Portofreie Postvereinsbriefe

  • Liebe Sammelfreunde


    portofreie Sendungen im Postverein zu finden, ist garnicht so einfach.


    Ob nun nachfolgender Brief tatsächlich als "portofreie Justizsache" so zu behanden gewesen wäre, kann bezweifelt werden.


    Adressiert ist er "An den königlichen Notar Herrn Lindner zu Nürnberg", welcher am 23.August 1867 aufgegeben wurde. Siegelseitig ist noch der Stempel von Nürnberg-Bahnhof vom Folgetag und sehr schwach ein Briefträgerstempel "6" oder "9".


    Hier noch der Inhalt des Schreiben:


    Dem königlichen Notar Herrn Lindner zu Nürnberg wird auf das geehrte Schreiben
    vom 14. August 1867 der Eingang der 2223 Reichsthaler 14 Sgr. 1 Pfennige behufs Vertheilung an die Wipper
    mütterschen Erben vorläufig bescheinigt.
    Demnächst wird die Quittung derselben nebst Deckungserklärung bei Auszahlung des
    Geldes aufgenommen und seiner Zeit übersandt werden.
    Magdeburg den 20.August 1867
    Königlichen Stadt und Landgericht II.Abtheilung
    Balan


    Dem Jacob Carl Braenning von Ludwigshafen wurden brutto
    12 Gulden 35 Kreuzer gegen anliegende Quittung ausbezahlt.


    21/9-67 Httr


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    hier eine Portofreie Justiz-Sache von Wien über Preußen nach Grabow in Mecklenburg-Schwerin.

    Die leere Hülle ist aufgrund der verwendeten Stempel sicher auf 1852/53 zu datieren.



    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,


    ein Superbrief! :thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Sammelfreunde


    Vom "Königlichen Stadt- und Kreisgericht in Magdeburg" wurde diese Briefhüller am 09.08.1854 eine portofreie Justiz Sache "An das Würtembergische Amts-Notariat zu Ebingen" gesendet. Der Justizbeamte Kühne bestätigte die Protofreiheit.

    Siegelseitig Transit von Frankfurt/Main und Ankunftsstempel von Ebingen.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde


    hier ein weiterer Beleg:

    Diesmal vom 19.01.1857 aus Magdeburg "An das Großherzoglich Mecklenburg Schwerinsche Stadtgericht zu Doemitz". Die Portofreiheit bestätigte der Justizbeamte Rohkohl. Siegelseitig Transitstempel von Ludwigslust.


    Hier der Inhalt (soweit ich es gelesen habe):


    In der Schuster Ludwig Hanewaldschen Ehe-

    scheidungs Sache ersuchen das Großherzogliche Stadt-

    Gericht mir dienstergebenst, das beiliegende Rückkehr Man-

    dat der Ehefrau Hanewald gefällist insinuieren lassen

    und uns das gleichfalls beigefügte Insinuations

    document bescheinigt remittiren zu wollen.


    Magdeburg den 15 Januar 1857

    Königliches Stadt und Kreis Gericht I Abtheilung

    Unterschrift


    (unten)

    Tial insinuat. p. m. dopp. ad. o. doc.

    D. d: 21 Janaur 1857

    Gorg

    In.

    die Insinaution ist sofort be... und sol die

    Hanewald die anlage unterschrieben.

    Dömitz d. 22 Januar 1857

    ???????????

    Unterschrift


    (oben)

    Das uns mit Ihrer ..... Raquistilion n 15/20 d. i der Hane-

    waldschen Ehescheidungssache zur Insinuation an die verehelichte

    Hanewald eingestande ...ehe Mandat ist der letzeren am 21ten Januar

    insinuirt u. erlauben wir uns der duplene der Mandaten

    ...... mit der Unterschrift der Hanewald ..... zu re

    mittiren.

    D. d: 23 Jan. 1857

    Gorg

    An

    das Königl. Stadt- u. Kreis

    Gericht zu Magdeburg


    Eventuell kann es jemand kontrollieren und entsprechend ergänzen bzw. korrigieren.


    Danke!


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo zusammen,


    der folgende Beleg stammt ausweislich des Siegels nicht von einer Absenderin aus einem Herrscherhaus mit aktiver Portofreiheit. Der (private) Inhalt ist unterzeichnet mit "Minna".

    Der an den Prinzen von Sachsen-Altenburg adressierte Brief ist portofrei von Berlin nach Altenburg befördert worden und wurde von dort aus, ebenfalls portofrei, weitergeleitet nach Eisenberg.

    Der siegelseitig abgeschlagene Ausgabestempel ist in roter Stempelfarbe nur von Altenburg registriert.




    Soweit mir bekannt, genossen die Angehörigen der Herrscherhäuser innerhalb des Postvereins lediglich die aktive Portofreiheit. Existierten bezüglich der passiven Portofreiheit feste Regeln, oder wurde das "aus Kulanz" so gehandhabt?


    Beste Grüße

    Altsax

  • Lieber Jürgen,


    ein feines Stück - wenn Berlin ihn portofrei abließ (man hatte ja die entsprechenden Listen wohl vorliegen, wer portofrei war in Preussen bzw. im Postverein), dann hatte das Sachsen nicht zu jucken. Wurde er dann in Sachsen nicht zugestellt, weil verreist, hatte also den Postlauf nicht verlassen, dann war er auch kostenlos weiterzuleiten, weil die in Preussen erwiesene Portofreiheit weiterhin galt.

    Erst bei einer Auslieferung - wo auch immer - und Neuaufgabe - wo auch immer - hätte dieses Portofreitumsgerüst neu überprüft werden müssen.


    Die Frage nach der passiven Postportofreiheit hing ja immer mit der Gewährung zusammen - wer im DÖPV aktiv portofrei war, war auch passiv portofrei. Nur bei Auslandsbriefen musste der ausländische Portoanteil dem Aufgabeland ersetzt werden - im Inland wäre es schwierig gewesen, einen solchen Brief unfrei aufzugeben, aber das mag von Staat zu Staat anders gehandhabt worden zu sein. Im DÖPV hätte man kaum einen Portobrief an einen deutschen König oder regierenden Fürsten aufgeben können, auch wenn da viele Fehler begangen wurden, gerade auch was die Adresse deines Briefes angeht, kenne ich und habe ich von Bayern einige - mit den Duodezfürstentümern kannte man sich halt nicht so gut aus und wenn einer falsch mit Porto belastet einer anderen Postverwaltung angedient wurde, gab es halt einen Portodefect und die Sache wurde intern geradegestellt.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Die Frage nach der passiven Postportofreiheit hing ja immer mit der Gewährung zusammen - wer im DÖPV aktiv portofrei war, war auch passiv portofrei.

    Lieber Ralph,


    wo findet sich diese Bestimmung? Genau die habe ich gesucht.


    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,


    im Art. 24 des DÖPV - Vertrages steht: "Die Correspodenz sämmtlicher Mitglieder der Regentenfamilien der Post-Vereins-Staaten wird in dem ganzen Vereinsgebiete portofrei befördert". Bayer. VO- und Anzeigeblatt Nr. XXV vom 20.6.1850 S. 105.


    Dort steht NICHT an die Regentenfamilien, oder von den Regentenfamilien, sondern nur die (= komplette) Correspodenz. Damit ist die Eingehende, wie auch die Ausgehende gemeint, sonst hätte man das unterschieden bzw. präzisiert.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    hier ein Brief von 1854 aus Berlin nach Waldenburg in Sachsen an den Fürstlichen Kammer-Secretair Herrn Frensch Wohlgeboren in Waldenburg Sachsen.

    Die links unten notierte Franchise Angelegenheit des Vereins für Gewerbefleiß in Preußen bewirkte zusammen mit dem rs. Siegel die Portofreiheit in Preußen. Da der Brief in Sachsen ebenfalls ohne Portoansatz lief, könnte diese auch in Sachsen gegolten haben (??) oder der Fürst von Schönburg genoss in Sachsen Portofreiheit ?

    Inhalt ist eine Beitragsrechnung für den Verein, bei einem Fürsten als Adressaten etwas verwunderlich. Dementsprechend auch die auf der 2. Seite Antwort zurück an den Verein, in dem sich dem anscheinend verweigerte. Vielleicht kann jemand die mir unklaren Passagen ergänzen.


    .... Verein zu Beförderung

    des Gewerbefleißes .... anbei

    den Beitrag von Sechs Thalern auf 1854

    für Seine Durchlaucht den Herrn Fürsten Otto

    Victor von Schönberg und .....

    Auftrage zugleich ganz ergebenst zu er-

    klären daß man sich künftighen nicht

    weiter(?) betheiligen wolle.

    Mit aller Hochachtung zeichne

    W. in S. am 25 Juli 1854




    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,


    im DÖPV war allein die Aufgabepost für das Franko bzw. Porto zuständig - beließ die einen Brief portofrei, ob zurecht, oder nicht war unerheblich, hatte die Abgabepost nichts zu taxieren.


    Dem sehr geehrten Verein zu Beförderung

    des Gewerbflußes übersende ich anbei

    den Beitrag von Sechs Thalern auf 1854

    für Seine Durchlaucht den Herrn Fürsten Otto

    Victor von Schönburg und habe in hochdessen

    Auftrage zugleich ganz ergebenst zu er-

    klären daß man sich künftighin nicht

    weiter betheiligen wolle.

    Mit aller Hochachtung zeichne

    W. in S. am 25 Juli 1854.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Erwin,


    das ist doch immer so - keiner kann es lesen, bis einer daher kommt, der es kann. Danach können es alle. :D:D


    "It only takes a tick" sagt man in England.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Ralph,


    danke für die Transkription.


    Zitat

    im DÖPV war allein die Aufgabepost für das Franko bzw. Porto zuständig - beließ die einen Brief portofrei, ob zurecht, oder nicht war unerheblich, hatte die Abgabepost nichts zu taxieren

    Das ist aber durch die Bestimmungen des Vertrags nicht gedeckt. Hier mal die entsprechenden Artikel, insbesondere die Ausführungen in Art. 27 legen das nicht nahe.


    Von der praktischen Handhabung her kannst Du recht haben, aber speziell in diesem Fall des Vereins zur Förderung dess Gewerbefleißes in Preußen spricht meiner Meinung nach doch viel dafür, dass diese Portofreiheit gemäß Art. 27 im Postverein eben nicht gewährt werden sollte.

    Sollte es denn nicht eine Zusammenstellung solcher länderübergreifenden Portofreiheiten gegeben haben?


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael ()

  • Lieber Michael,


    der Scan ist so klein, dass ich leider gar nichts erkennen kann. Könntest du den in Größer hier einstellen?


    Dann reden wir weiter. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Ralph,


    habe die Vertragsartikel ausgetauscht, hoffe es ist jetzt besser lesbar.


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,


    vielen Dank - jetzt ist alles gut zu lesen.


    Aber ich lese dort nur immer wieder "soll". Offenbar war man in Preussen auf dem Weg zu einem "wird", aber dieser Prozess war wohl noch nicht abgeschlossen und der politische Impetus lag ja immer auf der Förderung der Wirtschaft; diesem Ziel hatte sich die Absenderbehörde wohl verschrieben und dürfte daher gute Gründe gehabt haben, die Portofreiheit von der Preussenzeit in die Zeit des DÖPV hinein zu retten, was wohl auch gelungen ist, wenn man sich deinen Brief ansieht.


    Ich habe viele Dienstbriefe, portofreie und portopflichtige, im DÖPV gesehen und besessen - bei keinem einzigen konnte ich den Nachweis führen bzw. auch nur die Vermutung hegen, dass die Abgabepost die Aufgabepost hinsichtlich dieser Modalitäten korrigiert hätte. Warum hätte die Post im DÖPV-Land Y ein von der fremden Aufgabepost X nicht gefordertes Porto von ihrem Empfänger kassieren und der Postverwaltung von X gutschreiben sollen?

    Dafür hätte man im Nachhinein die Briefkarte(n) korrigieren müssen, letztlich nichts davon gehabt, da ja sowohl das Franko, wie auch das Porto allein der Aufgabepost zufloß, außer Arbeit und u. U. Probleme mit der Aufgabepost bekommen, der man ja dann bescheinigt hätte, keine Ahnung von ihrem Job zu haben. Darüber hinaus wären u. U. noch die internen Transitkosten über das Gewicht zu verrechnen gewesen, die es bei portofreien Sendungen auch im Transit nicht gab.


    Der Art. 27 ist ein Gummiparagraph, der nach außen hin zeigen sollte, dass man sich auf eine gemeinsame Linie reduzieren sollte, was die Postportofreiheiten anging, aber auch hier steht das "sollte" im Vordergrund und Lobbyarbeit für die entsprechenden, großen Vereine gab es schon damals zur Genüge.


    Aber auf alle Fälle ein spannendes Thema und vlt. lesen wir noch andere Meinungen dazu. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.