt des Julius-Spital in Würzburg nach Versbach zu sehen, hier ist noch einer mit einer P.4 vom 27.07.1878.


    Schöne Grüße

    Bayern-Nerv Volker

    Nimm dir im Leben ruhig die Zeit zum Sammeln und genieße einen guten Wein, denn die gesammelte Zeit nimmt dir irgendwann das Leben und dann wird man um dich weinen. (V.R.)


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