• hallo,


    ich möchte hier einen Beleg zeigen, der die Umstände der Hochinflation anschaulich dokumentiert.


    Es handelt sich um einen einfachen Fernbrief, der am 13.11.23 in Nürnberg aufgegeben wurde und nach Aschaffenburg lief.


    Frankiert wurde der Brief mit der 10000000 (10Mio) Mark Marke DR-318A. Diese Frankatur entsprach bei weitem nicht dem aktuellen Portosatz eines einfachen Fernbriefes in Höhe von 10000000000 (10Mrd) Mark. Unten ist ein kleiner violetter K1 "PORTO-KONTROLLE" mit handschriftlich 14990 abgeschlagen, zudem wurde die Nachgebühr mit blau 14990 (14.990 Mio Mark) vermerkt. Diese Zahlen sind in der "Millionenrechnung" notiert, die im November 1923 die Darstellung der Milliarden- und Billionen-Werte erleichterte und verkürzte. Das Nachporto berechnete sich aus dem 1,5-fachen, auf volle Millionen aufzurundenden, fehlenden Portoanteil von 1,5*9.990.000.000 Mark = 14.985.000.000 Mark. Ich kann nicht erklären, warum hier nochmals großzügig um 5 Millionen auf 14.990.000.000 aufgerundet wurde.


    Im November 1923 herrschte die Hochinflation, was konkret an diesem Beleg erlebbar wird. Noch 14 Tage früher, am 31.10.23, wäre die Frankatur von 10 Mio Mark für einen einfachen Fernbrief portogerecht ausreichend gewesen. 2 Wochen und 3 Portoerhöhungen später war der 1000-fache Tarif mit 10 Mrd.Mark gültig.



    schöne Ostern wünscht Euch
    stampmix


    PS hier noch ein paar Nullen, falls irgendwo welche fehlen sollten 00000000000

  • Hallo stampmix,


    Zitat

    PS hier noch ein paar Nullen, falls irgendwo welche fehlen sollten 00000000000


    der ist gut! :D:D:D

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Eine Drucksache kostete in der Inflo Portoperiode 5 ein Porto von 10 Pfennig.


    Damit ist diese als "Drucksache" gekennzeichnete Sendung auch frankiert, was somit eigentlich portorichtig hätte sein sollen.


    Die Post kassierte jedoch beim Empfänger 40 Pfennig an Nachporto, worauf in Köln ein Portostempel hinweist.


    Meine einzige Erklärung ist, dass der Postbeamte den dezenten handschriftlichen Vermerk "Drucksache" übersehen hat und diesen Beleg als Postkarte im Fernverkehr von Thale im Harz nach Köln einstufte.


    Eine Postkarte im Fernverkehr kostete 30 Pfennig Porto und das Doppelte des "Fehlportos" von 20 Pfennig ergibt die ausgewiesenen 40 Pfennig an Nachporto!


    Oder habt Ihr eine andere Erklärung???


    Liebe Grüße
    Rüdiger

  • Meine einzige Erklärung ist, dass der Postbeamte den dezenten handschriftlichen Vermerk "Drucksache" übersehen hat und diesen Beleg als Postkarte im Fernverkehr von Thale im Harz nach Köln einstufte.


    Hallo Rüdiger,


    dies wohl nicht. Vielmehr hat der Postbeamte richtig erkannt, daß es sich hier nicht um eine Drucksache (wo ist auch der gedruckte Text oder befindet sich dieser auf der Rückseite?) gemäß § 8 der Postordnung handelte und weisungsgemäß gehandelt. Ein Absender, dem er die Drucksache hätte zurückgeben können, war nicht ersichtlich, somit hatte der Empfänger das Los, die Nachgebühr, die Du im Deinem Beitrag schon dargestellt hast, zu zahlen.


    Gruß
    Postarchiv

    Wo nichts mehr zu enträtseln bleibt, hört unser Anteil auf.


    Ernst Freiherr von Feuchtersleben

  • Diese Sendung wurde am 14.10.1921 frankiert mit 15 Pfennig Germania als Sendungsart "Bücherzettel" in Briefform = nicht zugeklebter Umschlag in Wiesbaden aufgegeben.


    Da für Bücherzettel dieselben Portostufen galten wie für Drucksachen, wobei aber mehr Text in Form der bestellten
    Büchertitel erlaubt war, ist dieser Beleg als Bücherzettel mit 15 Pfennig ausreichend frankiert, sofern er nicht mehr als 100 g gewogen hat.


    Der Beleg wurde jedoch mit 90 Pfennig an Nachporto belastet.


    Da zu dieser Zeit das Doppelte des Fehlportos als Nachporto erhoben wurde muß das fehlende Porto 45 Pfennig betragen haben. Die resultierende Portostufe von 60 Pfennig entspricht in der Portoperiode vom 01.04.1921 bis zum 31.12.1921 einem Fernbrief bis 20 g.


    Diese Sendung wurde demnach nicht als "Bücherzettel" anerkannt und dem Briefporto unterworfen. Eigentlich hätte die Sendungsart "Bücherzettel" in diesem Falle postseitig durchgestrichen werden sollen, was in diesem Falle unterblieb.


    Am Bestimmungsort Leipzig angekommen wurde der Beleg dem Empfänger am 15.10.1921 präsentiert. Dieser verweigerte laut rückseitig angebrachter handschriftlicher Notiz die Annahme.


    Daraufhin brachte der Zusteller den Beleg wieder mit zum Postamt Leipzig 13, wo das somit nicht erhobene Nachporto aus der Zustelliste ausgetragen wurde, was ein Tagesstempel "ENTLASTET" am 16.10.1921 um 10-11 Uhr vormittags dokumentiert.


    Mit einem ebenfalls auf "16 10" datierten "ZURÜCK nach:" Stempel versehen machte sich der Beleg dann auf die Rückreise zum Absender nach Wiesbaden, der die 90 Pfennig Nachporto dann zahlen mußte.


    Liebe Grüße
    Rüdiger

  • Diese Sendung wurde am 28.01.1922 frankiert mit 40 Pfennig als Sendungsart "Bücherzettel" in Kartenform in Wiesbaden aufgegeben.


    In der Infla Portoperiode 07 vom 01.01.1922 bis zum 30.06.1922 betrug das Porto für einen Bücherzettel 50 Pfennig.


    Da zu dieser Zeit das Doppelte des Fehlportos als Nachporto erhoben wurde resultieren eigentlich nur 20 Pfennig als Nachporto.


    1922 galt jedoch eine Mindestgebühr in Höhe von 50 Pfennig, die auch in diesem Falle erhoben wurde.


    Auf das vom Zusteller in Leipzig 13 einzuziehende Nachporto weist ein Einkreisstempel "L.13. PORTO" hin.


    Der Empfänger verweigerte jedoch die Annahme, worauf ein Stempel unten links hinweist.


    Daraufhin brachte der Zusteller den Beleg wieder zum Postamt 13 zurück, wo am 30.01.1922 ein Tagesstempel "ENTLASTET" auf den Umstand hinweist, dass das einzuziehende Nachporto wieder aus der Zustelliste gestrichen wurde.
    Der Beleg ging laut Hinweisstempel mit handschriftlich ergänztem Datum nach Wiesbaden "30/1 zurück".


    Der Absender in Wiesbaden hatte dann letztlich die 50 Pfennig an Nachporto zu zahlen, worauf ein Ovalstempel "Porto" unten rechts hinweist.


    Liebe Grüße
    Rüdiger

  • Ein Brief bis 20 g im Fernverkehr kostete in der Infla Portoperiode vom 01.10.1923 bis zum 09.10.1923 ein Porto von 2 Millionen Mark.


    Dieser nach Dresden adressierte, am 03.10.1923 in Chemnitz aufgegebene Brief wurde statt mit 2000000 Mark nur mit 1900000 Mark frankiert.


    Das Eineinhalbfache des Fehlportos in Höhe von 100000 Mark wurden in Blaustift als "150000" als beim Empfänger einzuziehendes Nachporto vermerkt, worauf in Dresden ein einzeiliger Stempel "Porto" in Schwarz hinweist.


    Liebe Grüße
    Rüdiger

  • Hallo Rüdiger,
    eine bestens beschriebener wunderbarer Bücherzettel. Das ist schon ein Ausnahmestück, so etwas muss man erstmal finden.
    Gratulation.
    Beste Grüße Bernd

  • Hallo,
    Nur mit 40 Pf. statt 80 Pf. am 19.10.1920 nach Straßburg abgesendet- ovalen Portostempel gleich doppelt abgeschlagen- am Übergabepunkt mit 20 centimen oder in Straßburg am 23.10. nachtaxiert-in Straßburg vor Zustellung 20 cent Nachportomarke verklebt und entwertet- bei Zustellung festgestellt : Abgereist ohne angabe der Adresse- im Straßburger Postamt Portomarke gestrichen und den Entlastetstempel aufgesetzt- Retourstempel abgeschlagen-Brief nach Berlin geschickt-Brief in der Oberpostdirektion geöffnet und als Absender Holland und Co notiert - 80 Pf. Nachporto festgelegt und zugestellt .
    Den Detaxestempel Strasburg 1 verstehe ich leider nicht, wozu war der denn?
    Beste grüße Bernd

  • Lieber Bernd,


    die Preußen hätten "Entlastet" gestempelt. Weil die Zustellung dort nicht erfolgen konnte, konnte auch die deutsche Nachgebühr nicht erhoben werden, daher Brief retour und die Belastung für Frankreich retour.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo lieber bayern klassisch,
    Danke. Der runde Entlastet- Stempel links oben war also Postamtsintern (der wurde auch bei einem franz. Nachporto-Inlandsbrief abgeschlagen) und der rechte für die Entlastung der franz. Post gegenüber Deutschland. Das der Brief schon mit einer deutschen Forderung nach Straßburg kam, hatte ich nicht bedacht.
    Gruß Bernd

  • Lieber Bernd,


    wenn wir uns von Stempeln und Marken lösen und die Sache postnüchtern betrachten, war jeder un- oder unterfrankierte Brief eine interne Belastung der Aufgabepost an die Abgabepost. Konnte man sich nicht durch Kassierens des Portos entlasten, musste man sich über die Briefkarte entlasten, also das einem belastete Porto zurück rechnen, weil nur so der Saldo wieder stimmte. Das war in der Klassikzeit nicht anderes als hier in der Semiklassik.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    der folgende Beleg vom 29.7.1922 war mit 150 Pfg. nur ausreichend für eine Inlandspostkarte frankiert (Portoperiode 8 ).
    Da es nach Schweden ging, wären eigentlich 350 Pfg. erforderlich gewesen. In Schweden wurde ein Klebezettel "Lösen ..." und eine entsprechende 30 Öre-Marke aufgeklebt, die der Empfänger nachzuzahlen hatte.
    Der "T."-Rahmenstempel ist meiner Meinung nach deutschen Ursprungs.



    Die Rückseite zeigt eine Ansicht von Berlin "Unter den Linden, Ecke Friedrichstraße".


    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

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  • hallo Michael,

    der folgende Beleg vom 29.7.1922 war mit 150 Pfg. nur ausreichend für eine Inlandspostkarte frankiert (Portoperiode 8 ).
    Da es nach Schweden ging, wären eigentlich 350 Pfg. erforderlich gewesen. In Schweden wurde ein Klebezettel "Lösen ..." und eine entsprechende 30 Öre-Marke aufgeklebt, die der Empfänger nachzuzahlen hatte.


    deine schöne Ansichtskarte ist sogar überfrankiert.


    In der PP8 mussten "Ansichtskarten bis 5 Grußworte" ins Ausland nur mit 125 Pf. frankiert werden. Diese Portoreduktion, die es in den PP7 bis zur PP13 gab, war dem die Nachgebühr erhebenden Postbeamten wohl nicht bekannt.



    mit bestem Gruss
    stampmix

  • Hallo stampmix,


    danke für den Hinweis. :)
    Habe daraufhin noch mal im Mi.-Gebührenhandbuch nachgeschaut. Dort steht Weihnachts- und Neujahrskarten bis 5 Worte.
    Diesem Text könnte man eine zeitliche (?) Beschränkung entnehmen, meine Karte vom Juli kann man wohl kaum als verfrühten Weihnachtsgruß deklarieren ...
    Oder ist der Text irreführend und der ermäßigte Tarif galt tatsächlich ganzjährig?


    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

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  • Nachtrag:
    Im Amtsblatt von 1922 habe ich folgenden Eintrag in der Gebührentabelle gefunden. Die beiden rechten Spalten betreffen den Auslandstarif und es scheint tatsächlich eine Beschränkung auf Weihnachts- und Neujahrsgrüße zu geben:



    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

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  • hallo Michael,



    die Einschränkung mit den "Weihnachts- und Neujahrsgrüssen" kenne ich, allerdings habe ich auch mehrere Karten, die ohne Nachportoforderung befördert wurden.
    Deine Karte ist die erste, die ich sehe, bei der die Einschränkung auf die "Weihnachts- und Neujahrsgrüsse" tatsächlich zu einer Nachportotaxierung führte.
    Leider habe ich beim letzten (Betriebssystem)-Umzug den Ordner mit meinen Infla-Belegen falsch abgelegt und nicht mehr gefunden; anbei eine AK vom 8.8.22, die ich anderweitig abgespeichert habe.



    mit bestem Gruss
    stampmix



    PS.: Vielleicht war damals wegen der beinahe täglichen Gehaltsteigerungen jeder Tag Weihnachten - zumindest bis man was davon kaufen musste?

  • Hallo stampmix,

    die Einschränkung mit den "Weihnachts- und Neujahrsgrüssen" kenne ich, allerdings habe ich auch mehrere Karten, die ohne Nachportoforderung befördert wurden.
    Deine Karte ist die erste, die ich sehe, bei der die Einschränkung auf die "Weihnachts- und Neujahrsgrüsse" tatsächlich zu einer Nachportotaxierung führte.

    da werde ich dann mal in Zukunft drauf achten. Danke für die Erläuterungen.


    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

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  • Lieber Bernd,


    das hätte ich dunnemals kraft meines Amtes glatt ignoriert. Aber es ist interessant zu wissen, dass dieser Schwachsinn schon damals Platz griff und nicht nur von den Nieten in Berlin und Brüssel der Jetztzeit verzapft werden.


    Von daher: Danke fürs Zeigen, immer schön "dich" zu lesen. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.