Die Fahnenstempel der k.k. Stadtpost-Anstalt (Wien)


  • Die biedermeierliche Fahnenstempeltype verdankt ihre Entstehung der Reorganisation der Stadtpostanstalt im Oktober 1847 und ersetzt die nüchternen dreizeiligen Langstempel aus 1830.

    Bei der Fahnenstempeltype handelt es sich um einen Kastenstempel, welcher oben die Bezeichnung der Briefsammlung trägt, darunter im Oval sind Tag und Monat ausgewiesen, in der linken und rechten unteren Ecke sind Expeditionsnummer und Tageszeit angegeben. Das Hofpostamt (Oberamt) führte die Bezeichnung „WIEN“. Im unterstanden die Stadtbriefsammlungen erster, zweiter und dritter Klasse, sowie die Landbriefsammlungen „H:BRIEFS:No …“, jene der 2. und 3. Klasse einfach „BRIEFS: :No …“, die Landbriefsammlungen gab es mit den Nummern 14, 15, 31, 32, 33, 54, 67, 76 und 87, Briefsammlungen 2. Und 3. Klasse mit den Nummern 1-13, 34-53, 55-66, 68-75, 77-86 und 88-96; später bis 101 (Einkreistype).

    Landbriefsammlungen bestanden in BRAUNHIRSCHEN, PERCHTOLDSDORF; DOEBLING, DORNBACH, FLORIDSDORF, FÜNFHAUS, GAUDENZDORF, GRINZING, HEILIGENSTADT, HERNALS, HIETZING, HIMBERG, HÜTTELDORF, INZERSDORF, KLOSTERNEUBURG, LIESING, MAUER, MEIDLING, NEULERCHENFELD, NUSSDORF, PENZING, RUSTENDORF, SIMMERING, OBER-ST. VEIT, UNTER-ST. VEIT, SÜDBAHNHOF und WAEHRING; das Fahnenband zeigt den jeweiligen Vorortnamen

    Die Expeditionsangabe, bestehend aus Expeditionsnummer und –zeit (linke bzw. rechte untere Ecke) enthielten die Stempel für alle Briefsammlungen außer für Liesing, Perchtoldsdorf, Himberg und Inzersdorf. Hinter der Zeitangabe war für die Vormittagsexpedition der Buchstabe „F“ (früh) gesetzt, für die Nachmittagsexpeditionen der Buchstabe „A“ (abends).

    Die Anzahl der täglichen Expeditionen betrug bei den Stadtbriefsammlungen fünf (Ausnahmen Nordbahnhof Nr. 95 und Brigittenau Nr. 96), bei den Landbriefsammlungen im Sommer zwei bis vier, im Winter zwei bzw. drei. Bevorzugt bedient wurden die westlichen und nordwestlichen Vororte.

    Die Expeditionszeiten für Liesing. Perchtoldsdorf und Himberg waren von den Fahrplänen der Wien – Gloggnitzer und der Wien – Brucker Eisenbahn abhängig. Es gab lediglich je zwei Expeditionen; die diesbezüglichen Angaben waren links die Ziffer „1“ oder „2“, rechts der Vermerk „EXP.“ Inzersdorf hatte nur eine einzige Expedition um 7 Uhr früh; daher die Angaben links „7“ und rechts „F“.

    Siehe Abbildung!



    Der jeweilige Stempelabdruck war vorschriftsmäßig auf der Briefrückseite anzubringen. Bei Amtsbriefen kommen Abstempelungen jedoch auch auf der Briefvorderseite vor. Für Stempelneuanfertigungen kamen ab 1849 für den Bereich der Stadtbriefsammlungen sowie für das Hofpostamt neue Stempeltypen in Gebrauch, und zwar Einkreisstempel in 2 Typen.

    Als Übergangsprovisorium wurden auch Einzeiler mit Datum und Expeditionsnummer sowie handschriftlich hinzugefügter Briefsammlungsnummer verwendet (selten).

    Mit 30. September 1850, also knapp nach Einführung der Briefmarke, wurden die Stadtbriefsammlungen zweiter und dritter Klasse aufgelassen und die Hauptbriefsammlungen in Postexpeditionen ohne Berechtigung zur Kennzeichnung der Poststücke umgewandelt.

    Die Landbriefsammlungen blieben bestehen und verwendeten die Fahnenstempeltype vorerst weiterhin. Deren Ersetzung durch andere Stempeltypen erfolgte zeitlich sehr unterschiedlich. Abstempelungen der Fahnenstempeltype kommen zum Teil noch auf der österr. 1867-Ausgabe vor (Hütteldorf, Penzing und Inzersdorf).

    Etwa mit Einführung der Briefmarken wurden bei einzelnen Landbriefsammlungen absichtlich (?) oder aus Schlamperei Abänderungen in den Stempeln vorgenommen, die hauptsächlich die Expeditionsangaben betreffen. Möglicherweise steht dies auch in Zusammenhang mit der Umwandlung einzelner Briefsammlungen in Postexpeditionen. Und zwar fehlen die genannten Angaben teilweise oder gänzlich. In verschiedenen Abstempelungen findet man ferner sowohl die Tagesdaten, als auch die Expeditionsnummern aufrecht oder liegend, links oder rechts vor.

    Derartige Abstempelungen müssen in mehreren Abdruckvorgängen erfolgt sein, da ein Einfügen dieser großen Lettern in den Stempeln nicht möglich war.

    Der Großteil der Briefsammlungen behielt allerdings die Stempel in der bisherigen Form bei. Durch Abnützungserscheinungen ergaben sich in einigen Fällen geringfügige Stempelschäden, die typisch sind und Echtheitsmerkmale darstellen.

    Für die Briefsammlungen Fünfhaus und Klosterneuburg ist die gleichzeitige Verwendung der Fahnenstempeltype mit einer anderen Type nachweisbar. Für die einzelnen Briefsammlungen wurde n bisher Verwendungsdaten und Stempelabarten wie folgt festgestellt (siehe nachstehende Abbildung) 

    Fortsetzung folgt!

  • WIEN: Fahnenstempeltype 1849 durch Einkreistype ersetzt. Unvollständige Expeditionsangaben nur in den ersten Oktobertagen 1847.

    BRAUNHIRSCHEN: Verwendung bis 1854 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig.

    PERCHTOLDSDORF: Verwendung bis Dezember 1866 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig.

    DÖBLING: Verwendung bis 1860 nachgewiesen. Expeditionsangaben nach 1850 durch große hinzugedruckte Lettern 1 bis 4, sowohl in der linken als auch in der rechten unteren Ecke, auch Tagesdatum gelegentlich durch große hinzugedruckte Lettern; keine Expeditionsangabe.

    DORNBACH: Verwendung bis 1859 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständige. Expeditionsnummer gelegentlich in kleineren Zifferlettern.

    FLORIDSDORF: Expeditionsangaben immer vollständig. Fahnenstempeltype knapp vor Einführung der Briefmarke durch Einkreistype ersetzt.

    FÜNFHAUS: Verwendung bis November 1856 nachweisbar. Expeditionsangaben bis 1850 vollständig, später nur mit Zeitangabe, manchmal auch diese fehlend. Ab 1853 (?) gleichzeitige Verwendung der Einkreistype.

    GAUDENZDORF: Verwendung bis 1861 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig. Fahnenstempeltype auf Briefmarken nicht bekannt.

    GRINZING: Verwendung bis November 1864 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig.

    HEILIGENSTADT: Verwendung bis November 1863 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig

    HERNALS: Verwendung bis Dezember 1851 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig.

    HIETZING: Verwendung bis 1853 nachgewiesen, Stempelfarbe blau bis blauschwarz. Expeditionsangaben immer vollständig.

    HIMBERG: Verwendung bis 1851 nachweisbar, jedoch auf Briefmarken unbekannt. Expeditionsangaben immer vollständig.

    HÜTTELDORF: Verwendung bis Oktober 1864 nachweisbar. Ab 1850 (?) fehlt stets die Angabe der Expeditionszeit, gelegentlich auch die Expeditionsnummer. Fehlende Rahmeneinfassung links (Rahmenbruch) schon ab 1853 feststellbar.

    INZERSDORF: Verwendung bis Juli 1872 nachgewiesen. Expeditionsangaben stets vollständig. Beschädigung sowohl der „7“ als auch des „F“ etwa ab 1864 leicht, ab 1868 stark.

    KLOSTERNEUBURG: Verwendung bis 1854 nachgewiesen. Expeditionsangaben bis Ende April 1850 vollständig, ab Mai beide Angaben fehlend. Später Expeditionsnummer in größeren Lettern, liegend (linke Ecke). Ab 1852 gleichzeitige Verwendung einer länglichen Kastentype.

    LIESING: Verwendung bis 1852 nachweisbar. Expeditionsangaben immer vollständig.

    MAUER: Verwendung bis 1851 nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig.

    MEIDLING: Verwendung bis 1853 nachweisbar, jedoch auf Briefmarken unbekannt. Expeditionsangaben immer vollständig.

    NEULERCHENFELD: Verwendung bis 1851 nachgewiesen, jedoch auf Briefmarken unbekannt. Expeditionsangaben immer vollständig.

    NUSSDORF: Verwendung bis 1854 nachgewiesen. Im Mai 1850 ohne Angabe der Expeditionszeit, später ohne jede Expeditionsangabe.

    PENZING: Verwendung noch 1868 nachgewiesen. Bis 1849 Expeditionsangaben vollständig, danach Tageszeitangabe fehlend. Expeditionsnummer 1868 auch rechts.

    RUSTENDORF: Fahnenstempel nicht bekannt.

    SIMMERING: Verwendung bis 1861 nachweisbar. Expeditionsangaben stets vollständig.

    OBER-ST.VEIT: Verwendung 1850 auf Briefmarken nachgewiesen. Expeditionsangaben immer vollständig.

    UNTER-ST.VEIT: Verwendung bis 1851 nachweisbar. Expeditionsangaben immer vollständig.

    SÜDBAHNHOF: Verwendung bis 1851 nachweisbar. Expeditionsangaben immer vollständig.

    WAEHRING: Verwendung bis 1855 nachweisbar. In der Markenzeit fehlende Angabe der Expeditionszeit.


    Einmal editiert, zuletzt von Berni17 (6. Oktober 2014 um 19:13)