Mecklenburg-Schwerin Postgeschichte

  • Guten Tag,

    Wie schon in dem Thema "Praktikum im Auktionshaus Köhler" erwähnt, möchte ich mir ein Archiv von Mecklenburg-Schwerin erstellen und ggf. später einmal hierfür Bundesprüfer werden, es wird ein langer steiniger Weg, aber ich glaube, dass ich es mit genügend Erfahrungen und Literatur schaffen kann.

    ich beginne mal mit den ersten postgeschichtlichen Aspekten von Mecklenburg-Schwerin:

    Im 17.Jahrhundert wurde das Land in Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow unterteilt.
    Vor der Einrichtung der staatlichen Post gab es Botenanstalten, welche den Briefverkehr im Lande und nach auswärts vermittelten.
    Diese dienten dem Nachrichtendienst der Herzöge u. den Kaufmannschaften in den Seestädten Rostock und Wismar.
    Im frühen 17-Jahrhundert wurden Vereinbarungen mit fremdstaatlichen Postämtern getroffen (Thurn und Taxis), welche die Beförderungen der herzoglichen Korrespondenzen übernahmen und sich um die Kontierung der Portobeträge kümmerten.
    Doch bereits 1644 entstand zwischen Rostock und Schwerin eine regelmäßige Postverbindung und erste eigene Landesposten.
    Aus dieser Zeit datiert auch die "Statuierung des Postregals", welche den Herzögen erlaubte einen regelmäßigen Postbetrieb einrichten und betreiben zu dürfen.
    Besonders zu erwähnen ist es, dass kein Freimachungszwang für Briefe galt und die Gebühren meist bis zur Landesgrenze berechnet wurden.
    Doch Anfang des 19.Jahrhunderts kam ein Tiefpunkt der mecklenburgischen Postgeschichte:
    Napoleons Gruppen besetzten das komplette Land, da Mecklenburg beim vorhergegangenen Krieg den französischen Gegnern beipflichtete.
    Am 11.11.1806 sprach Marschall Soult der 4.französischen Armee den Tagesbefehl die Posthäuser in Obhut zu nehmen, sodass nun der gesamte mecklenburgische Postbetrieb unter französischer Verwaltung war.
    Im darauffolgenden Jahr zogen die Gruppen wieder ab, doch als M-S dann am 22.03.1808 dem Rheinbund beitrat wurde wieder ein großer Einfluss von Frankreich ausgeübt, sodass das Hamburgische Postamt nach einem 100-jährigem Jubiläum schließen musste.

    Ich hoffe ihr habt nun einen Einblick in die hochinteressante Postgeschichte bekommen.

    MfG

    Kevin :D

  • Hallo Kevin,

    sehr interessante Einführung in das Thema, vielen Dank!
    Weiter so, ich bin schon gespannt auf weitere Beiträge ...

    Viele Grüße
    nordlicht

    PS: Die Postgeschichte von Mecklenburg-Schwerin hat teilweise auch Berührungspunkte mit der Postgeschichte von Schleswig-Holstein-Lauenburg bzw. Dänemark. Falls Du dazu irgendwann mal Informationen benötigst, kann ich gern weiterhelfen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kevin,

    schöne Einführung. Du hast Dir ein ambitioniertes Ziel gesteckt, aber man wächst mit seinen Aufgaben! Also am Ball bleibe und mach weiter so.

    Ich habe neulich in einem Buch irgendwo ebenfalls was zu Mecklenburg-Schwerin gelesen, komm aber momentan nicht drauf in welchem. Wenn es mir wieder einfällt, sag ich Dir auf jeden Fall Bescheid.

    Viele Grüße

    kreuzer

  • Hallo Nils,

    ich kann sehr viele Belege zeigen, ich werde jedoch erst einmal etwas zur Einführung der Postwertzeichen berichten, um die Abfolge beizubehalten :)

    Nachdem Mecklenburg-Schwerin dem Deutsch-Österreichischem Postbund beitrat, mussten laut den damaligen Satzungsregeln Freimarken eingeführt werden.
    Diese Neuerung stieß anfänglich auf große Schwierigkeiten, weil die Großherzogliche Post einen zweifachen Tarif mit verschiedenen Währungen hatte, nun konnte man es machen wie die Thurn und Taxische Post, nämlich jede Serie in zwei Währungen drucken lassen, aber man entschied sich nur eine Währung zu nehmen.
    Dabei spielte der 1/4 Schilling eine große Rolle bei der Umrechnung von Silbergroschen auf Schillinge.
    Im Juni 1853 trat die oberste Postbehörde M-S mit der preußischen Staatsdruckerei in Verbindung.
    Man wollte Marken zu 1/2 Schilling in blauem Druck auf weißem Papier, zu 1,1/1/2 und 3 Schillinge in schwarzem Druck auf hellrotem,hellgelben und hellblauem Papier herstellen mit meckl.Staatswappen im Wertbetrag.
    Jedoch gerieten die Verhandlungen durch Postinspektor Flügge und Wedding zwei Jahre lang ins Stocken und wurden so erst im August 1855 wieder aufgenommen.
    Dann kam Flügge die geniale Idee eine 4/4 Schilling Marke herauszubringen die man beliebig trennen konnte.

    In der unteren Abbildung kann man zwei mal Michelnummer 1 im kompletten Viererblock auf Brief erkennen, die am 09.10 am Postamt Schwerin Bahnhof abgestempelt wurden.
    Dies nur als kleines Beispiel.

    MfG

    Kevin

  • Guten Tag,

    ich stelle euch nun ein Traumexemplar der Michelnummer 1 vor, nämlich 6/4 Schilling Marken ungetrennt mit einem stummen Stempel von Rostock:

    Diese sogenannten stummen Entwertungsstempel sind Versuchsstempel und kommen ausschließlich bei Marken der ersten Ausgabe vor. Bei lediglich 3 Postämtern waren diese Stempel in Gebrauch, nämlich bei Schwerin, Rostock und Güstrow.

    Unterscheiden lassen sich die Stempel wie folgt:

    Die kreisrunden Punktstempel haben bei Rostock und Schwerin einen Durchmesser von 25 mm und bei Güstrow von 18 mm.

    Der Rostocker Stempel hat je 13 senkrechte und waagerechte Reihen im Gegensatz zum Schweriner, der je 14 Reihen hat und der Güstrower sogar 17 Reihen mit deutlich kleineren Punkten.

    Ein letztes Unterscheidungsmerkmal sind die Stempelfarben, bei Schwerin ist der Stempel schwarz, bei Rostock blaugrau und bei Güstrow blau.

    Der Versuchstempel von Rostock kommt in der Regel öfter vor, während die stummen Stempel von Güstrow und Schwerin große Seltenheiten sind. Trotz allem ein sehr schönes Exemplar, nicht zuletzt weil der Stempel schön abgeschlagen ist.

    MfG

    Kevin

  • Hallo briefmarkenwirbler24,

    wirklich ein tolles Stück, das du uns da zeigst. - Donnerwetter!!

    Wenn ich ja nicht so fest mit Bayern liiert wäre, könnte man ja glatt schwach werden und mit dem Sammeln in Richtung Norden schwenken.

    Vielen Dank fürs Zeigen und
    viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Guten Abend,

    hier noch ein wunderschönes Exemplar der Michelnummer 1 mit Zweikreisstempel vom Postamt Bützow vom 28.06.

    Die Auflagezahl der Michelnummer 1 lag bei 756.000 Stück und diese wurden am 09.06.1856 in 6300 Bögen gedruckt.
    Der ganze Bogen enthielt 120 Marken mit je 12 waagerechten Reihen a 10 Marken.
    Das Papier hierzu wurde von der Staatsdruckerei geliefert und war rein und weiß aber porig.

    MfG

    Kevin

  • Guten Abend,


    da ich euch jetzt schon einige Exemplare der Michelnummer 1 (4/4 Schilling) gezeigt habe, fahre ich mit Michelnummer 2 (3 Schillinge) fort.


    Dieser Wert hatte eine Auflagezahl von insgesamt 438.000 Stück, jedoch wurde dieser Wert anders als Michelnummer 1 in zwei Auflagen gedruckt, nämlich an folgenden Daten:

    • 09.06.1856 --> 1800 Bögen
    • Herbst 1856 --> 1850 Bögen --> jeweils an zwei verschiedenen Daten ausgeliefert
    • 26.11. 1856 --> 200 Bögen
    • 16.12. 1856 --> 1650 Bögen

    Also wurden insgesamt 3650 Bögen gedruckt, jeweils in zwei Auflagen, wobei eine an zwei verschiedenen Tagen ausgeliefert wurde.


    Bei Michelnummer 2 wird außerdem völliger Aufbrauch angenommen!
    Kann sich jemand erschließen warum :D ?


    Die erste unten abgebildete Marke ist Michelnummer 2a, bräunlichgelb und die zweite Michelnummer 2b, orange.

    Sieht jemand die Besonderheit bei Marke Nummer 2?


    MfG

    Kevin


  • Hallo Kevin,

    kein Datumseinsatz beim Zweikreisstempel? ;)

    Ich glaube nicht, dass man 1800 Bögen an einem Tag drucken konnte. Woher stammt diese Angabe?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    genau, so ist es, kann sich jemand auch erschließen warum völliger Aufbrauch angenommen wird? :rolleyes:


    Meine Quelle für die Auflagezahlen bzw. für die Daten der Auflage ist das "Handbuch der ARGE Mecklenburg-Schwerin".


    MfG


    Kevin

  • kann sich jemand auch erschließen warum völliger Aufbrauch angenommen wird?

    Hallo Kevin,

    wenn eine Marke stark nachgefragt wurde und sie nicht zurück gezogen wurde, die Verwendungszeit lang war, dann gab es keinen Grund, diese Marken zu horten bzw. amtlicherseits nicht bis zum Ende zurück zu halten.

    Das mit den 1.800 Bögen, wenn ich es recht verstanden habe, an einem Tag halte ich, egal wer das behauptet, für nicht wahrscheinlich. Zwar kenne ich die Druckmodalitäten bei MS nicht, aber das Land ist vergleichsweise dünn besiedelt und riesige Markenmengen sind und waren dort nicht zu erwarten. Daher dürfte die Menge, die dort zu drucken war, nicht auf üppige Druckanlagen gestossen sein.

    Wenn wir einen Arbeitstag mit 10 Stunden ansetzen, davon mindestens eine Stunde für die Einweisung und Vorbereitung, eine Stunde für das Ansetzen der Farbe und der Druckplatte, dann blieben, wenn es am nächsten Tag noch einer wegräumen mochte, 8 Stunden netto übrig. Damit wären wir dann bei 225 Bögen pro Stunde (!!).

    Eine Stunde hatte damals schon 60 Minuten, so dass wir pro Minute auf 3,75 Drucke kämen. Die Minute hatte auch schon 60 Sekunden, so dass wir auf einen Druck alle 16 Sekunden kämen. Ich möchte jetzt nicht jeden einzelnen Druckvorgang hier nachspielen, aber wie man alle 16 Sekunden praktisch pausenlos und ohne jeden Zwischenfall 8 Stunden lang drucken konnte, gleichzeitig die frisch gedruckten Bögen ja erst einmal zum Trocknen aushängen musste (den Raumbedarf kannst du mal ausrechnen an Hand der Größe eines Druckbogens), das soll mir mal einer vormachen. Allein das Einlegen des Papiers, dann der Druck, dann das Abziehen, das Entnehmen vom Druckstock und das Verbringen zum Trocknen dürfte kaum in einer Minute zu schaffen sein, wenn überhaupt - und auch dieser Wert setzt ein perfekt eingespieltes Team voraus.

    Um es kurz zu machen - diese Angabe von 1.800 Bögen an dem genannten Tag halte ich für nicht glaubhaft. In einer Woche - kein Problem, aber an einem Tag?

    Wie dem auch sei, deine Ausführungen zu MS sind interessant und ich freue mich, weitere Erkenntnisse hierüber zu gewinnen. :):)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Um es kurz zu machen - diese Angabe von 1.800 Bögen an dem genannten Tag halte ich für nicht glaubhaft. In einer Woche - kein Problem, aber an einem Tag?


    Hallo bayern klassisch

    Kevin schreibt nicht gedruckt sondern ausgeliefert. Macht ja eine grosse Unterschied.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    ich hatte es auch so verstanden - 1.800 Bögen sind an einem Tag m. E. nicht zu drucken. Wann die Auslieferung erfolgte, stand ja auf einem anderen Blatt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • "Bei Michelnummer 2 wird außerdem völliger Aufbrauch angenommen!"

    Lieber Kevin,
    In Altdeutschland unter der Lupe, ist Thema Restbestände an Marken anderst beschrieben. Nur bei 4/4 Sch - NR.4, ist kein Restbestand zum vermüten.

    Vielleicht kannst du noch was da zu schreiben.

    Lese gern deine Interessante Beiträge! :thumbup:
    LG F

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Guten Morgen Ralph und Filigrana,

    zu der Frage warum ein völliger Aufbrauch angenommen wird:

    Da Wert und Farbe mit der späteren durchstochenen 3 Schilling Marke (Mnr.7 und 9) übereinstimmen, wird infolgedessen ein völliger Aufbrauch angenommen.
    So ist es im Heft der ARGE vermerkt!

    MfG

    Kevin