• Mannheim - Brüssel


    Ein sehr ansehnliches Einschreiben per Eilboten der Süddeutschen Disconte-Gesellschaft AG an den Crédit Général Liégois


    Frankiert à 65Pf.


    Beide Marken sind perforiert mit den Initialen SDG. Das Datum im Stempel ist leider nur teilweise lesbar vermutlich 2.8. Das Jahr geht in den Grautönen der Germania und der Loschung unter. Irgendwann zwischen März 1915 und September 1919. Ab dem 1.10.19 haben die Portosätze geändert und ab dem Datum kämme ich mit meiner Portoberechnung nicht mehr hin, welche ich wie folgt aufgeteilt habe: 0.20 für den Brief bis 20gr + Einschreiben 0.20 + Eilzustellung 0.25 macht gesamt 0.65


    Auf dem Verso befinden sich Prüfstempel aus Mannheim: zugelassen durch die militärische Prüfungsstelle in Mannheim mit Unterschrift des Hauptmanns d. L.a.D + Kastenstempel Prüfungsstelle XIV. A.K Mannheim

  • hallo Zockerpeppi,


    bei diesem Brief vermisse ich die bei Einschreiben/Express eigentlich immer vorhandenen Bearbeitungs- und/oder Ankunftstempel. Der nur siegelseitig vorhandene Freigabevermerk (den ich in dieser Form noch nicht gesehen habe) ist zumindest ungewöhnlich, aber zusammen mit dem Aufgabestempel Mannheim * 1 a, bei dem das "a" von den in den Datenbanken hinterlegten Stempel mit "offenem a" deutlich abweicht, kommt mir der Beleg suspekt vor.


    Nimm den Brief doch nach Sindelfingen mit und laß ihn dort mal fachkundig beäugen.


    beste Grüsse
    stampmix

  • @ Stampmix


    danke für deine Erläuterungen. Auf dem Gebiet bin ich wirklich Laie. An wenn muss ich mich in Sindelfinden wenden ?


    auf bald

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Hallo zusammen,


    eine durchaus interessante Fragestellung, die hier aufgeworfen wurde. In ähnlicher Form ist mir jene in den Sinn gekommen mit der Behandlung der in meinem Sammelgebiet zur Kriegszeit über die in Ludwigshafen a.Rh. ansässige Prüfungsstelle des Bayerischen II. Armeekorps eingehenden Auslandspost.


    Auch hier findet man an den Empfangsorten merkwürdigerweise fast immer keinen Ankunftsabschlag. Und dies obwohl Ankunfstabschläge für Inlandsbriefe zu diesen Zeiten eigentlich noch völlig üblich waren. Ich habe dazu bislang nur eine hinreichend vernünftige Erklärung:


    Postdienst und militärische Inhaltskontrolle sind zwei verschiedene Prozeduren, die im Grunde miteinander in Konflikt stehen: Der Postdienst ist immer bestrebt eine schnellmögliche Beförderung zu gewährleisten, das ist sein Geschäft. Und dass man es auch tatsächlich schnellstmöglich erledigte, das bestätigte das Datum des Ankunftsstempels.


    Die militärische Zensur zu Kriegszeiten war demgegenüber auf die Abwehr/Aufdeckung feindlicher Gesinnungen ausgerichtet und das kostete bei intensiver Inhaltskontrolle (oft) erheblich Zeit. Die Zensurstempel trugen nun auch keinelei Datum, auch im vorliegenden Fall nicht. Folglich war nie erkennbar wie lange die Zensur denn überhaupt dauerte.


    Wenn ein Ankunftspostamt also nach einer - u.U. schikanös - langen Zensur der Militärverwaltung gehindert war zeitnahe auszuliefern, dann wird sie, um sich und ihr Ansehen schadlos zu halten einfach auch keinen Ankunfts- geschweige denn einen datierbaren Expressbearbeitungsstempel angebracht, sondern damit die Verantwortung für derartige Verzögerungen - zu Recht - den Militärbehörden überlassen haben.


    just my 3 cents


    + Gruß


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,


    ich bin wahrlich kein Kenner der Kriegszeit des 1. WK, habe aber noch rudimentäre Reste von Gesprächen mit Kennern im Ohr, die die Lage in Bayern (und woanders wird es nicht anders gewesen sein) gut kannten (teils noch aus eigener Erfahrung): Da waren einfach keine Leute mehr da. Vom Stammpersonal mussten 50% plus X ins Feld und das waren nicht die Schlechtesten, dazu mussten noch etliche bei der Feldpost in allen Ecken Europas einen harten Job machen und Ersatz kam nur, wenn überhaupt, von verkrüppelten Rückkehrern und Frauen, die die simpelsten Jobs zu verrichten hatten, jede Minute in Angst, dem Mann oder den Jungs an der Front könnte das letzte Stündlein geschlagen haben.


    Dass sich die Leistungen dieser gemischten Truppe deutlichst von denen abhoben, die das Publikum zuvor über viele Jahrzehnte gewohnt war, liegt wohl auf der Hand.


    Von daher sollte wir jeden Brief ohne Ankunftsstempel nicht als Contravention sehen, sondern als Zeichen einer kriegerischen Zeit, die wir alle gerne hinter uns liegend ansehen sollten. Auch ein fehlender Stempel ist ein wichtiger Teil der Postgeschichte ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    dann sag den "Kennern der Lage" einen netten Gruß von mir und lass sie erklären, warum dann merkwürdiger Weise zur gleichen Zeit wenn überhaupt hpts. nur dann ein Ankunftsstempel auf den Belegen vorzufinden ist, wenn sie im Inland befördert worden sind. Hier lag das Postaufkommen und damit auch der Personalbedarf mit Sicherheit sehr deutlich höher als für die vom Ausland einlaufende durch das Militär zensurierte.


    + Gruß


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    die alten Sammlerfreunde ruhe alle ein Stockwerk tiefer, von daher wird die Übermittlung deines Grußes etwas problematisch ...


    Vlt. hatten die Aushilfskräfte auch Angst, wenn sie diese Zensurbelege sahen, etwas zu machen und dachten "am besten schnell weg damit", das weiß man alles nicht mehr.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    ich habe hier eine PK vom 5.12.1900 nach Belgien, die im Postamt Emmerich 2 um 12-1 N gestempelt wurde. Irgendwie wurde sie aber falsch geroutet und wurde um 4-5 N. in Bonn gestempelt, also nach nur 4 Stunden. Dort stellte man aber fest, daß die Destination in Belgien war. In Boom angekommen (zwischen Brüssel und Antwerpen gelegen), wurde der Brief am 6.12. um 6-7 Uhr ankunftgestempelt. Trotz des Umweges über Bonn also wirklich schnell.


    viele Grüße

    Dieter